Ihr Lieben,
ich (w52) treffe mich nach langer Kontaktsperre seit einem halben Jahr mit meinem Ex, der sich vor 5 Jahren nach 11jähriger Beziehung wegen einer anderen Frau von mir trennte. Mit dieser Frau ist er bis heute glücklich zusammen. Ich war nach der für mich überraschenden Trennung lange Zeit sehr verzweifelt, ging (zu) schnell eine neue Beziehung ein, in der auch ich bis heute bin.
In meiner Exbeziehung fühlte ich mich angekommen, sicher und respektiert. Ich war richtig glücklich und dachte, mit diesem Menschen werde ich alt. Er fühlte genauso. Wir hatten einen liebevollen, zärtlichen und humorvollen Umgang; unternahmen viel gemeinsam, aber auch jeder für sich; hatten uns erfüllende Berufe, kurz, es war ein schönes Leben. Sicher gab es auch Probleme; wir hatten beide mit beruflicher Überforderung und depressiven Phasen zu kämpfen, sprachen aber offen darüber und unterstützten uns, so gut es ging. Ja, und auch die S. Leidenschaft war nicht mehr wie am Anfang, das habe ich kolossal unterschätzt.
Als er sich nach 11 Jahren in seine Arbeitskollegin verliebte, fiel ich ins Bodenlose und wurde akut depressiv. Ich versuchte, die Fassung zu wahren, was mir nur halbwegs gelang. Nach langen 4 Monaten, in denen er wie ein Stein schwieg, zog ich aus und gab ihm weitere 3 Monate Zeit, sich zu entscheiden. Nach 6 Wochen hatte er sich dann für die andere Frau entschieden. Ich zog in die Wohnung zurück (die vorher meine war) und bat ihn, weg zu sein, wenn ich käme. Wir klärten den Auszug nur über sms, alles verlief sehr fair. Ich verging in dieser Zeit fast vor Schmerz und konnte nicht fassen, dass dieser warme, empathische, mir immer zugewandte Mensch sich so zurückzog.
Es gab dann in den zwei folgenden Jahren nur wenig Kontakt. Wir trafen uns selten, es flossen Tränen und Vorwürfe meinerseits. Irgendwann brach ich den Kontakt ganz ab, ich konnte nicht mehr. Jedes Mal brauchte ich mehrere Tage nach den Treffen, um wieder zu mir kommen. Trotz Therapie, Meditation, neuer Beziehung und vielen, vielen Gesprächen mit Freunden blieb dieser Schmerz und diese Trauer.
Dann folgten fast 2 1/2 Jahre ganz ohne Kontakt, in denen es erst besser wurde, aber mich dann Wellen der Sehnsucht, der Wut und der Trauer fast täglich überrollten. Ich wollte mich dem stellen und nicht mehr wegrennen. Wollte Antworten auf meine Fragen, wollte abschließen und es nun aushalten, von seinem neuen Leben zu hören. Nun, seit einem halben Jahr treffen wir uns wieder. In all den Jahren hat er immer wieder betont, wie wichtig ich für ihn sei, wie dankbar er für unsere Zeit sei und dass er mich in seinem Leben haben möchte. Er hätte mich in seinem Herzen und warme Gefühle für mich.
Die letzten Treffen waren anfangs schwierig, ich bekam zum Teil schmerzhafte und ehrliche Antworten. Inzwischen sind die Treffen vertraut und schön. Während der Gespräche merke ich, dass die Fassungslosigkeit über die Trennung und der Schmerz noch immer da sind. Dass ich ihn noch immer liebe und sehr, sehr schätze. Er war mein Mensch und ist es noch immer. Nach den Treffen fühle ich mich verwundet und unendlich traurig. Ich lasse es ihn nicht anmerken. Er weiß jedoch um meine Liebe für ihn. Ich habs ihm geschrieben.
Wie lebt man damit, zu erkennen, dass der Ex der Eine war? Obwohl mir mein Verstand sagt, dass er jedes Recht hatte, zu gehen und dass er sich für sich und sein Wohlergehen entschieden hat, fällt es mir so schwer, damit zu leben. Darunter leidet natürlich auch meine aktuelle Beziehung. Wem geht es noch so? Wie lebt man mit diesen Schuldgefühlen, der Scham wegen der gescheiterten Beziehung und der Trauer um das gelebte, aber auch ungeliebte Leben? Wie damit umgehen, dass die andere das jetzt alles mit ihm leben darf? Geht es noch jemandem so? Nach so langer Zeit? Kann gar nicht mehr mit Freunden darüber sprechen, weil ich mich schäme für mein Unvermögen, damit souverän (bin ich sonst sehr) umzugehen.
Danke für euer geduldiges Mitlesen und jede Antwort.
10.07.2018 16:16 •
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