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Transgenerationale Weitergabe von Traumata

Worrior
Als mein Vater 1981 verstarb erfuhr ich dass er in einem Versteck unseres Hauses eine Aktentasche hatte.
Darin 1000 DM in kleiner Stückelung, wichtige Dokumente, ein Bild unserer Familie, sowie eine Pistole.
Erst später machte ich mir Gedanken welche Ängste ihn wohl gequält haben.

21.03.2025 21:44 • x 10 #16


FrauDrachin
@Igelfisch danke für die Anmerkung.

21.03.2025 21:45 • #17


A


Transgenerationale Weitergabe von Traumata

x 3


FrauDrachin
Zitat von ElGatoRojo:
Eben das ist das Handycap bei diesem Thema

Dir auch ganz lieben Dank für deine Perspektive.

Es ist eben in meinem Fall, anders als bei dir, nicht meine Geschichte, sondern vor allem die meiner Eltern und Großeltern.

21.03.2025 21:47 • x 1 #18


FrauDrachin
@Worrior ja, sicher auch eine Kriegsfolge, sich nie ganz sicher fühlen... Wie will man da Kindern Sicherheit geben... Würdest du sagen, das hatte Auswirkungen auf dich?

21.03.2025 21:53 • x 3 #19


ElGatoRojo
Die meisten Menschen lassen doch die Vergangenheit ihrer Eltern hinter sich, wenn das möglich ist. Wenn mein familiäres Umfeld sich durch die Zeit des Nationalsozialismus eben einfach so durchgemogelt hat ohne anzuecken (so wie die Mehrzahl der Deutschen) und weder zu den Gruppen gehören, die systematisch getötet wurden oder die systematisch mordeten - dann ist doch der Umgang ganz anders und einfacher und eben auch das Abkoppeln von diesen Erinnerungen.

Und so wie die Generation, die 1945 erwachsen war, nicht nur eine Art Schicksal hat, sondern eben auch in der Schwere, Belastung und Traumatisierung Unterschiede bestehen, so sind die Auswirkungen auf diese Menschen und ihr Umgang mit Kindern und Enkeln unterschiedlich zu sehen. Es gibt keine Generation A oder B oder C usw., das sind jounalistische Chiffren

21.03.2025 21:54 • x 3 #20


J
Zitat von ElGatoRojo:
Und so wie die Generation, die 1945 erwachsen war, nicht nur eine Art Schicksal hat, sondern eben auch in der Schwere, Belastung und Traumatisierung Unterschiede bestehen, so sind die Auswirkungen auf diese Menschen und ihr Umgang mit Kindern und Enkeln unterschiedlich zu sehen. Es gibt keine Generation A oder B oder C usw., das sind jounalistische Chiffren


Das sehe ich auch so.

21.03.2025 21:59 • x 1 #21


J
Ich finde Resilienzforschung auch richtig, richtig spannend. Wie Menschen es schaffe, trotz schwerster Traumata innere Stärke zu bewahren oder wiederzufinden. Victor Frankl z.B.

21.03.2025 22:00 • x 3 #22


Worrior
Zitat von FrauDrachin:
@Worrior ja, sicher auch eine Kriegsfolge, sich nie ganz sicher fühlen... Wie will man da Kindern Sicherheit geben... Würdest du sagen, das hatte ...

Als ich es mit knapp 20 erfuhr schon.
Ich war 15 als er starb.
EIn großer Mann, immer elegant gekleidet.
Das lag wohl daran dass er als Vollwaise in sehr ärmlichen Verhältnissen aufwuchs.
Wir tobten immer sehr viel, sehr zul Leidwesen meiner Mutter, denn hin und wieder ging was zu Bruch, was sie af die Palme brachte aber immer nur kurzfristig.
Mein Vater konnte sie immer um den Finger wickeln wenn wir Mist gebaut hatten und sie es rauskriegte.
Für mich war er wie Supermann, wirkte auf mich wie ein Hollywodstar, er ließ sich selten aus der Ruhe bringen, konnte alles regeln.
Zumindest sah ich das als Kind so.
Aber als er starb hasste ich ihn sogar eine Zeit lang, ich fühlte mich von ihm verlassen, zurückgelassen.
Für meine Mutter begann dann eine sehr schwierige Zeit mit mir.
NAch und nach lernte ich aber Verantwortung zu übernehmen, insgeheim wollte ich so werden wie er.
Es gelang mir nie.
Ich hatte dann auch große Schuldgefühle dass ich so über meinen Vater dachte und oft so hässliche Sachen über ihn sagte.
Ich kam damit nicht klar aber meine Mutter konnte mich immer wieder einreihen.
Ich hätte ihn noch so viele Jahre gebraucht, in meinem Leben wäre wohl Vieles zu meinem Besseren verlaufen.
Meine Mutter, die nach seinem Tot wieder voll arbeiten ging, verließ mich 2002, ich fühlte mich wieder verlassen, konnte aber viel besser damit umgehen.
Sie war immer eine sehr hübsche und gepflegte Frau.
Ich bin ihr dankbar dass sie 5 Jahre wartete bis sie wieder einen Mann in ihr Leben ließ.
Vorher wäre ich wohl nicht bereit gewesen einen neuen Lebenspartner bei ihr zu akzeptieren.
In meiner Welt konnte meinem Vater eh keiner das Wasser reichen, andere Männer, bis auf meinen Onkel, waren hässlich dumm und schwach.
Ich war da halt noch sehr unreif.

21.03.2025 22:17 • x 7 #23


ElGatoRojo
Zitat von Worrior:
In meiner Welt konnte meinem Vater eh keiner das Wasser reichen,

Ja - er war mein Vorbild. Er brauchte mich garnicht zu erziehen. Er brauchte mir nur Skills des Handwerks beibringen, dass Fairness und Achtsamkeit weiter bringt und dass 10 % aller Entscheidungen eben falsch sind. Er forderte von mir, aber er hat mich eben auch unterstützt. Und gefühlt einmal alle 2 Jahre mitten in der Arbeit alles hingeworfen, mich an der Hand genommen , ein Boot gemietet und wir sind auf der Alster segeln gegangen. Und sich über seinen ersten Enkel gefreut - und der verehrt ihn heute noch in seiner Erinnerung. Er war wichtig für meine Entwicklung und ich bin ihm dankbar.

Was vorher war - niemand frug ihn und er sprach darüber nur wenig. Erst 1943 eingezogen und dann beim Feindsender abhören wegen seiner guten Englischkenntnisse. Da wußte er früh Bescheid. Ich fand nur nach seine Tod in allen Dokumenten beim Adler das mit Tinte unkenntlich gemacht, was der Adler in Händen hielt.

21.03.2025 22:32 • x 5 #24


Blanca
Zitat von FrauDrachin:
Vielleicht übernehmen die Kinder sogar unbewusst die Aufgabe, ihre z.B. seelischen Elternteile zu schützen und zu trösten.

Das kann ich bestätigen.

Zitat von FrauDrachin:
auch eine Kriegsfolge, sich nie ganz sicher fühlen...

Auch das.

Im übrigen empfehle ich die Bücher Kriegskinder und Kriegsenkel von Sabine Bode.

22.03.2025 01:04 • x 4 #25


J
Zitat von ElGatoRojo:
Die meisten Menschen lassen doch die Vergangenheit ihrer Eltern hinter sich, wenn das möglich ist. Wenn mein familiäres Umfeld sich durch die Zeit ...


Alles andere ist ungesund, das Leben findet vorwärts und nicht rückwärts statt. Aber genau das ist eben sauschwer, wenn die Eltern so unfassbar schlimme Dinge erlebt haben. Ich habe mich als Teenie jahrelang geradezu zwanghaft mit dem Thema auseinandergesetzt, um auf Augenhöhe mit seinem Leid zu sein. Gut getan hat mir das nicht, aber ich hatte kein Recht, mich davor zu verschließen, ihn hatte schließlich auch niemand gefragt, ob er das erleben will.
Als ich viele Jahre später meine Sandkastenfreundin wiedergetroffen habe, sagte sie plötzlich: Dein Vater hat immer so gruselige Sachen erzählt. Ich wusste gar nicht, was sie meint. Für mich war das Normalität.

22.03.2025 02:58 • x 4 #26


L
@justawoman ich finde es sehr interessant was du beschreibst, insbesondere dein Bemühen mit ihnen auf Augenhöhe sein zu wollen. Das macht für mich noch mal deutlich, welche Versuche Kinder mitunter unternehmen, weil so eine überwältigende Realität mit den Eltern verknüpft ist. Und es klingt so, als wenn du für dich mittlererweile einen anderen Umgang mit dem Leid der Eltern gefunden oder gewählt hast.

So ganz frei kann man sich ja nicht unbedingt fühlen.

22.03.2025 07:57 • #27


L
@LebedeinLeben Klasse dass du so dermaßen unangenehm wirst, nachdem du ich weiß nicht wie viel Aufmerksamkeit und Unterstützung von andern hier im Forum in Anspruch genommen hast.

22.03.2025 07:58 • x 1 #28


Katali
@justawoman
Meine Eltern wurden Anfang der 50er Jahre geboren.
Meine Kindheit war schwer und ich habe einige Narben davongetragen.
Ich kann nicht mit meinen Emotionen umgehen, und wurde nur für Leistung gewürdigt.
Körperliche Zuneigung gab es nicht. Es gäbe noch soviel mehr zu erzählen…
Ich bin jetzt in Therapie.

22.03.2025 08:56 • x 6 #29


J
@Katali

Das tut mir sehr leid. Ja, so eine Kindheit hinterlässt Narben. Gut, dass du dir Hilfe gesucht hast.

22.03.2025 10:15 • x 4 #30


A


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