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Transgenerationale Weitergabe von Traumata

P
Wie gottverlassen muss derjenige sich gefühlt haben der 30 Jahre für ein Ende des Krieges betet.

22.03.2025 23:48 • x 1 #106


F
Jetzt wird die Massenquarantäne durch das Coronavirus das nächste Generationstrauma auslösen.
Lockdown am 22.03.2020.
Ja, was wird den Zoomern dazu einfallen? Ich ahne Schlimmes .

22.03.2025 23:55 • #107


A


Transgenerationale Weitergabe von Traumata

x 3


Vienne
Zitat von justawoman:
Meinst du mich? Ich mach das übrigens leider mit mir selbst. Dass ich zu mir sage: Jetzt reiß dich mal zusammen, überleg mal, was dein Vater erleben musste. Das ist schwierig, wenn man seine eigenen Gefühle so disqualifiziert. Leider habe ich auch von meiner Mutter Sätze gehört wie Ihr wisst ...

Ich finde es sehr bereichernd, dass du darüber sprichst.

Und ich hoffe sehr, dass es dir gut tut.

Hm, ich habe so eine Art angeheiratete Patchworkfamilie... obwohl mein Mann und ich seit ein paar Jahren getrennt sind, ist es trotzdem meine Familie.
Die letzte Lebensgefährtin meines Schwiegervaters stammte aus Israel...ihre Familie wurde aus Wien vertrieben, hat teilweise auch nicht überlebt. Die Lebensgefährtin wuchs in einem Kibbuz in Israel auf und emigrierte nach Wien. Da gab es auch viele berührende Geschichten. Das Trauma war schon zu spüren unter den jüdischen Freunden...

23.03.2025 17:45 • x 2 #108


Vienne
Zitat von Perzet:
Eine Anekdote. Vor etwas über zwanzig Jahren war ein HC Überlebender eingeladen bei Alfred Biolek in dessen Sendung zu sprechen

Das hat mich sehr berührt, liebe @Perzet

23.03.2025 17:48 • x 3 #109


P
Zitat von Vienne:
Das hat mich sehr berührt, liebe @Perzet

Danke Dir!

Ich habs gerade selber nochmal gelesen und festgestellt, mit welcher inneren Distanz ich das geschrieben habe, um diese Grauen überhaupt ansatzweise ausdrücken zu können. (Für manche mag es anmaßend oder arrogant klingen, ist in Wirklichkeit irre, eigene Betroffenheit.) Daß deutlich mehr gesagt wurde als je zuvor, hörte ich von Biolek und den Redakteuren, die in der Besprechung nach der Sendung total überrascht waren.

23.03.2025 17:52 • x 4 #110


Vienne
Zitat von Perzet:
Danke Dir! Ich habs gerade selber nochmal gelesen und festgestellt, mit welcher inneren Distanz ich das geschrieben habe, um diese Grauen überhaupt ansatzweise ausdrücken zu können. (Für manche mag es anmaßend oder arrogant klingen, ist in Wirklichkeit irre, eigene Betroffenheit.)

Ich hatte dabei Tränen in den Augen...das hast du so anschaulich geschildert...

23.03.2025 17:54 • x 2 #111


Blanca
Zitat von ElGatoRojo:
Verstehen all der Ungeheurlichkeiten, die vor 1945 geschehen sind

So richtig verstehen kann das nur jemand, der selbst dabei war.

Eine Ahnung davon bekommt man, wenn man Kriegsgräberstätten besucht. Ich tat das eine Zeitlang sehr intensiv, war sogar mehrmals in Nordfrankreich und Belgien eigens dafür - natürlich auch in DE. Bis heute erinnere ich den Schock, als ich erstmals all diese Gräberreihen sah, die sich da wie ein Meer vor dem Besucher auftun. Tausende von Kreuzen und hinter jedem einzelnden davon lag ein junger Mann, der Vater und Mutter hatte, die ihn jahrelang mit viel Liebe und Mühe hochgepäppelt hatten.

Meist besuchte ich die Grabmale der Unbekannten. Weil die sonst vielleicht seit 100 Jahren gar keinen Besucher mehr hatten.

Auf den deutschen Soldatenfriedhöfen des WW1 sind übrigens auch fast immer jüdische Grabmale dabei. Und so begab es sich, daß ich eines Tages mal auf einem kleinen solchen, weit außerhalb des nächsten französischen Dorfes gelegenen deutschen Soldatenfriedhofs, gezielt auch dessen jüdische Gräber aufsuchte. Verweilt bin ich dann wie üblich bei einem Unbekannt - aber diesmal war es anders.

Denn wie ich so vor dem Grab stand, dachte ich es mal zuende: Dieser junge Mann war offenkundig so zerfetzt oder verwest oder beides gewesen, daß man ihn nicht mal mehr hatte identifizieren können. Seine armen Eltern haben also nie erfahren, daß er hier liegt. Für sie blieb er verschollen. So ging das damals hunderttausendfach, schon klar. Aber hier kam halt noch etwas hinzu: Nämlich die Art, wie lieb Vaterland es dem jungen Mann 17 Jahre später zu danken begann, daß er ihm sein Leben im Schlachtfeld geopfert hatte. Ich malte mir aus, wie seine Eltern vergeblich beim Roten Kreuz nach ihm gesucht haben mögen. Wie sie dann 1933 die Machtergreifung einer Partei erlebten, in deren Wahlprogramm die Behauptung stand, daß Juden eben nicht deutschen Blutes seien und insofern auch gar keine Volksgenossen sein könnten. Wie sie dann 1935 mit den Nürnberger Gesetzen konfrontiert wurden. Wie die SA ihnen 1938 ihr kleines Geschäftchen in Klump und Asche schlug. Wie man sie 1941 schließlich im Viehwaggon gen Osten deportierte und sie dort von der Rampe aus direkt ins Gas rüberschickte, da sie bis dahin zu alt und verhärmt für die Arbeitslager waren.

Mir fielen die Schilderungen von Erich Maria Remarque ein, aus Im Westen nichts Neues. All dieses Grauen hatte der junge Mann da unten im Grab in rechtschaffener Überzeugung mitgemacht, er gehöre zur deutschen Nation, sie sei sein Vaterland und er müsse sie bis zum Tod verteidigen. Einen Tod, den er dann tatsächlich gefunden hatte und das noch dazu auf so eine Weise. Und das war dann der Dank, mit dem Lieb Vaterland ganz ruhig sein mochte, um sich bei ihm und seiner Familie zu revanchieren dafür?

Hochverrat - dieses Wort schoß mir als erstes durch den Kopf.
Unverzeihlich - das war das nächste.
Auch in 1000 Jahren nicht - das war das übernächste.

Und da brach es tatsächlich aus mir raus, denn Worte fand ich einfach keine mehr. Was in drei Kreuzes Namen sollte ich dem jungen Mann da unten in dem Grab denn auch sagen? Es gibt weder einen Grund, noch eine Entschuldigung für das, was man ihm und (in meiner Vorstellung) seiner Familie angetan hat. Das war so dermaßen ungeheuerlich - es machte mich buchstäblich sprachlos.

Also ging ich auf die Knie und legte still meinen Kopf auf sein Grab. In Gedanken weilte ich bei ihm und seinen armen Eltern, aber ich wagte weder sie anzusprechen, noch sie in den Arm zu nehmen. Da war eine stumme Mauer von Fassungslosigkeit, die mir einerseits die Tränen runter aufs Grab perlen ließ - aber mir jede Stimme nahm. Jedes Wort wäre da zuviel gewesen.

Denn ich weiß nicht, wo ich selbst in den 1940ern gewesen wäre. Keiner von uns (nicht-jüdischen) Deutschen kann das mit Bestimmtheit wissen - wir wären ja völlig anders aufgewachsen und sozialisiert worden. Ich stand also da vor seiner letzten Ruhestätte als Angehörige eben jener Nation, die ihm und seiner Familie das angetan hat. Und ich konnte ja nicht wissen, ob ihm selbst das nicht schon zuviel war. Noch in den 1980ern sind mir Menschen begegnet die mit Deutschen nix zu tun haben wollten - auch nicht mit Nachkriegsgeborenen.

So kamen also an diesem Ort der 1. Weltkrieg und der HC auf gewisse Weise zusammen. Normalerweise trenne ich beides strikt, denn Völkermord und Krieg sind unterschiedliche Kategorien, selbst innerhalb der Massenverbrechen. So theoretisch diese Sichtweise sein mag - sie unterbindet unangemessene Relativierungen. Es ist auch so schon beschissen genug.

Inzwischen habe ich Tausende von Kriegsgräbern gesehen und Hunderte einzeln besucht. Tot sind sie alle, aber damals wurde mir klar, daß es selbst auf dem Friedhof noch Unterschiede gibt, die man respekthalber beachten sollte. Nicht, daß ich den übrigen deutschen Kriegsopfern an diesen Orten deshalb weniger Respekt zolle. Aber was speziell diese besonderen Grabmale betraf: Doch, das ist nochmal ein anderer Kaffee.

Zitat von ElGatoRojo:
Erst als Jugendlicher und durch Lesen eines Berges von Literatur wurde mir das Ausmass der Verbrechen klar.

Ging mir ähnlich. Über den HC wurde daheim nicht gesprochen; ich wurde das erst gewahr, als die gleichnamige TV-Serie (u.a. mit Meryl Streep) damals gesendet wurde. Wenn ich recht entsinne, kam damals auch erst der Begriff als solcher auf.

Was den WW1 betraf, so waren es vor allem Erich Maria Remarques Buch Im Westen nichts Neues und dessen erste (!) Verfilmung, aber auch Stanley Kubricks Wege zum Ruhm, die mich bis heute sehr beeinflussen.

Der WW2 saß allerdings daheim täglich still mit am Tisch. Mein Vater war von Frankreich bis Russland dabei gewesen und gen Kriegsende in einem der berüchtigten Rheinwiesenlager interniert. Er starb bereits Mitte der 1990er und bis heute ist kein Tag vergangen, an den ich seiner nicht gedacht habe. Etwa 10 Jahre später begann ich mich intensiv mit seiner Vergangenheit zu beschäftigen, zum Glück konnte ich Belege finden, die mir bestätigten, daß er weder bei der SS, noch bei einem Haufen gewesen war, der sich mit Kriegsverbrechen hervorgetan hatte. Im Zuge dieser Recherchen befasste ich mich auch sehr mit alliierten Kriegsverbrechen - u.a. die Bücher von De Zayas und Franz W. Seidler.

Bis heute habe ich mir nicht alle Fotos darin angeschaut. Aber beim Anblick der ersten Bilder wurde mir schlagartig klar, warum die Alten eisern geschwiegen hatten über das Gesehene und Erlebte. Das war so grauenhaft, das verschlägt einem buchsäblich die Sprache. Für die Lektüre der in ziemlich sachlichem Ton geschriebenen Berichte der Wehrmacht-Untersuchungsstelle brauchte ich teils wochenlange Unterbrechungen - weil ich sie alle durchdachte.

Zu meinem großen Glück konnte ich das vor ein paar Jahren im Rahmen eines Klinikaufenthaltes im Ausland endlich nachhaltig verarbeiten. Details führen hier zu weit. Nur soviel sei gesagt: In der Patientengruppe waren auch einige US-Veteranen. Gerechnet hatte ich damit nicht, denn ich war aus anderen Behandlungsgründen dort als sie. Aber sie waren dort genau zur rechten Zeit am benötigten Ort und allein das nehme ich bis heute als mein Wunder.

Zitat von ElGatoRojo:
Und irgendwann - so nach 60 Jahren - kann ich es einfach nicht mehr hören. Es ist Vergangenheit

Seit dem Klinikaufenthalt damals habe auch ich mich von dem Thema zurückgezogen.
Doch als 2022 der Ukrainekrieg ausbrach, kam es ganz fix wieder hoch.

Seither lausche ich am liebsten Lanz und Precht, wenn sie in ihrem Podcast auf das Thema kommen. Weil sie so ziemlich die einzigen sind, die eine völlig unterschiedliche Auffassung dazu haben und dennoch darüber diskutieren können, ohne daß einer den anderen verteufelt deswegen.

Letztes Jahr entdeckte ich erst auf dem Podcast-Portal, dann auch im Internet die Tonaufnahmen des erstern Frankfurter Auschwitzprozesses. Dort kam u.a. auch zur Sprache, daß Transporte mit schwerverletzten (!) russischen Kriegsgefangenen die ersten waren, welche probevergast wurden. Davon will natürlich heute keiner mehr groß was wissen. Mir war es bekannt, seit ich mir vor Jahren mal Höss' Memoiren gegeben hatte. Denn auch er berichtete davon.

Übrigens wurden ausgerechnet die sowjetischen (zumeist russischen) Befreier nicht zu den Feierlichkeiten anläßlich der 80jährigen Befreiung des KZ Auschwitz eingeladen: https://www.juedische-allgemeine.de/pol...grusswort/

Ich verstehe das alles nicht mehr. Also daß es ausgerechnet eines Donald Trump bedarf, um die Beendigung des Schlachtens zur Top-Priorität zu machen. Oder daß eine sechsfache Mutter wie die von der Leyen - von deren Kindern nicht ein einziges auch nur bei der Bundeswehr war - sich so vehement für Waffenlieferungen mitten ins Kriegsgebiet einsetzt - auch jetzt noch, wo die Amis sich offenkundig da rausziehen und nur noch ihre Pfründe zu sichern suchen.

Seit 2022 fühle ich mich wie im falschen Film. Es ist aber Realität - und ich überlege ernsthaft nicht wie, sondern ob ich damit umgehen soll - ehe es zu spät ist.

Zitat von Funkenline:
Als Kinder mussten ich und meine Geschwister uns ständig anhören, dass wir nicht alles glauben sollen, was die Lehrer im Unterricht erzählen.

Ein sehr guter Ratschlag. In der Tat kann eine gesunde Skepsis nicht schaden und kritisches Denken gehört gefördert. Das war übrigens eine der Lehren aus jener Zeit: Autoritäten nicht mehr Raum und Glauben zu schenken, als unbedingt nötig und das immer mit einem gesunden Mißtrauen.

23.03.2025 20:45 • x 6 #112


J
@Blanca

Zitat:
Denn ich weiß nicht, wo ich selbst in den 1940ern gewesen wäre. Keiner von uns (nicht-jüdischen) Deutschen kann das mit Bestimmtheit wissen - wir wären ja völlig anders aufgewachsen und sozialisiert worden.


Diese Frage habe ich mir auch schon gestellt.

23.03.2025 21:41 • x 2 #113


J
Zitat von Vienne:
Ich finde es sehr bereichernd, dass du darüber sprichst.

Und ich hoffe sehr, dass es dir gut tut.


Vielen Dank! Es hat mich sehr aufgewühlt gestern, wenn ich ehrlich bin.

23.03.2025 21:43 • x 3 #114


J
Zitat von Perzet:
Er sah, wie ich mit den Grauen umgehen konnte,


Das dürfte entscheidend gewesen sein, wieso er sich öffnen könnte, vermute ich. Mein Vater konnte die Resonanz seiner Worte nicht ertragen, zumindest nicht bei mir. Er hat ja sowieso nichts von sich aus erzählt, aber ab und zu hab ich gefragt. Wenn er dann das zunehmende Entsetzen in meinem Gesicht sah, brach er plötzlich ab und fuhr mich an: Was hast du denn gedacht, wie das war?!
Ich war dann immer erschrocken über seine plötzliche Aggressivität, aber ich denke, er wollte mich schützen.
Am liebsten hat er von seiner schönen, viel zu kurzen Kindheit vor Ausbruch des Krieges erzählt. Dabei hat er auch gelacht, wenn er mir von seinen Streichen erzählt hat.

23.03.2025 23:18 • x 4 #115


Scheol
Mein Vater hat 25 Jahre lang nachts gearbeitet.

Und wird meist immer noch nachts wach zwischen 2 und 3 Uhr, wegen der Arbeit wie er sagt,….

Er ist 90 Jahre , Jahrgang 1934 , spricht selten über die Zeit von damals.

Wie die Bomber im zweiten Weltkrieg nach Berlin kamen wurden die Kinder in die Lausitz gebracht. Ich glaube es hier Jugendverschickung.

Er ist am Bahnhof Zoo in der Nähe geboren und groß geworden.

Hat man damals nichts gemerkt Papa ?

Es waren plötzlich Stühle in der Klasse leer und Wohnungen waren leer aber man hat lieber nicht gefragt wo die sind.

Im Zoo stand ein Hochbunker , Gustav , 2 cm bis 12,8 cm Flak. Zum Schutz der City.

Wenn im Radio kam „ Achtung Achtung , feindlich Grosskampfverbände über den Reich gesichtet, Richtung Braunschweig, ……wir melden uns wieder…..“

Später dann „ Achtung , Achtung , feindliche Grosskampfverbände schwenken Richtung Berlin …… wir melden uns wieder“! dann wusste man schon was passiert.

Mein Vater sagte, der Hochbunker fing an sich Einzuschiessen , auf das was gleich kommen mag,….der Boden im ganzen City Bereich bebte durch die Geschütze. Vielleicht waren es aber schon die ersten Bomben der Flugzeuge,

Das ist was mir oft einfällt wenn ich hier in meiner gegen rum laufe , was Papa da erzählte……

Papa ging als Kind in den Schrank, wenn die Bomben fielen, da pullerte er sich oft ein aus Angst sagte er………( Papa hatte vor 12 Jahren Blasenkrebs ,…. Trauma geht oft auf die Verdauungs und Ausscheidungsorgane )

Als er mal in den Bunker rennen wollte und zuspät kam , stand ein besoffener Wehrmachtsoffizier vor ihm mit gezogener Waffe und wollte ihm erschiessen.

Mama ist 91 , Jahrgang 1934,…aus Schlesien,.. Heute spricht sie oft über die Flucht und die verlorene Heimat…. Früher hat keiner gefragt , oder keiner zugehört , hatten ja alle selbst Probleme und mit sich zu tun .

Mama hatte vor 12 Jahren Wasser im Herzen ,…. Spirituell sagt man „ das Herz hängt voller Tränen“.

Der Lehrer des 34 Seelen Dorfes von ihr , warf sich der herankommenden russischen Arme mit einem Gewehr entgegen. Sie schütteln den Kopf beim erzählen. Wird wohl nichts genutzt haben.

Wie sie über das Haff mit den Pferdekutschen flüchteten , beschoss der Russe das Eis damit die Flüchtenden ertrinken sollen.

Minus 20 Grad war es damals , „ das Kind darf nicht schlafen“ hieß es dauern .und sie wurden wach gehalten…. Wer schläft erfriert…….Mama schlief ein und erfror sich beide großen Zehe. ( angefroren , sie hatte oft Schmerzen in den Zehen , ließ sich aber nichts anmerken )

Jagdtflieger Tiefflieger kommen. Sagte sie ,….Amerikaner waren das , in 5 Meter Höhe. Sie beschossen die Kolonne nicht , aber sie hatten wohl Spaß daran das die Frauen alle in den Graben links und rechts sprangen und die Röcke flogen. Sie schmunzelt kindlich beim erzählen. Wie bei einem Abenteuer.

Sie hatte einen Teddy Mantel an , der Zug war übervoll , ( ich weiß nicht was da zwischen passiert ist , ich frage lieber nicht )…… also hingen sie draußen am Zug nur um weg zu kommen.

Irgendwann rief einer „ das Kind brennt , das Kind brennt“. Und sie schlugen mit den Händen auf sie ein . Ihr Mantel hatte durch die Dampflok Funken abbekommen und brannte. Sie wurde in den Zug gezogen wo sie weiter mit fahren konnte.

Der Zug bremste , fuhr rückwärts wieder in den Wald….. Weit weg waren Bomben zu hören.

Der Zug fuhr an , bremste wieder und fuhr wieder in die Deckung des Waldes….wieder Bomben…..

Das ging so über 2-3 Tage . Immer wieder vor und zurück.

Sie wusste nicht wo sie war . Wir vermuten das es die Nacht war wo Dresden bombardiert wurde , wo die Stadt voller Flüchtlinge gewesen ist. Glück das der Zug nicht schneller war.

Wenn die Russen auf der Autobahn tanzten mit ihren schweren Stiefeln , wussten sie was bald kommt. Wenn es ruhig wurde , und sie genug betrunken waren , dann kamen sie.

Ihr und den Verwandten ist nichts passiert …..die Cousine von meinem Vater ….32 x….sie brachte sich und das Kind selbst um. Papa erzählt das damals als ob das ganz weit weg ist.

Die Mama ( Oma ) von mein Papa wurde zwei mal ausgebombt mit ihren Lebensmittelladen. Aber sie baute das immer wieder auf.

Oma ging mit Papa auch zum Brandenburger Tor nach dem Krieg zum Schwarzmarkt. Wie er das erzähle klingt das ein wenig nach Abenteuer.

Papa warum hast du angefangen zu rauchen mit 11 - 12 Jahren ? Weil ich Hunger hatte sagte er.
Papa hatte immer Übergewicht seit dem ich ihn kenne. Der Teller wurde immer leer gegessen. Wenn was übrig blieb dann hat er es gegessen. Er darf nichts schlecht werden lassen.

Die Mama ( Oma ) von meiner Mama , hatte immer 10 Kilo Kaffee im Schrank. Zum Handeln , falls es mal wieder schlecht geht. Sagte sie mir damals. Ich verstand das damals gar nicht. Erst viel später.

Oma ( Mutter von Papa ) hat immer Lebensmittel vergessen rein zu räumen vor dem Laden, weil sie wusste was hier in dem Land schief läuft. Damit die Leute die sich verstecken mussten was nachts sich holen konnten und zu essen bekamen.

Ihr Bruder ( von Oma ) glaube ich bekam das mit . Er war bei der SA etwas höher. Papa sagte das er hörte im Nebenzimmer , wie er zu seiner Mutter sagte „ ich weiß was du jeden Abend tust , ich könnte dich dafür ins KZ bringen“. Oma sagte wohl „du musst tun was du tun musst“ „ Oder mach was du für richtig hältst“…. Papa erzähle das ohne viel Emotionen.

Onkel Paul ( von Papa der Onkel ) wurde zum Volkssturm gerufen , er bekam eine Panzerbüchse ( Panzerfaust ).
Er kam mit dem Ding nachhause in die Küche , und blieb irgendwie an der Schnurr hängen. Das Ding ging los und steckte ( ohne Zünder ) in der Küchenwand. Da war seit dem ein Loch sagte er schmunzeln aber auch irgendwie erschrockend.

Ich glaube das man nicht wirklich verstehen kann , nicht nachvollziehen kann was diese Generation zum Teil überlebt und mitgemacht hat. In welchen Modus sie waren , und es besser wahr in diesem Modus zu sein.

Papa wird immer noch nachts wach, weil er nachts arbeitete……

Ich fragte ihn mit der Erfahrung des Themas von heute , wann wirst du immer wach ?
Na um 2 und 3 Uhr.
Weisst du warum ?
Wegen der Nacharbeit denke ich.
Papa wann kamen immer die Bomber früher ?
zwischen 2 und 3 Uhr ( wenn der Mensch sein Tiefschlaf hat )

Ich werde meist um 1:33 Uhr wach . Keine Ahnung warum. Ich werde ihn mal fragen wann er genau immer wach wird.

Man sagt das ein Generatorsübergreifende Trauma eine Generation überspringt.

23.03.2025 23:29 • x 8 #116


Blanca
Gerade noch gefunden:

23.03.2025 23:50 • x 2 #117


Blanca

Gestern 00:03 • x 2 #118


J
@Scheol

Vielen Dank für's Teilen dieser persönlichen Erinnerungen!

Zitat:
( Papa hatte vor 12 Jahren Blasenkrebs ,…. Trauma geht oft auf die Verdauungs und Ausscheidungsorgane )


Das finde ich sehr interessant! Meine Eltern haben/hatten beide Darmkrebs. Weißt du, warum das so ist?

Zitat:
Der Teller wurde immer leer gegessen. Wenn was übrig blieb dann hat er es gegessen. Er darf nichts schlecht werden lassen.


Das kenne ich auch von meinem Vater. Leider wurden wir auch gezwungen aufzuessen. Wir durften uns zwar selber nehmen, wie viel wir wollten, aber da vertut man sich natürlich als Kind. Meine Schwester, die ein sehr schlechter Esser war und vieles nicht mochte, saß oft bis 15 Uhr bockig vor ihrem Teller, bis meine Mutter sich erbarmt hat. Mein Trick war, mich so schlecht zu benehmen, dass ich zum Essen in die Küche geschickt wurde, wo ich dann heimlich den Mülleimer gefüttert hab.

Zitat:
die Cousine von meinem Vater ….32 x….sie brachte sich und das Kind selbst um


Das ist entsetzlich und es betraf so viele Frauen gegen Kriegsende.

Zitat:
Man sagt das ein Generatorsübergreifende Trauma eine Generation überspringt.


Wieso? Als Kind ist man doch viel näher dran, wird großzogen von den traumatisierten Menschen.

Ich hatte als Kind einen immer wiederkehrenden Alptraum, den ich in vielen Varianten geträumt habe, aber der Kern war immer gleich: Er begann fröhlich, ich war mit anderen Menschen zusammen. Aber auf einmal verdüsterte sich alles, der Traum bekam etwas Bedrohliches und ich war plötzlich komplett allein. Jemand hat mich verfolgt. Ich habe diesen Verfolger nie gesehen, aber ich wusste, dass er da ist, hatte schreckliche Angst und bin vor ihm geflohen. Ich hatte schon im Kleinkindalter entsetzliche Schlafstörungen und habe sie bis heute. Manchmal bekomme ich mit, dass ich schreiend aus dem Schlaf hochschrecke. Als ich das meinem Freund erzählt habe, dass ich schreiend aus dem Schlaf hochgeschreckt bin (wir haben meist getrennt geschlafen, weil er viel später ins Bett geht als ich und außerdem schnarcht), meinte er: Das ist doch nichts Besonderes. Das machst du jede Nacht. Ich hatte schon mal Sorge, dass die Nachbarn die Polizei rufen, weil du so laut geschrien hast.

Gestern 00:45 • x 4 #119


J
Ich weiß gar nicht, ob ich das hier erzählen soll, weil es so persönlich ist, aber ich finde es irgendwie auch lustig: Mein Vater ist mal für mehrere Wochen in Beugehaft genommen worden, weil er sich geweigert hat, im Rahmen eines an und für sich völlig unspektakulären Gerichtsprozesses eine eidesstattliche Erklärung abzugeben. Ich habe ihn im Gefängnis besucht und fand ihn hochzufrieden vor: Ich habe es warm, bekomme zu essen, habe ein Bett, einen Tisch, einen Stuhl und sogar einen Fernseher - was will man mehr! Er hat mir sogar noch vorgerechnet, wie viel Geld er jetzt spart, wo er nicht selber Essen kaufen muss .

Gestern 01:01 • x 4 #120


A


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