Liebe Uschi!
Ich nehme an, das du mein Posting erst nach deinem Urlaub lesen wirst (Ich hoffe und wünsche dir, du kommst erholt und gestärkt wieder zurück).
Trotzdem möchte ich einige Worte zum Thema Freundschaft mit dem Ex schreiben.
Ich weiß nicht, ob du meine Geschichte kennst. Mein Mann trennte sich im Februar nach 23 Jahren zusammensein (davon 16 Jahre verheiratet) von mir. Ich lernte ihn kennen, da war ich erst fast 16 Jahre alt. Wir haben zwei Kinder (Tochter 15J., Sohn 11J.).
Er machte mir am Anfang der Trennung großzügig das Angebot, Freunde zu bleiben. Zu Anfang hab ich das auch gewollt, einmal wegen der Kinder und zum Anderen, wegen der 23 gemeinsamen Jahre. Ich wollte die Zeit nicht in Frage stellen und mich gerne daran erinnern wollen.
Aber so einfach ist das leider nicht.
Meine Gefühle stehen mir dabei im Weg. Ich liebe ihn immer noch, obwohl auch oft genug Hass in mir aufkommt. Nicht so sehr wegen der Trennung selber, sondern wie die Trennung abgelaufen ist. Wir hatten auch das letzte halbe Jahr vor der Trennung schon Streit und Schwierigkeiten.
Heute war er bei mir (ich hab ihn darum gebeten), weil ich einige Dinge (sachlicher Art) regeln wollte.
Ich hab ihm klargemacht, das ich mehr Distanz will, um von ihm loszukommen. Ich hab ihn danach gefragt, was er sich unter einer Freundschaft zwischen uns vorstellen würde und er meinte, wenn ich Hilfe jeglicher Art brauchte, dann brauchte ich nur Bescheid zu sagen. Aber Hilfe brauche ich von ihm nicht, die hole ich mir von Anderen. Das sagte ich ihm auch. Denn wenn ich Jemanden helfen will, brauche ich nicht mit demjenigen befreundet zu sein (siehe Flutkatastrophe, Nachbarschaftshilfe usw.).
Ich fragte ihn danach, ob er freundschaftliche Gefühle wie Zuneigung oder so etwas für mich empfinden könnte (das bedeutet für mich, das jemand gern mit einem anderen zusammen ist, ohne ihn zu lieben). Er schwieg daraufhin und wußte nichts zu sagen. Es war wie immer, wenn Gefühle im Spiel waren. Damit kann er nichts anfangen und ist dann so verschlossen wie eine Auster. Das war nicht immer so extrem. Hat sich bei ihm erst die letzten zwei/drei Jahre so entwickelt.
Aber so eine richtige kalte Art, wie ich sie noch nie von ihm kannte, zeigte sich bei ihm erst nach der Trennung. Aber ich glaube, das ist bei ihm so eine Art Selbstschutz vor meinen Angriffen, Anschuldigungen und Gefühlsäußerungen. Er will damit nicht mehr konfrontiert werden. Denn wenn ich sachlich und ruhig mit ihm rede und keine Gefühle mit reinbringe, ist er selber ruhig und freundlich und gar nicht mehr so kalt. Das habe ich heute so erlebt.
Nur, und darin sehe ich das Problem, hab ich ja noch Gefühle für ihn, Gute wie Schlechte und deshalb kann ich im Moment keine Freunschaft für ihn empfinden und zu ihm aufbauen. Aus diesem Grund möchte ich vorläufig so wenig Kontakt wie möglich. Ganz kann ich den Kontakt nicht abbrechen, wegen der Kinder, aber auf ein minimum und das Wichtigste beschränken.
Ich habe ihm auch klargemacht, das ich seine Hilfe, vorläufig, in Zukunft nicht mehr benötige, weil ich andere Leute dafür habe...das ich sogar lernen will, mit Elektrowerkzeug umzugehen...das ich mir einen neuen Freundeskreis aufgebaut habe und den noch weiter ausbaue...das ich mit alten Hobbies wieder angefangen habe und neue ausprobiere...kurz und gut, das ich auch ohne ihn klarkomme und ihn für mein Leben nicht mehr brauche, auch wenn ich ihn noch liebe.
Und selbst, wenn er morgen vor der Tür stehen würde und zu mir zurück kommen wollte (was ich mir immer noch am meisten wünsche), wüßte ich nicht, ob ich ihn wieder zurück nehmen würde. Zumindet nicht so, wie er sich in den letzten zwei Jahren vor und die Monate nach der Trennung, mir gegenüber verhalten hat.
Ich sagte ihm, das mich die Trennung verändert hat und ich mir nicht mehr das bieten lassen würde, was ich mir alles vorher gefallen lies (seine Kaufsucht/schuldenmacherei, seine Heimlichtuereien in Punkto Geld, seine Lügen und Halbwahrheiten, seine ständige ausgeherei, seine Kumpelhaften Freundinnen, die meiner Meinung mit dazu beigetragen haben, das unsere Ehe kaputt ging usw.).
Glaub mir, das alles ist mir nicht leicht gefallen, im Gegenteil, es zerriss mir das Herz, aber ich bin mir sicher, das es der richtige Weg ist. Ich kann ihn mir nicht einfach aus dem Herzen reißen und meine Gefühle für ihn auch nicht und auch die Erinnerungen an glückliche Zeiten überfallen mich immer wieder, aber dann auch wieder die Dinge, die den Hass in mir wieder hochkommen lassen. Aber wenn ich irgendwann tatsächlich so etwas wie Freundschaft zu ihm aufbauen möchte, muß ich ihn erst loslassen und vielleicht sogar verzeihen können und das kann ich im Moment noch nicht.
Das seltsame ist, das ich nicht weinen mußte, als er nach diesem Gespräch wegging. Ich fühlte mich sogar irgendwie erleichtert. Vielleicht, weil ich alles gesagt habe, was ich sagen wollte und dabei sogar noch ruhig blieb.
Aber es ist doch so, das ich jetzt, einige Stunden später, das Gefühl habe, das ich jeden Moment anfangen müßte zu weinen. Und ich denke, das wird wohl auch heute Abend oder Nacht auch passieren. Aber auch das werde ich überstehen.
Trotzdem bin ich froh, das ich diesen Weg eingeschlagen habe. Sonst werde ich es nie schaffen, von ihm loszukommen.
Was deine Lage betrifft, ist es sicherlich schwieriger, den Kontakt auf ein minimum zu beschränken, da ihr in der gleichen Firma arbeitet und du ihm da ja nicht aus dem Weg gehen kannst.
Ich denke auch, das er erst dann mit dir freunschaftlich umgehen kann, wenn er sicher ist, das du ihn losgelassen und mit der Sache abgeschlossen hast. Solange das nicht ist, wird er dich wahrscheinlich weiterhin so kalt, unpersönlich und abweisend behandeln. Ich weiß, das tut weh, aber an seinen Gefühlen und Handlungsweisen kannst du nichts ändern.
Das schlimme ist, ich kann dir nicht sagen, wie du es schaffen kannst ihn loszulassen und mit der Sache abzuschließen, denn auch ich habe das ja noch nicht geschafft. Ich wüschte, ich könnte dir mehr helfen, aber ich dachte, du solltest wissen, das ich deine Gefühle verstehe und auch nachvollziehen kann. Aber ich stimme auch den anderen zu, die dir geschrieben haben und dieses Titellied aus dem Tanz der Vampire passt auch zu mir, Aber bei mir kommt mittlerweile und Gott sei Dank auch mein Kampfgeist von früher wieder durch.
Liebe Uschi, ich weiß nicht, ob ich dir weiter helfen konnte. Ich wünsche es so sehr. Ich hoffe, das dir wenigstens der Urlaub wieder Auftrieb geben konnte.
Bis dahin alles Gute und in Gedanken bei dir
Wolfsfrau 1963
03.09.2002 21:15 •
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