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Tod der Jugendliebe

H
Hallo liebes Forum,

habe gestern durch Zufall erfahren, dass meine Jugendliebe schon vor 2 Jahren gestorben ist.
Mich wundert es, dass mich sein Tod so anfasst. Jahrelang haben wir Nichts voneinander gehört. Ich wohne schon 10 Jahre nicht mehr in der Gegend aus der ich stamme und bin auch zum 2. Mal verheiratet (glücklich). Trotzdem hat es mir einen Stich versetzt.

Zur Geschichte:

Er kam in der 10. Klasse zu uns, weil er von seiner Schule geflogen war. Er kam aus einem Dorf in der Nähe unserer Kleinstadt und war der Sohn eines sehr bekannten Landwirtes.
Er war gutaussehend und er war sehr umschwärmt.
Er hielt sich oft in meiner Nähe auf und neckte mich. Ich nahm Das nicht ernst, wusste ich doch, dass ich ein dicker und für Jungs in dem Alter unattraktiver Teenager war. Dazu kam ich auch von einem ehemaligen Bauernhof und hatte wenig Kontakt zu meinen Mitschülern. Zusätzlich hatte ich striktes Verbot von meinen Eltern, mich mit Jungen abzugeben bzw. zu treffen.

Bei den Proben zu einer satirischen Theatervorführung anlässlich unserer Schulentlassungsfeier, versuchte er dann immer wieder mir näher zu kommen. Meine Angst, dass er mich vorführen wollte, war aber zu groß und ich ging auf diese Annäherungsversuche nicht ein. Es schmerzte weil ich schon ziemlich verliebt in ihn war. Aber die Angst vor meinen Eltern und davor von ihm ausgelacht zu werden, weil ich da was falsch interpretiert hatte, hat mich abgehalten.
Nach der Schulentlassung verloren wir uns aus den Augen.
Das ist jetzt fast 30 Jahre her.

Dann kam das Klassentreffen 15 Jahre nach der Schulentlassung.
Wir trafen uns wieder. Er setzte sich direkt zu mir und wir unterhielten uns den ganzen Abend, was von den Anderen auch nicht unentdeckt blieb. Am Ende bot er mir an mich nach Hause zu fahren.
Ich lebte zu der Zeit bereits von meinem 1. Mann getrennt und in einer eigenen Wohnung. Vor meiner Tür angekommen verriet er mir dann, dass er damals sehr verliebt in mich gewesen wäre und es ihm sehr weh getan hatte, dass ich so abweisend war. So ganz hätte er mich nie vergessen können, auch wenn er inzwischen mit einer Frau zusammen lebte und mit ihr ein Kind hatte. Ich erklärte ihm daraufhin warum ich damals so reagierte. Wir lachten, tauschten unsere Nummern und versprachen uns irgendwann mal einen Kaffee zusammen trinken zu gehen.

Keine Woche später bekam ich eine SMS von ihm. Wenn ich Lust hätte, könnte ich mir seine Biogasanlage, für die ich mich interessierte, ansehen. Er müsse am nächsten Morgen eine Wartung durchführen und wenn ich nicht arbeiten müsste, könnte ich ja vorbeischauen.
Ich hatte tatsächlich meinen freien Tag, die Kinder waren im Kindergarten und ich hatte außer putzen nichts vor, da konnte ich mir eine knappe Stunde Freizeit leisten.

Gesagt getan. Ich bekam eine Exklusivführung und jede Menge technische Einblicke in die Biogasanlage. Hinterher standen wir noch zusammen und tranken einen Kaffee zusammen. Eben wie alte Freunde.
Plötzlich drehte er sich zu mir um, nahm mein Gesicht in seine Hände und sagte: Seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe, wollte ich wissen wie sich Das anfühlt. Ich warte seit über 16 Jahren auf genau diesen Moment. Dann küsste er mich. Erst ganz vorsichtig, als hätte er Angst den Moment zu zerstören, dann schlang er die Arme um mich und hielt mich ganz fest.
Es war wunderschön.
Mir schossen tausend Dinge durch den Kopf. Freude, Sehnsucht, Verlangen, aber auch, dass er eine Frau an seiner Seite hatte und ein Kind. Ich war frei, aber er nicht!
Ich löste mich von ihm, schweren Herzens, aber der Verstand sagte: Nein.
Noch ganz schwindelig sah ich ihm ins Gesicht. Er hatte Tränen in den Augen. Es war noch viel schöner als in meiner Vorstellung.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war von dem Kuss, dem Moment und seinem Gefühlsausbruch so überrumpelt.
Ich verabschiedete mich und fuhr nach Hause. Ich ließ ihn einfach stehen.

Ich war noch unterwegs, als ich wieder eine SMS von ihm bekam. Es täte ihm leid, wenn er mich erschreckt hätte, aber den Kuss würde er nicht bereuen und nie vergessen.

Wir schrieben die nächsten Tage noch viel hin und her. Wir trafen uns auch noch einmal und es gab auch einen weiteren Kuss. Die Gefühle waren wieder da, aber ich wollte Das nicht. Ich wollte nicht Schuld sein an einer Trennung und einem Kind die Familie nehmen.
Ich antwortete ihm nicht mehr. Er tauchte noch ein paar Mal bei mir auf, doch ich öffnete nicht. Er schrieb mir Briefe, die ich nicht beantwortete.

Ich lernte meinen 2. Mann kennen und vergaß das Alles.

Jetzt ist Es wieder da und Es tut trotz allem weh.
Seine Lebensgefährtin und Mutter seiner Tochter hat er erst 2 Monate vor seinem Tod geheiratet. Schon von seiner Krankheit schwer gezeichnet. Das war auf dem Hochzeitsbild in der Heiratsanzeige zu sehen.

Und da bleibt dann die Frage, was wäre gewesen wenn.
Ich hoffe er hat es gut, da wo er jetzt ist. .

Lg
Helixa

02.06.2020 09:05 • x 1 #1


G
Liebe Helixa,
auch ich bin noch in Trauer und kann sehr gut nachfühlen wie es dir geht. Bist du denn momentan in einer Partnerschaft? Ich ja, und trotzdem denke ich jeden Tag, was wäre wenn...
Was hätte sie dazu gesagt, wie wäre es jetzt mit ihr am See zu liegen...
Meine Partnerin kommt überhaupt nicht damit zurecht, trotzdem möchte ich sie nicht auch noch verlieren.

Fühl dich auf jeden Fall fest gedrückt.

Liebe Grüsse
der George

02.06.2020 09:39 • x 1 #2


A


Tod der Jugendliebe

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Elbstrand
Zitat von George111:
Bist du denn momentan in einer Partnerschaft?


Sie hat es ja nur zwei Mal geschrieben

@Helixa Eine tragisch-schöne Geschichte und ich kann sie so gut nachvollziehen. Meine letzte Beziehung war ein Versprechen, welches auch erst nach acht Jahren eingelöst wurde. Ein Kuss, auf den wir beide warteten. Wir Menschen haben ein unglaubliches Verlangen nach Abschluss, danach, ein Was-wäre-wenn aufzulösen. Du wirst das niemals können, doch immerhin hattet ihr diesen Kuss. Das, was ihr hattet, lädt ein zum Überhöhen, sich vieles auszumalen, was so aber vielleicht, nein wahrscheinlich, niemals gewesen wäre.

Meine letzte Beziehung liest sich ähnlich von der Anlage ähnlich wie deine. Ersetze Schule durch Arbeitsstelle und verändere die Jahreszahl. Wir kamen zusammen, hatten eine sehr intensive Zeit aber es hat nicht gereicht. Die Überhöhung hat uns kaputt gemacht. Daher schätze das, was du hast. Eine innige, nachhaltige Beziehung - das ist mehr wert als alles!

02.06.2020 09:49 • x 2 #3


B
Natürlich nimmt das einen mit. Man hat die wichtigste zeit zusammen verbracht, die jugend. Der tod ist so ziemlich das unvollstellbarste in dieser zeit...dann kommt der Gedanke..das hätte auch ich sein können....irgendeiner stirbt immer zuerst....irgendwann fängt es an...

02.06.2020 12:13 • x 2 #4


H
Was für eine schöne Geschichte, Helixa! Sei froh und dankbar, das du sie erleben durftest. Was wäre gewesen? Diese Frage kann ich dir beantworten. Ihr hättet gemeinsam den Hof geführt, Kinder bekommen und eure Liebe wäre wie alle anderen im Alltagstrott erstickt. Die größte Liebe ist die, die unerfüllt bleibt. Das kann ich dir aus eigener Erfahrung bestätigen. Ich hatte meine große Liebe zwar etwas länger und auch in intimen Situationen, dennoch war sie für meinen Geschmack viel zu kurz. Wir hatten einander nur wenige Monate und die auch nicht durchgängig sondern wir hatten nur ein paar gestohlene Stunden. Dann trennte er sich, weil er meine Gefühle nicht in gleicher Weise erwidern konnte und weil unsere Beziehung nicht alltagstauglich war. Darüber hinweg zu kommen, hat mich Jahre gekostet. Heute bin ich dennoch dankbar, ihn gekannt zu haben. So habe ich wenigstens einige wunderschöne Erinnerungen an ihn, wenn ich alt und grau bin. Die hast du ja nun auch. Danke, das du sie mit uns geteilt hast. In unserer Erinnerung lebt unsere Liebe weiter. Nur darauf kommt es an!

02.06.2020 12:32 • x 3 #5




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