Schönen guten Tag an alle.
Ich habe seit der Trennung von meinem Freund viel in Foren und Büchern gelesen, um mit der Situation umgehen zu lernen, den Verlust und die Trauer zu verarbeiten und um mich mit mir und meinen Gefühlen auseinanderzusetzen.
Dabei bin ich auch Seiten gestoßen, die mit Strategien werben, die Coaching anbieten, den Ex zurück zu gewinnen, oder das in-14-Tagen-Ex-zurück-Paket verkaufen. Natürlich ist es in der ersten Verzweiflung verlockend sich Ratgeber, Bücher oder Broschüren zu bestellen. Auf ein Wort bin ich jedoch überall gestoßen : die Kontaktsperre.
Auf einer Seite heißt es Sende-Sperre, auf der nächsten, dass man auf Nachrichten vom Ex antworten soll, auf der ganz nächsten, dass man konsequent alles ignorieren soll, bis der Ex in völliger Reue seine Lieber wiederentdeckt hat.
Ich möchte diese Kontaktsperre als Instrument der Trauerbewältigung nicht negativ bewerten, jedoch ist sie per se kein universales Instrument, um der Beziehung einen Neuanfang zu gewähren, sondern es hängt schlicht individuell von der Situation ab, warum man sich trennte, wie der Status ist und ob man wirklich noch ein Interesse an der/dem Ex hat oder ob die Einsamkeit und Gewohnheit einen schmerzhaften Streich spielt. Demzufolge ist Abstand in den ersten Wochen auch ratsam, um sich den Fragen zu stellen, eine überzeugende Antwort zu finden und dem Gefühlschaos Raum und Zeit zu geben, sich zu lichten und zu ordnen. Abstand bedeutet nicht, dass man keinen Kontakt hat. Man hat nur nicht den Kontakt, den man ursprünglich hatte, sondern einen respektvollen, freundlichen und distanzierten Umgang. Social Medias machen es leicht diese Form auch umzusetzen. Es geht auch nicht darum entgegen seinen miserablen schauspielerischen Qualitäten dem Ex-Partner eine heile, glückvolle Welt ohne ihn zu präsentieren, sondern es geht darum, dass man sich selbst wieder findet, seine Mitte, und im Einklang mit seinen Gefühlen und Handlungen steht. Das erfordert Willensstärke, Disziplin und Selbstreflektionen über das eigene Handeln. Nicht dem ersten Impuls nachgeben, sondern eine klare, konstante und konsequente Linie im eigenen Handeln zu finden, um sich selbst und auch den Ex vor Unsicherheiten zu schützen.
Das Nähe-Distanz-Problem scheint vielleicht einigen ein Begriff. Je mehr ich fordere und bedränge und mich um den Ex bemühe, desto mehr wird er sich zurückziehen und im Zweifel soweit, dass es irreparabel wird. Das Gefühl von einer Dampfwalze aus Nähe und Liebe überrollt zu werden, ist genau das, was damit provoziert wird. Weder der/die Ex will gerade im Moment Liebe und Nähe noch der Verlassene. Dessen muss man sich bewusst werden, dass man erkennen muss, dass man es nicht will. Natürlich will man, dass die Beziehung existiert, dass man zurück kriechen darf in den warmen, weichen Schoss der Stabilität, der Vertrautheit und der Liebe zueinander, aber gerade das will man aus den falschen Gründen. Angst, Verzweiflung, Alleinsein, Trauer. Und bis die richtigen Gründe dafür gefunden werden, warum man das wollen könnte, sollte man damit beginnen sich mit selbst und der Trennung auseinanderzusetzen. Denn die Trennung ist wirklich und nichts, was man machen könnte gegenwärtig, wird zu dem Zustand führen, den man sich erhofft. Dafür sind zu viele Gelegenheiten im Vorfeld nicht ergriffen und ungenutzt geblieben, sonst wäre man ja noch zusammen. Wenn man dann nach ein paar Wochen begreift, wer man ist und warum die Trennung vollzogen wurde, kann man an einer positiven Veränderung an sich selbst arbeiten. Wenn man herausgefunden hat, dass der ehemalige Partner der ist, den man wirklich liebt, mit dem man sich eine Zukunft vorstellen kann und dergleichen, dann kann man auf den Ex zugehen und signalisieren, dass man sich verändert, dass Gefühle immer noch vorhanden sind und dass die eigene Überzeugung in Taten mündet. Nichts schadet mehr, als wohl gewählte Worte der Erkenntnis, die nach ein paar Wochen vergessen sind.
Was man sich bewusst halten sollte, ist das Wissen, dass auch der Ex leidet, vermisst, nachdenkt, weint und vielleicht noch liebt. Aber auch hier gibt es kein universales Rezept.
Jeder kennt seinen Ex-Partner und weiß, was dieser mag, weniger mag, was ihm Spaß bereitet. Insofern nutzt die Trennung als Chance euch kennen zu lernen und den Ex zu verstehen, warum er sich von euch trennte. Lasst die Wochen ins Land ziehen, tut etwas für euch und euer Wohlbefinden und nutzt diese Kontaktsperre nur, wenn ihr die Beziehung ad acta legen wollt. Ein freundlicher und respektvoller Umgang mit dem Ex zeugt von mehr innerer Stabilität und Reife, als nicht zu antworten, wenn er/sie sich meldet. Danach könnt ihr in euer Kissen weinen, weil es natürlich auch weh tut und schmerzt.
Zu der gefürchteten Freundschaftsschiene sei noch gesagt : Nein, ihr könnt nur Freunde werden, wenn ihr beide es wollt. Lehnt das Freundschaftsangebot ab und kommuniziert das auch. Sachlich und ohne einen hysterischen Weinanfall zu bekommen. Ja, das ist schwer, aber Selbstbeherrschung bringt weit mehr, als impulshaftes Verhalten. Wenn auch da die Wochen ins Land gezogen sind, der/die Ex ein paar Leute gedatet hat und vielleicht feststellt, welche Macken diese Menschen besitzen, und die Momente eures Kennenlernens getriggert werden bei ihm/ihr, was positiv an eurer Beziehung war, eure Veränderungen mitbekommt und euer konstantes, lineares Verhalten bemerkt, dann wird es da eher Anknüpfungspunkte geben, als durch irgendwelche Strategien, ein neues Profilbild mit Lachen im Sonnenschein hochzuladen. Der Ex muss erleben, was passiert, und deswegen ist die Kontaktsperre kontraproduktiv. Es mag bei manchen helfen, den meisten schadet es jedoch. Es schadet nicht, weil man Kontakt hat, sondern weil man den falschen Kontakt hat.
Und nun meine Erfahrung mit einer Trennung und einem Neubeginn:
Mein Ex ist fremdgegangen und ich habe nach langer Überlegung mich bereit erklärt zu verzeihen. Es war am Anfang schwer, doch es wurde schwerer. Ich habe kein Vertrauen mehr aufbauen können und Zweifel, Angst und Eifersucht wurden präsenter. Es gab natürlich Konflikte und irrationales Verhalten. Es gab Vorwürfe, es gab Streit, Wut, Trauer und Tränen.
Eines Tages habe ich erklärt, dass mich diese Eifersucht zerfrisst und ich das nicht mehr aushalten kann. Wir haben uns getrennt. Nach schon einer Stunde bereute ich den Schritt und habe kommuniziert, dass ich die Trennung als falsch empfinde. Er blieb standhaft und konstatierte das Ende.
Nach ein paar Tagen waren wir dennoch bei einer Ausstellung und es war eine sehr schlimme Erfahrung, seine Distanz, Kälte und Freundlichkeit zu ertragen. Als ich anschließend zu Hause war, dachte ich, dass mir das Herz zerspringt und ich habe stundenlang geweint. Weil ich ihn ja liebte und vermisste. Danach habe ich ihn aus sämtlichen Social Communities entfreundet und geblockt, weil ich einfach nicht wissen wollte, auf welchen Partys er sein wird und was er macht. Es ging mich schlicht nichts mehr an, wir waren getrennt. Die Blockade habe ich nach zwei Tagen wieder entfernt.
Ich habe die Trennung als gegeben genommen und versuchte mich in Trauerbewältigung. Dabei habe ich in Foren gelesen, Ex zurück Strategien kennengelernt und für mich entschieden, dass es keinen Sinn hat ihm hinterher zu laufen, ihm vorzuspielen, mir ginge es gut und mich für ihn zu verändern.
In den nächsten Wochen habe ich sehr viel Zeit damit verbracht nachzudenken, warum ich nicht verzeihen konnte, warum ich so eifersüchtig und wütend war. Woran es lag, dass ich nicht Schluss machte, als ich von seinem Fremdgehen erfuhr? Ich habe begonnen mit Freunden und auch Fremden darüber zu reden, neue Perspektiven und Ansichten kennengelernt und lernte, die Dinge etwas distanzierter, sachlicher zu analysieren, was mir während der Beziehung nicht gelungen ist. Ich begann dankbar zu sein, dass wir getrennt waren, weil ich mich befreiter, klarer und verbundener mit mir selbst fühlte. Ich habe ein, zwei Leute gedatet, nett geplaudert und konnte mich ohne Gedanken an den Ex auf Dinge konzentrieren und merkte, was ich vermisste. Nämlich das Gefühl vertrauen zu können.
Was jedoch auch passierte, war, dass ich erkannte, dass ich meinen Ex liebe, dass ich immer noch eine gemeinsame Zukunft im Blick habe und eine innere Überzeugung entwickelte, dass ich zwar gegenwärtig nichts tun kann für eine neue Beziehung mit ihm, aber die Zukunft eben ungewiss ist und man sich irgendwann auf einen Kaffee treffen könnte und vielleicht mehr würde.
Insgesamt ging es mir also gut. Ich war Single, liebte meinen Ex und habe dennoch nichts unternommen, um unsere Beziehung zu retten. Denn die war tot und sollte es auch bleiben.
Während der ganzen Wochen hatten wir regelmäßig kurzen, schriftlichen Kontakt und uns zweimal zum Hundespaziergang verabredet. Es war sachlich, freundlich und ruhig. Wir verblieben, dass die Trennung gut ist und uns beiden hilft.
Irgendwann habe ich ihm einen langen Text geschrieben, dass ich seine Freundschaftsanfrage nach wie vor ablehne und habe meine Sicht der Beziehung mitgeteilt und warum sie scheiterte, sowie auch aus seiner Sicht versucht zu schildern, was das Konfliktpotenzial war und wo seine Fehler lagen. Danach schrieb er tagelang nichts dazu, sondern wir chatteten freundlich und locker. Ich hatte ein sehr vertrautes Gefühl dabei und mir war bewusst, dass es bei ihm nicht so war, dennoch habe ich mich darüber gefreut.
Tage später bat er um ein Treffen zum Spaziergang. Es war die logische Fortsetzung des lockeren Umgangs. Am Ende hat er jedoch etwas gemacht, womit ich nicht rechnete : Er hat mir Komplimente gemacht zu meiner Person, was ihm bewusst geworden ist und so weiter. Ich habe mich bedankt und bin nach Hause gefahren.
Zwei Tage später bat er wieder um ein Treffen. In einer Bar, Café oder bei mir...egal, er wollte mich unbedingt sehen.
An diesem Abend hat er mich gefragt, ob ich ihn zurück wollte. Er habe in den letzten Wochen erkannt, was er für Fehler machte und bat mich um Verzeihung. Er will mit mir zusammenziehen, Kinder bekommen, er liebt mich und ich bin die einzige für ihn. Ich fiel aus allen Wolken, weil ich nicht damit rechnete und musste mich kurz sammeln. Natürlich war ich froh und glücklich, dass er das sagte, aber wir haben einmal eine Beziehung in den Sand gesetzt. Also blieb ich distanziert. Ich erklärte ihm, dass ich ihn auch liebe und eine gemeinsame Zukunft wünsche, aber dass wir auch viel Arbeit hätten diesen Weg zu bestreiten.
Die Fragiliät am Anfang kann nur durch intensive, offene Gespräche gelöst werden, um die alten Muster zu umschiffen. Das bedeutet viel Arbeit und Einfühlungsvermögen. Gefühle und Verstand in Einklang zu bringen, kann ein harter Weg sein. Es nützt nichts, seinen geliebten Ex-Partner in die alte Beziehung ziehen zu wollen. Man kann sich aber gestatten, sich neu kennen zu lernen, einander neu zu entdecken und die Verbundenheit, die exisierte, zu erneuern. Man muss gemeinsame Strategien entwickeln und sich auch an diese halten, sonst steht man nach ein paar Monaten an dem Punkt, an dem man bereits, anstatt an dem Punkt, zu dem man möchte. Nämlich glücklich mit dem Partner zu sein.
Ich hoffe, ich konnte einigen eventuell helfen und auch einen anderen Weg aufzeigen jenseits der Kontaktsperre. Ich wünsche allen, dass sie ihren eigenen Weg finden, zu sich und vielleicht zu einer neuer Beziehung mit ihrem Ex-Partner. Manchmal ist es so, dass das, was man am wenigsten erwartet, eintrifft.
18.03.2017 16:21 •
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