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Thema Integration "Wir müssen nach Deutschland"

O
Integration kann funktionieren, wenn die eine Seite es will und die andere es zulässt.

Da ich in der letzten Zeit viele Gespräche mit vielen Personen aus den unterschiedlichen Bereichen hatte, gab mir vieles zu denken und ich würde gerne mal meine Geschichte, Erfahrung bzw Sicht der Dinge erzählen.
Bitte eine Sache vorweg. Bleibt Respektvoll. Und ja, ich bin nicht angemeldet und schreibe hier als Gast, obwohl ich schon mal angemeldet war und der text wird auch noch sehr lang. Warum? Weil ich es so möchte. Nun.

Ich kann mich sehr gut an den Tag erinnern als meine Eltern entschieden haben unsere Heimat Griechenland zu verlassen. Das Gespräch zwischen den beiden kriegte ich im vorbeigehen mit, auf dem Weg nach draußen zum spielen. Mein Vater sagte nur zu meiner Mutter, wir müssen nach Deutschland und es versuchen.
Es war 1988, Sommer und sehr heiß. Meine Mutter lief sich täglich die Hacken ab, von Putzstelle zu Putzstelle, Haushalt zu Haushalt. Musste mehrmals am Tag mehrere Busse nehmen um von der einen Seite auf die andere Seite der Stadt zu kommen. In einer Millionen Großstadt wie Thessaloniki ist das kein Kinderspiel. Mein Vater war selbstständig als Fliesen und Marmorleger täglich auf irgendwelche Neubauten am schuften. Viele Kunden zahlten nicht und die Rechnungen stapelten sich. Ständig musste er in Vorkasse treten um Material zu besorgen und meist blieb er auf die Kosten sitzen.
Ich hatte gerade die vierte Klasse in der Griechischen Volkshochschule beendet und die Sommerferien dauerten noch etwas an bis das neue Schuljahr anfing.
An den Abend als ich das Gespräch mit kriegte, riefen meine Eltern mich und meine Schwester zu sich. Sie erzählten uns von ihren vorhaben und der Auswanderung nach Deutschland. Wir kinder fanden das sehr Abenteuerlich, wir wussten nicht wie es sein wird und meine Eltern natürlich auch nicht. Im Winter sollte es soweit sein und mein Vater würde zuerst alleine hinreisen um einen Job und eine Bleibe zu finden. Sobald er das geschafft hätte, könnten wir dann auch nachkommen.
Durch viel nachfragen und recherchieren in Griechenland, konnte mein Vater jemanden finden der einen kennt, der jemanden kennt der auch einen kennt, um eine direkte bleibe in eine Privatwohnung eines Griechen in Süddeutschland nach seiner Ankunft zu bekommen. Nun, die private Wohnung erwies sich als unausgebauter Speicher mit einer Matratze und einer kaputten Dachbodenluke. Kostenpunkt 150 DM.

Im Januar 1989 war es soweit und mein Vater trat die Reise mit dem Zug nach Süddeutschland an. Dort angekommen war es ihm nicht möglich, trotz der vielen Griechen die dort lebten, eine Arbeit zu finden. Sie vermittelten ihn aber zu einer Frau die für die Sparkasse arbeitete und ebenfalls Griechin war. Sie hatte kontakte in NRW wo sie ihm auf jeden fall zu einer Wohnung verhelfen konnte. Das war zumindest ein Anfang für ihn und er fuhr kurz darauf dort hin.
Es war eine große, über 100qm zwei raum Wohnung mitten in der Stadt. Keine Möbel, keine Bilder, nichts. Nur eine kleine alte gebrauchte Küche mit einen kleinen Kühlschrank, was für die damaligen Verhältnisse in der mein Vater lebte luxus war. Immerhin ist er vom Dachboden weg.

Auf Spaziergängen hörte er eines mittags Menschen die griechisch sprachen. Die Stimmen kamen aus einem Italienischen Bistro und er traute sich und ging hinein. Er erklärte seinen Landsleuten seine Situation und fragte ob sie jemanden kennen würden der ihn einen Job geben könnte. Einer sagte ihm dann welchen Bus er nehmen sollte, bis zu welcher Haltestelle er fahren muss und wie die Firma heißt bei der er sich vorstellen soll. Das tat er auch. All das wohlgemerkt, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen. Er fuhr also dahin brabbelte beim Pförtner sowas wie ich suchen arbeit. Mit Händen und füßen haben die sich dann verständigt und mein Vater konnte am nächsten Tag anfangen. Damals ging das noch.
Es war eine Gießerei, schmutzig, dreckig, sehr laut und alles was man sich vorstellen kann. Aber er war Glücklich. Er hatte endlich eine Arbeit gefunden und wir konnten nach kommen.
Im Juli 1989, da war ich 11 Jahre alt, buchte meine Mutter drei Bustickets nach Deutschland. Alles was wir hatten musste verkauft oder verschenkt werden. Mehr wie einen Koffer pro Person konnten wir nicht mitnehmen. Das ganze Leben passt tatsächlich in einen Koffer.
Die Reise dauerte fast vier Tage. Wir kamen in diese für uns riesige leere Wohnung endlich an und wir mussten ganz von vorne anfangen.

Für jemanden der sich nicht im Schulfähigen Alter befindet, ist es sehr schwer eine Sprache zu erlernen. Man geht arbeiten, dann zum zweiten und dritten job um sich über Wasser zu halten und um den Start in der Fremde hinzubekommen. Eine wirkliche Integration gab es nicht für Eltern die 30 Jahre und drüber sind. Für uns Kinder war es einfacher. Wir kamen in eine Art Vorbereitungsklasse an einer Hauptschule, wo wir lesen, schreiben und sprechen lernten. Nach ca einem Jahr, je nach können des Schülers, wurde man in eine normale Klasse zugeteilt. Natürlich passend zum Alter. Wir haben quasi als Dolmetscher für unsere Eltern gearbeitet.
Bis zu unseren Auszug von zuhause von mir und meiner Schwester, haben meine Eltern noch nie Kindergeld in Anspruch genommen. Sie empfanden das als Almosen, kannten es nicht und wollten es nicht als man ihnen darüber berichtete und sagte, das sie ein Recht darauf haben. Viele Jahre arbeiteten sie von morgens bis Abends. Meine Mutter konnte bei einer großen Kaufhauskette als Putzfrau anfangen und machte es für die nächsten 25 Jahre.
Mein Vater bei der Gießerei. Doch morgens vor Schichtbeginn, gingen beide eine Kneipe putzen und abends nach 22 Uhr eine Imbissbude.

Mit der Zeit konnten wir uns etwas aufbauen. Die Möbel und Teppiche vom Sperrmüll wichen neuen, ein Auto wurde angeschafft, und wir hatten für meine Begriffe Luxusdinge wie zum beispiel Nutella oder Bananen. Solche Lebensmittel gab es selten bei uns zuhause in Griechenland. Sie waren sehr teuer und dafür gab es Wassermelone mit Feta ohne ende.

Mit den Jahren die vergingen wurden wir ein Teil dieser Gesellschaft. Mein Deutsch ist Akzentfrei, habe eine Deutsche Frau die ich über alles liebe, vier Wundervolle Kinder und weiß wie es ist auch mal auf etwas zu verzichten. Oft musste ich mich gegen einen Fremdenfeindlichen Schwiegervater, eine ebenso Fremdenfeindlichen Schwiegermutter als auch Schwager und Schwägerin durchsetzen und damals auch noch für die schwachsinnigsten Dinge Rechtfertigen. Genauso oft gegen Argumente wehren dass wir Griechen alle faul sind und keine Steuern zahlen.

Heute nach über 31 Jahren in Deutschland, ist mein Vater Rentner. Er bekommt 600 Euro an Rente, meine Mutter ca 400 weil ihr Gehalt dem Mindestlohn Niveau der damaligen Zeit entsprach. Aber sie beschweren sich nicht. Sie haben was sie haben. Vor vielen Jahren verkauften sie ihre Wohnung in Griechenland, sparten und kauften hier eine um im Alter wenigstens keine Miete zahlen zu müssen. Sie freuen sich auf ihre 1000 Euro und sagen auch das sie in Griechenland nichts hätten. Zum Glück hatten sie noch das Eigentum in Griechenland. Dabei wird der eine oder andere sagen, wenn sie dort Eigentum hatten konnte es ihnen ja nicht so schlecht gehen. Tja, 1975 waren die Immobilienpreise selbst für Griechische Verhältnisse sehr niedrig. Gerade mal umgerechnet 3500 Euro kostete die drei raum Wohnung in Thessaloniki.

Ich werde wütend wenn ich heute den fernseher einschalte. Wenn ich sehe wie wir alle über einen Kamm geschert werden. Meine Familie und ich sind keine Einzelfälle. Nein, wir sind die mehrheit aber es wird nicht darüber berichtet. Das ist selbstverständlich dass man sich so verhält wie es sich gehört und das sehe ich auch so, definitiv. Doch viele Schwarze Schafe bringen uns auch in verruf und das ist ein gefundenes Fressen für die Medien und sehr vielen Wählern bestimmter Parteien. Solche Rechtsextremistische Parteien gibt es überall, in Griechenland auch. Beschämend!
Habt ihr keine eigene Frauen in Griechenland? Durfte ich mir auch schon anhören. Als hätte ich etwas gestohlen, meine Frau ein armes Opfer ihrer selbst ist das sich nicht wehren kann und aus meinen Fängen nicht entkommt.
Ich bin DAFÜR das sich Menschen integrieren müssen, DAFÜR das Menschen die sich nicht entsprechend verhalten dafür bestraft werden, vollkommen egal in welchem Land habe ich mich zu benehmen und das erwarte ich auch von anderen. Aber ich bin nicht bereit mich Rassisten zu beugen. Ich bin immer noch ein Mensch wie jeder andere auch. Ein Feind eines jeden Extrem Nationalisten egal welcher Nationalität oder Religion er oder sie angehört. Ich bin und bleibe Grieche, so wie meine Frau ist und bleibt eine Deutsche. Und das ist auch vollkommen in Ordnung so.
Ich habe kein Recht zu wählen, weil ich nicht die Deutsche Staatsbürgerschaft habe. Auch nach über 31 Jahren wird das als voraussetzung gestellt. Warum? Ist der andere mit einer schlechteren Integration, schlechtem Deutsch, ohne Arbeit ohne alles besser als ich? Weil er einen Pass hat? Dann nein. Dem möchte ich mich nicht beugen, ich akzeptiere es zwar, bleibt ja auch nichts anderes übrig, aber so verliert man eine Stimme. Und das ist nur meine. Es gibt noch mehr, glaubt mir.

Ich erinnere mich gerne zurück an die ersten Jahre hier, von der Reise bis hin zur Schule und das erlernen dieser für mich neuen Mentalität. Im Prinzip war alles neu, aber nichts, auch gar nichts war einfach. Es war eine in meinen Augen sehr schwierige aber auch eine sehr Prägende Zeit. Aber vor allem, nur weil etwas schwierig ist muss es noch lange nicht nicht schön sein.

In dem Sinne, bleibt friedlich

Odysseas

02.09.2020 11:13 • x 15 #1


A
Ich stelle es mir unendlich schwer vor, in einem fremden Land Fuß zu fassen. Ich würde es mich auch nicht trauen.

Lieber TE, ich bin Deutsche, ich denke, dass es mir in Griechenland nicht anders ging, als dir in Deutschland.

Interessieren würde es mich allerdings, warum du die deutsche Staatsangehörigkeit nicht angenommen hast, immerhin lebst du länger in Deutschland, als in Griechenland.

02.09.2020 11:43 • x 2 #2


A


Thema Integration "Wir müssen nach Deutschland"

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R
Naja, die Deutschen, die keine Probleme mit Ausländern haben, sind aber auch in der Mehrheit.

Über diese Fascho-Spinner brauchst nur lachen...

Was mich persönlich übrigens ebenfalls anko tzt, dass ist die Anspruchshaltung mit der viele Migranten hier rüberkommen - damit meine ich jetzt nicht Dich und Deine Familie.

Es hat niemand das naturgegebene Recht darauf in ein anderes Land zu gehen und dort einen gut bezahlten Job zu kriegen und ein schönes Leben zu führen.

Davon träumen auch viele Deutsche und kriegen es nicht.

Viele glauben, hier ist alles rosarot und easy, ohne sich mal vorher zu informieren, wie es hier wirklich läuft. Und dann machen sie n Aufstand, weil sie hier auch nicht hochkommen.

Das ist ne Frechheit und darauf habe ich keinen Bock, auch wenn ich sonst sehr offen für Ausländer bin.

Naja, aber mach Dir keinen Kopf über rechte Spinner. Die meisten Leute sehen das ganz anders hier!

02.09.2020 11:51 • x 1 #3


O
@Angi2

Hey.

Ja es ist auch sehr schwierig wenn man seine Heimat verlässt und irgendwo hingeht wo man niemanden und nichts kennt. Meine Frau kann sich das auch nicht vorstellen.
Tja, warum habe ich bis heute noch keinen Antrag gestellt für die Einbürgerung?
Ich bin doch eingebürgert, integriert, mache hier jährlich meine Steuererklärung, bin hier gemeldet usw. Deshalb vergesse ich nicht wo ich herkomme und außerdem...ich bin doch nicht Deutsch. Ich sehe es nicht als Notwendigkeit dieses Papier zu haben. Ich habe weder Vor noch Nachteile bis auf die Wahl. Ich würde ein test in irgendeiner Form akzeptieren wenn es so etwas gebe, um zu beweisen das man ein nützliches Mitglied dieser Gesellschaft ist und sich so das Recht zur Wahl erarbeitet bzw verdient hat. Den Pass kann fast jeder beantragen der mehr als acht Jahre hier in Deutschland ist und arbeitet.

02.09.2020 11:53 • x 2 #4


A
Zitat von Odysseas:
Den Pass kann fast jeder beantragen der mehr als acht Jahre hier in Deutschland ist und arbeitet.

Und warum tust du es nicht?
Zitat von Odysseas:
Ich würde ein test in irgendeiner Form akzeptieren wenn es so etwas gebe, um zu beweisen das man ein nützliches Mitglied dieser Gesellschaft ist und sich so das Recht zur Wahl erarbeitet bzw verdient hat.

Warum willst du in einem Land wählen, dessen Staatsbürger du nicht sein willst?

02.09.2020 11:56 • x 2 #5


MrXYZ
Ich küsse deine Augen, mein Gyros/tzatziki-bruder, same here, allerdings auf cevapcici/ajvar-basis.

02.09.2020 11:57 • x 2 #6


MrXYZ
Zitat von Angi2:
Und warum tust du es nicht?

Warum willst du in einem Land wählen, dessen Staatsbürger du nicht sein willst?


Also er zahlt doch seine Steuern, ich glaube das müsste er garnicht, wenn er keinen Deutschen Pass hätte, er macht und tut alles, da würde ich es niemandem böse nehmen, wenn er die Bürgerschaft nicht an sich nehmen möchte.

Man sollte sich lieber mit diesen - in Anführungszeichen - Ausländern beschäftigen, welche die deutsche Bürgerschaft haben wollen, aber nichts bzw. nur das scheinheilig nötigste tun, um sie zu bekommen, für bestimmte Zwecke, wie z.B. Aufenthalt und ja, gewollte Arbeitslosigkeit in Verbindung mit Sozialhilfe im Rahmen von Betrug.

Meine Meinung.

02.09.2020 12:01 • x 1 #7


O
@Angi2

Siehst du. Und da gehen die Meinungen auseinander.
Ich empfinde mich als Staatsbürger dieses Landes ja. Aber nicht als Deutscher. Weil ich es nicht bin. Es ist weder abwertend noch sonst in einer Richtung gemeint.
Ich mache diesen Antrag nicht weil ich es nicht möchte, weil ich nunmal wie gesagt kein Deutscher bin.
Wählen würde ich, weil ich hier lebe und arbeite und auch integriert bin.
Wieso muss ein deutscher zb in Griechenland die griechische Staatsbürgerschaft annehmen um Wählen zu dürfen nach über 30 Jahren. Ich finde es falsch. Das ist alles.

02.09.2020 12:06 • x 5 #8


A
Zitat von Odysseas:
Wieso muss ein deutscher zb in Griechenland die griechische Staatsbürgerschaft annehmen um Wählen zu dürfen nach über 30 Jahren. Ich finde es falsch. Das ist alles.

Darf ein Deutscher in Griechenland wählen, wenn er die griechische Staatsbürgerschaft nicht hat? Ich kenne mich da nicht aus.

Ich habe nur schon mal gehört, dass Ausländer, obwohl sie hier in Deutschland leben, in ihrem Heimatland mitwählen...

02.09.2020 12:13 • x 1 #9


O
@Angi2

Nein darf er nicht. Und darum geht es. Wenn du also in Griechenland so lange lebst, solltest du es meiner Meinung nach dürfen.
Das ist aber nur ein Manko, womit ich leben kann. Es ist halt so. Das allerdings wir alle in einem Topf geworfen werden war der eigentliche Anlass zu diesen Beitrag.

Ich wollte zeigen das es die verschiedensten Gründen zu einer Auswanderung in welchem Land auch immer geben kann. Das nicht alles schwarz oder Weiß ist. Das alle nur den Sozialstaat so wie es momentan heißausnutzen wollen. Es sind nicht wenige die das machen ja, und genauso wenig sind die die das behaupten.

Mir ist es in der letzten Zeit sooooo oft um die Ohren gehauen worden...ich dachte eine Plattform oder Forum wie dieses würde den einen oder anderen vielleicht zum Denken anregen

02.09.2020 12:23 • x 3 #10


O
@Angi2

Achja. Zum zweiten Punkt. Auch das stimmt was du gehört hast. Empfinde ich auch für falsch. Ich lebe hier, also brauche ich in Griechenland auch nicht zu wählen.

@MrXYZ

Danke dir.
Es sollte also unterschieden werden und zwar nach Mensch. Vollkommenheit egal ob es Grieche, Deutscher, Jugo, Italiener und was weiß ich noch alles....

Nicht jeder Grieche ist ein Steuerhinterzieher.
Nicht jeder Deutscher ein *beep*.
Nicht jeder Pole ein Dieb...konnte ewig so weiter machen.

Mich nervt es langsam und deshalb mein Beitrag. Ich kriege es täglich mit. Und vor allem.....ich kriege auch mit was Leute hier für sch. bauen und Dinge tun die sie bei sich nicht tun würden. Mich nervt es auch, ich kann aber weder was dafür noch bin ich so dass man mich in einem Topf mit den Affen wirft.
Darum geht es....

Wollte nur was luft verschaffen.

Nichts für ungut....

02.09.2020 12:36 • x 2 #11


U
Hallo Odysseas,

sehr schön, wie du geschrieben hast. Bei mir ist es ähnlich, mit dem Unterschied, dass meine Eltern zu den ersten Gastarbeitern Anfang der 60er gehörten und ich in Deutschland geboren bin. Meine Eltern haben ihr Leben lang gearbeitet und sich etwas aufbauen können. Sie hatten in ihren Heimatländern (Italien und Spanien) nichts. Durch ein entbehrungsreiches Leben hier in Deutschland konnten sie im Laufe ihres Lebens ein Haus in Italien und eine Eigentumswohnung in Deutschland kaufen. Und ich möchte betonen, niemals haben meine Eltern von staatlicher Stütze gelebt, und ich im übrigen auch nicht. Auf Verallgemeinerungen bzgl. Ausländern reagiere ich äußerst allergisch, wie die von dir zitierten Vorurteile. Und das obwohl ich wahrscheinlich viel mehr Deutsche als Südeuropäerin bin.

Was die Staatsbürgerschaft angeht, so hatte ich bis zum meinem 30. Lebensjahr nur die Italienische. Allerdings hat es mich auch immer gestört, nicht wählen zu dürfen. Deswegen habe ich dann doch die Deutsche Staatsbürgerschaft angenommen, jedoch habe ich meine Italienische behalten. Und das geht. EU Länder akzeptieren in der Regel doppelte Staatsbürgerschaften untereinander. In Italien wähle ich auch nicht. Erstens kenne ich die Politiker da nicht und Zweitens sind die Wahlzettel da so große wie Bettlaken

Aber meine Wurzeln verleugne ich nicht, deswegen habe ich meine ursprüngliche Staatsbürgerschaft behalten.

LG

Uccia

02.09.2020 12:50 • x 2 #12


Nachtlicht
Das Phänomen dass Menschen ihre Heimat verlassen, in der Hoffnung, es woanders besser anzutreffen, ist so alt wie die Menschheit selbst. Deine Eltern haben sowohl in der alten als auch in der neuen Heimat hart gearbeitet, um sich etwas aufzubauen. Das ist ohne Zweifel eine mutige und respektable Leistung gewesen.

Zitat von Odysseas:
All das wohlgemerkt, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen.


Das ist so ein Punkt der mich häufig ärgert beim Thema Zuwanderung. Es war ja im Falle deiner Familie keine spontane Flucht, sondern ein Plan, auszuwandern, mit mehreren Monaten Vorbereitungszeit. Ein paar Worte Deutsch hätte man in der Zeit sicher lernen können. Oder dann wenigstens nach dem ersten Fuß fassen, anstatt die Kinder als Übersetzer heranzuziehen. In einem anderen Land leben zu wollen erfordert meiner Meinung nach unverzichtbar, die dortige Amtssprache zumindest im Alltagsgebrauch sicher zu beherrschen.

Für mich ist ehrlich gesagt auch nicht nachvollziehbar, wieso du dich nach kurzer Kindheit in Griechenland und anschließenden 30+ Jahren hiesigem Lebensmittelpunkt nicht dazu entscheidest Deutscher mit griechischen Wurzeln zu sein (der dann auch hier wählen dürfte). Wenn du dich lediglich als Grieche fühlst, der in Deutschland lebt, brauchst du auch nicht an deutschen Wahlen teilzunehmen. Die Steuern, die du wie alle anderen hier arbeitenden Menschen bezahlst, bekommst du doch ebenfalls wie alle anderen in Form der dich umgebenden Infrastruktur zurück.

02.09.2020 12:55 • x 5 #13


I
Zitat von Odysseas:
Ich habe kein Recht zu wählen, weil ich nicht die Deutsche Staatsbürgerschaft habe. Auch nach über 31 Jahren wird das als voraussetzung gestellt. Warum? Ist der andere mit einer schlechteren Integration, schlechtem Deutsch, ohne Arbeit ohne alles besser als ich? Weil er einen Pass hat?


Dann komm mal in die Schweiz, da läuft es aber noch ganz anders.
Ich lebe auch seit 14 Jahren hier, unser Kind ist hier geboren, darf ich wählen ? NEIN, natürlich nicht, ich habe keinen Schweizer Pass, ich darf Steuern zahlen, aber nicht wählen.

Die Schweiz ist ein Nicht EU Land. Ich bin unter ganz anderen Bedingungen hier hergekommen , als ein EU Bürger der in ein anderes EU Land einwandert, nicht einfach so Klack.... Nein, Arbeit musste her, dass ist heute noch so, und die auch nicht verlieren, für mindestens die nächsten 5 Jahre, sonst wird es nichts mit der nächsten Stufe der Aufenthaltsgenehmigung.
Das geht über Jahre, du wirst alle 5 Jahre überprüft, bei einem Vergehen riskierst du eine Ausweisung, gerade wenn du noch nicht die C Bewilligung hast, dass ist die letzte Stufe die man bekommt, und ist den Schweizern gleichgestellt.
Bei Einbügerung darfst du mächtig zahlen, gut einen Deutschkurs braucht man nicht, da ich ja nun mal eine der 3 Landessprachen beherrsche, aber sonst, die ganze Gemeinde wird befragt ob du eingebürgert werden darfst, und du musst 7 Jahre in dieser Gemeinde leben.

Einfacher ginge es, wenn man als Deutsche einen Schweizer heiratet.

So zur Integration, die kenne ich hier auch als Feindbild, die Deutschen nehmen den Schweizern die Arbeit weg , nur noch Deutsche Ärzte hier mit ihrem Hochdeutsch und bla, bla,,, und das obwohl die Ausländer hier mit 25% echt stark vertreten sind.

Auch ich musste , wie mein Mann Familie in DE zurück lassen, dass ist eben der Preis.

Einleben , integrieren muss man sich überall. Selbst im tiefsten Oberbayern.

Heute habe ich hier meine Heimat, hab mich durchgebissen , auch wenn ich immer die Dütsche bleibe.

Es gibt schlimmeres.

02.09.2020 13:02 • #14


O
@Nachtlicht

Deine Ansicht ist zu einfach.
Es war nicht einfach in Griechenland eine Fremdsprache zu derzeit zu erlernen. Vor allem Deutsch. Man musste also einen Privatlehter beantragen um es zu schaffen. Dazu fehlte das Geld weil man mehr arbeiten musste um es erstens im fremden Land zu schaffen, und zweitens die Ehefrau daheim auch was haben musste um die zeit irgendwie zu überbrücken.

Zum Thema Einbürgerung.
Wie gesagt empfinde ich es als nicht relevant wenn ich eine so lange Zeit in einem Land lebe, und es andere Möglichkeiten geben könnte um es zu dürfen. Dieses Problem existiert glaube ich aber überall und es ist nunmal so. Ist also kein deutsches Problem meiner Meinung nach, sondern einfach ein grundsätzliches Thema.
Die selbe Meinung die ich bezüglich der Wahlen hier vertrete, tue ich auch überall.

02.09.2020 13:11 • x 1 #15


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