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Süchtig nach Astrolines

K
Ihr Lieben!

Ich schäme mich. Aber ich muss es jetzt öffentlich machen, weil ich sonst nie daraus komme.

Ich war schon immer ein wenig spirituell angehaucht. Habe selbst früher Karten gelegt und mich für diese Dinge interessiert.

Als ich mich 2014 von den Mann trennte wegen dem ich mich hier im Forum anmeldete, bin ich völlig durch gedreht. Ich habe zunächst, um mal mit jemanden drüber zu reden, und mal ein bisschen Hoffnung zu bekommen, bei einer Hotline für Esoterik angerufen. Ich war damals völlig verzweifelt und hatte das Gefühl, dass keiner mit mir wirklich drüber reden wollte. Meine Mutter und ich haben ein komisches Verhältnis zu einander. Meine „damaligen Freunde“ waren teilweise in anderen Lebensabschnitten. Meine beste Freundin war bspw. schwanger und voll auf sich konzentriert. Viele andere Menschen hatte ich nicht.

Jedes Mal wenn ich mich alleine fühlte oder wieder der Schmerz hoch kam rief ich da an. Zunächst war es nur so ein paar Mal im Monat. Vielleicht all in all 50 bis 100 Euro. Aber irgendwann kam November und ich war völlig alleine. Also begann ich die 0900er Nummern zu wählen.

Ich habe mich voll in die finanzielle Bredouille durch diese Entscheidung geritten. Bis 2016 rief beinahe täglich dort an.

2016 lernte ich meinen späteren Mann kann. Auch da gab es ein wenig Komplikationen bis wir fest zusammen waren. Also rief ich wieder an. 2017, 2018, 2019 und 2020 waren wir sehr glücklich. Ich legte eine „Pause“ ein.

2021 fing es an bei uns zu kriseln. Wieder fing ich an, die Lines zu kontaktieren. Seit dem ist es nur noch schlimmer geworden. Es gibt mittlerweile Monate wo ich es schaffe, dass ich da nicht anrufe. Ich führe mittlerweile Tagebuch über die Anrufe und die Kosten. Habe mir Chips gebastelt wie bei den Anonymen Alk..

Warum ich da anrufe? Weil ich das Gefühl habe, dass mir sonst niemand zu hört. Ich weiß nicht, ob das objektiv richtig ist, dass mir sonst keiner zuhört. Aber als ich mich damals trennte habe ich von meinem Umfeld gehört: „Bist du nicht endlich darüber hinweg? Musst du darüber noch so viel nachdenken? Es ist doch schon lange her…“ Wenn ich dann dort anrief, hörte es sich jemand anders an. Und mein Umfeld „gab Ruhe“ und freute sich, „dass ich es endlich geschafft habe“.

Ich war auch bei einer Therapeutin, die hat mich fast ausgelacht. Ich kann sie ja verstehen. Hier sitzt eine Frau. Beruflich erfolgreich. Ein Masterabschluss und arbeitet am Ende ihres Zweitstudiums, verheiratet mit Kind. Mann auch studiert und erfolgreich. Was will die? Ja. Das würde ich mich auch fragen.

Ich war auch bei der Suchtberatung, die waren zumindest in meinem Fall überfordert. Der Mann, der mich beriet formulierte es knallhart. „Wenn Sie Dro. nehmen würden, könnte ich Ihnen sofort helfen. So ist das schwieriger.“

Aber es geht nicht um die Prognose der „Berater“. Es geht ums Zuhören. Es geht darum, dass mich jemand ernst nimmt. Es geht darum, dass ich mal was „abgeben“ kann.

Bevor die Trolle komme. Ja, ich studiere nochmal Jura. Aber genau aus dem Grund. Ich möchte nicht irgendwann in meinem „Elfenbeinturm“ sitzen und Leuten erzählen wie es richtig geht oder man es besser machen könnte. Ich möchte, dass ich diesen Schmerz und diesen Mist in was Positives verwandle und Menschen, die in seine solche Situation geraten sind wie ich, helfen kann.

Mittlerweile sind die gelben Briefe zu viel geworden. Ich arbeite mit Gerichtsvollzieherin und Schuldnerberatung daran, dass ich sie abbaue. Der Deal mit der Gerichtsvollzieherin ist, dass ich mein Studium fertig mache und genau das tue, was ich am Ende tun will.

Ich schäme mich massiv, dass ich es so weit habe kommen lassen. Ich schäme mich, dass ich es nicht mehr im Griff hatte, dass ich nicht gesehen habe wo es hinläuft. Ich schäme mich, dass ich so tief gesunken bin. Aber ich kann es nicht länger für mich behalten. Irgendwo musste ich es „beichten“. Und da dachte ich, dass hier noch der beste Platz ist. Wenigstens habt ihr bisher alle immer mit sehr Empathie und Höflichkeit reagiert.

Danke fürs Zuhören

13.11.2023 09:01 • x 5 #1


L
Guten Morgen Khaleesi,

dieses Suchtfeld Astrolines ist leider noch nicht wirklich so gut erforscht, liegt vermutlich daran, das es erst durch das Internet so verbreitet vorkommt.
Leider fällt mir auch keine echte Therapie dazu ein, aber ich würde es bei einer Spielsucht Beratung Probieren.
Hab davon aber nicht wirklich Ahnung.
Ich bin nach Kaffee Süchtig

13.11.2023 09:27 • x 3 #2


A


Süchtig nach Astrolines

x 3


K
@Luddy Was mich so fertig macht ist, dass ich früher, wie wahrscheinlich viele in meiner Generation, geraucht habe. Da habe ich die Zig. zur Seite gelegt und gut. Hier komme ich irgendwie nicht mit den Ar. rum

13.11.2023 09:44 • #3


Brennessl
liebe khaleesi!

tut mir leid was du durchmachst.

Zitat von Khaleesi:
Es geht ums Zuhören. Es geht darum, dass mich jemand ernst nimmt. Es geht darum, dass ich mal was „abgeben“ kann.


gab, bzw. gibt es denn niemanden der dir zuhört und dich ernst nimmt? keine freunde oder verwandte?

wenn ja, warum glaubst du ist dem so?


was mir noch einfallen würde wäre eine selbsthilfegruppe. sowas wie bei den AA, aber eben auf andere süchte bezogen. ein ort wo du dich mit gleichgesinnten austauschen kannst.

13.11.2023 09:57 • x 3 #4


N
Ich glaube das diese Sucht eher etwas mit der Psyche zutun hat und daher ein Therapeut oder eine Therapie wichtiger wäre als eine Suchtberatung.

Ich kann dich total gut verstehen, als ich 2020 nach einer schlimmen Beziehung in Trennung lebte habe ich auch angefangen bei so einem Portal anzurufen und einige hundert Euro verpulvert.
Und eine Person hat wirklich Recht gehabt mit allen Prognosen die sehr speziell gewesen sind.


Ich habe allerdings irgendwann aufgehört als es mir besser ging. Primär ging es einfach darum in akuten Situationen jemanden zum Reden zu haben. Und diese Menschen reden gern weil jede Minute bares Geld ist.

Vielleicht hilft es dir eher auf die Telefonseelsorge zurück zu greifen? Die ist kostenlos und man kann sooft anrufen wie man möchte. Wenn es primär darum geht Druck abzulassen und zu reden.

Ich finde das übrigens gar nicht lächerlich oder zum lustig machen. Wenn eine Therapeutin so reagiert und den Ernst dahinter nicht erkennt würde ich wechseln.

Du hast innerlich ganz argen Leidensdruck der irgendwie raus muss. Und dafür eben dieses Ventil gefunden.

13.11.2023 10:07 • x 12 #5


Hola15
Hallo @Khaleesi,

In dir gibt es wohl einen Anteil der gehört werden will.
Zuerst mal würde ich dir raten dich damit vielleicht eher an die Telefonseelsorge zu wenden, hier reinzuschreiben oder es aufzuschreiben. Obwohl bei letzterem dir keiner zuhört.

Meine Theorie ist, dass es in dir einen „alten, kindlichen“ Anteil gibt, der sich so sehr danach sehnt endlich gehört (und verstanden?) zu werden und das mit Vehemenz.
Diesen Anteil zu verteufeln bringt meist nicht viel.
Er will gehört, gesehen, verstanden werden. Und getröstet.
Seine ursprüngliche Intention ist ja auch gut und wohlwollend zu dir. Vermutlich wurde dir ein Recht vorenthalten.

Leider können wir als Erwachsene die Defizite unserer Kindheit nicht mehr nachholen. Aber wir können betrauern was nicht stattgefunden hat und dadurch so etwas wie Frieden schließen.
Wir können das „nicht gehörte“ Kind wohlwollend und liebevoll gedanklich in den Arm nehmen und trösten. Ihm zuhören was es zu sagen hat. Ihm einen Raum geben.
Nicht nur, aber auch, damit die große Khalessi sich diesen Raum nicht kostenpflichtig erkaufen muss.

Oder ist es mehr der Trost und die Ablenkung wenn die innere Spannung steigt?
Was will da an die Oberfläche?
Vllt wäre es hilfreich, dies (zusammen mit einem Therapeuten) zu erkunden?

Das deine Therapeutin so reagiert hat finde ich befremdlich. Ich würde es nochmal wo anderes probieren.

13.11.2023 10:10 • x 2 #6


L
Zitat von Nostraventjo:
eine Therapie wichtiger wäre als eine Suchtberatung.


War ja auch nur eine Idee, so wirklich wissen tue ich auch nicht.
Da Sie schon bei Therapeuten war, dachte ich könnte sie zu einer Spielsucht Beratung, es geht ja erst mal darum zu erfahren wo genau Sie gezielte Hilfe finden kann, daher Beratung.

13.11.2023 10:11 • x 1 #7


Stillermitleswr
Ja, die guten alten Lines. Wenn man da mal drin ist, ist es schwierig rauszukommen.
Die meisten wo dort arbeiten, sind dafür ja geschult um die Leute anzuziehen, dass sie immer wieder anrufen. Damit verdienen sie ja ihr Geld.

Versuche dir Hürden einzubauen um dort nicht anzurufen zu können. Nummern blockieren, Internetseiten sperren etc. Das es jedesmal erstmal ein großer Aufwand wäre dort überhaupt anzurufen.

Und dann würde ich mir schnellstmöglich alternativen zum reden suchen. Freunde, Verwandte oder auch sowas wie ein Gesprächskreis, Selbsthilfegruppe usw.
Dir fehlt ja hauptsächlich jemand zum Reden in Zeiten in den es dir nicht gut geht- dafür brauchst du einen Ersatz um zumindest aus dieser Kostenfalle herauszufinden.

13.11.2023 10:24 • #8


K
Für mich ist ein ganz großer Trigger die Unsicherheit in Beziehung. Ich bin halt mal ganz doll verletzt wurden und seit dem vertraue ich meinem Bauchgefühl nicht.

Nun ist da jemand, der mich interessiert und ich bin ein wenig hin und her gerissen. Und gerade dann bin ich unsicher und rufe solche Lines an. Ich habe neulich versucht mit einer Freundin über diese Sachen geredet. Sie hat den Mann dann gleich verteufelt und mir gesagt, dass er „Nichtsnutz“ ist und mit mir nur spielt. Auch habe ich immer die Angst oder das Denken, dass ich für Freunde „etwas sein muss.“ sprich: ich muss den Typen bekommen etc. Und auf der anderen Seite, dass ist das perfide, wenn Freunde dann was negatives sagen, denke ich, dass ich es mit den Beziehungen nie hinbekomme werde. Daraus bildet sich ein übles Gedankenkarusell.

13.11.2023 10:28 • x 1 #9


Hola15
Liebe Khaleesi,

dann ist es wohl doch die innere Anspannung, die du durch die Telefonate maladaptiv löst?

Ich lese bei dir einige Themen raus, insbesondere Unsicherheit und die folgende Suche nach Sicherheit (bei dir bei denen am anderen Ende der Leitung) und ein Selbstwertthema (was denken andere über mich, ich möchte nicht schlecht da stehen, ich bekomme Beziehung nicht auf die Reihe).

Alles Dinge die man in Therapie super bearbeiten kann.
Angefangen von der Suche und Übung geeigneterer Strategien im Umgang mit negativen Emotionen (eher Verhaltenstherapie) bis hin zur Befriedung deines Gedankenkarussels (evtl. Trigger - Traumatherapie).

An deiner Stelle würde ich die Suche nach einem geeigneten Therapeuten nochmal in Angriff nehmen.

13.11.2023 11:10 • x 2 #10


K
@Hola15 Ich bin schon dabei. Und es hilft tatsächlich offener mit der Thematik umzugehen

13.11.2023 11:21 • x 1 #11


Hola15
@Khaleesi

Ich meine bei dir rauszulesen, dass viel Scham mitspielt und das Gefühl versagt zu haben. Auch Therapie als Versagenseingeständnis?

Ich möchte dir, falls es so ist, sagen: Das ist es nicht! Wir alle tragen unsere Päckchen. Niemand ist perfekt. Und sich erlauben das einzugestehen kann schon viel Erleichterung bringen und neue Wege ebnen.

Wenn du magst höre mal in die Podcasts von Verena König rein. Ich glaube die könnten für dich passend sein.
Sie ist immer wohlwollend und dennoch ganz klar und fachlich kompetent. Es wird dir helfen dich nicht mehr zu verurteilen. Oft ist auch Kathie Kläff (ehemalige? Radiomoderatorin von BR3) dabei, die herrlich offen und ehrlich über ihre eigenen Stolpersteine und ihre Entwicklung spricht.

13.11.2023 11:37 • x 4 #12


Libellenfrau
@Khaleesi Du brauchst dich nicht zu schämen. Es geht bei diesen Beratungen nicht darum, jemanden zu helfen. Es geht um perfide Manipulationen, um sich durch Menschen in schwierigen Lebenslagen schamlos zu bereichern. Es hat auch mit Esoterik nichts zu tun, wenn auch Teil-Thesen der Weisheitslehren als hohes Gedankengut und Hilfe aus der geistigen Welt verkauft werden. Aufgehübschtes Geschwurbel, das bei Menschen verfängt, die einerseits verzweifelt nach Lösungen für ihre Situation suchen, andererseits für spirituelles Denken offen sind. Eine dich dafür auslachende Therapeutin ist da absolut kontraproduktiv und schadet dir zusätzlich. Ich denke, deine Lösung liegt darin, dass du einen neuen Zugang zu dir findest, wo deine eigene Kreativität dir die Antworten gibt.

13.11.2023 11:57 • x 6 #13


Ayaka
Zitat von Khaleesi:
Für mich ist ein ganz großer Trigger die Unsicherheit in Beziehung. Ich bin halt mal ganz doll verletzt wurden und seit dem vertraue ich meinem Bauchgefühl nicht.

man wird aber nie ganz ohne Unsicherheiten durchs Leben gehen können. Akzeptanz nicht jede Frage beantworten zu können und sich auch mal zu irren könnte dir da vielleicht viel weiter helfen. Vielleicht wäre es ja auch ein guter Ansatz deine eigenen Unsicherheiten therapeutisch anzugehen, zu lernen wieder deinem Urteil zu vertrauen auch wenn man sich mal irrt.

Deine Therapeutin klingt furchtbar, ich bin mir sicher da findet sich jemand geeigneterer für dich, du scheinst sehr sensibel zu sein und brauchst jemanden der damit umgehen kann.

ich würde in beide Richtungen mal suchen, Persönlichkeitsentwicklung und Suchtberatung und schauen was dir da mehr hilft.

13.11.2023 12:14 • x 1 #14


Einfachatmen
Vielleicht wäre für dich zur positiven Unterstützung auch Affirmation etwas.
Ich finde es schön jeden Morgen einen wohlwollenden Satz zu lesen.
Kostet nichts, ist nicht schädlich.
Gibt es auf Insta z. B. - kann dir gerne einen Link senden.

Meiner Meinung musst du aus dieser Spirale der Abhängigkeit.

Schreib hier, hier hört immer jemand zu!
Hol dir positive Bestätigung durch z. B. Affirmationen.
Yoga hilft mir auch um Gleichgewicht zu halten....

Überleg und probiere aus

13.11.2023 14:00 • x 3 #15


A


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