Ihr Lieben,
natürlich habe ich mir auch Gedanken gemacht, und nicht zu wenige, wo genau und warum er bei mir andocken konnte. Meine Familiengeschichte habe ich schon seit geraumer Zeit rauf und runter bearbeitet, so dass mir meine Altlasten wohl bekannt sind.
Mein Exmann war kein Narzissist in dem Sinne, hatte aber sehr egoistische Züge, der Mann danach war lediglich bindungsängstlich. Als ich mit meinem Narzissten zusammen kam, habe ich einen entscheidenden Fehler gemacht, ich war zu offen, habe ihm meine Schwachstellen viel zu bereitwillig präsentiert, er musste sie gar nicht suchen. Aber ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, was ich hätte anders machen sollen, einer meiner Charakterzüge ist Offenheit, und am Anfang konnte ich gar nicht sehen, dass er ein sehr geheimniskrämerischer Mensch ist, das hat sich erst im Laufe der Beziehung offenbart, diese vielen, vielen kleinen Geheimnisse...Aber im Hier und Jetzt kann ich bestätigen, was in Masken der Niedertracht geschrieben steht: Gehen ein Offener und ein Misstrauischer eine Beziehung ein, wird der Misstrauische meistens die Macht übernehmen.
Ist doch klar, er hat dir immer Wissen voraus, eben weil er nicht alles offenbart, und damit hat er die Kontrolle und nicht du.
Ein weiterer Fehler war, dass er sich als höchst anspruchsvoll erwies, die Partnerin sollte möglichst perfekt sein. Und Zweifel, ob ich diesen hohen Maßstäben entspreche, triggerten mich ungemein, da ja auch Mama ein ambivalentes Verhalten mit gegenüber hatte und gleichzeitig forderten sie mich heraus. Zwar dachte ich mir, der spinnt, hat der mal in den Spiegel geschaut?! Dennoch nahm ich diese Herausforderung an, also wurde ich zu einem Objekt, mit dem er sein kleines Ego in seiner Umwelt aufpolieren konnte. Aber wehe, dass Objekt zeigte einen Defekt, dann war es ja nicht mehr brauchbar.
Das sind für mich die Gründe, bei denen ich weiß, da muss ich in Zukunft aufpassen. Sollte jemals einer wieder ambivalentes Verhalten am Anfang einer Beziehung zeigen, das mich an Muttern erinnert, habe ich das Gefühl, ich muss gefallen, bin ich weg!
Dennoch muss ich mir im Nachhinein sagen, eine wirkliche Chance gegen ihn hatte ich nicht! Zu gut spielte er den aufrechten, ehrlichen, treuen Mann mit Gerechtigkeitsempfinden und Verantwortungssinn, eben den ganz anderen Mann, als die Männer zuvor. Das Alter Ego lag lange Zeit verborgen, und auch als sich Züge dessen zeigten, war das gute Bild von ihm schon lange ihn mir implementiert, so dass ich nicht glauben konnte, was ich da wahr nahm. Und immerhin dachte ich viereinhalb Jahre, ich bin höchst glücklich in der Beziehung. Wer glaubt schon, dass er einen Partner nach so einer langen Zeit nicht kennen würde. Das ist das Gefährliche an sozial angepassten Narzissten, sie sind so schwer zu identifizieren und so verführerisch!
Ich glaube, es ist sehr schwer, sich wirklich gegen einen Narzissten zu schützen. Ich bin mir bei meinem ziemlich sicher, dass ich der einzige Mensch bin, der die Maske lüften musste, nicht durfte. Denn sein Spiel ist so überzeugend, dass er zu einigen seiner Exen noch ein gutes Verhältnis hat, weil er das Spiel auch nach Ende einer Beziehung noch perfekt spielt, um nicht die Maske des Gutmenschen mit zivildienstleistender, gegen Atomkraft demonstrierender Vergangenheit zu verlieren.
Gut, diese Frauen haben aber nur eine Beziehungsgeschichte von max. 3 Jahren hinter sich mit ihm, ich benötigte 5 1/2 Jahre, um ihn zu durchschauen und diese lange Zeit der Beziehung erklärt sich nur dadurch, dass sie durch die Fernbeziehung gestreckt wurde.
Und ja, die zweierlei Maßstäbe kenne ich zu gut, selbst höchst eifersüchtig, war ich stets unter seiner Kontrolle, natürlich subtil an die Frau gebracht. Mir wurde Kontrollwahn vorgeworfen. Auch hier wieder Verdrehung von Ursache und Wirkung, dabei übersah er geflissentlich, dass er durch kleine Geheimnisse, wie seine Onlineaktivitäten, die er wohl auch real auslebte, sein widersprüchliches Verhalten Unsicherheit in die Beziehung brauchte, mein Kontrollieren also nicht grundlos geschah. Ich hatte berechtigte Gründe für mein Misstrauen! Klar war, was er durfte, durfte ich nicht! Denn ich war Besitz, auch über die Beziehung hinaus. So projizierte er auch viel auf mich, mir warf er vor, nach dem Ende der Beziehung wohl sofort wieder mit einem anderen Mann schlafen zu wollen (sorry, nach Ende der Beziehung war ich wahrlich mit der Verarbeitung derselben beschäftigt!), eben das, was er Wochen zuvor schon selbst getan hatte.
Diese doppelten Standards lebte er aber auch gegenüber anderen aus. Ihm gelang es, im gleichem Atemzug etwas bei einem Dritten zu verurteilen, was er im nächsten Moment selber tat. Blinder Fleck eben! Auf dem Widerspruch angesprochen, hatte er für sein Verhalten natürlich gute Gründe, die anderen nicht.
Schwierig finde ich das Thema Abhängigkeit, wo sind wir als Partner gesund abhängig, wo ungesund und können uns nicht mehr befreien. Wo implementiert der Narzisst ganz langsam und höchst manipulativ durch seine gezielten Verunsicherungen eine ungesunde Abhängigkeit bei uns, aus der wir uns nicht so schnell befreien können? Ich glaube, sowohl Menschen mit einer gesunden Familienbindung in der Vergangenheit als auch ungesunden können Opfer von Narzissten werden. Meiner hat sogar mehrfach geäußert, er fände es gut, wenn ich abhängig von ihm sei?!
Die eine ungesunde Familienbiographie habe, müssen allerdings besonders auf sich aufpassen und verstärkt an den Themen Selbstliebe, Selbstverantwortung, Selbstvertrauen (eben auch den eigenen Gefühlen vertrauen) sowie Selbstwert und Unabhängigkeit arbeiten, um ihr Risiko möglichst gering zu halten. Aber eine 100% Sicherheit wird es auch in Zukunft nicht geben! Dafür sind diese Menschen einfach zu gut in ihren schauspielerischen Leistungen, die sie ein Leben lang eingeübt haben. Und ihnen hilft, dass sie zum Teil ihren Mist selber glauben, dadurch sind sie umso überzeugender in ihrer Darstellung.
Und ja, es stimmt auch, dass diese Beziehungen tödlich enden können. Isabelle Adjani hat es in einem Interview in der Emma, als sie über das Ende ihrer Beziehung zu Jean Michel Jarre spricht, auf einen Punkt gebracht: Ich komme nicht von einer Gondelfahrt, sondern aus einer richtigen Gefahr. (Googelt das mal, es ist sehr erhellend!) Die Gefahr besteht darin, dass du psychisch so weit an den Rand gebracht wirst, dass du nur noch ein Ziel hast, nämlich dass dieser Schmerz aufhört und dir dann das Leben nimmst oder schwerst depressiv dahinvegetierst.
Ich habe das Leben gewählt, auch wenn ich immer wieder noch sehnsuchtsvoll ihn mir zurückwünsche! Aber eines habe ich mir geschworen, länger als 1 Jahr noch werde ich nicht unter dem Ende der Beziehung leiden. Ich will mich nicht mehr nach etwas Destruktivem zurücksehnen. Zu diesem Zeitpunkt will ich ihm gleichgültig gegenüberstehen. Und erst dann wird die Gefahr gebannt sein.
Liebe Grüße
Kimberly