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Starke Bindung, starkes Mitgefühl

W
Liebe Foris,

wenn ich mich auf einen Menschen einlasse, binde ich mich sehr stark. Es fühlt sich an wie auf Lebenszeit und ist unabhängig vom Grad der Verliebtheit und auch davon, was im Laufe der Zeit geschieht, ob mein Partner gut zu mir ist oder mir Unrecht tut, fremd geht etc. Es ist als schlösse ich einen unverbrüchlichen Bund.
Ich habe außer in Jugendtagen jedes Mal Jahre gebraucht, um mich zu lösen und gegenüber den Menschen, die ich liebte, fühle ich bis heute ein Band. Konnte jedes Mal lange keinen Mann an mich heran lassen, auch wenn ich lange nicht mehr verliebt war und die Beziehung selbst nicht fortgesetzt hätte weil sie eben aus welchen Gründen auch immer nicht funktionierte.
Dabei ist es nicht so, dass ich gerne die Beziehung weiter führen würde oder mich sehne, wenn es auseinander gegangen ist. Ich fühle mich einfach gebunden wie man es auch gegenüber z.B. Geschwistern ist. Das Band löst sich einfach nicht auf. Und ich fühle mich verantwortlich für meinen Expartner. Weiß ich z.B., dass er wegen mir traurig ist, dann fühle ich mich wie Whitney Housten, die singt I wonna run to you, möchte zu ihm rennen,
ihn halten und alles dafür tun, damit er wieder glücklich ist. Gerade erfuhr ich, wie unglücklich mein Ex wegen mir ist und mir zerreißt es das Herz, ich kann nicht schlafen, Tränen fließen, ich ertrage nicht, dass er unglücklich ist und das obwohl er schlecht zu mir war. Unglaublich verletzende Dinge tat er und war dabei selbst frei von Mitgefühl.
Dennoch macht mich sein Schmerz fast verrückt. Egal, was Menschen so anstellen, ich halte immer eher das im Herzen, was sie mir gaben und fühle Dankbarkeit dafür. Und ich möchte schützen, beschützen.
Immer denke ich an den kleinen Prinz: man ist für das verantwortlich, was man sich vertraut gemacht hat.
Das ist bei mir keine einmal ausgedachte Theorie, der ich folge. Es ist mein Herz, das nach dieser Theorie lebt, egal wasich denke.
Jeder, der einmal drin war, bleibt in meinem Herzen, auch wenn er heute nicht mehr interessant für mich ist, wir nicht mehr viel teilen können, er schlecht zu mir war usw. Es ist als wäre da wirklich ein Band, das man nicht mehr trennen kann, wenn ich einmal liebte.
Warum ist das so? Kennt das jemand?

27.05.2019 02:15 • x 1 #1


Gorch_Fock
Möglicherweise hast Du ungesunde, ggf. auch auffällige Persönlichkeitsmerkmale in Dir welche Du mal zusammen mit einem guten Psychotherapeuten aufarbeiten solltest.

27.05.2019 04:23 • x 1 #2


A


Starke Bindung, starkes Mitgefühl

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M
Hey Whitney. Ja, ich kenne das auch. Es ist manchmal so, als ob ich eher die Gefühle meines Partners wahrnehme als meine eigenen und IHN nicht verletzen möchte, weil ich dann Schmerzen fühle (und zwar seine). Und ich mache trotz nicht mehr ausreichender Gefühle häufig nicht Schluss und harre noch sehr lange aus, weil ich dem Anderen nicht weh tun möchte.

Du bist also nicht alleine. Ich schiebe diese Verbundenheit immer auf Empathie. Aber es steckt vermutlich zusätzlich auch eine Portion fehlendes Selbstwertgefühl mit drin.

Abstellen kann man dieses starke Mitfühlen glaube ich nicht... nur damit leben.

27.05.2019 04:36 • x 1 #3


M
Keine Grenzen zwischen der eigenen Identität und jeweiligen Gegenüber: Coabhängigkeit.

27.05.2019 06:57 • #4


M
Danke für die Diagnose! Nach der suche ich schon seit Jahren!

27.05.2019 17:10 • #5


P-B
Hallo Whitney,
du bist definitiv nicht alleine mit diesen Eigenschaften. Bei mir ist es genau das selbe. Ich behalte ebenfalls immer nur die guten und schönen Momente in Erinnerung und hänge emotional an meinen Freunden und an meinen ehemaligen Partnerinnen. Ich empfinde dies aber nicht als negativ. Ich sorge mich einfach um meine Mitmenschen, ungeachtet dessen, ob ich mit diesen auch einmal schlechte Zeiten erlebt habe. Schließlich waren sie ja einmal teil meines Lebens.

Vor ein paar Jahren war ich einmal über meinen Arbeitgeber bei einem Motivationstraining - es war irgend etwas mit Luxx oder so - in dem über die Beantwortung von 100 Fragen und einem anschließenden mehrstündigen Auswertungsgespräch, meine persönlichen Motive bzw. mein innerer Antrieb analysiert und erörtert wurden. Eingeteilt wurde hier glaube ich in 15 verschiedene Motivatoren, die alle einzeln gewichtet und ausgewertet wurden. Bei mir kam damals heraus, dass ich in den Bereichen Besitzen, Soziales Engagement, im Vergleich zu anderen Menschen, eine überproportionale Ausprägung habe. Hinzu kamen erhöhte Werte im Bereich Familie und Sozialkontakte.

Aus dem Gespräch ergaben sich dann damals (unter Anderem) die folgenden Erkenntnisse:
Meine Familie und meine Freunde Kollegen - sprich meine sozialen Kontakte - sind der innere Antrieb meines Lebens. Sie machen mein Leben lebenswert. Es macht mich glücklich Zeit mit ihnen zu verbringen und für sie da zu sein. Ich sorge mich um sie und bin auch immer zur Stelle, wenn jemand meine Hilfe oder einen Rat brauch. Das schließt bei mir teilweise auch Fremde mit ein. Es freut mich, wenn ich anderen helfen kann. (Soziales Engagement)

Interessant wird es nun, wenn der Faktor Besitzen hinzu kommt.
Die meisten haben jetzt vermutlich einen Messi vor Augen der wahllos Dinge hortet oder nichts wegwerfen kann. Das ist bei mir aber so gar nicht der Fall. Materielle Dinge haben in meinem Leben einen ziemlich geringen Stellenwert. Das Besitzen ist eher emotionaler Natur. Ich sammele quasi Soziale Kontakte, da sie für mich eine Bereicherung meines Lebens darstellen und mich glücklich machen.


Daraus nun heute auf meine Beziehungen abgeleitet ergibt sich folgendes:
Ähnlich wie bei einem Messi, wird es mit dem Besitzen dann kompliziert, wenn diese Bindungen nun gekappt werden und es darum geht sich zu trennen. Das loslassen fällt mir sehr schwer und hat nach Beziehungen meist einen recht langen Leidensweg zur Folge. Es Sorgt auch dafür, dass ich in Beziehungen meist verharre, obwohl ich mir bereits bewusst bin, dass sie mir nicht mehr gut tun.

Die soziale Komponenten sorgt dann abschließend wieder dafür, dass ich mich auch nach der Trennung um meine Verflossenen sorge und an sie denke - sie im Herzen trage - und das es mir wichtig ist, dass es ihnen gut geht, auch wenn die Beziehung auf unschöne Art durch sie beendet wurde.

Ich hoffe ich konnte dir einen kleinen Einblick in meine seelischen Abgründe gewähren. Wie bereits eingangs erwähnt, empfinde ich all diese Eigenschaften nicht als negativ. Ich habe sie als Teil von mir angenommen und akzeptiert und bin zufrieden damit, so wie ich bin.

Ich kann nicht beantworten, ob dies bei dir ebenfalls zutrifft, aber vielleicht hilft es dir ja etwas bei deiner Frage weiter.

Liebe Grüße
P-B

27.05.2019 20:02 • x 1 #6




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