Ich bin sehr glücklich, dieses Forum gefunden zu haben. Die Berichte helfen mir sehr. Vor drei Tagen habe ich damit begonnen, meine eigene Geschichte aufzuschreiben. Daraus ist ein sehr langer und intensiver Text geworden, der mir bereits durch das Aufschreiben sehr hilft, aber womöglich den Rahmen dieses Forums sprengen würde.
Bevor ich eine etwas kürzere Fassung formuliere, um mir das Erlebte auch hier von der Seele zu schreiben, möchte ich eine Frage zur Unterbrechung der Kontaktsperre wagen.
Die Beziehung ging ein bißchen über zwei Jahre lang. In den ersten beinahe anderthalb Jahren habe ich meine Ex-Freundin auf Händen durch eine depressive Krankheit getragen, ich war bis weit über meine Grenzen für sie da, habe im Grunde alles außerhalb der Beziehung aufgegeben (auch meine finanziellen Reserven) und war rund um die Uhr da, um sie zu unterstützen. Das ging wirklich sehr weit und ich habe aus Liebe mehr Kraft aufgebracht, als ich eigentlich hatte. Als ich diese Zeit in den vergangenen Tagen aufgeschrieben habe, war ich selber erschrocken, weil ich wirklich restlos alles aufgegeben habe, um ihr zu helfen. Das war voller Liebe, aber ich habe mir damit meinen eigenen Boden komplett weggezogen.
Nach anderthalb Jahren hat sie es geschafft und ist vital empor geschossen. Dafür bin ich im letzten halben Jahr kraftlos versunken. Ich habe mich in dieser Zeit verloren und begonnen, zu trinken.
Mitte Januar wurde ich an einem Abend, als meine Freundin bei ihren Eltern war, von verschiedenen Freunden vorsichtig beiseite genommen und man wollte mir, aus verschiedenen Quellen, schonend beibringen, dass meine Freundin wenige Wochen zuvor mehrere wilde Tage mit einem anderen Mann in einer anderen Stadt verbracht hat. Ich war zutiefst gekränkt, weil ich mich so lange Zeit aus Liebe bis auf einen Tiefpunkt gewirtschaftet hatte. Und sie jetzt, da sie aus dem Gröbsten heraus war, ihre neue Energie so gegen mich wendete.
In einer anderen Verfassung hätte ich meine Freundin natürlich angerufen und mit den Gerüchten konfrontiert. Aber ich reagierte dumm betrunken, indem ich mir aus Eifersucht eine andere Frau für den Abend eroberte und mit heim nahm. Die Begegnung brach ich aber bereits nach kurzem Spiel wieder ab, es lief beinahe nichts zwischen uns. Ich wachte wie aus einem Albtraum auf und verabschiedete mich von ihr schnell.
Am nächsten Tag sah ich meine Freundin wieder und musste ihr, da ich immer offen war, sofort erzählen, was ich über sie gehört und selber getan hatte. Ich fragte sie vorsichtig, ob wir vielleicht beide etwas Dummes gemacht hätten.
Sie reagierte höchst aggressiv und sagte, an der Geschichte über sie sei nichts dran. Dann wurde sie heftig und randalierte in meiner Wohnung, zerbrach auch wichtige und persönliche Dinge von mir.
Sie sagte mir später, sie hätte inzwischen selber die Gerüchte gehört. Allerdings verkehrte sie weiterhin freundschaftlich mit den Freundinnen, mit denen sie damals losgezogen war - und über welche die Gerüchte ihren Lauf nahmen. Weshalb ich vermute, dass sie einfach wütend über deren Ausplaudern war. Aber sie zeigte erstaunlich wenig Engagement, diesen Gerüchten über sie auf den Grund zu gehen.
In den folgenden anderthalb Monaten spielte sie ein Push-and-Pull-Spiel mit mir. Schrieb mir mal wahnsinnig verliebte Nachrichten, erwiderte aber keine Antworten darauf und ging nicht ans Telefon. Einmal wollte sie mich sehen, kam zu mir, warf mich aufs Bett, schlief mit mir und verabredete sich sofort danach mit Freunden noch aus meinem Zimmer heraus und sagte: „Du kommst mir jetzt aber nicht nach, du musst nicht glauben, dass wir gerade ein Paar sind.“ - So ließ sie mich im Bett sitzen. Auch in den Folgewochen war es ein Spiel aus liebevollen Nachrichten und brutaler Stille.
Ich erkannte sie nicht wieder. Und ich begann mehr zu trinken. Und wenn sie sich meldete, reagierte ich am Telefon betrunken, selbstzerstörerisch und irrational. In einer anderen Verfassung hätte ich wohl sofort eine Kontaktsperre eingeleitet und auf ihr heiß-kaltes Spiel nicht mehr reagiert, bis sie wieder auf vertraute Weise zu mir gekommen wäre. Aber zusätzlich zur Situation war es meinerseits ein verzweifelter Hilfeschrei. Ich hatte ihr so lange bis an meine Grenze geholfen und jetzt ließ sie mich im Regen sitzen. Und ich glaube, ich wäre nicht weiter abgestürzt, wenn sie eine klare Linie mit Contenance gehabt hätte. Sie hätte mir sogar mehr geholfen, wenn sie sich einfach sofort zurückgezogen hätte. Aber mit jeder Hoffnungsnachricht und jeder folgenden Enttäuschung bin ich mehr in den Sumpf gekippt.
Als sie mich das letzte Mal innerhalb von zwei Tagen von überschäumenden Liebesnachrichten in die totale Kälte stürzte, rief ich sie sehr betrunken an und war am Telefon sehr irrational und selbstzerstörerisch. (Gar nicht aggressiv gegen sie, es war hysterisch und wehleidig, bettelnd und dumm - und spürbar völlig besoffen.) Daraufhin schrieb sie mir, es sei aus. Wir sollten miteinander reden, wenn Zeit vergangen sei. Aber es wäre aus.
Ich bin daraufhin zu Freunden in eine andere Stadt gefahren und habe mich mit viel Anstrengung komplett aus dem Sumpf herausgeholt. Jetzt, in der frischen Klarheit, bin ich einerseits wütend, dass sie mich nach unserer Zeit und vorallem der langen, langen Zeit, da ich sie durchs Leben getragen habe, in diesem Moment meines Absturzes allein gelassen hat. Oder schlimmer: Zusätzlich mit meinen Gefühlen gespielt hat. Und gleichzeitig geniere ich mich irrsinnig für die Irrationalität, mit der ich ihr zuletzt begegnet bin. Das war nicht ich, das war ich unter einer versoffenen Glasglocke. Und ich geniere mich, egal was dazu führte, für dieses letzte Bild, das ich abgegeben habe.
Jetzt war ich zwei Wochen weg. Bin wieder gänzlich klar und stark und umso trauriger. Ab morgen werde ich kurz in meiner Stadt sein - und anschließend nochmal weiter zu anderen Freunden reisen.
Ich würde so gerne das letzte Bild bereinigen, das sie vor einer Kontaktsperre von mir hat. Würde ihr gerne noch einmal stark und besonnen gegenübertreten - so wie all die Zeit zuvor -, bevor ich weiter reise und die Kontaktsperre wieder aufrecht halte.
Nun überlege ich, ihr tatsächlich zu schreiben, dass ich verreist war und weiter reisen werde. Und meinen kurzen Aufenthalt in unserer Stadt so gerne für einen Kaffee oder Spaziergang nutzen, um ein kleines ruhiges Gespräch zu führen, jetzt, da ich wieder auf die Füße gefallen bin. Auch wenn ich dann wieder weiterziehe und die Kontaktsperre aufrecht halte, so könnte ich es dann mit gutem Gefühl tun. Weil ich ihr ein anderes Bild hinterließe.
Was denkt ihr über die kurze Nachricht und die Nachfrage, ob sie mich bei meinem kurzen Aufenthalt in der Stadt in einem Café treffen mag, damit wir uns anders in Erinnerung behalten?
Mit lieben Grüßen.
14.03.2017 16:45 •
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