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Soll ich Schluss machen oder konvertieren?

F
Hallo,

mein Freund lebt jüdisch und hatte mir gestern erzählt, dass ihn etwas störe an unserer Beziehung.

Er meinte, früher oder später müssten wir darüber reden. Er möchte, dass unsere zukünftigen Kinder jüdisch aufwachsen und dass wir dann kein Weihnachten oder ähnliches christliches feiern würden, weil das die Kinder nur verwirren würde. Ich lebe überwiegend atheistisch und lege eigentlich nur Wert auf Weihnachten oder Silvester feiern. Mich hat das ziemlich schockiert, da ja meine Eltern genauso einen kulturellen Einfluss auf die Kinder haben sollten, wie seine Eltern aus Israel auch. Er könnte es ihm nicht verzeihen, wenn er nicht-jüdisch heiraten würde und seine Familie verlangt das auch von ihm. Bis jetzt habe ich in unserem Zusammenleben keinen Druck verspürt, dass ich bald konvertieren müsste, aber seitdem er mir das gestern gesagt hat, mit den Kindern und der Heirat, dass ich sozusagen muss, sonst wird das in seiner Familie nicht akzeptiert und er möchte sein Glauben komplett an seine Kinder weitergeben, ohne wenn und aber, also kein säkularer Lebensstil. Seine Familie sei sehr empfindlich, da die Seite der Mutter im Holocaust gestorben ist und sie die Traditionen aufrecht erhalten möchten.

Hinzu kommt, dass wir eine Fernbeziehung haben. Er ist 27 und ich 23. Ich wohne momentan in Riga, Lettland, und wollte hier Medizin anfangen zu studieren, er in den USA. Ich bin nach Riga gekommen, um es auszuprobieren und er meinte,wenn ich tatsächlich Medizin studieren wollen würde, dann wären das 6 Jahre Fernbeziehung und das wolle er nicht. Er möchte in 2-3 Jahren eine Familie gründen und meinte, dass er das nicht aushalten würde. Er kommt aus einer zerbrochenen Familie und braucht eine eigene Familie. Er liebt Kinder, Traditionen und das Familienleben.

Gestern haben wir darüber gesprochen, ich könnte in die USA kommen und dort was studieren, da ich mir eh nicht so sicher bin, ob Medizin das Richtige im Ausland ist. Aber für mich fühlt sich das so an, als müsste ich alles komplett aufgeben, während er sich zurücklehnt und ich ihn so akzeptiere, wie er ist. Ich mag das Judentum, aber ich mag es nicht, bedrängt zu werden oder wenn mir ein Ultimatum gestellt wird. Ich kann mir vorstellen, die Traditionen mitzumachen, aber möchte meinen Kindern doch auch meine Werte vermitteln, die mich zu dem Menschen gemacht hat, den er liebt. Und wenn wir nicht jüdisch heiraten, sind wir doch immer noch die selben. Ich verstehe das nicht.

Er meinte, er würde mich zu sehr lieben und das nicht aufgeben, er wollte nicht Schluss machen, aber er zweifelt schon sehr stark und ich jetzt eben auch.

Würdet ihr Schluss machen, obwohl wir uns lieben? Oder würdet ihr konvertieren?

Ich finde viele Aspekte des Judentums sehr interessant, aber ich kann mit nicht komplett mit einem Gott identifizieren und das zu faken ist einfach nicht richtig.

07.02.2019 19:11 • x 1 #1


K
Trennung

Du bist Atheistin und willst Medizin studieren. Egal ob jüdisch, christlich, muslimisch...wenn der Partner sehr religiös ist und säkulärer Lebensstil ihm nicht passt...dann nein. Schon gar nicht so einseitig ohne Rücksicht auf deine Wünsche
Es gibt ev. Paare, wo beide Lebensformen Platz haben und integrierbar sind. Bei ihm nicht. Lass es!
Klingt, als würde ev. auch er sich so trennen wollen.

07.02.2019 19:15 • x 4 #2


A


Soll ich Schluss machen oder konvertieren?

x 3


F
Meinst du, er möchte sich trennen auch unabhängig von der Religion oder was meinst du?

Ja, ich ziehe glaube ich auch eine Trennung vor, Medizin und Religion zu verbinden ist nicht unmöglich, aber wird schwierig.

07.02.2019 19:18 • #3


hahawi
Ich bin Atheist.
Und ich hätte ehrlich gesagt kein wirkliches Problem damit, zu konvertieren.
Jüdisch sein ist weniger eine religiöse als eine kulturelle Sache.
Und die meisten Juden, die ich kenne sind völlig sekular und erleben ihre Religion eher als familiäre Tradition.
Und da sich das jüdisch sein über die Mutter definiert ist das wahrscheinlich für ihn und seine Familie wichtig.

07.02.2019 19:18 • #4


K
Er ist aber nicht säkulärer Jude. Interesse an einer Religion/ Kultur ist nicht das gleiche, als es dann zu leben. Gerade die Rolle der Frau sehe ich problematisch.
Du bist eine moderne junge Frau.
Hatte rine Kollegin, die in einer jüdisch. Schule unterrichtete. Nette Leute, aber die Regeln, Kleidervorschriften, die männlichen Schüler haben sie als Lehrerin nicht ernstgenommen, Seiten aus Schulbüchern mit unpassenden Inhalten durften nicht besprochen werden e,tc. Als Atheistin war sie dort unglücklichst. Das dann noch leben in der Familie, die Kinder so religiös erziehen?
Und willst du wirklich, dass deine Kinder nur eine Kultur und Religion leben dürfen, weil die Familie des Freundes das vorgibt? Und ihre zweite Herkunftskultur mit den Traditionen und Lebensweisen/ Religion nicht ? Schwierig!

07.02.2019 19:25 • x 2 #5


hahawi
Zitat von Katasmile:
Er ist aber nicht säkulärer Jude.

Wäre er strenggläubig, dann käme eine Gojah erst gar nicht Frage, selbst wenn sie konvertiert.

07.02.2019 19:29 • x 1 #6


mafa
Bevor du dir über sowas Gedanken machst, würde ich erst mal eine Zeit lang mit ihm zusammen leben. Ihr seid beide noch jung und führt eine Fernbeziehung über große Distanz. Über sowas wie heiraten würde ich mir da aber noch keine Gedanken machen, wie gesagt lebe erst mal ein paar Jahre mit ihm zusammen um das überhaupt mal einzuschätzen

07.02.2019 19:35 • x 2 #7


Fahrradkette
Zitat von mafa:
Über sowas wie heiraten würde ich mir da aber noch keine Gedanken machen, wie gesagt lebe erst mal ein paar Jahre mit ihm zusammen um das überhaupt mal einzuschätzen


ja klar. würde ich auch so machen abet er macht ja jetzt schon druck zwecks zusammenziehen, kinder, ehe usw.

Für sie heißt das eben ihre Prioritäten JETZT klären zu müssen und dann eine entscheidung zu treffen.

Er hat gesagt was er erwartet und jetzt ist es an dir zu überlegen, ob du diese erwartungen erfüllen kannst OHNE einen Kompromiss in DEINEN Lebenszielen machen zu müssen.

07.02.2019 19:47 • x 1 #8


mafa
Zitat von Fahrradkette:

ja klar. würde ich auch so machen abet er macht ja jetzt schon druck zwecks zusammenziehen, kinder, ehe usw.

Für sie heißt das eben ihre Prioritäten JETZT klären zu müssen und dann eine entscheidung zu treffen.

Er hat gesagt was er erwartet und jetzt ist es an dir zu überlegen, ob du diese erwartungen erfüllen kannst OHNE einen Kompromiss in DEINEN Lebenszielen machen zu müssen.


Tja was soll man da sagen. Die Entscheidung muss sie fällen ... Ich würde in diesem Fall eine Absage erteilen. In diesem jungen Alter schon so eine Entscheidung zu treffen ist sehr schwer, denn unter Druck setzen würde ich mich selber so nicht lassen was bei mir sowieso einiges an Anziehung verlieren würde

07.02.2019 19:52 • x 1 #9


J
Wie oft könnt Ihr Euch denn überhaupt sehen?
Habt Ihr Euch schon mal getroffen oder ist er nur eine Internetbekanntschaft?

07.02.2019 19:54 • #10


aquarius2
Juden sind sehr unterschiedlich, es gibt liberale Juden, orthodoxe und eben auch klassisch traditionelle Juden. Eine Bekannte hat auch einen Juden geheiratet. Sie ist und bleibt Protestantin und die Söhne werden im jüdischen Glauben erzogen. Die Familie ist aber mit wenigen Ausnahmen liberal und traditionell. Er hätte es nie von ihr verlangt zu konvertieren und um die jüdische Erziehung kümmert er sich und seine Familie. Einen Weihnachtsbaum wirst du in diesem Haus nie finden ebensowenig Ostereier oder anderes. Es gibt aber eine Bibel im Haus, denn die Thora haben Juden und Christen gemeinsam.

Ums kochen kümmert er sich was ihr recht ist, denn sie kocht nicht gerne. Von Freitag auf Samstag werden keine Partys gefeiert und auch sonst gibt es die eine oder andere Regel, die aber auch mal gelockert wird, wenn nicht jüdische Gäste da sind.
Die jüdische Familie von ihrem Mann hat sie sehr herzlich aufgenommen und niemand verlangt von ihr, dass sie sich zu 100% anpasst, aber das ist ein Beispiel.

Sie weiß wann die jüdischen Feiertage sind und was kosher ist und was nicht, sie respektiert den jüdischen Glauben und die Juden, dass sie Chistin ist.

07.02.2019 20:03 • x 2 #11


Mia2
Geb nicht dein ganzes Leben auf. Du bist extra nach Riga gegangen, um zu studieren. Du würdest in jeder Beziehung dein Leben nach ihm ausrichten müssen. Das ist wirklich nicht gut. Wenn es schief geht, hast du weder Beruf noch deine Familie. Wo wäre denn dein Freund bereit, einen Kompromiss zu finden?

07.02.2019 20:07 • x 2 #12


Mayla
Ich bin Christin und könnte nicht einmal mit einem streng gläubigen Christen zusammenleben. Einer, der darauf besteht, jeden Sonntag in die Kirche zu gehen, ohne Rücksicht auf die Gefühle und Gedanken von mir oder meinen Kindern. Ich kenne streng gläubige Katholiken und das ist mir sehr schnell zu fundamentalistisch, zu engstirnig, zu kleingeistig.
Wenn dann noch ein ganz anderer Glaube gelebt werden soll, mit strengen Verhaltens- und Essensvorschriften, obwohl man selbst Atheistin ist, das wird für dich sehr schwierig. Gerade auch, wenn es später um die Kindererziehung geht, wird das Diskussionen ohne Ende geben. Das fängt ja schon bei der Beschneidung des neugeborenen Jungen an, die bei streng Gläubigen nicht im Krankenhaus, sondern zu Hause stattfindet. Ich glaube nicht einmal unter örtlicher Betäubung. Das wäre für mich nicht auszuhalten.

Aber es geht ja um dich. Informiere dich einfach! Dann kannst du dich entscheiden.

07.02.2019 20:14 • x 3 #13


E
Mal unabhängig von dem religiösen Käse, wobei in Europa halt der christliche Kulturkereis überwiegt. Mir ist zu viel Er und seine Eltern drin. Wie soll das denn zukünftig werden? Bestimmen dann seine Eltern über euer Leben? Mir kommt es vor, dass er im Zweifelsfall nicht zu Dir oder seinen Kindern stehen würde, sondern zu Mami und Papi. Vielleicht sollte er erst mal erwachsen werden.

Zitat von Flower95:
Er meinte, er würde mich zu sehr lieben und das nicht aufgeben, er wollte nicht Schluss machen, aber er zweifelt schon sehr stark und ich jetzt eben auch.


Aha..er zweifelt...weil Du nicht Hurra schreist.... dann würde ich doch eher laufen...in die entgegengesetzte Richtung

Zitat von Flower95:
Er könnte es ihm nicht verzeihen, wenn er nicht-jüdisch heiraten würde und seine Familie verlangt das auch von ihm.


Auch deswegen. Eltern verlangen und er macht es...das nenne ich mal emanzipiert von den Eltern....

07.02.2019 20:16 • x 2 #14


F
Danke für alle Antworten. Sehr interessant zu lesen, was ihr darüber denkt.

Um noch die Frage zu beantworten, wie oft wir uns sehen. Wir sind jetzt 6 Monate zusammen und haben uns schon sehr oft gesehen und wahrscheinlich alle 1-2 Monate, aber es wird auf meiner Sicht glaube ich auch eher nichts. Muss aber dazu sagen, dass wir uns schon über zwei Jahre kennen

Er ist da auch recht vernünftig und meinte, ich müsse es entscheiden, es wäre mir nicht fair gegenüber, wenn er Dinge von mir wegnimmt, die zu mir gehören und das wolle er selber nicht.

Er war zuvor mit jüdischen, als auch nicht-jüdischen Frauen in Beziehungen. Er meinte, er hätte keine Frau zuvor so respektiert wie mich und bei keiner hätte er über das Kinderkriegen nachgedacht. Ich wäre perfekt, ausser das mit der Religion. Mir macht es Angst, weil ich das Gefühl habe, dass er mich irgendwann fallen lässt und ich für ihn mein Medizinstudium aufgegeben habe, meine Heimat, meine Kultur und alles andere, was er noch so verlangt. Wer weiss, wie lange ich ihm genüge und ob er dann nicht mal eine Frau in den USA kennenlernt, bei der alles einfacher ist.

Dann ziehe ich lieber jetzt meine Grenzen, als später noch verbitterter zu sein. Ich habe das Gefühl, jetzt kann ich noch rational einen Schlussstrich ziehen.

Es ist wirklich nicht einfach, denn er ist anders, er ist grosszügig, liebevoll, total lieb zu Kindern, hört mir zu und hat alles getan, damit wir uns immer sehen können. Auf der anderen Seite hat er seine Macken, leicht narzisstische Züge und verhält sich nicht immer ganz sozial gegenüber seinen Mitmenschen, was mir teilweise Angst bereitet. Es ist also nicht nur die Religion, sondern auch noch andere Dinge, die mir nicht ganz passen. Ich war noch nie in so einer Situation und habe Angst vor dem Alleinsein, nicht nochmal jemanden kennenzulernen, der so anders ist und mich versteht. Schluss machen ist echt nicht einfach, puh....

07.02.2019 20:35 • x 5 #15


A


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