Ich dachte ja auch, dass wir beide, mein Ex und ich, eine der wenigen sind, die für immer zusammenbleiben. Wir haben uns immer wieder zusammengerauft. Ich dachte, das zählt was. Naja, falsch gedacht.
Natürlich gibt es Paare, da passt es nicht für immer oder es passt einfach gar nicht. Und es gibt viele Menschen, für die zählt wohl nur der erste Kick der Verliebtheit, die brauchen das immer wieder neu. Aber ich glaube auch, das gewachsene Beziehungen heute oft zu schnell oder zu leichtfertig aufgegeben werden. Damit meine ich nicht nur meine Beziehung, ich habe das auch schon bei anderen beobachtet. Und dass Liebe in der heutigen Zeit für viele nicht mehr greifbar ist, nicht mehr definierbar, im Gegenteil dass Liebe mit den Gefühlen der Verliebtheit gleich gesetzt wird. Ich denke, dass das falsch ist.
Ich will noch mal kurz auf das Buch, das ihr mir ausreden wolltet , zurückkommen. In diesem und in einem anderen habe ich - mehr zufällig - auch genau darüber gelesen. Und einige Beiträge von Verlassern hier im Forum spiegel das wieder. Man wird an einem gewissen Punkt egositisch, sieht die schlechten Eigenschaften im Vordergrund, das was war, was gut war, was man gemeinsam erreicht hat und auch wieder erreichen kann, rückt in den Hintergrund. Und die Wechselbeziehung der beiden Partner, dass sich vieles einfach auch gegenseitig bedingt und verstärkt, wird nicht mehr wahrgenommen. Daran kann man aber arbeiten. Nicht in jedem Fall, denn sicher kann es auch bei langjährigen Beziehungen einfach zwischenmenschlich nicht mehr passen oder es sind zu viele oder wirklich schlimme Dinge vorgefallen. Aber in ganz vielen Fällen, so glaube ich, sind die Menschen einfach nur blind für einander und für den eigenen Beitrag geworden, den man in eine Beziehung einfach einbringen muss. Arbeiten an einer Beziehung, das hört sich vielleicht uncool an, aber ich glaube, das muss man, wenn man eine langjährig Beziehung führt. Arbeiten heißt ja nicht, sich zu verstellen oder Dinge tun, die einem zuwider sind. Arbeiten heißt einfach, sich selbst und die Beziehung hinterfragen, etwas investieren, sich auf den Anderen, seine Art und seine Besonderheiten wirklich einlassen, Gemeinsamkeiten schaffen und leben. Und viele Beziehung kommen wohl an den Punkt, an denen der Alltag oder die Gewohnheiten dies in den Hintergrund rücken lassen. Aber diese Beziehungsarbeit muss man aktiv leisten, nicht immer, aber immer mal wieder. Sonst geht die Beziehung irgendwann unter. Und einer denkt, dass alles unwiderbringlich war, bricht aus oder flüchtet sich in eine neue Partnerschaft, in der alles so viel leichter zu sein scheint. Tja, leichter am Anfang. Aber auch dann wird man an den Punkt kommen, an dem man arbeiten muss. Weil man einem Ungleichgewicht in der Beziehung gegenüber steht, weil man sich wieder auf den anderen zu bwegen muss oder warum auch immer.
Wir leben in einer Welt, in der uns suggeriert wird, dass wir alles erreichen können. Und zwar relativ leicht. Und zu unserer Welt gehört auch ein Konsumdenken dazu und die alltäglichkeit des Ersetzen von dem, was kaputt ist. Nicht zuletzt die Medien und die Werbung gaukeln uns vor, wie schön der moderne Mensch heute zu sein hat, wie erfolgreich und wie leicht und puderzuckerosa, neun halt knallhart ero., die moderne Liebesziehung zu sein hat.
Natürlich sagt jeder: nein, ich weiß, dass das nicht real ist, so so ist das Leben nicht. Aber wir alle, oder vielleicht besser viele, sind doch mehr davon geprägt, als uns bewusst ist. Und genau dann ist es einfacher, nicht zu arbeiten, sondern im höher, schneller, weiter-Modus den Ex-Partner durch einen neuen zu ersetzen.
Ich hab es gestern oder so hier schon mal gesagt. Ich bin gespannt, was passiert, wenn mein Ex mal eine längere Zeit mit einer neuen Partnerin zusammen ist. Ich prognostiziere, er wird wieder an so einen Punkt kommen. Und wenn er bis dahin keine Strategie entwickelt hat, um damit besser umzugehen, dann wird er scheitern. Vielleicht bricht er dann nicht mehr aus, weil Kinder da sind z.B., aber das Gefühl, dass die Liebe weg ist, was sich einstellt, wenn man sich nicht mehr gegenseitig aufeinander einlässt, das wird ihm vielleicht nochmal wiederfahren. Da bin ich mir sogar relativ sicher.
Und ich glaube, er ist nicht der einzige Verlasser, dem es so gehen wird.
Tja und warum fällt es nun so schwer, Abstand zu gewinnen?
Hope, Du sagt, Du bist wenigstens nicht einsam. Ich schon irgendwie. Klar habe ich Kontakte reaktiviert, aber das ist zum einen nicht das Gleiche, es kann die innige Nähe und Vertrautheit zu einem Partner nicht ersetzen, und zum anderen hat das auch einfach nicht die Intensität und auch nicht die Banalität, die man so geliebt hat und die einem einfach fehlt. Nur all das, das kann man nicht durch etwas anderes ersetzen. Es fehlt und hinterlässt eine Lücke.
Nur glaube ich auch nicht, dass diese Lücke durch einen neuen Partner geschlossen werden sollte. Im Gegenteil, man kann diese Lücke nicht selbst schließen. Aber man kann sein Leben so ändern, dass diese Lücke irgendwann nicht mehr wichtig für einen ist. Und genau dann, wenn man es schafft, mit sich im Reinen und zufrieden zu sein, dann ist erst wieder Platz da für einen neuen Partner.
Nun ich glaube inzwischen, dass mir wahrscheinlich eine weitere Aussprache auch nicht wirklich geholfen hätte. Die Beziehung wäre ja so oder so futsch und diese Lücke wäre da. Was ich aber dennoch gerne hegabt hätte sind einfach Gründe oder eine Erklärung wie es dazu gekommen ist oder wann.
Im Gegensatz zu Dir glaube Ich, dass es mir sehr hilft, keinen Kontakt zu haben. (Auch wenn ich mir nach wie vor nichts mehr Wünsche, als wieder mit ihm zusammen zu sein.) Weil ich sonst mein Leben vielleicht nicht so schnell wieder in die Hand genommen hätte. Zwar immernoch mit Abstrichen, aber ich mache die Dinge jetzt für mich. Hätten wir noch Kontakt, würde wahrscheinlich ein Teil meines Alltags daraus bestehen, auf ihn bzw. den Kontakt zu warten. Dass das nicht so ist, ist glaube ich sehr gut.
Ich habe ein paar Mal gelesen, dass eine Trennung, so wie wir sie erleben, ohne Kontakt, ohne Begründung, ohne zu wissen, was der andere macht, schlimmmer sei als eine Trennung durch den Tod. Der Partner ist genau so weg und unerreichbar, aber mann macht sich eben zusätzlich noch die Gedanken, wie es ihm geht und was er macht. Ich glaube nicht, dass man so einen Vergleich mit dem Tod eines Partners so ohne weiteres ziehen kann. Aber ich glaube schon, dass es Parallelen gibt und dass beides u.U. für den Zurückgelassenen existentiell ist.
23.04.2014 12:43 •
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