Heute schreibe ich hier, weil ich mir etwas Rat und einige Denkanstöße erhoffe.
Ich bin 35 Jahre alt und seit 9 Jahren verheiratet. Meinen Mann kenne ich seit ca 11 Jahren, er ist meine zweite lange Beziehung.
Wir haben zwei Kinder (fast 4 und 1,5 Jahre alt), vor vier Jahren ein Haus gekauft und diverse Haustiere.
Seit einigen Monaten bin ich in einer, ich nenne es mal, Sinnkrise.
Ich bin unzufrieden. Mit mir, mit meinem Mann mit allem. Tageweise so sehr, dass ich den Impuls verspüre, einen Koffer zu packen und alles hinzuschmeißen.
Dann kommen wieder Tage, an denen ich alles schön finde, gut und richtig.
Vielleicht vorab: die Beziehung zu meinem Mann war nie einfach, darum war sie aber auch immer am Laufen. Er ist 12 Jahre älter als ich und ich habe es damals wohl als sicher und gut empfunden, jemand zu haben und zu heiraten, der anders ist als ich: ordentlich, strukturiert, klare Linien.
Wir haben vor unserer Ehe gar nicht zusammen gewohnt und das erste Ehejahr war fast schon die Scheidung.
Er wurde arbeitslos, depressiv, hat viel getrunken. wieder getrennt gewohnt, gependelt. es war schwer, aber es ging weiter.
Danach kam eine schimmelige Dachgeschosswohnung. Ich fand keine feste Stelle, Zeitverträge und ein Jahr lang jeden Tag 200km gefahren, aber wir haben gespart.
Haus gekauft, schwanger geworden. wir dachten: wow, jetzt ist der Knoten geplatzt!
Unser Keller soff ab, 20.000 Euro weg, mein Job weg, ich arbeitslos mit Baby. Schlimme Krisen mit mehreren Terminen bei der Eheberatung. Wieder haben wir uns zusammengerauft und die Fäuste hochgenommen.
3 Wochen vor der absoluten Pleite und der Zahlungsunfahigkeit habe ich wie durch ein Wunder eine feste Stelle in der Nähe bekommen. Schwanger, Haus gerettet, 2. Kind bekommen.
Mein Mann blieb dann zuhause und hat die Elternzeit übernommen, ich habe in Teilzeit meine neue Stelle angefangen.
In 3 Wochen arbeite ich dann wieder Vollzeit und mein Mann in Teilzeit (einfach, da ich wesentlich mehr verdiene).
Was nun los ist:
1. Das leidige S. Thema. seit der Geburt läuft praktisch nichts mehr. Was nicht an mir liegt. Mein Mann schläft seit 1 Jahr auf dem Sofa, weil das Baby mit im Ehebett schläft. Dazu: ich habe voll gestillt und habe 1 Jahr lang JEDE (!) Nacht allein gemacht, weil er meinte, er könne das Geweine nachts nicht aushalten usw. (unser 1. Kind hatte schnell prima durchgeschlafen, der Kleine nun mal nicht) und es mir schlicht zu mühsam war, 6 mal pro Nacht aufzustehen und ihn dann wieder ins Bett zu heben (wobei er jedes Mal aufwachte und dann erstmal wieder brüllte).
Wir haben ein Gästezimmer . nachdem wir 2 (!) mal durch Babygebrüll den S. unterbrechen mussten, meinte er: ok, das war's dann auch erstmal. So geht das nicht. - danach ging dann auch erstmal gute 7 Monate nichts mehr. Die letzten 3 Monate waren es dann immerhin mal wieder 3 mal. aber mir ist das einfach zu wenig.
2. Sein Umgang mit dem Kindern nervt mich. Ich höre über unseren Sohn nur, dass er ganz niedlich ist. Ansonsten praktisch Nonstop (heute wieder): Ich kann seine Stimme nicht mehr ertragen, nicht 1 Sekunde mehr. da fallen dann auch mal Vokabeln wie A. usw. Ich weiß, dass Elternzeit an den Nerven zerrt, aber mal ehrlich: ich habe Teilzeit gearbeitet (das waren in der Summe inkl Fahrzeit etwa 18 Stunden Abwesenheit pro Woche. Den Rest der Zeit habe ich mich um den Kleinen gekümmert), die Große geht in die Kita. Da lässt er sie immer schön bis 15.30 obwohl er sie auch um 14 Uhr abholen könnte, weil es ihm mit zwei Kindern zu anstrengend ist.
Dass er mit den Kindern mal einen Ausflug alleine macht, hat Seltenheitswert (und sei es nur auf den Spielplatz), weil ihn das stresst. Meist sitzen die also im Garten, aber er spielt auch nicht, er beaufsichtigt bloß.
Mit der Großen ist er oft sehr streng (finde ich) und schnell aufbrausend. Sie ist grade zickig und etwas weinerlich und auch das kann er kaum noch ertragen.
3. Er ist ständig am Handy auf Facebook seit etwa einem Jahr und liest dort Nachrichten. Für mich persönlich hat sich seine Haltung in vielen Fragen sehr schwer erträglich entwickelt. Wir sprechen nicht mehr über Politik oder Politiker oder Anschläge, weil wir einander in diesen Themen gar nicht mehr verstehen.
Wenn er da liest, darf auch bitte keins der Kinder stören (lass mir doch mal meine Ruhe!).
4. Er hat keine Freunde. Er macht Modellbau und beschäftigt sich, aber Freunde hat er nicht. Die Männer, mit denen er Kontakt hat/hatte, werden alle nach ein paar Monaten ebenfalls unerträglich. Zu aufdringlich, zu blöd, zu naiv. was weiß ich. Gabs angeblich alles früher nicht und bei ihn daheim. (ist aus Süddeutschland). Seit Neuestem geht er auch nicht mehr zu meiner besten Freundin mit, weil er ihren Mann nicht mehr sehen will (der mich volltrunken etwas angebaggert hat, was ich meinem Mann erzählt habe. Seither ist das so).
5.: er raucht immer noch. Darüber könnte ich ausflippen. Widerlicher Mundgeruch. Fortwährend diese beknackten Ausreden. ja, wenn die Kleine kommt. wenn sie 1 wird. wenn das Baby kommt. ja bald höre ich auf. nee, ich hab ne Bronchitis. ich bin erkältet. (MAAANNN! Ich hab selber 15 Jahre geraucht. Das frisst mich voll an, wenn der so wie heute Abend, dann einfach raus geht eine rauchen, und ich steh da mit zwei übermüdeten und heulenden Kindern. Könnt ich direkt an der Wand hoch)
Ich könnte das fortsetzen.
Ich wollte ihm ein Wochenende am Meer schenken, alleine, damit er eine Auszeit von zu Hause hat: hat er abgelehnt.
Abends mal ausgehen mit Freunden ja halt auch nicht, der hockt fast rund um die Uhr zuhause.
Ich selber bin auch nicht zufrieden. Ich habe neulich mal ein drittes Kind angesprochen (in einer guten Phase) und er hat bloß gelacht und gesagt auf keinen Fall. das hat mich ziemlich getroffen. Ich habe eine große Familie, ich liebe das. Ich habe von Anfang an gesgat, dass ich mir viele Kinder wünsche (am liebsten 4 oder 5, aber dafür bin ich nun doch etwas zu alt), da habe ich nie einen Hehl draus gemacht, deswegen haben wir ein großes Haus gekauft. Aber nun hat er das so vehement abgeschmettert. und der Blick auf den Kalender sagt mir nun auch, dass ich nicht ewig Zeit habe. Da sehe ich einen großen Lebenstraum von mir davonschweben, das tut ziemlich weh nachdem wir/ich so dafür gekämpft habe.
Mein Körper nervt mich. Habe mir die Haare kurz geschnitten, neue Klamotten gekauft und mir sogar tatsächlich einen Termin im Tattoostudio geben lassen (fand mein Mann bisher alles ganz gut). Auch spiele ich ernsthaft mit dem Gedanken an einem Kredit für eine Op (findet mein Mann gar nicht gut).
Ich möchte reisen, lange, weit und viel (ich war während des Studiums ständig unterwegs) und meinen Kindern die Welt zeigen (letzten Jahre Urlaub: Holland, Ostsee, Bayern. Mann hat Flugangst und will auch einfach nicht weiter weg).
Alles in mir und um mich schreit grade nach Veränderung . ich weiß nicht warum. Ich sollte doch jetzt grade glücklich sein, dass alles einigermaßen im Lot ist?
Hab ich midlifecrisis?
Dann wieder sehr ich ändere Paare, sehe uns und denke: mensch, wir haben so viel durchgestanden. Er ist trotz allem ein toller Mann, der mich immer zum Lachen bringen kann. Bist du verrückt überhaupt an Trennung zu denken?!?
Und dann sitze ich da nachts und frage mich, wie es wohl alleine wäre.
Ein elend länger Text geworden, sorry. Aber es war gut, das mal runter zu schreiben.
18.08.2017 20:50 •
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