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Sinnkrise in der Ehe

F
Er möchte keine Antidepressiva, weil diese Medikamente ihn, laut seiner Aussage, in seinem Hirn blockieren, er nicht mehr richtig denken kann, zu müde ist und rumläuft wie ein Zombie.

Da ist reden vergeblich. Ich habe das getan.
Er will nicht.
Und dass ist sicherlich eine Entscheidung, die ihm nach Therapie und stationär auch zusteht.
So, wie wenn ein Krebspatient eben keine Chemo will, dann muss es anders gehen, das ist aber riskant.

Konkrete Suizidabsichten hat er ja auch bis dato gar nicht geäußert. Das ist nur etwas, was mich aufgrund seiner anderen Aussagen besorgt.

Ich schreibe später nochmal etwas.

04.05.2019 07:14 • x 1 #511


F
Er hat als Single, nach seiner Trennung/Depression/Klinikaufenthalt, so gelebt, dass es für ihn und seine Psyche gesund war.
Das war: arbeiten, Sport, Aquaristik, feste Strukturen.
Jeden Freitag wurde Pizza bestellt, immer beim gleichen Bringdienst und er hat einen Film angeschaut.
Samstags hat er geputzt, seine Aquarien gemacht und ist abends eine Stunde in die Stadt gelaufen zum Restaurant.
Sonntags zu seinen Eltern.
Gelegentlich mal ins Kino/Kirmes/Public Viewing, sehr sehr selten mal mit Arbeitskollegen getroffen.
Repeat.
Das war ein Modell, was für ihn stimmig war.

Dann kam ich und dann war natürlich erstmal alles anders, aber verliebt und Hey und schön.
Geheiratet und zusammengezogen, Job verloren, Heimweh , 1. Depression.
Damals schon dieselben Aussagen bzgl Ärzte und Medikamente.
Ich habe gekämpft, mich für jeden kleinen Fehler entschuldigt, gemacht/getan, wollte nicht nach nur einem dreiviertel Ehejahr wieder alles hinschmeißen, obwohl wir kurz davor waren, ich habe in der Zeit viel geweint.

Danach war es ein Auf und Ab. Rückblickend betrachtet aus meiner Sicht und mit Blick auf mein Leben (soziale Kontakte, Freizeit, Interessen, arbeit, kein Sport mehr und dick gefuttert) mehr Ab als Auf.
Ich war viel einsam, habe Kontakte zu Freunden verloren, war nicht mehr viel draußen an der frischen Luft, Wohnung/PlayStation/Paareclubs (das war so das Freizeitprogramm, wobei die Paareclubs vor allem IHM halfen, seinen Kopf frei zu bekommen)...

Umzug ins Haus. Kind 1, Überlastung bei uns beiden. Bei ihm durch den Schichtdienst (weil der natürlich durch den Wechsel seine Strukturen empfindlich stört), bei mir durch Baby und Arbeitslosigkeit.
Diese zweite große Krise packten wir dann aber irgendwie beide. Ich habe ihm geholfen, er mir. Wir wollten beide, da waren noch Gefühle in der Eheberatung - jedenfalls anders, als ich es jetzt spüre.
S. war da aber schon Dauerstreitthema. Es wurde immer extremer, immer mehr ging es nur noch um seinen Kopf und um seine Wünsche, bis ich irgendwann feststellte, dass ich weder noch eigene Fantasien und Vorstellungen hatte, noch Lust. Das war da schon mehr ein Kampf um die Verwirklichung der jeweiligen Vorstellungen, Forderungen, Enttäuschungen und Frust als ein zärtliches Miteinander.

Danach gab es aus meiner Sicht zumindest keine nennenswerte Verbesserung mehr.

Das ist natürlich total subjektiv.
Er sieht das sicher anders.
Im Beratungsgespräch wurde gefragt, was seit dem letzten Termin war.
Ich: nichts. Wir haben nicht geredet und für mich war alles so wie immer, als habe es dieses Gespräch gar nicht gegeben.
Er:Doch. Sie hat sich Mühe gegeben und war freundlicher zu mir, das habe ich bemerkt. Nee, einen Anfang für ein Gespräch habe ich aber nicht gesucht.

Als das Gespräch dann auf Erziehung kam, war für mich aber sofort wieder Aggression und Wut spürbar. Ich wäre überheblich und arrogant, weil ich studiert habe und er nicht, ich würde seine Autorität untergraben, ihn komplett ignorieren und mit den Kindern eine Front gegen ihn bilden usw.

Inzwischen glaube ich, dass er da ganz viel von sich projeziert und abarbeitet.
Dass er Probleme in der Schule hatte, kein Abitur gemacht hat und nicht an die Kunstschule gegangen ist, wie er es ursprünglich wollte, sondern nun Metall-Arbeiter ist. Ich bekomme bei jeder Gelegenheit gesagt, dass mein Job ja keine richtige Arbeit sei und wir verkopften Akademiker total weltfremd seien usw.
Genau so, wie er vermutlich spürt, dass er sich oft rauszieht und Schwierigkeiten hat auf die Kinder einzugehen: daraus wird dann, dass ich ihn mit Absicht ausgrenze (ich habe darauf verzichtet ihn daran zu erinnern, dass er es an Weihnachten vorgezogen hat zu schlafen als mit der Familie zu frühstücken).

Ich bin illoyal, unzuverlässig, ignorant, arrogant, egoistisch.
So seine Einschätzung meiner Person im Rahmen der letzten Sitzung.

Er weiß , dass er diese Strukturen und Rituale braucht, meinte aber, das ginge eben wegen der Kinder nicht (die Kardinalantwort) und er habe bislang keine Alternative dazu gefunden.

Da es nun absehbar erstmal keinen nennenswerten Drive von außen mehr geben wird (Umzug, Haustier, Job, Kind), was vorher eben (auch) dafür gesorgt hat, etwas zu bewegen, sind wir auf uns selbst zurückgeworfen und NUN hier und jetzt wird deutlich, dass dieses Modell sich so nicht dauerhaft gesund für uns beide leben lässt.

Einer geht vor die Hunde.

04.05.2019 09:29 • x 4 #512


A


Sinnkrise in der Ehe

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F
Daneben: ja, ich habe mich verändert.
Habe wieder Freunde, verabrede mich, bin zufrieden in meinem Job, verreise wieder gerne.
Ich möchte 2021 4 Wochen nach Neuseeland.
Ich möchte San Francisco anschauen und Georgien irgendwann.
Ich möchte auf Konzerte gehen und auf ein Festival im Sommer.
Ich möchte den Gemüsegarten vergrößern und eine Wasserpumpe für die Kinder im Garten zum Matschen und den Partykeller auch als solchen benutzen.

Falls das Haus verkauft werden muss, dann möchte ich wieder in die Stadt ziehen und mir eine schöne Wohnung einrichten, wo mich Leute besuchen können.

Ich möchte bitte, ganz dringend, LEBEN und das genießen.
Unsere Zeit ist endlich.
Ich bin nicht kitschig. Ich weiß, dass es zwischendurch immer anstrengend und nervig und stressig ist, Zeitdruck, Geldsorgen, Krankheiten gibt.
Aber mir reichen so kleine Events normalerweise als Ausgleich, um wieder eine positive Grundstimmung herzustellen.
Und sei es nur ein Nachmittag, an dem ich mit meiner Freundin im Garten sitze und Eis esse.

04.05.2019 09:52 • x 8 #513


M
Zitat von Florentine:
Daneben: ja, ich habe mich verändert.
Habe wieder Freunde, verabrede mich, bin zufrieden in meinem Job, verreise wieder gerne.
Ich möchte 2021 4 Wochen nach Neuseeland.
Ich möchte San Francisco anschauen und Georgien irgendwann.
Ich möchte auf Konzerte gehen und auf ein Festival im Sommer.
Ich möchte den Gemüsegarten vergrößern und eine Wasserpumpe für die Kinder im Garten zum Matschen und den Partykeller auch als solchen benutzen.

Falls das Haus verkauft werden muss, dann möchte ich wieder in die Stadt ziehen und mir eine schöne Wohnung einrichten, wo mich Leute besuchen können.

Ich möchte bitte, ganz dringend, LEBEN und das genießen.
Unsere Zeit ist endlich.
Ich bin nicht kitschig. Ich weiß, dass es zwischendurch immer anstrengend und nervig und stressig ist, Zeitdruck, Geldsorgen, Krankheiten gibt.
Aber mir reichen so kleine Events normalerweise als Ausgleich, um wieder eine positive Grundstimmung herzustellen.
Und sei es nur ein Nachmittag, an dem ich mit meiner Freundin im Garten sitze und Eis esse.


Das klingt toll

04.05.2019 10:03 • x 1 #514


F
Ich weiß, dass einiges davon ein Wunsch bleiben wird, immerhin kostet das auch alles Geld
Nach Neuseeland aber bin ich z.B. eingeladen und manch kleinere Projekte lassen sich auch ohne einen Riesenaufwand umsetzen.

Mein Mann wird wenig bis keine dieser Ideen unterstützen bzw. mitgehen wollen.

Ich bin so auch nicht glücklich zuhause (da kann ich meinen Mann sogar nachvollziehen).
Die Atmosphäre ist kalt und das spürt man.
Vermutlich hänge ich deswegen gar nicht so sehr an dem Haus , sondern mehr an dem Garten.

04.05.2019 11:10 • #515


P
Eine kalte Atmosphäre spüren auch die Kinder. Schön, wenn es anders wird. Warm und lebendig eben
Dein Pläne hören sich toll an und noch wichtiger: Du hast welche.
Ein toller Thread, den ich gerade sehr gerne gelesen habe.

04.05.2019 11:15 • x 1 #516


F
Hallo!

Morgen habe ich mich mit meiner besten Freundin für 3 Tage am Meer verabredet mit den Kindern.
Ich hoffe, dass ich etwas Kraft tanken kann.
Gerade fühle ich mich wieder ganz schön alle.
In den nächsten Monaten steht für mich an, mich beruflich und privat so weit wie möglich zu entlasten.

Ich habe eine kurze Weile darüber nachgedacht, ob es für mich eine Möglichkeit wäre, das, was funktioniert, zu genießen und mitzunehmen und den Rest eben alleine zu machen.
Aber mir ist dabei auch wieder aufgegangen, dass das nicht die Art von Liebe ist, die ich langfristig leben möchte und auch nicht, was ich meinen Kindern zeigen möchte.

Über das Wohnen habe ich mich anwaltlich beraten lassen. Natürlich steht und fällt alles damit, ob man sich einvernehmlich trennt oder nicht.
Insgesamt wäre es mir möglich, das Haus zu halten, auch wenn es natürlich eng werden würde, finanziell, zumindest bis ich umschulden kann.

Ich denke, das würde ich auch versuchen. Zwar ist es zu groß für 3 Leute und für mich auch etwas weitab von der Innenstadt (15 km) ABER:
der Garten ist für mich viel Lebensqualität und ich möchte den Kindern möglichst viel Kontinuität in der Veränderung lassen und die Sicherheit des Zuhauses und des gewohnten Umfelds bieten.

Sollte das nicht gehen, weil z.B. die Bank nicht mitspielt, werde ich verkaufen und mir eine Wohnung in der Nähe meiner Eltern/in der City suchen, vielleicht findet sich auch da etwas mit einem kleinen Garten, wer weiß.

08.05.2019 22:20 • x 1 #517


F
Ich schreibe heute.
Ich bin angetrunken.
Habe krampfartig geweint.
Was war der Auslöser?
Nur eine blöde Vorstellung.
Es mag lächerlich klingen: aber dass ich nach einer Paartherapie zu meinem Papa gehe, vor ihm stehe und sage: Es ist vorbei.
Das war es schon.

Heute war einer der schönen Tage. Ich könnte mir vorstellen, alles was ich möchte beiseite zu lassen und ihn einfach bedingungslos zu lieben...so ohne Körperlichkeit freilich.
Einfach dieses Bild der glücklichen Familie sein.
Und wieder fühle ich mich schlecht: weil ich diese Nähe will, aber auf der anderen Seite nicht zulassen möchte... Vermutlich ist das sowohl Problem als auch Antwort in einem.
Ich fühle mich grässlich.
Ich scheiter wieder und wieder an meinen eigenen Hürden.
Ich suche Ausreden, ich warte und hänge in der Uhr.

Das Dumme ist: mit jedem Mal, dass ich es nicht ausspreche, fühle ich mich mieser statt besser.
Also manchmal ist da ein Gefühl von : hey, der ist echt nett usw.
Und er SCHEINT es zu versuchen.

03.06.2019 01:44 • x 1 #518


N
Dein Gefühl und deinen Zustand kenne ich nur zu gut. Er ließ mich lange bleiben. Zu lange.
Deine Zeilen haben mich stets berührt und mitgenommen..
Bleibe nicht dort stehen. Egal, was du machst, er wird sich nie ändern. Es wird nur Zeit vergehen und die Kinder werden größer und das war es. Vergeudete Zeit.

03.06.2019 03:07 • x 2 #519


Mia2
Was heisst denn vergeudete Zeit. Es ist doch wirklich selten , dass ein neuer Prinzip vor der Tür steht. Es ist so Florentine. Man verliert die Familie, und ob man ansatzweise was ähnliches aufbauen kann, ist sehr fraglich.

03.06.2019 06:44 • x 1 #520


T
Ja, auf der einen Seite das Bild der glücklichen Familie (was sich wohl ein Großteil von Natur aus wünscht). Auf der anderen Seite das Wissen, dass es mit ihm nicht wirklich machbar ist.
Er ist krank. Er fühlt sich selbst fehl am Platze. Er will nichts ernsthaft dagegen unternehmen. Er wird das somit gar nicht leisten können, was du dir wünschst.
Aber ich kann es dir so nachfühlen. Auch zwei/drei Wochen nach dem Auszug war ich noch hin- und hergerissen. Nun wird es langsam besser. Die Traurigkeit über den zerbrochenen Traum bleibt, aber ich fühle zum ersten Mal seit Jahren wieder eine gewisse Leichtigkeit.

Und was die körperliche Liebe betrifft - das kann man ja vielleicht in 30 Jahren so sehen, dass das Platonische reicht. Aber jetzt schon? Und dann auch noch für eine mittelprächtig-unterdurchschnittliche Form des Familienglücks?
Nachdem ich dich kennenlernen durfte, glaube ich nicht, dass dich das jemals glücklich machen könnte.

@mia2:
Warum sollte das nicht möglich sein? Sie ist noch jung.
Und was Ähnliches will Florentine ja sicherlich nicht wieder haben. Jetzt hat sie doch auch keine Familie. Sie und die Kinder stehen für sich, er ebenfalls - bis auf die wenigen Momente, wo er sich aufraffen kann.
Man kann das Pferd auch totreiten... hat man aber auch nix von.

04.06.2019 22:07 • x 1 #521


F
Ich schreibe vielleicht später noch etwas.
In der letzten Zeit hatte ich verrückt viel zu tun und die Termine stapeln sich.
Der Sohn muss zum Augenarzt, zum HNO und zum Urologen. Ich zum Hautarzt und zum Zahnarzt, die Tochter zum Orthopäden.
Voll der Reparaturstau.
Mein Mann möchte jetzt plötzlich doch gerne einen Sommerurlaub buchen...hat aber immer noch keinen Urlaubsantrag abgegeben. Er war etwas überrascht, dass man in der Hauptsaison mit 2 Kindern und Hund gar keine Quartiere am Meer mehr bekommt und möchte nun ein Wohnmobil...
Boah
2 Wochen zu 4 mit Hund in so einem Ding...puh. Ist so gar nicht meins zumal wir nie Camper waren, 0 Equipment haben.
Ich träumte leise von Sizilien oder Korsika, habe mir das aus finanziellen Gründen und aufgrund der Situation zwischen uns aber abgeschminkt.

Heute Abend ist wieder Beratungstermin.

06.06.2019 07:31 • #522


T
Wenn es nicht dein Ding ist, dann lass es. Wäre wieder ein fauler Kompromiss, nur weil er plötzlich doch Familienurlaub will.

Und ihr zusammen auf engstem Raum in der derzeitigen Situation... keine gute Idee. Ihr haltet es kaum auf der gleichen Etage im Haus aus.

Trotzdem einen hoffentlich guten Termin heute Abend.

06.06.2019 14:51 • x 1 #523


F
Heute war es heikel. Es ging um Groll und um Verletzungen usw.

Der Berater meinte, wir sollen nun drüber nachdenken, welche Verletzungen wir verzeihen können, wie der andere dafür ggf. beitragen könnte, dass man den Groll los lässt oder was man evt auch nicht loslassen kann/will.
Wir sollen dann versuchen, das in einem Bild oder einer Zeichnung auszudrücken.

Da muss ich erstmal eine Weile drüber nachdenken.

06.06.2019 20:50 • x 3 #524


F
Ich frage mich grade, wie das eigentlich gehen soll.
So als Beispiel: dass er sich abgewendet hat von mir nach der Op, das hat mich gekränkt und verletzt.
Das war keine Absicht, passiert ist es trotzdem.
Ein Vorfall, an den ich heute zum Beispiel auch ohne Wut oder Ärger denken kann...ABER: vergessen werde ich das sicherlich nicht. Dafür saß das zu tief.

Jetzt meine Frage: ich wende mich, wenn auch unwillkürlich, in ähnlichen Situationen nun ab oder halte mir ein Handtuch vor.

Ich mein, ich kann ihm verzeihen, was er da gesagt hat und ich kann auch nicht mehr wütend darüber sein. Das macht es aber nicht ungeschehen und ich kann es auch nicht einfach wegdenken.

Und wie weit kann ich und will ich verzeihen ohne meine persönlichen Grenzen wieder einzuschränken und zu ignorieren?

Oder müsste es hier heißen: ok, ich kann verzeihen und vergeben, ziehe aber aus dem Erlebten trotzdem eine Konsequenz für mich?
Ist es dann noch tatsächlich verzeihen?

Ich betrachte mit Sorge, ob verzeihen nicht verstanden wird als Tabula rasa, Doppelstrich drunter und komplett neu anfangen.
Aber auch hier die Frage: geht das überhaupt? Ich mein: jeder stehen gelassene Topf wird mich doch notwendiger Weise dran erinnern, dass er sich für ultra ordentlich hält, aber trotzdem seinen Kram nicht wegräumt.
Wie soll das also gehen, wenn nicht gleichzeitig eine totale Verhaltensänderung erfolgt?

07.06.2019 14:34 • #525


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