Hallo,
was für ein Tag gestern. Mir schlug die mir selbst gemachte Aufregung so auf den Magen, dass ich den Tag wie eine an Magendarmgrippe Erkrankte hinter mich brachte.
Abends mit Freundinnen telefoniert, vieles reflektiert.
Es geht sich um das Freundschaftsding. Hatte ja eine ganze Weile hin und her überlegt, ob das Sinn machen würde, ich das möchte u.s.w.
Unter L.esben hat Freundschaft nach der Beziehung noch mal einen besonderen Stellenwert.
Ganze Bücher und Abhandlungen sind darüber geschrieben worden. Ich werde versuchen mich kurz zu fassen.
Selbst in der heutigen, offenen Gesellschaft stellt man immer noch eine Randgruppe da.
Kontakt zur Urfamilie oft schwierig oder gar unmöglich. Es gibt immer noch genug Familien die L.esben nicht akzeptieren können. Die Jungl.esben haben es einfacher, wir die Älteren damit meine ich jetzt mal so die Frau ab 40 haben da noch ganz andere Storys zu erzählen. Manch L.esbe über 60 kann sich noch sehr gut an ihre Elektroschocktherapie erinnern, mit der man damals versuchte ihr die Homos.ualität auszutreiben.
Vor diesem Hintergrund ist ein gewisser Zusammenhalt unabdingbar, Exen oft eine Art Familienersatz. Wenn man z.B. zum Geburtstag einer ca. 45 jährigen gleichgeschlechtliche Frau eingeladen wird, braucht man sich nicht wundern, wenn der gesammte Freundinnenkreis dort aus den Exen der letzten 25 Jahre besteht.
Warum sollte man einen Menschen wegwerfen, nur weil man getrennt ist?
So ist bei vielen die Einstellung und diese habe ich auch.
Der Kreis ist kleiner, man läuft sich zwangsweise oft über den Weg. Selbst wenn man nicht befreundet sein möchte, macht es natürlich Sinn, wenn beide Seiten einen guten Umgang danach pflegen.
Kaum eine L.esbe würde auf die Idee kommen, wenn sie sich neu verliebt von der Neuen zu verlangen aus irgendwelchen komischen Eifersuchtsmotiven heraus keinen Kontakt mehr mit den Exen zu haben.
Im Gegenteil, beim Kennenlernen wird das Verhältnis zur letzten Ex oder den Exen allgemein immer abgeklopft. Guter Kontakt zu der Ex gehört zum guten Ton.
Ansonsten wird man stutzig.
Jedenfalls habe ich mit meiner Ex natürlich auch diese Themen besprochen, während der Beziehung und auch danach. Ausführlich. Zuletzt bei unserem etwas chaotischen Aufeinandertreffen vor zwei Monaten. Aber bei diesem Thema waren wir beide klar, unabhängig davon, wie konfus wir ansonsten an diesem Abend waren.
Klar? Dachte ich jedenfalls.
Als sie mir die Freundschaft anbot, dieses mehrmals, habe ich das für bare Münze genommen.
Habe ihr vor ca. 10 Tagen signalisiert, dass ich es mir mittlerweile vorstellen könnte es mir ein Versuch wert wäre, weil sie mir als Mensch noch wichtig ist und wie ihr Statement dazu ist.
Von ihr kam bisher nichts. Absolut nichts. Schweigen im Walde.
Nun habe ich Angst, dass sie mich schon wieder v.erarscht hat, dass es doch einfach nur so von ihr daher geredet war. Das wäre für mich ein Schlag ins Gesicht ohne gleichen.
Trennung, nun ja, wenn man sich in eine andere verliebt ist es halt so.
Mit dem Wort Freundschaft spielen? Ein absolutes no go.
Diese Mischung nun aus Angst, Ungeduld u.s.w. produzierte den Hass. Den Hass auf sie, weil ich mich gerade von ihr hängen gelassen fühle.
Hass auf mich, weil ich entweder zu ungeduldig oder zu leichtgläubig bin. Beides schlecht.
Das wird mich wahrscheinlich noch ein paar Tage beschäftigen. Wenn sie nicht möchte und/oder nicht in der Lage ist Stellung zu beziehen muss ich es so annehmen und damit klar kommen.
Das wird mir schwer fallen und ich muss nun auf mich sehr aufpassen, dass grundsätzliches Vertrauen in mich und allgemein nicht erschüttert wird.
Ich sitze somit also immer noch auf dem Vulkanrand und bin gerade etwas ratlos, wie ich da heile runter komme.
Doch ich weiß, wie auch bei der Trennung, es braucht alles seine Zeit.
Gruß
B.