Liebe Cappuccetto, deine Frage ist vollkommen berechtigt. Mein Schwerpunkt an der Uni ist die Biodiversität gewesen. Die Neurobiologie bekam ich nur am Rande mit. Ich bin darin genaugenommen ein Laie wie du. Zu meinem kleinen Freundeskreis gehören auch ein Psychologe und ein Psychiater. Sie sind meine Hauptquellen. Zum Thema muss ich etwas ausholen:
Die Liebe zeigt deutliche Anzeichen einer Krankheit physiologisch wie psychologisch. Nur interpretiert unser Verstand die Symptome wie Herzrasen oder das Zittern der Knie positiv. Der Satz Man ist verrück vor lauter Liebe. trifft es genau. Die Zahl derer, die sich diesem Thema Liebe im gewidmet haben, ist immens. Verlange also bitte keine Namen von mir. Um es mit Fontane zu sagen: Es ist ein weites Feld.
Bei der Partnerwahl spielt zunächst die Nase die wichtigste Rolle. Sie erkennt gewissermaßen instinktiv, ob der mögliche S. uns genetisch ähnlich (das ist schlecht) oder unähnlich (das ist gut) ist. Die gute Durchmischung unserer Gene erhöht die Genvielfalt, was das Überleben der Nachkommen verbessert. Können wir jemanden nicht riechen, hat er (normalerweise) keine Chancen bei uns. Die evolutionäre Sicht ist ja bekannt. Hier ein Zitat:
Männer wollen junge, fruchtbare Frauen mit gutem Aussehen. Frauen hingegen suchen große, starke Kerle, die in der Lage sind, ihre Familie zu ernähren. Diese primitiven Schlüsselreize haben sich im Lauf der Evolution als biologisch sinnvoll erwiesen, um den idealen Partner zu finden und gesunden Nachwuchs zu produzieren.
(Quelle: web.de/magazine/wissen/chemie-lieben-5553392)
Meine Freundin war übrigens fünf Jahre älter als ich und kann keine Kinder mehr bekommen.
Aber weiter. Sind wir verliebt, übernehmen zunächst die Hormone das Denken für uns. Die Glückshormone Dopamin und Serotonin, das Stresshormon Adrenalin und später das Kuschelhormon Oxytocin scheinen dabei die entscheidenden Rollen zu spielen.
Diese Erklärungsversuche, wie Liebe entsteht und was sie eigentlich ist, sind ziemlich komplex und vor allen unromantisch. Sie sind auch nicht unumstritten. Für mich hingegen, der ich ein hoffnungsloser Romantiker bin, klingen sie trotzdem durchaus logisch. Mal abgesehen von der grauen Theorie ist Liebe die schönste Sache der Welt. Aber sie kann dich auch zerstören, wenn sie unerfüllt bleibt. Deswegen sind wir ja alle in diesem Forum.
Leiden Menschen wie wir unter Trennungsschmerz, bewirkt der Hormoncocktail in unseren Gehirnen, dass wir weiterhin lieben. Die Psyche will deshalb die Trennung anfangs auch nicht wahrhaben. Ich denke, der Hormonhaushalt muss bei uns erstmal wieder in Ordnung kommen. Dann zieht die Psyche nach. Genau das habe ich gemeint. Die Länge der Genesung ist so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Manche werden aber auch wie Petrarca (1304-1374) und heilen nie.
Ich hoffe, dass der Text nicht zu lang war, denn für Abhandlungen über die Liebe ist dieses Forum ja eigentlich nicht gedacht. Und vielleicht war dir das auch alles schon bekannt. Willst du es genauer wissen, dann gib mal bei Google Liebe ein chemischer Prozess ein. Mir hat das Schreiben jedenfalls geholfen. Ich wünsche dir viel Kraft, um deinen Schmerz zu überwinden. VG Thomas