Ich erzähl euch wie verückt das Leben spielen kann. Mein Mann und ich sind seit unserer Jugend ein Paar. Mit 17 hab ich ihn kennen gelernt und mit 20 waren wir verheiratet und bald kammen unsere beiden Töchter zur Welt. Wir hatten schöne Zeiten und Hochs aber auch Tiefs. Alles in Allem eine gute Partnerschaft. Die letzten Jahre entwickelten sich jedoch zur Belastungsprobe bis hin zu Trennungsgedanken und verzweifelten Versuchen mehr Qualität in unsere Beziehung zu bringen. Einsamkeit hatte sich in mein Leben eingenistet und die Liebe hatte ich tief in mein Innerstes verbannt, damit der Schmerz nicht so spürbar war, wenn mein Mann wiedermal beruflich länger nicht zu Hause war. Dann Depressionen, dann Tabletten, dann gesundheitliche Probleme.... keine schöne Zeit für mich und meinen Mann. Heuer ging ich auf Kur, der reinste Selbstfindungstrip für mich. Ich alleine ohne Familie, Arbeit, Sorgen und ohne Alltagsbelastungen. Meine Seele hat sich erholt, mein Körper auch. Und ich war nie einsam,so wie sonst immer, wenn ich zu Hause war. Tolle Bekanntschaften gemacht und nette Leute kennengelernt. Auch einen besonderen Mann. Wir haben uns auf Anhieb großartig verstanden, ganz ohne Hintergedanken, haben lange Gespräche geführt und gemeinsame Spaziergänge unternommen. Gleiche Interessen entdeckt und sind uns immer näher gekommen. Wir haben uns am Ende der Kur als gute Freunde getrennt. Hab ich zumindest gedacht. Auf der Fahrt nach Hause bekam ich das erdte SMS von ihm. Und ich war begeistert! So ist das ein paar Monate gegangen, ohne dass wir uns gesehen hätten. Nur SMSen und Telefonieren , nur tratschen, nur unterhalten, nur Freunde. Ich war zu der Zeit die strahlendste und ausgeglichenste Frau seit langem. Nach ein paar Monaten wurde für mich diese Freundschaft zu einer zweiten Welt parallel zu meinem eigendlichen Leben und ich wollte immer öffter mit meinem Freund tratschen. Ich überstand keine Woche, ohne ihn anzurufen, oder hatte Sehnsucht nach seinem Anruf. Als ich nicht mehr schlafen konnte und sich meine Gedanken nur mehr um ihn zu drehen begannen war mir plötzlich klar: Ich liebe diesen Mann über alles. Und es war ein überwältigend schönes Gefühl wieder diese Liebe zu spüren, die ich in der Beziehung zu meinem Mann schon lange nicht mehr gepürt hatte. Niemand durfte von dieser Liebe erfahren, nicht mein Mann, nicht meine Freundin, nicht mein Freund. Ich sah keine Hoffnung für so eine Liebe. Als der Schmerz zu groß wurde beendete ich die Telefonfreundschaft mit der Erklärung, mein Leben sei schon durcheinander genug und ich müsse wieder Ordnung reinbringen. Mein Freund akzeptierte das, zu meinem Erstaunen aber auch zu meiner Freude, eher widerwillig. Ihm ging es mittlerweile ähnlich wie mir. Ein paar SMS noch, ein letzter Anruf und dann Funkstille. Quälende, schmerzende, schreckliche Funkstille. Und dann steht er vor meiner Tür und möchte sich persönlich von mir verabschieden! Einfach so aus heiterem Himmel. Dazu sei erklärt, uns trennen so ca 6 Stunden Autofahrt. Aber nein, er weiß nicht genau, warum er gekommen ist. Er mag mich halt, ich bin halt was besonderes und nett und interessant und witzig und er fühlt sich halt wohl bei mir. Naja, dann wünscht er mir ein schönes Leben. Wir sind nur gute Freunde. Blöd, dass ich ihn aber schon liebe und jetzt völlig durcheinander bin. Das ist jetzt 6 Wochen her und ich habe alle Szenarien durch von heulen bis schreien, alles hinschmeißen, Scheidung überlegt, Mistkerl geschimpft, meine Ehe neu aufpollieren versucht, Gefühlschaos pur und er wünscht mir ein schönes Leben. Ich bin froh, wenn ich überhaubt nochmal leben lern. Wenn ich meine Seelenfetzen zusammenflicken kann und meinen leeren Körper wieder mit irgendetwas ähnlichem wie Liebe befüllen kann. Ich mag nicht mehr ohne Liebe leben, seit ich diese Liebe wieder gespürt habe. versteht das irgendwer? Aber diesen langen Roman wird wohl kaum jeman zu Ende gelesen haben.
06.11.2014 00:57 •
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