Liebes Forum, natürlich ist schon so viel zu dem Thema geschrieben worden und natürlich bin ich kein Einzelfall, wie ich aus den vielen Geschichten und Beiträgen sehe. Trotzdem möchte ich gerne meine Geschichte erzählen und freue mich über Euer Feedback.
Vor 4 Jahren habe ich einen Mann kennengelernt und mich in ihn verliebt. Nach den schlechten Erfahrungen meiner beendeten Ehe (zu viel Aggressivität und Gewalt) wollte ich eigentlich keine Beziehung mehr, sondern nur mein Leben geniessen, mich meinen Interessen und Hobbies widmen. Aber dieser Mann (über 20 Jahre älter als ich, ich war damals Anfang 40) hat sehr liebevoll um mich geworben und schließlich mein Herz erobert. Seine Fürsorglichkeit und Zärtlichkeit haben mich einfach umgehauen und ich warf meine Bedenken und Vorbehalte gegen eine erneute Beziehung über Bord. Damals dachte ich, das ist so etwas wie ein 6er im Lotto und plötzlich war alles ganz rosa (jaja, ich weiß). Da damals noch ca. 600 km zwischen unseren Lebensmittelpunkten lagen, begannen wir eine Fernbeziehung, und wollten im Lauf der Zeit herausfinden, ob unsere Gefühle dies überdauern, und wir eine 'normale' Beziehung führen wollen.
Wir trafen uns alle 3-4 Wochen und dazwischen mailten, sms-ten und telefonierten wir täglich. Es war eine wunderbare Zeit und ein sehr liebevolles Annähern. Es dauerte 3 Monate, bis wir intim miteinander wurden, auch das war umwerfend. Ein kleiner Winkel meines Hirns signalisierte mir damals zwar: das ist zu perfekt für dieses Leben, das kann es gar nicht geben. Aber das ignorierte ich natürlich.
Leider ignorierte ich auch noch einen anderen wichtigen Punkt. Meistens besuchte er mich (in meiner Wohnung), umgekehrt war es eher selten, dann immer in Form eines Urlaubes etwas entfernt von seinem Wohnsitz. In seine Wohnung lud er mich nicht ein, die Begründung war: als Verwalter der Wohnanlage, in der er wohnt und die er betreut, wäre es noch schwierig für ihn, eine (zudem auch noch so viel jüngere) Freundin zu haben, das bräuchte Zeit, damit die (meist älteren) Leute dort sich daran gewöhnen können und er ihr Vertrauen nicht verliert. So oder so ähnlich, jedenfalls waren meine Sinne damals so vernebelt, dass ich Verständnis dafür aufbrachte und glaubte, dass sich das mit der Zeit einpendelt.
Man ahnt, was kommt. nach einigen Monaten gestand er mir, dass er gebunden sei, aber die Verbindung nun lösen würde, da das sowieso nichts Richtiges wäre. Für mich war das ein absoluter Schock. Er hatte mir anfangs erzählt, er sei Witwer. Tatsächlich ist seine erste Frau schon seit einigen Jahren verstorben, aber er hatte ein zweites Mal geheiratet. Dass es eine zweite Ehefrau gibt, nicht 'nur' Lebensgefährtin oder Freundin, rückte er auch erst nach Monaten raus. Aber es wäre nur eine Zweckgemeinschaft, man hätte sich nur zusammengetan, um im Alter jemanden zu haben, der sich um einen kümmert, und auch aus finanziellen Gründen (er war damals ziemlich klamm und sie ist ziemlich vermögend). Es würde rein gar nichts zwischen ihnen laufen, schon seit Jahren kein S. mehr, sie wäre in ihrem Verhalten ihm gegenüber unmöglich, es gäbe keine Nähe, Zärtlichkeiten schon gar nicht usw. Komisch wie bekannt einem das nun alles vorkommt.
Natürlich redeten wir über eine Trennung von seiner Frau, da ja alles so toll mit mir ist (ich wäre seine Traumfrau, blabla) und mit ihr alles Mist, und sowieso nur eine sachliche Zweckgemeinschaft, sollte das aus meiner Sicht kein Problem sein. Ich war zu Zugeständnissen bereit und er bat sich Zeit von mir aus, um eine Lösung zu finden. Auch seinen (erwachsenen) Kindern und Enkelkindern hatte er mich bis dahin nicht vorgestellt (übrigens bis heute nicht), es wäre noch zu schwierig, sie könnten vor den Kopf gestoßen sein und er hatte Angst, seine Familie zu verlieren. Aber noch immer waren starke Gefühle da, wir hatten eine sehr beglückende Zeit miteinander und wir schwebten trotz Allem auf unserer Wolke dahin. Noch hatte ich ja Hoffnung und seine - wenn auch vagen - Zusagen. Oft sagte er, er wünschte, er wäre frei, um mich heiraten zu können. Ich war so blind und so verliebt und glaubte ihm immer wieder.
Nach einem Jahr Fernbeziehung und aufgrund seiner Zusagen, dass das Warten auf ihn sich lohnen werde, wechselte ich Job und Wohnsitz und siedelte mich in seiner Nähe an (große Wohnung, da wir ja bald zusammen dort wohnen wollten). Irgendwann eröffnete er mir dann, dass er seine Frau gar nicht verlassen könne, da sie seit Jahren krebskrank sei (Brustkrebs) und er sich kümmern müsse. Das war wieder ein Schock, denn das ist eine Situation, die ich unbedingt vorher hätte wissen müssen, meine Entscheidung für ihn (unter Vorbehalt einer Lösungsfindung) wäre dann ganz anders ausgefallen. Ausserdem wäre er finanziell abhängig, da ihr alles gehöre und er mit nichts dastehen würde. Aha.
Er bat mich unter Tränen immer und immer wieder, bei ihm zu bleiben. Er würde mich als seine Frau ansehen, das andere wäre nur eine Formalität gewesen, er hätte aber versprochen sich zu kümmern und könnte deshalb nicht weg. Wichtige Anmerkung: wenn ich anfangs von der ganzen Situation gewußt hätte, wie sie wirklich ist, wäre ich diese Affäre nicht eingegangen bzw. hätte sie beendet nach kurzer Zeit. Aber da ich die wichtigen Informationen immer scheibchenweise über 4 Jahre hinweg bekommen habe, habe ich mich dermaßen in dieser Geschichte verstrickt und bereue das nun sehr bitter. Die scheibchenweisen Informationen scheinen aber irgendwie zum Ablauf zu gehören, gibt es vielleicht wirklich einen Ratgeber für AMs? Jedenfalls: ich schäme mich dafür, dass ich diese Affäre eingegangen bin und überhaupt auf die ganze Sache reingefallen bin.
Als das mit der Krankheit raus war, bat er mich wieder, ihn nicht zu verlassen, und Verständnis dafür zu haben, dass er nicht ganz bei mir sein könnte. Er bat mich, das Beste daraus zu machen, und er würde eine Lösung finden. Damals schlug ich ihm die Alternative eines Patchworks vor, beispielsweise Zusammenleben mit mir, verheiratet bleiben mit ihr und sich um sie kümmern, seine Pflichten nicht vernachlässigen. Ich kenne ein solches Konstrukt in meiner Bekanntschaft, das sogar funktioniert. Dazu wäre ich bereit gewesen. Ich habe ihm öfter gesagt, dass ich nicht die Geliebte sein möchte, er reagierte dann immer ganz erschrocken und meinte, ich wäre das doch nicht, sondern für ihn wäre ich seine Frau. Vor der Verwand- und Bekanntschaft galt das allerdings nicht und er bekennt sich bis heute nicht zu mir.
Ich könnte noch vieles schreiben, auch viele Aussagen und Verhaltensweisen von ihm, die ich seltsamerweise nahezu 1:1 in vielen Beiträgen wiedergefunden habe, was schon fast wieder amüsant wäre, wenn es nicht so traurig wäre. Die rosa Brille ist nun weg, es geht mir, wie vielen anderen, schlecht, ich habe akute Depressionen und habe mich heute (nach einigen Versuchen in den letzten Wochen) getrennt. Er ist beleidigt, fühlt sich ungerecht behandelt, ich hätte doch alles gewußt (hah), er hätte mir niemals irgendwas versprochen, er könnte nicht ohne mich leben, sein Leben hätte keinen Sinn mehr, er wäre enttäuscht, weil ich nicht um ihn gekämpft hätte, man könnte meine Depressionen gemeinsam besiegen und dann unser Leben weiterführen usw. Er scheint nichts begriffen zu haben. Ich solle Antidepressiva nehmen, dann wäre ich besser drauf und wir könnten weitermachen wie bisher.
Zurzeit versucht er mir ein schlechtes Gewissen einzureden und dass ich ihn ja bräuchte, um die Therapie durchzustehen, außerdem wüsste ich ja, was ich bei ihm habe und wenn ich mit jemand anderem eine Beziehung eingehen würde, wüsste ich ja gar nicht, was mich da noch alles erwartet. Ach ja, ich habe vergessen zu erwähnen, dass er die ganze Zeit sehr eifersüchtig war/ist. Dazwischen immer wieder wie sehr er mich vermisst und dass nun sein Traum geplatzt wäre.
Das Schlimme ist, ich selbst stehe immer wieder auf der Kippe. ich will nicht mehr umfallen, sondern die Trennung durchziehen. Es ist sehr schwer, denn unser Zusammensein war immer sehr intensiv.
Ich muss es schaffen!
29.06.2017 15:34 •
x 1 #1