Guten Morgen, es tut in der Tat sehr gut, hier zu schreiben. Tausend Dank für alle Antworten. Ihr gebt mir ein wenig Halt in dieser schlimmen Situation!
Jeden Morgen denke ich beim Aufwachen: das kann alles nicht wahr sein! Warum muss ich diesen verdammten Horror erleben? Warum zerplatzen all meine Träume?
Ich habe eine tollen Job, verdiene gutes Geld und habe ein gutes soziales Netz – meine Eltern leben beide nicht mehr. Aber ich habe mir richtig was aufgebaut und kann mich darauf stützen in dieser harten Zeit. Dennoch habe ich Angst. Ich spüre Verzweiflung, weil ich gescheitert bin. Mein Bild von einer intakten Familie ist zerstört. Diese Fassungslosigkeit erschlägt mich jeden Morgen. Ich schaffe es kaum aus dem Bett, sage viele Termine in der Öffentlichkeit ab, bin kraftlos und traurig.
Dann spüre ich mein Baby treten und denke mir, vielleicht kapiert er es doch noch? Vielleicht wird er bereuen? Vielleicht kommt er auf allen vieren zurück gekrochen, wenn ich ihn jetzt einfach los lasse und gehe? Die letzten Wochen habe ich nichts Unversucht gelassen und immer wieder gebettelt und auf ihn eingeredet. Bei Trennungen wohl der größte Fehler! Vor allem bei Männern, die rennen dann noch schneller auf und davon. Ich weiß, dass er furchtbare Angst hat. Er kommt einfach nicht klar, dass ich bei ihm eingezogen bin, dass ich ein Nest bauen will. Er hat immer alle Freiheiten gehabt und noch nie mit einer Frau zusammen gewohnt. Mit 47 Jahren zum ersten Mal zusammen ziehen und Vater werden, das überfordert ihn total.
Ich erkenne ihn nicht wieder. Er ist so kalt, aggressiv und wütend. Er schmeißt mich zum wiederholten Male aus der Wohnung und wundert sich, dass ich dann weg bin, dass ich die Babysachen mitnehme. Ich habe ihn gebeten, dass wenn er mich schon raus schmeißt, er mir doch wenigstens beim Packen helfen kann! Er hat nicht reagiert. Als ich fertig war und gegangen bin schrieb er:
Magst du mir kurz erklären, was hier gerade passiert? Sieht für mich aus wie dein siebter Auszug. Aber warum sind die Babysachen weg? Du willst also auch rund um die Geburt nicht hier sein, schließe ich daraus.
Ist das jetzt wieder so eine Du wirst weder mich noch das Kind wiedersehen-Aktion?
Wäre gut, wenn du dich erklärst.
Und: was passiert mit den Kartons? Hast du alle deine Schlüssel hier gelassen? Auch die vom alten Schloss?
Er stellt sich vor, dass ich zur Geburt in die alte Wohnung komme, dass er zur Geburt mit kann, und das Baby bei sich hat? Das ist doch alles einfach nur verrückt! Geburt und Tod sind solche krassen Momente in unser aller Leben! Wie soll ich einen solchen Mann rund um die Geburt um mich herum ertragen!? Er hat uns – das Baby und mich – im Stich gelassen. Er verhält sich zerstörerisch, indem er nun behauptet, dass er mich verlassen muss. Denn ich sei psychisch krank. Ich sei Borderlinerin. Es ist eine üble Masche: die schwanger Frau angreifen, fertig machen und bloß stellen um dann sagen zu können: die ist gestört, ich musste dien 7. Monat raus schmeißen! Das sind Machtspielchen. Zerstörerische Machtspielchen. In der Politik wird dieses Verhalten oft strategisch eingesetzt, wenn man den Gegner angreifen will. Man erklärt ihn für krank und schwach. Mittlerweile habe ich mich in Therapie begeben, weil Koch diese Krise erschlägt, weil ich das Baby bei all dem Kummer immer wieder vergesse. Ich wiege nur noch 56 kg. Im 7. Monat schwanger habe ich insgesamt nur 2 kg zugenommen. Ich versuche in der Stadt, wo es geht,was Gesundes zu finden, immer wieder zu Essen – Stuttgart macht es mir leicht. Aber ich habe Durchfall. Ich behalte wenig in mir, weil ich ständig zur Toilette renne. Das geht jetzt seit 8 Wochen so. Ich bin trotz all der Trauer und Fassungslosigkeit voller Hoffnung, dass ich diese Trennung durchziehe. Ich bin vor zwei Tagen dann morgens endlich durch die Wohnung gegangen und habe alles gepackt. Vor zwei Tagen ist es zwischen uns so dermaßen eskaliert. Er hat mich sogar weg geschoben und in Kauf genommen, dass ich stürze. Mir wurde in dem Moment klar: ich MUSS gehen. Er gefährdet unsere Gesundheit. Ich MUSS das Baby und mich schützen. Das war um 3 Uhr morgens. Ab 6 Uhr konnte ich mich aus dem Schockzustand lösen und habe gepackt. Ich habe Freunde zur Hilfe geholt. Wir haben die babysachen erst mal in Sicherheit gebracht. Ich habe meine wichtigsten Dinge gleich mitgenommen. Ich habe trotz der schlimmen Nacht alles versorgen und in die Wege leiten können. Glaubt mir, ich versuche tapfer zu sein. Gestern, schon nach einem Tag, war ich mal wieder seit lange 2 h bei Dr Kosmetikerin. Ich war beim Friseur, habe zwischendurch Rotz und Wasser geheult. Habe es dennoch durchgezogen und mich mal wieder eine wenig schön machen lassen. Ich bin bei Freunden im Gästezimmer untergekommen. Sie sind eine super nette Familie und kochen für meine Tochter und mich mit, damit wir beide für die Geburt gestärkt sind. Wir haben alle Bekanntschaften mit Wohnungseigentum aktiviert, damit ich eine Wohnung finde. Wir haben ersatzweise eine Ferienwohnung in Aussicht. Heute telefoniere ich mit der Verwaltung. Ich bin auch stolz, dass ich gleich aktiv werde und Lösungen erarbeite. Ich versuche nicht jämmerlich da zu liegen und in meine depressive Stimmung zu verfallen. Aber diese Tiefs, das Erlebte und die Bilder erschlagen mich! Ich breche dann in Tränen aus. Die Verzweiflung schnürrt mir die Kehle zu. Ich spüre Wut, weil er uns das antut! Ich spüre Hass. Ich will nicht hassen... Ich wünschte, ich könnte mich mehr auf mich und das Baby konzentrieren und ihn zur Seite schieben. Aber dann keimt wieder Hoffnung auf... Das ist alles so ein irrer Cocktail an Gefühlen, der mich erschlägt. Ich habe Angst vor den Tiefs. Große Angst. Sie packen und schütteln mich durch.
07.10.2016 08:01 •
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