Zitat von _Summer_: ...Wird das absichtlich/bewusst gemacht? Geschwiegen ,um das Gegenüber zu manipulieren, Machtausübung?
Es ist eine offizielle Folter Methode.
Der CIA forschte , ich glaube in den 70zigern , damit.
Er sperrte Menschen ein und isolierte diese völlig. Niemand durfte mit ihnen reden.
Es gab Häftlinge die nach 12 Stunden Dinge gestanden hatten , die sie niemals getan haben können , nur das jemand mit ihnen spricht.
Dieser Versuch macht sprachlos
Es gibt einen Versuch, der so schrecklich ist, dass er die Bezeichnung «das verbotene Experiment» erhielt – gemacht wurde er trotzdem.
Welche Sprache spricht ein Mensch, mit dem während der Kindheit nie gesprochen wird? Spricht er überhaupt?
Die Frage ist so bedeutend wie schwierig zu beantworten. Schon Pharao Psammetich I. soll sie im 7. Jahrhundert vor Christus beschäftigt haben. 1700 Jahre später faszinierte sie Stauferkönig Friedrich II. Gibt es die unveränderliche Ursprache, die ohne äusseres Zutun jeder Mensch spräche, wenn er von anderen abgeschnitten aufwüchse?
Oder kommen wir als unbeschriebenes Blatt zur Welt und werden danach vollkommen von unserer Umgebung geprägt? Die Frage nach der Sprachentwicklung ist auch die Frage nach der Identität des Menschen: Natur oder Kultur, wer hat das Sagen?
Als Diktator konnte sich Psammetich erlauben, die Sache praktisch anzugehen. Im ersten Geschichtsbuch überhaupt berichtet Herodot über seinen Versuch, der als erstes überliefertes Psychologieexperiment gilt:
Weil es Psammetich nicht gelang, auf herkömmlichem Weg herauszufinden, ob Phryger oder Ägypter die Welt als erste bevölkert hatten, beauftragte er einen Hirten, zwei Neugeborene isoliert aufzuziehen, ohne je ein Wort mit ihnen zu wechseln.
Nach zwei Jahren soll ein Kind die Hände ausgestreckt und «bekos» gesagt haben, das phrygische Wort für Brot. In einer widrigeren Version der Geschichte verzichtete Psammetich auf den Hirten und übergab die Kinder Ammen, denen er zuvor die Zunge hatte herausschneiden lassen.
Ein ähnliches Experiment soll im 13. Jahrhundert Kaiser Friedrich II. durchgeführt haben. So ähnlich in der Tat, dass die Biographen des Kaisers vermuten, der Geschichtsschreiber Salimbene von Parma, der über den Versuch berichtete, habe sich von Herodot inspirieren lassen, um Friedrich zu verleumden.
In seiner Version wollte Friedrich herausfinden, ob isolierte Kinder Hebräisch zu sprechen beginnen, die Sprache von Adam und Eva.
Auch Griechisch, Lateinisch oder Arabisch kamen in Frage oder die Sprache der Eltern, denen sie weggenommen worden waren.
Das Resultat des Versuchs war laut Salimbene schrecklich: Alle Säuglinge starben, «denn sie konnten nicht leben ohne das Händeklatschen und Winken, das fröhliche Lächeln und die Koseworte ihrer Ammen und Nährerinnen.»
Wie erfolgreich die Propaganda gegen Friedrich war, zeigt die Tatsache, dass sein Sprachexperiment bis heute in Zeitungsartikeln und Fernsehdokumentationen als Tatsache weiterverbreitet wird.
Auch Jakob IV. von Schottland und der Grossmogul Jalaluddin Muhammad Akbar sollen an ihren Untertanen Sprachentzugsexperimente vollzogen haben. Jakob mit dem erstaunlichen – und von ihm erwarteten – Resultat, dass die zwei Kinder, die er auf eine einsame Insel geschickt hatte, perfekt Hebräisch sprachen, als sie zurückkamen.
Die isolierten Zwillinge
Um die Frage der Sprachentwicklung ernsthaft zu klären, waren Forscher lange Zeit auf natürliche Experimente angewiesen, verloren gegangene oder ausgesetzte Kinder, die auf wundersame Weise ohne Kontakt zu Menschen in der Wildnis überlebten, sogenannte Wolfskinder.
Das berühmteste unter ihnen war ein etwa zehnjähriger Junge, der Ende des 18. Jahrhundert in einem Wald im französischen Département Aveyron aufgegriffen worden war. Weil der einzige Laut, auf den er reagierte, ein «o» war, wurde der Junge bald Victor von Aveyron genannt.
Victor konnte weder sprechen noch nachahmen. Er schlief am Tag, Ar. Eicheln, Nüsse und Kastanien und erkannte sein Spiegelbild nicht.
Der Arzt Jean Itard nahm Victor auf und versuchte, ihm das Sprechen beizubringen – mit wenig Erfolg. Mehr als zwei Sätze hat Victor nie gelernt. Offenbar gab es in der Sprachentwicklung so etwas wie eine kritische Phase, die nicht nachgeholt werden konnte.
Victor von Aveyrons Schicksal war Vorbild für François Truffauts Film «L’enfant sauvage» aus dem Jahre 1970. Überhaupt boten Wolfskinder reichen Stoff für Literaten und Filmemacher. Am berühmtesten wurden Rudyard Kiplings Erzählungen von Mowgli, dem indischen Findelkind, das bei Tieren im Urwald aufwächst.
Darf man bei den Versuchen, die früheren Potentaten zugeschrieben werden, daran zweifeln, dass sie je stattgefunden haben, gibt es beim Versuch des Psychologen Wayne Dennis aus dem letzten Jahrhundert keinen solchen Trost.
Das Experiment von 1932 wurde in der angesehenen Fachzeitschrift «Genetic Psychology Monographs» publiziert, unter dem Titel: «Kleinkindentwicklung unter eingeschränkter Aktivität und mit minimaler sozialer Anregung».
Wayne Dennis von der University of Virginia und seine Frau Marsena liessen sich vom Sozialdienst des Universitätsspitals Zwillinge vermitteln, die sie bei sich zu Hause aufnahmen. Eigentlich hatten sie nach einem einzelnen Kind gesucht, aber sie nahmen die beiden Mädchen, weil «sie uns die Verdoppelung der Anzahl Versuchspersonen erlaubten, ohne die Kosten oder die Betreuung zu verdoppeln», wie Dennis schrieb.
Del und Rey waren 36 Tage alt, als ihre Mutter sie dem Forscherpaar übergab. Dennis behauptete, sie sei über die Natur der Versuche informiert und damit einverstanden gewesen. Selbst wenn das wirklich stimmen sollte, war es letztlich die Not, die die Mutter zu diesem Schritt trieb. Als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern konnte sie nicht noch für zwei weitere sorgen.
Dennis wollte klären, ob sich die Kinder mit einem Minimum an Fürsorge und sozialen Kontakten normal entwickeln würden. Dazu hatte er im ersten Stock seines Hauses ein Zimmer für die beiden Mädchen eingerichtet, das einer Gefängniszelle glich:
ein Tisch, zwei Stühle, eine Kommode und zwei Kinderbetten mit einer Stellwand dazwischen, damit sich die Kinder nicht sehen konnten. In diesem Raum hielten sich Wayne und seine Frau nur auf, um die Kinder zu wickeln, zu baden, zu füttern oder Versuche anzustellen.
Tagein, tagaus lagen die Mädchen einfach nur da. «Wir achteten peinlich darauf, nicht zu plappern oder zu den Kindern zu sprechen, weil wir wissen wollten, ob solche Laute auch ohne Vorbild auftreten würden.» Trotzdem begannen die Säuglinge die Betreuer bald anzulächeln, so dass sich selbst hartgesottene Forscher zusammenreissen mussten, damit sie keine Gefühle zeigten, vor allem weil das Ehepaar Dennis im gleichen Haus sein eigenes Mädchen aufzog, das im gleichen Alter war wie die Zwillinge.
«Gefühlsregungen zurückzuhalten war nicht einfach, zumal die Subjekte sehr ausdrucksstark waren.»
Nach 15 Monaten und 1800 Seiten Notizen erklärte Dennis das Experiment für beendet und gab Del und Rey ihrer Mutter zurück. Später lebten sie bei Verwandten oder in Heimen. Vor allem Del zeigte eine Verzögerung der Entwicklung, die Dennis jedoch auf eine unentdeckte teilweise Lähmung zurückführte, die nichts mit dem Experiment zu tun habe.
Um Schlüsse über die Sprachentwicklung zu ziehen, war die Dauer des Experiments zu kurz. Obwohl Dennis ankündigte, Details zur späteren Entwicklung der Mädchen zu veröffentlichen, hat er dies nie getan. Heute ist klar, dass eine solche Vernachlässigung im Leben kaum ohne Spuren bleibt.
Wayne Dennis hing der damals gängigen Meinung an, der Reifungsprozess bei Kindern laufe nach einem festen Programm ab, das kaum äusseren Einflüssen unterworfen sei. Deshalb glaubte er daran, dass die Kinder keinen Schaden nehmen würden.
Später untersuchte er Kinder in iranischen Waisenhäusern, die ihn vom Gegenteil überzeugten. Bevor er 1976 als angesehener Psychologieprofessor starb, verurteilte er die Art Vernachlässigung, die er 45 Jahre zuvor Del und Rey hatte zuteil werden lassen.
https://www.nzz.ch/folio/dieser-versuch...ld.1621730