Hallo allerseits, ich muss das jetzt hier aufschreiben, sonst werde ich noch verrückt.
Ich bin 28 Jahre alt, im Zweitstudium, mit einem 42 Jahre älteren Mann verheiratet und weiß seit knapp zwei Wochen sicher, dass ich schwanger bin. Allerdings bin ich nicht von meinem 70 jährigen Ehemann schwanger, sondern von meiner dreijährigen Affaire, von der ich gedacht habe, dass es etwas Ernstes ist und dass wir uns wirklich lieben.
Erst einmal kurz zu meinem Mann: wir sind seit 2012 zusammen, mit Unterbrechungen, ich hatte mich dreimal von ihm getrennt, mit ausziehen und allem drum und dran, einfach, weil es nicht mehr ging und hauptsächlich natürlich wegen dieses absurd großen Altersunterschiedes. Er ist Professor an der Uni gewesen und dort haben wir uns auch kennengelernt. Ich habe ihn NICHT angemacht und mich nicht aufreizend am Bleistift kauend in die erste Reihe gesetzt und ihn angemacht. Wirklich nicht. Ich wollte absolut nichts von ihm. Es ist dann trotzdem so gekommen, er hat mich als Studentische Hilfskraft eingestellt und mich wahrscheinlich schon ziemlich angemacht, auf seine Weise, indem er mir beispielsweise Lektüre gab, o.ä. Also keine blöden Sprüche oder so. Mir ging es in dieser Zeit sehr schlecht, vereinsamt, mit dem Studium unzufrieden, mit mir unzufrieden, latent essgestört. Lange Rede kurzer Sinn, nach bereits zwei Monaten bin ich bei ihm eingezogen, holterdiepolter, einfach so. Er verließ seine Freundin, ebenfalls eine ehemalige Studentin, allerdings nur 30 Jahre jünger. Wenn ich das so aufschreibe und lese, klingt das ziemlich unanständig und erbärmlich von ihm, aber so ist er nicht. Er hat Fehler, auch gerade was zum Beispiel die sogenannte Konfliktfähigkeit angeht, aber er ist wirklich kein Schwerenöter, sonder irgendwo ein naiver Träumer. Ich bin bei ihm eingezogen, weil es für mich ein Strohhalm war aus meinem derzeitigen Leben herauszukommen und weil es aufregend war. Eine gewisse Verliebtheit gab es auch, aber das war eher das Aufregende, Neue, denke ich, und das Gefühl, vielleicht doch nicht so dumm zu sein, wie ich mich fühlte. Nun sind wir schon über sechs Jahre zusammen und seit 2017 verheiratet, warum das mit der Heirat, ist jetzt unerheblich, ich könnt einen Roman darüber schreiben.
Seit 2016 jedenfalls treffe ich mich regelmäßig, mit Unterbrechungen, mit einem Mann, den auch mein Mann kennt. Er ist das genaue Gegenteil von meinem Mann, und erst 50. (Ich war immer mit älteren Männern zusammen und fühle mich von Jüngeren nicht angezogen, S. schon gar nicht.) Und mit diesem Mann also begann ich unter großen Skrupeln und Selbstvorwürfen, weil ich ja meinen mich über alles liebenden Ehemann betrog und damit ihn und mich verriet, unsere Beziehung gewissermaßen in den Dreck trat und sie und ihn und mich zu etwas machte, was wir eigentlich nicht waren. Vorher war ich nie fremdgegangen, aber ich hielt es nicht mehr aus. S. fühlte ich mich von ihm sehr schnell nicht (mehr) angezogen, anfangs war das alles in so einem komischen Rauschzustand, nicht wirklich reflektiert, bzw. mir war einfach alles egal, solange ich nicht mehr in diese Einsamkeit und Perspektivlosigkeit zurück musste.
Mit der Affaire war das anders, es funkte sofort und es war wunderschön. Alles einfach. Er hat mich verstanden und ich ihn, wir haben uns in den letzten drei Jahren immer besser kennengelernt und festgestellt, dass wir wirklich gut zueinander passen, das wir viele gleiche Ansichten haben und im Großen und Ganzen die gleiche Lebenseinstellung teilen. Ich muss vielleicht sagen, dass er kein Akademiker ist, von dem lebt, was er selber jeden Tag erarbeitet, er lebt aber sehr gut damit. Und natürlich, dass er liiert ist. Allerdings läuft seine Beziehung - natürlich - nicht gut, er sagt, er kann sie nicht verlassen, weil es ihr dann so schlecht gehen würde, und vielleicht auch, weil manches dann nicht mehr so bequem wäre. Und ich habe ja nicht viel anders gedacht und gesagt; ich könnte meinem Mann das niemals antun, ihm das zu offenbaren und vor allem, ihn alleine zu lassen! Er hat keinen mehr, außer mir. Nur noch seine ältere Schwester, die 500 Km entfernt wohnen und ein, zwei wirkliche Freunde und einen Bekanntenkreis. Und er ist mir Familienersatz geworden, gibt mir Sicherheit und Liebe, aber natürlich für den Preis von S., wirklicher Selbstbestimmung, damit meine ich, endlich erwachsen zu werden und wirklich Verantwortung zu übernehmen. Ich muss hinzufügen, dass ich immer selbst gearbeitet habe in dieser Bezihung und noch tue und wir drei Jahre Fernbeziehung hatten, in denen ich vollkommen für mich selbst gesorgt habe, natürllich immer im Hinterkopf, dass ich aufgefangen werde, wenn etwas ist.
Mit der Affaire als wurde es immer intensiver, wir hatten aber auch lange und längere Trennugsphasen, einfach, weil wir beide dieses factum, zu betrügen, nicht ertragen haben. Seit Anfang dieses Jahres, einer letzten größeren Trennung zwischen uns, ist mir klar geworden, dass ich ohne ihn nicht will und dass ich mich ernsthaft in ihn verliebt hatte. Er hatte mir schon länger Liebesbekenntnisse gemacht, auch erst nach über zwei Jahren, also wirklich nicht so 0-8-15 und nicht blöd oder aufgesetzt. Er hat mehrmals richtig um mich gekämpft und mir gesagt, dass er ohne mich nicht mehr leben kann und dass er mich liebt. Und dass er gerne mit mir zusammenleben will, wenn es bei ihm ruhiger ist (er ist noch auf Bewährung hat gerade Stress mit Behörden und seiner Ex, mit der er zusammen das Haus gebaut hat, das sie ihm jetzt versucht abspenstig zu machen, und so weiter, also wirklicher Stress). Die Bewährung läuft im Oktober 2020 aus. Ich schreibe viel zu viel, es tut mir leid. Wir beide wollten oder wollen das ja und wir beide hatten unsere Umstände. Er sagte mir mehrmals, dass er sich vorstellen kann, mit mir ein Kind zu haben, dass es was anderes sei, ein Kind mit jemandem zu haben, den man wirklich liebt, etc. Ich kürze ab, weil das hier schon viel zu lang geworden ist. Nun bin ich - ungewollt - (insgeheim habe ich es mir aber, wenn ich ehrlich bin, gewpnscht, es aber nicht forciert!) von ihm schwanger. Ich habe es ihm am Mittwoch gesagt und er war vollkommen schockiert, hat zwar gesagt, dass er für mich da ist, aber auch, dass es ihm so schrecklich leid tut, dass ich das jetzt durchstehen muss, dass ich das jetzt sozusagen an der Backe habe, weil ja auch eine Abtreibung psychisch schwer zu verkraften sei usw. Er war vollkommen unter Schock und konnte nicht klar denken, das hat er mir auch gesagt. Ich hatte Angst, es ihm zu sagen, aber mir selber Mut gemacht, weil er ja immer wieder gesagt hatte, dass mit mir das Gefühl so groß sei, dass er sich freuen würde, wenn ich von ihm ein Kind kriegen würde. Wörtlich! Nun ist es passiert und alles ganz anders. Danach per Whatsapp vollkommen anderer Kontakt und er sich nur schlimme Vorwürfe am Machen etc. Nicht ein bisschen Freude, oder mal der Spruch, dass wir das irgendwie zusammen schaffen, dass er in irgendeiner Weise Verantwortung übernimmt. Nein. Nur, dass er sich solche Vorwürfe macht, dass ich jetzt in dieser Situation bin. Ich finde ja, dass wir beide in dieser SItuation sind. Ich habe ihm geschrieben, dass es mir Leid tut und alle Schuld auf mich genommen und ihm gesagt, dass er sich keine Sorgen machen muss und dass ich ihn da raushalte. Der Whatsapp-Kontakt war vollkommen verändert, wie gesagt, er hat am Donnerstag den gesamten Tag über (!) meine Nachricht nicht gelesen, geschweige denn geantwortet. Ich habe ihm dann geschrieben, dass wir uns nicht mehr sehen werden, dass ich ihm jedes seiner schönen Worte geglaubt habe und dass ich mir solche Vorwürfe mache, dass ich ihm vertraut habe und so dumm war, wie diese Blondchen in den Filmen. Seine Antwort war, dass er verstehen kann, dass ich ihn nicht mehr sehen will und dass er das sicherlich verdient hätte, aber dass er mich lieben würde. Das macht mich sprachlos. Also waren all seine Worte nur Luftblasen? Schall und Rauch? Ich kann es gar nicht fassen. Und ich bin so unheimlich traurig, dass ich ihn verloren habe und verzweifelt, wegen dem Kind. Wir haben es doch in Liebe gezeugt und er ist doch eigentlich so wunderbar, ich liebe ihn doch und er mich. Meinem Mann habe ich noch nichts gesagt. Ich schäme mich so. Ich hätte nie gedacht, dass mir mal so etwas passiert. Ich bin wie im Rausch, es ist, als würde das alles jemand anderem passieren. Nun bin ich schwanger, und der Vater will es nicht, hat er so nicht gesagt, aber wie soll ich sein Verhalten verstehen. Und meinem Mann muss ich früher oder später mitteilen, dass ich ihn in entwürdigender Art und Weise betrogen habe und dass ich schwanger bin. Unsere Beziehung wird enden und ich werde eine weitere alleinerziehende Mutter in prekären Verhältnissen sein, denn finanziell wird es sehr sehr schlecht aussehen. So, danke, dass ich das hier aufschreiben konnte. Und Verzeihung für diesen halben Roman. Im Moment pendel ich zwischen rauschartiger Benommenheit und tiefster Verzweiflung. Und mein Mann darf das alles nicht merken. Es ist schrecklich. Und ich selber Schuld, das weiß ich.
22.06.2019 11:34 •
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