Das ist so eine Sache mit den Schuldgefühlen. Sie entstehen entweder dadurch, dass man etwas tut, das einem anderen Schaden zufügt. Oder sie entstehen, weil man seine eigenen Erwartungen nicht erfüllt und anders handelt, als man es von sich selber erwarten würde. Um nur zwei Beispiele zu nennen.
Ein drittes Beispiel lasse ich zunächst einmal außen vor. Das sind die Schuldgefühle, die einem von jemand anderem gemacht werden. Da geht es oft um Bindung durch Schuld. Das ist ein eigenes Kapitel. Ich gehe jetzt auf die ersten beiden Beispiele ein.
Bei beiden Beispielen gilt, dass man damit aufhören kann so zu handeln. Und wenn man damit aufhört, besteht zunächst kein Grund mehr für die Schuldgefühle, die sich auf die Gegenwart beziehen. Parallel dazu bleiben allerdings die Schuldgefühle erhalten, die sich auf die Vergangenheit beziehen.
Während also die durch aktuelles Handeln erzeugten Schuldgefühle dadurch zu bewältigen sind, dass man damit aufhört, fällt es bei den SG, die aus vergangenem Handeln stammen, schwerer. Auch dabei geht es wieder um zwei Ebenen.
Auf der ersten Ebene geht es darum, bei den betroffenen Menschen so etwas wie Vergebung zu erreichen. Und das gelingt keineswegs immer. Selbst wenn man aufrichtig um Entschuldigung bitten kann weil noch Kontakt besteht bedeutet das ja nicht, dass diese Vergebung auch gewährt wird. Wenn kein Kontakt besteht, schmort man sozusagen im eigenen Saft und es kann durchaus sein, dass der Betroffene (der durch dein Handeln benachteiligt oder verletzt wurde) das auch so möchte. Wenn er es also heimzahlen möchte gewährt er die Vergebung nicht. Diese Schuldgefühle sind also am schwierigsten zu bewältigen.
Auf der zweiten Ebene ist es leichter. Hier geht es um die SG, die man sich selber gegenüber hat, weil man anders gehandelt hat, als man es sich vorgenommen hatte. Die werden dadurch unwichtiger, dass man ja ab sofort damit aufhören kann so zu handeln. Dazu braucht es unter Umständen professionelle Helfer, denn viele dieser schädlichen und unlogischen Handlungen liegen ja in der persönlichen Geschichte begründet. Und darum kann man auch nicht so einfach aufhören, wie es bei dir ja bei deinen Verlustängsten der Fall ist. Es muss also den Gründen für die Verlustängste nachgegangen werden, damit sie dir nicht mehr das Leben schwer machen und damit du keinen Grund mehr hast, eine kontrollierte Beziehung zu führen. Denn eine kontrollierte Beziehung ist nie eine Liebesbeziehung. Liebe und Kontrolle schließen sich aus.
Auf dieser Ebene geht es also darum nach der Veränderung im Handeln sich selber zu vergeben. Man kann immer nur dann vergeben, wenn man versteht. Und wenn du verstehst, warum du so gehandelt hast und aufhörst so zu handeln, können die SG aufgelöst werden.
Mach dir also zunächst einmal Gedanken darüber, ob du die beiden Ebenen voneinander trennen kannst und ob du sie dann auch getrennt voneinander verarbeiten und verändern bestenfalls auch auflösen kannst.
02.03.2019 11:32 •
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