Kurze Fahrt in der emotionalen S-Klasse
Weißt du, mein lieber Schatz, ich hatte heute nach dem Aufwachen eine recht lange andauernde Bauch-Vision, keine Kopf-Vision, nein, eine Bauch-Vision. So eine, wo ganz ruhige, unfassbar ruhige, ungetriebene Tränen die Augen verlassen.
Es ging um menschliches Miteinander, Vergebung und Fehlbarkeit. In dem kurzen Film tauchten Szenen einer warmen, zugewandten, friedlichen und hingebungsvollen Beziehung auf. Einer Beziehung zu einem Menschen, der die Geschenke der Zuneigung gerne auspackt und staunt und neugierig ist und Freude empfindet, auch Freude und Zuneigung schenken möchte. Zuneigung ist ja immer ein Geschenk, das man sich eben nicht erarbeiten kann.
Dieser Mensch warst aber nicht du!
Ein weiteres Chiffre dieser Vision ist die Vergebung. Ich wusste von Anfang an, dass ich niemals anders werde handeln können, als zu verzeihen, und zwar gottverdammt alles. Diese Last habe ich wissentlich getragen. Täte ich es nicht, würde ich mich selber und meine Liebe zu dir gänzlich verraten und das wäre der wahre Niedergang, der allerhärteste Verrat.
Das war der immense Schmerz, aus dem ich mich winden wollte, den ich nur zu gerne umwandeln wollte in Hass und Verdammnis. Was ich aber jetzt tun muss, ist weit radikaler und subersiver, als die Haternummer.
Alles, was ich mir aus dieser Phase des Abstiegs in meine eigene Hölle jetzt noch gönne, ist über den Zeitpunkt und die Art und Weise zu befinden, wann und wie ich dir und uns ein allerletztes Mal guttun werde. Das Recht und den Luxus gönne ich mir, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.
Ich spiele jetzt noch ein bisschen mit der Lenkradheizung, damit ich auch an kalten Tagen in der Spur bleibe...
07.01.2022 09:36 •
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