Meine Trennung ist mittlerweile drei Jahre her.
Jahre, in denen ich langsam begonnen habe, zu heilen.
Die negativen Höhepunkte meiner (zum Glück beendeten) Ehe?
Wo fange ich an. Der Respektverlust von ihm muss schleichend gekommen sein.
So, wie er am Schluß zu mir war, hätte ich ihn nie geheiratet.
Wann. Und wie hat es angefangen. Das weiß ich nicht. Und das läßt mir so ganz keine Ruhe.
Der Text wird jetzt etwas länger - Vorsicht
Ich war zermürbt von täglichen Grabenkämpfen.
Die ich irgendwann geführt habe, um mich nicht gänzlich zu verlieren.
Um in einigen Punkten bei mir selbst zu bleiben.
Er gab mir das Gefühl, nicht in Ordnung zu sein, wie ich bin.
Meine Hobbies waren nicht in Ordnung. Das macht doch keiner.
Oder das macht doch keine Frau.
Sein (ziemlich teures) Hobby war natürlich etwas völlig anderes.
Meine Haare sollte ich anders schneiden. Und anders tragen.
Andere Hosen.
Da, Deine Mutter, die hat Geschmack.
Trag doch mal mehr davon.
Guck doch mal anders.
Keine andere Meinung gelten lassen.
Was er blöd findet, IST blöd. Und keine Diskussion.
Sonst wird er wieder laut. Aber er ist nunmal so, er kann sich da ja nicht ändern.
Außerdem war eh ich es, die ihn provoziert hat.
Absichtlich.
Und dafür bekomme ich natürlich die Quittung.
Ich bin bescheuert. Kaltherzig. Herrisch. Hart.
Herzlos. Rücksichtslos. Desinteressiert.
Aufbrausend. Schweigsam. Arrogant. Unberechenbar.
Ungeduldig. Stur. Emotionslos. Autistisch.
Cholerisch. Chaotisch. Verpennt. Unordentlich.
Ein emotionsloses Miststück.
Ein autistischer Techniker.
Mir ist mein beruflicher Aufstieg zu Kopf gestiegen.
Seitdem verhalte ich mich herrisch. Und arrogant.
Besonders perfide war, dass die meisten Eigenschaften, die er mir vorwarf zu haben,
eher auf ihn gepasst hätten.
(außer der autistische Techniker. Mit Technik hat der Kerl nichts am Hut)
Er meint es ja nur gut. Denn so, wie ich bin, das geht gar nicht.
Das sagen auch alle anderen.
Und das würde auch kein anderer Mann aushalten.
Wenn er mich vor anderen zum Weinen gebracht hat, dann sollten sie mich einfach ignorieren.
Weil das ist ja meine Masche, um meinen Willen durchzusetzen.
Als ich ihn kennen gelernt hab, war ich Anfang 20.
Manchmal etwas aufbrausend und vorlaut. Selbstbewusst und grün hinter den Ohren.
Ich bin gereift. Habe Erfahrungen gemacht. Menschen kennen gelernt.
Gelesen. Nachgedacht. Analysiert.
Bin Mutter geworden. Habe da fast alles allein übernommen und organisiert.
Weil erst war ich ja in Elternzeit. Ich musste ja nicht arbeiten, damit ich mich um das Kind kümmern kann.
Er musste sich erholen. Und seinem Hobby nachgehen.
Und dann, als ich wieder arbeiten war, hing das Kind ja nur an mir.
Da kam er ja nicht dazwischen. Aber wenn ich denn unbedingt staubsaugen will,
dann können wir ja seine Mutter bitten, so lange auf das Kind aufzupassen.
Die macht das ja gerne.
Habe beruflich Führungsverantwortung übernommen.
Und das hat mich furchtbar verdorben. Ich bin so stur geworden,
dass ich tatsächlich manches, was ich wollte, zu Hause durchgesetzt habe.
Obwohl er es blöd fand.
(Erinnerung: was er blöd findet, IST auch blöd.)
Dieser Job, diese Firma, und überhaupt meine Chefin, alles ganz furchtbar.
Aber das Geld war natürlich willkommen. Gerade, als er arbeitslos war.
Und seine Eltern ihn ebenfalls finanziell unterstützt haben.
Da war das Geld schon okay. Sein Hobby wollte ja auch bezahlt werden.
Und man muss ja auch in den Urlaub fliegen. Was sollen sonst die Nachbarn denken.
Ich konnte mich lösen. Mein Kind hat so jemanden als Vater.
Das ist für mich die eigentliche Tragik an der Sache.
Ich komm drüber weg. Hab tatsächlich auch einen Mann gefunden, der mit all den furchtbaren Macken leben kann.
Nur was soll das Kind tun. Ihr Selbstbewusstsein entwickelt sich, muss wie ein Obstbaum gewässert werden.
Vielleicht auch mal verschnitten. Aber nicht wilder Kahlschlag, sondern mit Sinn.
Wie behauptet sich ein Kind in so einer Umgebung? Was macht das mit ihr?
Ich kann ihr nur beistehen. Reden. Reden. Reden.
Sie bestärken. Ihr helfen, sich selbst zu finden.
Und ihre eigenen Interessen. Ihren eigenen Stil.
Ihr das Gefühl geben, sie ist in Ordnung, wie sie ist.
Auch wenn sie ihr Spielzeug zum x-ten Mal im Wohnzimmer liegen bleibt.
Und die dreckige Wäsche auf dem Boden.
Das ist okay. Ich liebe Dich, Kind, und ich mecker trotzdem, wenn Deine dreckigen Socken auf dem Badfußboden liegen bleiben.
Wir machen das Beste draus.
Ich gebe das Beste, was ich kann.
30.01.2019 13:03 •
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