Hallo Mick,
vielleicht brauchen manche von uns einfach länger, um die wirklichkeit zu kapieren (ich gehöre sicher dazu), aber ich
kann dir versichern: bei den meisten gibt es kein zurück
mehr, weil die exe einfach nicht selbstkritisch genug sind
und sich immer noch im recht fühlen.
Wie sollte die von dir vermisste Selbstkritik der Exe denn aussehen?
Glaubst du, es würde dir besser gehen, wenn deine Frau in allen Belangen der Trennung absolut kameradschaftlich und fair wäre, dir aber trotzdem sagt, dass sie nicht das geringste Gefühl mehr für dich hat?
Das Wesentlichste an unseren Trennungen ist doch die vertraute und geborgene Welt an Gefühlen, die eingestürzt ist. Selbstverständlich ist die Trennungsschlacht mit der schockierenden Veränderung des Ex-Partners noch eine zusätzliche seelische Folter, aber an der Tatsache, dass wir nicht mehr geliebt sind, ändert das nichts.
So wie du von der vermissten Selbstkritik sprichst, erweckt das bei mir den Eindruck, du würdest darauf hoffen, dass deine Frau eines Tages eine Art Klick im Kopf erhält und sie feststellt, dass sie ungerecht war und danach ist alles wieder wie bei euren glücklichsten Tagen.
Der Fehler in unserem von Gefühlen geprägten Denken ist, dass wir bei einer Trennungen gewissermassen versuchen, uns den Tod vorzustellen - so wie wenn man manchmal vom Tod träumt. Und dann aufwacht, weil man nicht weiss, wie es ist, wenn man tot ist. Weil unser Verstand oder was auch immer nicht aufhören kann, als Paar zu denken und zu fühlen. Und man sehr lange das Gefühl hat, der Partner ist gerade irgendwo im Ausnahmezustand und _muss_ doch früher oder später begreifen, dass er sich auf die falsche Seite seines Lebens gestellt hat.
Aber für den, der geht ist es lediglich eine Anpassung seiner Lebensumstände an seine Gefühle und Wünsche. Hinzu kommt ein Schuldgefühl, dem man sich nur zu gern zu entziehen versucht und in Härte umschlägt.
Aber das entschuldigt das Verhalten der meisten Verlasser keinesfalls. Es zeigt nur, dass sie Schuld empfinden, wenn sie Gefühle anderer verletzen. Aber leider können sie nicht anders. Denn ein Gefühl, das nicht mehr empfunden wird, ist durch _nichts_ zu ersetzen oder wiederherstellbar. Und es ist für den, der nicht mehr liebt, sogar grausam, etwas vorspielen zu müssen, das nicht mehr da ist. Und man kann die Nähe nicht mehr ertragen, weil man nicht mehr die Liebe, sondern nur noch Schuld empfindet, wenn sich der liebende Partner nähern will und man sich davon abgestossen fühlt.
Deshalb sage ich heute: ich nehme meiner Ex nicht übel, dass sie mich verlassen hat, sondern dass sie so lange geblieben ist. Es ist viel grausamer, jemanden in einem falschen Glauben zu lassen, als ihn zu verlassen.
Alles Gute
Hubi
03.06.2002 08:59 •
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