Hallo Ihr Lieben, hier die Betroffene...
Danke für Eure Kommentare. Vieles Mal wieder sehr hilfreich für mich.
Bin ich nun depressiv? Bin ich neurotisch? Bin ich gar neurotisch depressiv? Hmh? Keine Ahnung...Ich denke auch nicht, dass mir eine genaue Definition meines Zustandes gerade weiter helfen könnte....Es sei denn, man müsse diesen meinen Zustand vorerst definieren, bevor man einen Therapieansatz findet...
Dennoch fange ich hier mit vielen Eurer Beiträge etwas an. Zumindest beruhigt es mich, dass es gar nicht so ungewöhnlich ist, diese Auf und Abs immer wieder zu erleben. Das macht meinen Zustand für mich fassbarer als jede Begriffsbestimmung. Wie gesagt, ich erlebe so eine Trennung zum ersten Mal, kann vieles nicht einschätzen, was mir dabei gefühlsmäßig passiert...
Sind wir nicht alle depressiv, wenn eine Beziehung unfreiwillig zu Ende geht? Sind wir nicht alle neurotisch? Macht Erziehung nicht ohnehin neurotisch? Muss sie es nicht machen, damit wir überhaupt alle funktionieren können in dieser Gesellschaft? Ich weiß es nicht...
Habe ich nun eine reaktive oder eine neurotische Depression? Also ich muss nun gestehen, dass alles, was ich hier von mir gebe, lediglich Fragmente meiner Gefühlswelt bzw. meiner Gedanken sind. Depressiv würde ich bei mir beinahe ausschließen insofern, dass diese charakeristische Lähmung und Passivität einer Depression bei mir fehlen. Ich habe einen recht anstrengenden 10 Stunden-Arbeitstag, den ich sehr gut bewältige (auch nach der TRennung), ich habe mir einen kleinen neuen Freundeskreis aufgebaut, ich mache sehr viel Sport etc. Ich krieg meinen Alltag also durchaus gebacken.
Meine Situation ist eine sehr spezielle: Mein Ex und ich arbeiten in einer Firma. 2 Jahre unserer Beziehung arbeiteten wir sogar gemeinsam in einer Filiale. Jeder kennt meinen Ex und es vergeht kein Tag, an dem ich nicht auf ihn angesprochen werde. Es gehe ihm schlecht, er sieht mies aus, er sei gealtert, habe sich vom Wesen her verändert. Ich werde praktisch jeden Tag über das Fortschreiten seines Haarausfalls unterrichtet und zwar haargenau von Kolleginnen und Kollegen. WEnn ich nur einmal doof schaue, fragen mich mindestens gleich 4 Leute, ob ich noch Liebeskummer habe, ob ich Mal wieder etwas von Ex gehört hätte. Auch erfahre ich, wenn er Mal wieder mit seiner Witwe irgendwo gesehen wird. Ich bleibe ruhig, bemühe mich professionell zu sein, lasse nichts raus über Ex und unsere Ex-Beziehung usw. Die Chance, loszulassen ist bei mir ungleich problematischer als bei anderen. Wenn ich auch versuche mich gedanklich von ihm zu lösen, so gibt es täglich News von Ex, die das verhindern. Warum ich das zulasse? Ja, es wird von mir erwartet 100% zu funktionieren. Ich kann meinen Privatmüll nicht täglich in der Firma spazieren tragen. Ferner weiß ich auch, dass die vielen Fragen und Kommentare der lieben Kollegen, nicht allein meinem Wohlergehen dienen. Es geht mehr um Sensationsgeilheit! Immerhin hat Ex ja ein Verhältnis mit der Witwe eines Kollegen, den alle kannten und den wir erst vor einem Jahre beerdigen mussten, weil er jämmerlich an Krebs verstarb. Außerdem benimmt mein Ex sich sehr merkwürdig, wenn er auf meine (und seine ehemaligen) Mitarbeiter trifft. Er grüßt sie nicht! Das hierbei jeder genau erfahren will, was da lief, was jetzt läuft und was überhaupt vorgefallen ist, kann ich den Leuten nicht verübeln. Ich bleibe also seit 8 Monaten ruhig, lasse keine Bemerkungen fallen, nichts. Bewahre Haltung, weil es sich in meiner Position nicht anders schickt, obwohl ich am liebsten manchmal laut losbrüllen würde, damit man mich endlich mit diesem ganzen Thema nicht mehr konfrontiert. Loslassen ist unter diesen Umständen sehr, sehr schwierig!
Wie gesagt, ich bemühe mich wie ein Profi zu agieren, unterdrücke meine Trauer, meine Wut, meine Verzweiflung etc. seit 8 Monaten im Geschäft. Wenn ich dann nach Hause komme: Einsamkeit, Gedanken, Leere. Das mag neurotisch sein. Sagen wir es handelt sich um eine partielle neurotisch-reaktive DEpression? ;)
Dennoch denke ich, es ist normal, diese Leere zu empfinden, dieses Vakuum, diesen tiefen Schmerz, wenn man nach 6 Jahren so plötzlich und so brutal verlassen wird. Ich habe das zu lange verdrängt, wollte die Starke sein, auch vor mir selbst. Jetzt überrollen mich die Emotionen eben. Ja, sie hindern mich noch daran weiter zu machen mit mir selbst.
Aber gibt es in der Liebe und dementsprechend in der Bewältigung einer verlorenen Liebe wirklich feste Spielregeln?Gibt es hier Normen? Jeder braucht wohl eine gewisse ZEit, um mit so einer Trennung fertig zu werden, der eine mehr, der andere weniger.
Ich stand verhältnismässig lange unter Schock, erfuhr die DEtails, die zu meiner Trennung führten von anderen Personen nach 4 Monaten erst, werde täglich an all das erinnert....Ja, und ich war wohl abhängig irgendwie von diesem Mann, emotional. Über ihn konnte ich mich wohl spüren, was ich sonst schlecht kann. Ich lebe da eine andere Rolle, als sie meiner inneren Wahrheit wohl entspricht. Das ist Neurose par excellence!
Meine Frage wäre, wie komme ich da nur raus Rumpelstielzen? Welche Ansätze gibt es für mich? Du scheinst Dich gut auszukennen, bin Dir für jeden Tipp dankbar!
Eines möchte ich noch hinzufügen. Gerade Leute wie Bon VOx. Lola :-*, Lilac. Bilal, Mary24, manta und viele, viele anderen haben mir hier so oft Mut gemacht und mir oft geholfen - auch wenn ich das für mich nicht immer umsetzen kann! Aber ich habe dann stets das Gefühl, es ist alles doch so normal was Du hier gerade durchmachst, bist kein Einzelfall!
Ja, ich warte nicht, dass Ex wieder kommt. Nee! So schmerzhaft das alles auch sein mag für mich, aber es passte nicht zwischen uns. Noch nie! Ich muss nur einen Weg für mich finden. Ansatzpunkte, wie es mit mir OHNE IHN weiter gehen könnte, denn noch kann ich meine Gedanken nicht von ihm, von unserer Geschichte und von unserer Trennung abwenden. Das holt mich alles täglich ein!
Danke für Eure Mühe und Eure Zeit!
Eure Ariane
10.01.2006 15:28 •
#35