Hallo zusammen,
danke vorab an alle, die den langen Atem mit mir haben, die folgende Geschichte zu lesen. Sie ist etwas kompliziert (wie wahrscheinlich immer), aber ich versuche, mich kurz zu fassen. Interessieren würden mich eure Meinungen zu seinem Verhalten und Tipps für mich, wie ich jetzt gut damit umgehen kann/sollte.
Ich (33) bin mit ihm (37) seit ca. 5 Monaten zusammen. Der Anfang war hierbei ziemlich rasant - er wollte mich erobern, hat mir gefühlte 24/7 geschrieben, obwohl er Schichtdienst hatte, und früh mit Liebesschwüren, gemeinsamen Zukunftsaussichten und Hochzeits-/Kinderplänen begonnen. Ich war am Anfang eher zurückhaltend, auch, wenn das teils daran lag, dass ich noch eine ungeklärte Wohnsituation mit meinem Ex hatte (wir wohnten weiter zusammen und es gab hier immer wieder Streitigkeiten, weil er sich keine eigene Wohnung suchte). Aus diesen Schwierigkeiten wollte ich den Neuen heraushalten und habe daher am Anfang Ruhe walten lassen, nur seltene Treffen - daran hatte er verständlicherweise zu knabbern und hat mich dies auch durch einen 2-wöchigen, jedoch angekündigten Kontaktabbruch spüren lassen (ich solle spüren, was mein Herz will, und mich dann bei ihm melden). Letztlich hat er sich jedoch bei mir gemeldet nach 14 Tagen mit den Worten, dass er nur mich wolle und tiefe Liebe empfinde. Zwischendrin hat er sich immer wieder erkundigt, ob ich ihn vermisse.
Nach dieser Kontaktaufnahme haben wir uns langsam wieder angenähert. Die Beziehung wurde daraufhin aber immer tiefer. Es gab offene Suchen nach gemeinsamen Wohnungen und sogar die Ankündigung, dass der Ring schon gekauft sei. Ich fühlte mich sehr sicher mit ihm und schwebte auf Wolke 7.
Dann ist das Unfassbare passiert: leider hat sich mein Ex in unserer noch gemeinsamen Wohnung kurz vor seinem Auszug suizidiert. Ich habe ihn finden müssen. Der Schock saß tief, zum Glück hat mich eine Freundin direkt abgeholt, nachdem ich alles mit Polizei etc. klären konnte. Ich blieb dann eine Woche bei ihr. Von meinem Neuen kam in dieser Zeit wenig, wir haben jedoch einmal telefoniert und er versicherte mir, ich solle mir keine Sorgen machen, dass sich nun an unserem Status irgendetwas ändere.
Von jetzt auf gleich war also alles anders: da ich in der Wohnung nicht bleiben konnte, zog ich übergangsweise zum Neuen, und wir waren 24/7 aufeinander. Ich war zudem mit den Formalia der Beerdigung etc. beschäftigt und damit, die Familie mitzutrösten. Das alles kostete mich ziemlich viel Kraft. Mein Neuer hielt sich hier weiter im Hintergrund, fragte eigentlich nicht nach, wie es mir ging, sondern ich erzählte eher immer selber. Er gab an, dass ihm Freiheit und Nichteindringen bzgl. solcher Themen sehr wichtig seien. Ich hatte mehr und mehr das Gefühl, dass ich nicht so richtig trauern durfte, sondern er nach der Arbeit/dem Tag von mir eher nochmal fun erwartete. Es konnte aber auch sein, dass das eher meine eigene Anforderung war.
Während dieser Zeit kam mich meine Mutter einmal bei ihm zu Hause abholen, und die beiden trafen sich, das Gespräch lief sehr gut und freundlich ab. Später wollte der Neue unbedingt noch meine Eltern kennen lernen. Da waren wir dann kurz vor Weihnachten. Kurz vorher häuften sich jedoch zunehmend Irritationen zwischen uns: es gab z.B. den Fall, dass ich nach einem Mädel fragte, dass ihm Nachrichten schickte, und er mir flachsig antwortete, dass da nix sei und man telepathisch sicher ja nicht *beep* könne. Das war ein erster Schlag in die Magengegend. Bei meinen Eltern zu Hause war der Neue dann so angespannt, dass er mir urplötzlich am 1. Tag dort, nachdem wir 6 Stunden auf seinen Wunsch hin dorthingefahren waren, eröffnete, er wolle doch vielleicht dann heute mit dem Zug zurückfahren. Ich war außer mir. Als Grund für seine Wut benannte er, dass ich ihn während der Nacht zweimal gestört habe durch Ansprache. Da habe er sich disrespektiert gefühlt. Ich konnte das nicht nachvollziehen und fand es eher brüskierend, dass er nur andachte, am ersten Tag bei meinen Eltern schon zu fahren. Ich war verletzt und als ich es besprechen wollte, reagierte er kalt und meinte, ich solle ihn jetzt bitte erst schlafen lassen und nicht so ein Theater machen. Er blieb dann, das weitere Wochenende verlief ziemlich unsicher, aber auf der Fahrt zurück zum Bahnhof gab sich der Neue wieder völlig normal und sagte mir, wenn ich traurig sei, könne ich doch über alles mit ihm reden.
Über Weihnachten hatte er dann Dienst und in der weiteren Woche hatte ich das Gefühl, ihn nur noch zu nerven mit Nachrichten. Er meldete sich viel weniger, wodurch ich mich unsicherer fühlte. Ich schlug dann vor, dass wir eine kurze Auszeit nehmen, um beide zur Ruhe zu kommen, da das Hin und Her (Hochzeit vs. früher von meinen Eltern heimfahren) mir aktuell nicht gut täte. Daraufhin schrieb er nur, dass ich happy sein soll und er mir frohe Weihnachten wünsche. Er ging auch hier nicht auf mein Bedürfnis ein.
In der weiteren Woche schrieben wir dann doch noch mehr hin und her, allerdings kam von ihm immer weniger, obwohl er die ganze Zeit online war. Wenn ich ihm sagte, dass ich traurig bin und er Geduld mit mir haben soll, wenn ich derzeit ein bisschen komisch agiere - und dass ich mir Hilfe dafür suchen wolle, dann kam nur: schön, dass du dir Hilfe suchst. Ich kann dir Ruhe anbieten - komm her, wenn du willst. Ich habe immer mehr Angst bekommen, dass wir uns bald trennen, sicher auch vor dem Hintergrund des Suizids, den ich noch nicht ganz verarbeitet hatte.
Meine Ängste wurden so stark, dass ich quasi pausenlos drüber nachgedacht habe, ob er mich überhaupt noch mag, was als Nächstes passiert, etc. Wir hatten dann ein klärendes Gespräch auf mein Verlangen hin, bei dem er sich freundlich-distanziert zeigte - hier konnte ich ihm nochmal sagen, wie sehr mich seine Umgangsform am Wochenende bei meinen Eltern verletzt hatte. Er wiederum sagte mir, dass er so normalerweise nicht ist, sondern, dass ich eben so besonders anders sei und das bei ihm verursache. Das machte mich weiter unsicher. Er sagte aber, er wolle an der Beziehung arbeiten und wir könnten aufeinander zugehen, indem wir einmal wöchentlich ein Gespräch über uns haben und dort Themen klären, nicht so, wie in der Woche nach Weihnachten, immer so zerstückelt. Das sah ich ein. Ich blieb dann abends bei ihm und er kam zum Kuscheln ins Bett, alles war weitestgehend wie immer, aber mein Bauchgefühl war mehr als angespannt.
Am nächsten Tag habe ich ihm erzählt, dass ich mir eine Zwischenmiete gesucht habe, damit wir nicht mehr gezwungenermaßen aufeinander hocken müssen. Da sagte er, das fände er gut, weil ICH muss ja jetzt auch schauen, wie es für MICH im nächsten Jahr weitergeht. Da sprach ich unsere gemeinsame Wohnungssuche an, da meinte er, darüber wolle er aktuell nicht reden, das besprächen wir dann abends nach der Arbeit - ließ mich stehen. Ich habe mir den Tag über dann das Hirn darüber zermartert. Zu guter Letzt kam noch die Nachricht, dass er wolle, dass es mir gut geht - und dass es mir ja immer so gut geht, wenn ich mit meinen Freundinnen feiere, deswegen solle ich Silvester mit denen feiern (und nicht mit ihm). Das habe ich total in den falschen Hals bekommen. Ich bin dann abends zu ihm gefahren und war wütend, habe ihm gesagt, ich hole hier jetzt meine Sachen, da er mich emotional nicht auffängt und mir alle die Sicherheiten nimmt, die ich gerade dringend bräuchte. Er lächelte nur müde und sagte, dann halte er mich nicht auf. Er habe mich schon mal aufgehalten (tatsächlich hatte ich so etwas nach einem Streit schon mal angedroht) und das mache er jetzt nicht mehr. In dem weiteren Streitgespräch konnten wir noch einige Dinge klären, z.B. bzgl. der Bekanntschaft (oben erwähnt). Er hat auch gemeint, die Dinge, die er zu mir gesagt hat (Hochzeit, etc.) seien weiterhin gültig und dass ich ihm noch lieb sei. Er glaube auch weiterhin an uns. Allerdings sei die Stimmung zwischen uns gerade so angespannt, dass er sich nicht vorstellen könne, dass wir so gut unter einem Dach leben können, deswegen vermeide er das Thema gemeinsame Wohnung. Er halte es für das Beste, wenn wir uns nun erstmal beide beruhigen und uns eine Auszeit geben, und dann in 2-3 Wochen treffen wir uns und fahren einfach unsere Beziehungsroutine weiter, ohne Drama. Im Lauf des Gesprächs habe ich dem erstmal zugestimmt, und er meinte noch, ich solle ohne schlechte Gedanken fahren und küsste mich.
Seitdem ist Funkstille. Ich (blöd, wie ich bin) habe mich nach 2 Tagen nochmal bei ihm gemeldet und mich entschuldigt für mein Drama, dass ich dadurch unsere Beziehung nicht zerstören möchte. Er meinte dann, dass wir keine Konstanz in der Beziehung hätten und ihn das störe, er wolle nun erstmal zu sich selbst finden, er sei gerade nur er selbst und fühle sich sehr gut damit. Ich solle seinen Wunsch nach Ruhe respektieren. Weiterhin wünschte er mir einen guten Rutsch!
Mir geht es seit dieser Zeit wirklich sehr schlecht, ich zweifle stark an mir, durch meine Ängste nun alles durchtrieben zu haben, und fühle mich mit der Gesamtsituation überfordert, inkl. den Trauergefühlen. Ich habe den Eindruck, nun alles verloren zu haben.
Welche Meinungen habt ihr zu dieser Geschichte? Wie soll ich mich jetzt am besten verhalten? Ich bin um Tipps/Ratschläge dankbar!
03.01.2021 14:02 •
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