Zitat von GoldMarie30: eit Dezember mache ich mir schon Gedanken darum. Ich bin schon am Überlegen, ob ich mir Beruhigungspillen oder ähnliches besorge. Das Thema, um dass es geht, ist mir absolut vertraut und vor Freunden könnte ich zb stundenlang drüber reden. Aber vor mir Unbekannten. Ich habe einfach Angst, kein einziges Wort rauszubekommen.
Wer kennt es noch? Wer hat Tipps für mich?
Wie Du siehst, gibt es gar nicht so wenige, die auch in der Situation sind. Es ist natürlich auch Übungssache. 2006 musste ich vor ca. 200 BerufskollegInnen einen Vortrag halten. Monate vorher überlegte ich mir den Inhalt, machte eine Präsetation, trug der Vortrag einer Kollegin vor und mir selbst mehrmals. Das Thema war kein Unbekanntes und ich wusste auch was ich sagen wollte.
Dennoch, als ich angekündigt wurde und auf die Bühne ging, war es wie der Gang zum Schaffot und einmal verlor ich den Faden .... Oh Gott, am liebsten wäre ich weggelaufen. Heute, fast 20 Jahre später bin ich wesentlich routinierter und sicherer und vor allem selbstbewusster.
Aber damals. Nach dem Ende wollte ich fluchtartig die Bühne verlassen, aber oh Gott, es kamen noch Fragen.
Ich stand mir damals selbst im Weg, weil ich nicht an mich glaubte.
Erst war mein Punkt am Vormittag anberaumt und darüber freute ich mich weil die Zuhöer noch aufmerksamer sind. In Version 2 war ich die letzte und dachte mir, super, die Hälfte wird schon gegangen sein und ich darf für die Übrig gebliebenen einen Vortrag halten. Meine Denkweise war schlichtweg falsch, denn ich hatte über ein hochinteressantes Thema aus der Praxis zu berichten und auch als Letzte hatte ich viele Zuhörer und einer sagte mir, er sei nur wegen meines Vortrages überhaupt zu der Veranstaltung gegangen. Den Stopper als ich den Faden verlor, bewertete nur ich als schlimm. Die Zuhörer bermerken so was nicht so wie Du es in Deiner Panik fühlst, außerdem sind wir nun mal live und das kann passieren. Also überspielen oder einfach sagen, dass Du kurz den Faden verloren hast. Und hinterher merkte ich, dass der Vortrag gut angekommen war.
Du hast viele Pluspunkte:
1. Du kennst das Thema und findest es interessant. Dann kannst du gut darüber reden und ob da unten jetzt Freunde von Dir sitzen oder Fremde, ist ziemlich egal. Wichtig ist, dass Du Dich mit dem Thema auskennst und davon überzeugt bist, denn das teilt sich dem Publikum mit.
2. Von einem Vortrag bleiben laut Untersuchungen allenfalls 20 % in Erinnerung der Zuhörer. Das wiederujm zeigt Dir, dass es nicht so wichtig ist, sich in vielen Einzelheiten zu verlieren.
3. Sprich frei, niemals ablesen. Vermutlich hast Du Folien. Gestalte sie klar ohne Schnickschnack und vermeide es, die Inhalte der Folien zu besprechen. Folien verleiten viele zum Schlafen, Träumen, an was anderes denken ....
Also nur wesentliche Dinge drauf oder vielleicht sogar eine Frage ans Publikum? Und wenn es Dir gelingt, ruhig auch mal was Humorvolles einfließen lassen. Das wird nicht als mangelnde Seriosität gewertet sondern als eine Bereicherung, weil man mal lachen kann. Und auch damit gewinnst Du die Aufmerksamkeit der Zuhörer wieder.
4. Merke: Du kennst Dich in dem Thema aus, die Zuhörer nicht oder nur wenig. Sieh es als Deine Mission ihnen das Thema näher zu bringen. Damit zeigst Du eine gewisse Leidenschaft und das kommt gut an, wenn sich das mitteilt.
5. Sei ehrlich und authentisch. So wie Du bist, wie Dein Wesen ist. Spiele keine Rolle, denn Aufgesetztes und Gestelztes werden immer bemerkt und negativ bewertet.
6. Du bist gut vorbereitet, hast Detailwissen, kannst also auch Fragen beantworten. Und wenn nicht, dann einfach ehrlich sein. Ihre Frage zeigt mir, dass ich mich zwar gut mit dem Thema auskenne, aber diesen Aspekt noch gar nicht bedacht habe. Vielen Dank, dafür, darüber mache ich mir gerne noch Gedanken oder hole Informationen ein, aber zum derzeitigen Zeitpunkt kann ich Ihre Frage leider nicht vollumfänglich beantworten.
7. Die Zuhörer sind nicht Deine Feinde und Deine Richter. Sie sind Deine Freunde, denen Du was näher bringen darfst, weil Du es kannst. Kollegin X könnte es vielleicht auch, aber Du sollst es machen. Also ist es eine Auszeichnung.
8. Überlege Dir den Beginn gut. Eine Frage ans Publikum die nicht beantwortet werden muss oder etwas Überraschendes womit kein Zuhörer rechnet, was aber zum Thema hinleitet. Das weckt sofort Aufmerksamkeit, schon weil die Ankündigung des Moderators oft so langweilig ist. Und nun hören Sie Herrn/Frau X aus Y blablabla. Wie gut, wenn Du dann nicht so langweilig weiter machst.
Die meisten Ängste hat man vor mangelndem Zuhören und Unaufmerksamkeit des Publikums und vor allem weil man denkt, oh Gott, was denken die über mich? Sie denken nicht viel, aber sie merken ob Du Dich mit dem Thema auskennst oder nicht und ob Du gerne einen Vortrag hältst. Also verstehe es als Auszeichnung und freue Dich darauf, denn dann tust Du es gerne und auch das merkt das Publikum. Und ob es jetzt Politiker sind oder was anderes, ist egal. Auch Politiker sind nur Menschen und oft auch nicht so blitzgescheit wie man sich einbildet.
Früher hatten wir für unsere Sparte eine Sprecherin oder einen Sprecher, der sogar mal ins Ministerium geladen wurde. Ich dachte mir, nie im Leben könnte ich das und wenn dann nur mit einer Portion Tranquilizer. Jahre später war ich in der Situation und ich ging völlig angstfrei ins Ministerium, vor allem weil ich bald merkte, die kochen auch nur mit Wasser.
Von der chemischen Keule würde ich Abstand nehmen.. Die kann Dich zu ruhig stellen sodass Du Deinen Vortrag etwas ermüdet runterleierst und das wird garantiert nciht gut ankommen. Du willlst klar bei Verstand sein und Dir hinterher auf die Schulter klopfen und das geht besser ohne Beruhigungsmittel, denn das dämpft auich die Freude hinterher und das wäre doch nur schade. Ja, es dämpft auch das Lampenfieber, aber das gehört dazu und ist dann verflogen, wenn Du angefangen hast.
Ach, den Vortrag 2006 hätte ich mit einer Kollegin zusammen halten wollen, die auch in dem Thema drin ist. Natürlich aus Feigheit und weil dann nicht alles auf mir lastet und ich dann nicht allein auf der Bühne stehe.
Die musste aber absagen und ich dachte mir: Oh nein, jetzt ist meine Krücke auch weg.
Mein Partner sagte damals: Ist doch gut, dann erntest Du den Ruhm allein!
Stimmt, das Thema wurde in den Jahren danach mehrfach angesprochen. Sie waren das doch damals mit dem Thema. Eigentlich wollte ich einen früheren Zug nehmen, aber das Thema war so hochinteressant dass ich blieb.
Die ganzen Sorgen und Ängste die Du jetzt empfindest sind nicht notwendig und überzeichnet. Die Zuhörer wollen Dir nicht schaden, sondern von Deinen Kenntnissen und Erfahrungen proitieren. Ändere Deine Einstellung und das Publikum verliert seinen Schrecken.