Hallo deserted wife,
ich kann gut verstehen, wie schwer die Situation ist. Wie weh es tut. Gerade der sanfte Abschied und die sanfte Trennung sind schwer, weil sie gleichzeitig mit vielen Hoffnungen einhergehen, die aber mit jedem Tag immer mehr in Zweifel gezogen werden. Vielleicht wünscht Du Dir, dass Dir hier andere Menschen Mut machen, die Krise nur als Phase zu sehen. Aber der Auszug Deines Mannes ist ein konkreter Schritt, der sicherlich lange von ihm erwogen worden ist. Er hat lange gehadert, nun aber Nägel mit Köpfen gemacht.
Der Wunsch, dass er wieder zurückkehrt gerade durch sein einfühlsames Verhalten, eher genährt wird. Leider ist gerade die sanfte Trennung extrem schwer, weil es Dir nicht erlaubt auch Wut und Ärger darüber zu empfinden, dass er Dich trotz allem alleine lässt.
Du hast eine Stufe im Leben erreicht, wo Du alles um DIch geniessen und Dich freuen konntest. Du warst einfach nur glücklich, dass Du angekommen bist. Angekommen in der Harmonie, den Alltag die Gemeinsamkeit geniessend.
Aber für Deinen Mann ist es anders. Die Ankunft und das Erreichen der Lebensziele führt ihn an die Klippe, er ist gekraxelt und gekraxelt, nun steht er vor dem Abgrund (Du bist vielleicht emotional auf der Blumenwiese mit Berg und Meerpanorama gelandet, er emotional aber woanders). Es gibt kein Hinauf für ihn, wohin soll er springen, ist das schon das Ende? 'War das alles? Hart gearbeitet, um am (emotionalen) Abgrund zu stehen? Er weiss nicht wohin, will aber weiter. Das Alter, der Alltag, der Zenit ist erreicht, nun geht es für ihn nicht mehr bergauf...er sieht keine Perspektive.
Viele Männer aus meinem Bekanntenkreis kaufen sich dann halt ein Motorrad, ziehen wieder mit den Jungs los, fangen wieder mit dem Rauchen an....wollen wieder Freiheit, weil es für sie ein Hauch von Jugend symbolisiert. Keiner stellt Erwartungen, sie trauen sich, wieder über Konventionen hinwegzusetzen. Der Mann in der rauhen Wildnis...im wirklichen Leben. Grenzsituationen herbeirufend, um emotional nicht leer, sondern das Leben in all seiner Intensivität wieder zu erleben. Sich wieder lebendiger zu fühlen.
Ich glaube, Du kannst nur eines tun. Ihm aus Liebe seine Freiheit geben, ihn nicht festhalten, sondern der Situation - auch wenn es jetzt zu weh tut - lernen wieder positiv zu begegnen. Du bist jetzt in der Trauerphase über die verlorene Gemeinsamkeit, das gehört dazu, das tut Dir einfach weh, dass seine Realität mit Deinen Gefühlen und Vorstellungen nicht übereinstimmt.
Der Schmerz gehört dazu, das haben viele hier schon durchgemacht. Mittel- und langfristig bleibt Dir nur eins, Dich den neuen Herausforderungen zu stellen. Dich nur auf Dein eigenes Leben, auf Deine eigenen Beine zu stellen und - ohne ihn - zu konzentrieren.
Du hast das Glück sehr priviligiert zu leben, dass es Dir -trotz der Trennung - finanziell gut geht, Du viele Freiheiten (und Zeit) hast. Auch wenn das kein Trost für Dich ist, sondern u. U. sondern wie ein Fluch erscheint. Es kann vieles leichter machen. Verschliesse Deine Augen nicht vor den Chancen, die diese Privilegien Dir ermöglichen.
Mach' was draus, gestalte Dein Leben und Deinen Alltag neu, Mach Dich unabhängig von ihm - auch wenn es nach so vielen gemeinsamen Jahren eine schwere Aufgabe ist und momentan einfach nur der Schmerz überwiegt. Deine Liebe wieder nach der Gemeinsamkeit, dem Alltag, der Verbundenheit und Sicherheit schreit.
Es liegt in Deiner Hand, Deinen Tagen neuen Sinn zu verleihen, neue Aufgaben anzunehmen, neue Gemeinschaft(en) aufzubauen. Auch wenn es nicht das ist, wonach Dein Herz sich sehnt.
Je mehr Du in der Hoffnung an eine Fortsetzung der vergangenen Jahre klammerst oder an eine Rückkehr Deines Mannes, desto länger wirst Du die Gestaltung und die Chancen der neuen Realität brach liegen lassen.
Welchen Preis Du bezahlst? - u. U. Hoffnungen hinterherzulaufen, deren Chancen momentan fragwürdig sind. Je mehr Du in eine wartende, passive Rolle verfällst und Dein eigenes Leben nicht in die Hände nimmst, desto höher wird der Preis, den Du bezahlst.
Ich wünsche Dir viel Kraft und Unterstützung in dieser Zeit.
Ich wünsche Dir, dass Du lernst, die Traurigkeit und den Schmerz durchzustehen. Ihn auch ersteinmal auszuhalten. Die Chancen, die Dir Dein Leben bietet - nun auf neue Art Weise begegnest.
Ich wünsche Dir die Offenheit und Zuversicht, auch diese Lebensphase alleine meistern zu können, wie schon andere schwere Situationen im Leben. Ich wünsche Dir das Vertrauen in DIch selbst und Deine eigene Stärke´, auch wenn Du nicht weisst, wie die Zukunft - ohne Deinen Mann - aussieht.
Alles Gute!
Ana
31.08.2004 10:26 •
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