Die Wurst. Ohja.
Ich weiß, was gemeint ist und verstehe sogar beide Seiten.
Die Frau erfährt, ihr Bruder ist gestorben. Sie ist traurig. Sie möchte Trost. Sie braucht gerade jetzt jemanden. Sie ist in einer Ausnahmesituation....Der vertrauteste Mensch ist der eigene Partner. Dieser scheint kein Gefühl für andere Menschen zu haben. Aber wenn der eigene Bruder stirbt, das wird sicher auch er verstehen, der eigene Partner...Er ist gerade unterwegs, hat vielleicht was wichtiges im Kopf. Möchte am Abend nach einem stressigen Tag seine Lieblingswurst haben. Bekommt den Anruf und hat jetzt gerade die wurst im Kopf. Information des Anrufers, also seiner Frau: der Schwager ist gestorben. Er sagt, was erwartet wird, sein Beileid und ist gerade froh, dass er nun loswerden kann, dass seine Frau bitte an seine Wurst denkt. Der Ehemann ist sich gar keiner Schuld bewusst. Er trennt das ja, Tod des Schwagers und seine Bedürfnisse. Aber er sagt in einem Satz beides. Sorry wegen deinem Bruder, denke bitte an die Wurst.
Er sagt nicht, lass uns da heute Abend drüber reden, das ist für dich jetzt gerade ganz schlimm. Ich weiß. Ich bin gerade unterwegs aber ich verstehe deine Trauer. Beim Abendbrot kann ich Dir zuhören..... Ich würde mich freuen, wenn Du trotz deiner Trauer auch an meine Lieblingswurst denken kannst? Ich bin dann heute Abend für Dich da.
Sogar, wenn er später noch gesagt hätte, oh man, war nicht gerade einfühlsam, was ich da gesagt hab. Ich bin aber jetzt für dich da.
Ein Beispiel von vor 3 Jahren, meines Mannes: Ich hatte akut Schmerzen im Halswirbelbereich. Drei Bandscheibenvorfälle, die den Nerv bedrängten. Nicht nur Schmerzen in HWS, Schulter und Kopf, zusätzlich taten beide Arme weh, ähnlich wie Stromschläge, Feuer oder Ameisen. Schwindel, Übelkeit und Erbrechen. Ich habe trotzdem für meinen Mann gekocht, habe aber das Halten von Messer und Gabel beim Essen als Schmerzhaft empfunden. Ich habe dann langsam die Luft rausgelassen und mit der Atmung versucht, die Schmerzen zu kontrollieren. Damals hatte ich noch keinen Schmerztherapeuten. Mein Mann sass mir gegenüber und sagte: Ich möchte Dir sagen dürfen, dass mich Dein Gestöhne nervt. Ich sah verblüfft hoch und fragte : und was erwartest du nun von mir? Da sagte er: ich möchte nur, dass du verstehst, dass mich deine Schmerzen nerven.
Ja, er hat kein Mitgefühl für mich gehabt. Er hat in Ruhe essen wollen. Und dann gemerkt, dass er nur seine Bedürfnisse sah. Aber anstatt zumindest mal zu sagen, hey, es tut mir leid, dass Du so Schmerzen hast. Sagte er: Ich möchte doch nur, dass Du verstehst, dass mir Dein Gestöhne auf den Geist geht, immer mach ich alles falsch, dabei möchte ich doch nur, dass Du mich verstehst.
Er wusste zwar, dass ich mich so verhielt, weil ich Schmerzen hatte. Er hat mich aber nicht emotional wahr genommen. Er ist dann zu seinem Hobby. Er hat niemals gesagt, dass er meine Schmerzen sieht. Es kam kein Mitgefühl. In erster Linie hat er nur sich selbst gesehen. Es hat alles Reden über Empathielosigkeit nichts genutzt. Er kann nun mal nicht anders.
Er kann da nichts für. Aber ich konnte mit dem Verhalten nicht mehr leben. Nach mehreren solchen Vorfällen und weil er nicht an seinem Verhalten arbeiten wollte (wir waren beim Paartherapeuten) habe ich mich getrennt.
Er tut mir irgendwie sehr leid. Denn mir geht es immer besser . Ihm nicht. Aber ich bin nicht mehr für ihn da, wie ich es vorher war. Er hat sehr viele Baustellen.
29.01.2023 11:50 •
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