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Psychische Gewalt und Narzissmus

C
Hallo liebes Forum,

ich möchte hier meine Geschichte aufschreiben, um das Erlebte zu verarbeiten. Und vielleicht auch für andere, die in einer ähnlichen Situation sind.

Ich habe vor drei Wochen jemanden kennengelernt. Ich wusste von Anfang an, dass bei ihm eine narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde. Habe mir zunächst nicht so viel dabei gedacht, auch wenn ich wusste, dass solche Leute sehr unangenehme Zeitgenossen sein können. Auch weil er mal eine Therapie gemacht hat, nachdem er Depressionen entwickelt hatte und meinte, dass es ihm seitdem gut gehe und er seine Macke im Griff habe. Mittlerweile glaube ich aber, dass er die Therapie nur dazu genutzt hat, seinen Narzissmus zu verfeinern, so dass es ihm damit nicht schlecht geht...

Wir haben uns anfangs gut verstanden, haben uns getroffen und uns Nachrichten geschickt, es war eigentlich alles gut so weit. Mir fiel natürlich auf, dass er mehr über andere meckerte und auch öfter mal in meine Richtung frotzelte, aber es störte mich nicht. Ich finde sich gegenseitiges Aufziehen eigentlich ganz witzig und kann damit ganz gut umgehen. Ich hab gern mit ihm Zeit verbracht.

Letztes Wochenende habe ich bei ihm zuhause verbracht (er kommt eigentlich aus einer anderen Stadt, verbringt die Arbeitswoche aber in meiner Stadt) und ich bin immer noch ganz schön fassungslos. Als ich ankam, war erstmal alles gut. Er hatte gekocht und auch sonst für alles gesorgt. Ich kann mich, was das Praktische betrifft, überhaupt nicht beschweren. Wenn mir kalt war, hat er mir eine Decke geholt, usw. Aber dieses permanente Gestichele und Gefrotzele... das ging mir bald auf die Nerven. Ich war die ganze Zeit Mode, von meiner körperlichen Konstitution über meine Ernährung, meine psychische Verfassung, meine vermeintlichen Unzulänglichkeiten und Schwächen, was ich tue und sage, was ich tun und nicht tun soll und so weiter und so fort. Es war nur ein Wochenende, aber ich könnte ein ganzes Buch damit füllen. Als ob das alles so wichtig wäre... Wie so ein mieser kleiner Zwerg, der dir unentwegt unter die Nase reibt, wie unvollkommen du doch bist. Stimmt, ich bin nicht vollkommen... na und? Wo genau ist das Problem? Ich find mich so ganz gut, wie ich bin Am zweiten Abend war ich müde und habe das gesagt und er sagte zu mir barsch, dass ich dann doch ins Bett gehen soll. Das hat mich in dem Moment verletzt und ich habe ihn gebeten, sein Getoffel mal ein bisschen runterzufahren. Er sagte dann, dass er das nicht machen würde, weil er sich dann verbiegen müsse. Und hielt mir anschließend einen Vortrag, dass ich nicht einfach nur Ich bin müde, sondern Ich bin müde, ich gehe jetzt ins Bett oder Ähnliches sagen solle, er ertrage solches Drumherumgequatsche nicht Ich bin ja nun auch ein Freund klarer Ansagen, aber das fand ich dann doch etwas schräg, zumal ich ja gar nicht dazu kam, noch etwas nach Ich bin müde zu sagen, weil er mich ja gleich anfuhr.

Naja, das ging dann fröhlich so weiter. Anfangs hatte ich ihm noch spaßig kontra gegeben, aber irgendwann wird es einem echt zu viel. Ich bin dann dazu übergegangen, entweder nicht mehr zu reagieren, ihn ins Leere laufen zu lassen oder ihn ganz klar in die Schranken zu weisen, indem ich ihm gesagt habe, dass er aufhören soll und es mir reicht. Dann hatte ich direkt für eine Weile Ruhe, konnte mir aber sicher sein, dass er mir diese (aus seiner Sicht) Schwäche dann später fingerdick aufs Brot schmierte. Er könne gar nicht er selbst sein bei mir und müsse ja so aufpassen, was er sage, damit ich nicht wieder rumheule. Aber das strengt auch so an, ihn dauernd davon abhalten zu müssen, meine Grenzen niederzutrampeln... dafür fehlt mir echt der Nerv. Und manchmal ist man halt auch einfach schwach und hat gar keine Kraft, sich zu wehren.

Ich muss dazu sagen, dass er das alles mit so einem gleichzeitig empörten, aber auch spaßigen Tonfall von sich gab und dabei auch lächelte. Er blieb auch immer zugänglich, war keinesfalls wirklich verärgert. Das meine ich damit, dass er seinen Narzissmus verfeinert hat. Was das Ganze aber noch perfider macht, in meinen Augen. Denn damit macht er sich unangreifbar. Es wäre doch alles nur Spaß, seine dauernden Ratschläge, was ich alles machen soll (Fleisch essen, viel trinken, Sport, Tabletten nehmen, etc. pp...), wären doch nur Empfehlungen, ich sags ja nur und überhaupt sei das alles nur gut gemeint. Und das glaub ich ihm auch - er meint es gut mit sich selbst

Ich habe ihm dann letztlich gesagt, dass ich damit nicht umgehen kann und darum keinen weiteren Kontakt mit ihm haben möchte. Das war für ihn okay, es wären eben nicht alle Menschen kompatibel und ich wäre ihm ja eh zu schwach. Er will jemanden, der genau so hart ist wie er. Na, viel Spaß. Da kann er eigentlich nur schauen, ob er irgendwo einen anderen Narzissten auftreiben kann. Jeder andere Mensch ist für sowas nicht geschaffen, fürchte ich.

Ich mag abgeklärt klingen, aber es wirkt nach. Ich habe Vergangenheit, was emotionalen Missbrauch betrifft. Mein Vater hat mir ähnliche Sprüche gedrückt, wenn auch bei weitem nicht in dieser unsäglichen Menge. Und ich habe eine emotional missbräuchliche Beziehung hinter mir. Aber noch niemals bin ich in diesem Ausmaß analysiert und belehrt worden. Vor diesem Hintergrund bin ich extrem stolz auf mich, dass ich mich zu keinem Zeitpunkt selbst in Frage gestellt habe und sofort einen Schlussstrich gezogen habe, als ich gemerkt habe, dass mir das nicht gut tut. Aber ich fühle mich, als wäre ich verprügelt worden und würde jetzt meine Verletzungen spüren. Als wäre mir was Schlimmes passiert. Alles, was er mir an den Kopf gehauen hat, schwirrt mir noch im Kopf herum. Ich habe aber wirklich erst wieder zu Hause realisiert, dass es sich hier um psychische Gewalt handelt und ich eigentlich hätte früher abreisen sollen. Wahrscheinlich war das, als ich dort war, so eine Art Stockholm-Syndrom. Ich vermisse die Person, die ich zunächst meinte kennengelernt zu haben, auch wenn mir bewusst ist, dass es diese gar nicht gibt. Es braucht vermutlich etwas Zeit, das Erlebte zu verdauen, den Schock und die Wut, die Enttäuschung und die Trauer... Oh Mann, was für ein ...

Danke fürs Lesen! Es hat gut getan, alles aufzuschreiben und es mit jemandem zu teilen.

17.05.2016 17:50 • x 7 #1


Damianos
Wie alt bist du und wie alt ist er, wenn ich fragen darf?

17.05.2016 18:00 • #2


A


Psychische Gewalt und Narzissmus

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C
Entschuldige bitte mein Misstrauen, aber welcher Gedanke bringt dich zu dieser Frage?

17.05.2016 18:22 • #3


H
Hallo Cyberkatze,
da hättest du mal meinen Ex kennenlernen müssen ( oder auch lieber nicht).
Er hat seinen Narzissmus perfektioniert- wenn ich mich gewehrt habe, dann konnte ich keinen Spass verstehen.
Mein jetziger Partner darf bis heute bestimmte Worte nicht sagen, da ich dann sofort getriggert bin

17.05.2016 18:27 • x 1 #4


C
hallo Cyberkatze

Ich finde es beachtlich dass du trotz des Wissen über die diagnostzierte NPS mit dem Typen ein Wochenende verbracht hast, freiwillig. War das so eine Art Selbstexperiment? Oder Selbsterfahrungstrip?

Im Schlimmsten Fall hätte sich der Typ als Perverser entpuppen können mit abartigen Neigungen und psychopathischen Tendezen.
Man sollte die Gefahr nicht unterschätzen mit Narzissten ein Wochenende zu verbringen.
Diese Leute sind Sadisten! Solch eine Erfahrung ist nicht mal besonders bereichernd, denn Sticheleien können einen Leben lang nach hallen nicht nur 48 Stunden. Und verschiedene Ängste auslösen, Hemmungen vielleicht sogar traumatisieren.

Mach so was bloß nie wieder!

Die eigenen Schwächen kriegt man nicht jeden Tag aufs goldene Tablett serviert schon gar nicht am Fließband (innerhalb 48 Stunden)

Jemand sagte einmal: Die Erfahrung mit einem Narz ist Fluch und Segen zugleich.
Fluch: weil dauerhaft traumatisch, Segen: weil hilfreiche Lebenserfahrung
Das ist schon eine Begegnung mit der dritten Art, auf die du dich da eingelassen hast ... Du kannst dich auch darauf einstellen, dass in verschiedenen Situationen oder spä. bei deinem nächsten Annäherungsversuch bei einem Mann diese Sticheleien von dem N. wieder in deinem Kopf herumschwirren werden, wenn du es am wenigsten erwartest.

Der Narz überschreitet Grenzen, indem er andere bewusst in nahtloser Aneinanderreihung verletzt. Das sind perverse Sadisten!

Du kannst sonst wie taff, abgehärtet oder abgeklärt sein, oder sonst wie gut über Narzissmus bescheid wissen - ein Narz kratzt ein Leben lang am Selbstwertgefühl.

Ok. Genug der Standpauke.

Ich hoffe, du hast irgendwas draus gelernt.

VG Cny

17.05.2016 19:01 • #5


T
Hallo Cyberkatze,

Du kannst echt stolz auf Dich sein... Hätte ich Deine Einsicht früher gehabt, wäre mir einiges erspart geblieben.
Du hast wirklich alles richtig gemacht. Niemand braucht so was. Einen Narzissten ändert man nicht. Aber dieses perfide Gestänkere macht einen fertig, irgendwann zweifelt man an sich. Das Selbstbewusstsein ist schnell auf dem Nullpunkt.
Das Du Dich verwundet fühlst, ist total verständlich. Du hast alles richtig gemacht.

Liebe Grüße

17.05.2016 19:15 • x 1 #6


C
@Conancy: Botschaft angekommen Wie gesagt, wir hatten ja vorher schon Zeit zusammen verbracht und er wirkte auf nicht gefährlich, eher drollig mit seinem Gemotze. Er hatte mich auch seiner Mutter vorgestellt, die im selben Haus wohnt. Ich hab die ganze Zeit wirklich keine Angst vor ihm gehabt, auch weil er eben auch auf sehr klare Ansagen von mir nicht wütend reagierte, sondern Ruhe gab. Das Bedrohliche war bei ihm wahrscheinlich wirklich das Subtile. Aber keine Sorge, wenn ich zukünftig erfahre, dass jemand so eine Störung hat, renn ich schneller als ich jemals gerannt bin

@Tara1: Danke für deine Bestätigung Wie gesagt, ich habe es auch auf die harte Tour gelernt, weil ich schon mal jemanden hatte, der mich klein hielt, wenn auch etwas anders als dieser Kandidat hier. Danach hab ich mir geschworen: Nie wieder. Wer mir nicht gut tut, wird aussortiert. Natürlich muss man auch mal was in Beziehungen investieren usw., aber so grundsätzlich sollte es doch stimmen. Und wenn es schon so los geht, wird es wahrscheinlich mit der Zeit eher schlimmer als besser. Brauch ich nicht.

17.05.2016 19:30 • x 1 #7


D
Hallo Cyberkatze.

Gut dass du es gleich gemerkt hast, mit was für einem fiesen Saftbraten du es zu tun hattest.
Ich habe auch gerade so einen Idioten hinter mir gelassen.

Er suchte ständig Streit und meinte danach freudig, schön, dass wir uns mal ausgesprochen haben, das tat richtig gut.

Als wir das erste Mal kuschelten, meinte er, oh du hast einen kleinen Brust? Hast du da mal drunter gelitten? Mir fiel da nur ein, Ober er denn unter seinen kleinen *beep* leiden würde.
Und so eine Unterhaltung bei der ersten Annäherung. Das ist doch wohl unglaublich. Hinterher fand er meinen kleinen Brust hübsch und süß.
Sieht auch hübsch aus, aber so ein Einstieg ist ja wohl unter aller Kanone.
Er könnte auch überhaupt nicht über Gefühle reden und wollte immer meinen Brust anfassen. Das ging mir wirklich auf den Keks.
Bei mir gehören ein paar liebe Worte zum Kuscheln dazu. Nur Frechheiten los werden wollen, aber nichts liebevolles äußern zu können, geht bei mir gar nicht.

Ich habe ihn dann auflaufen lassen. Das war nichts für mich.

17.05.2016 19:39 • #8


C
Zitat:
Nur Frechheiten los werden wollen, aber nichts liebevolles äußern zu können, geht bei mir gar nicht.

Genau das! Was Liebevolles kam bei ihm auch nicht. Wie gesagt, rein praktisch hat er gut für mich gesorgt, aber mit dieser verbalen Quälerei verknüpft, hinterlässt einen auch das ratlos, warum er das gemacht hat. Auch seine Umarmungen fühlen sich rückblickend einfach unecht und kalt an. Ich glaube nicht, dass er auch nur irgendwas für mich empfunden hat.

17.05.2016 20:21 • #9


H
Natürlich nicht- das können sie doch gar nicht....

17.05.2016 20:26 • x 2 #10


D
Ja, und wenn ich dann sagte, ich glaube du liebst mich gar nicht, dann nahm er mich in den Arm drückte mich an sich und meinte, schau doch mal wie lieb ich dich habe, fühlst es denn nicht? Und er bekam einen hoch und drückte mich fest an sich.
Da dachte und sagte ich, das hat nichts mit Liebe zu tun, sondern mit gut.
Er verwechselte, körperliche Gelüste und Anziehung, mit Liebe.

17.05.2016 20:38 • x 3 #11


H
Zitat von Diamantata:
Ja, und wenn ich dann sagte, ich glaube du liebst mich gar nicht, dann nahm er mich in den Arm drückte mich an sich und meinte, schau doch mal wie lieb ich dich habe, fühlst es denn nicht? Und er bekam einen hoch und drückte mich fest an sich.
Da dachte und sagte ich, das hat nichts mit Liebe zu tun, sondern mit gut.
Er verwechselte, körperliche Gelüste und Anziehung, mit Liebe.

Das kenne ich .... kennst du meinen Ex auch ?

17.05.2016 20:41 • #12


D
Das sind wohl alles eineiige Mehrlinge.

17.05.2016 20:47 • x 1 #13


H
Zitat von Diamantata:
Das sind wohl alles eineiige Mehrlinge.

17.05.2016 20:53 • #14


C
Ach, ich will gar nicht über ihn herziehen, er ist ja trotz allem ein Mensch. Wahrscheinlich rafft er wirklich nicht, was da bei ihm für ein Film läuft. Ich bin einfach froh, dass es vorbei ist und ich nie wieder bei ihm sein muss. Friedliche Koexistenz, ganz einfach Ist natürlich nur blöd für alle, denen es nicht so leicht fällt, sich von ähnlich gestrickten Menschen fernzuhalten, oder die gar keine Chance haben wie z.B. Kinder. Wir können uns nur alle so gut wir können stärken und gut zu uns selbst sein, uns ernstnehmen und auf uns achten. Und wenn wir Kinder haben, diese schützen und stark werden lassen. Dann können andere einem weniger anhaben.

17.05.2016 20:58 • #15


A


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