Guten Morgen Sternchen!
Dein Mann ist krank und zwar sehr. Das Tückische daran ist, dass er dies zwar weiss, aber seine Schwankungen nicht unter Kontrolle bekommt. Wenn er dies könnte, wäre er nicht in der Klinik. Wie ich schon andeutete, benutzen Depressive ihr Umfeld gern als Projektionsfläche ihrer eigenen Ohnmacht. Sie fordern besondere Rücksichten ein, mir dem Vorwand sich vor erneuter Erkrankung schützen zu wollen. Hier wird die Krankheit manipulativ. Das bedeutet, das gesamte Umfeld muss sich anpassen, sonst wird, wie bei Dir, mit Trennung gedroht. Andre Kranke drohen regelmäßig mit Selbstmord und haben damit Erfolg. Das gehört ebenfalls zum Krankheitsbild. Er manipuliert Dich mit der Androhung der Trennung. Wenn Du nun auf sein Trennungsangebot eingehen würdest, würde er sofort völlig zusammenbrechen und erklären, dass er sich das Leben nimmt und Du die Schuld daran hättest. Dies willst Du jedoch nicht und so hat er Dich fest im Griff. Er ist in der Klinik, ist in Gesellschaft und alles kümmert sich um ihn. Du sitzt zu Hause und leidest, seine Welt ist jedenfalls im Moment in Ordnung. So lange dies so ist, er Dir so sehr wehtun kann, bist Du Co-Krank!
Der Begriff Beziehungsunfähig wird gern als Ausrede benutzt, um keine Verantwortung für sich oder Andere übernehmen zu müssen. Dies habe ich gerade hier im Forum in so vielen Beiträgen immer wieder bestätigt gefunden. Echte Beziehungsunfähigkeit findet man, wenn überhaupt, nur bei hochgradigen Autisten. Auch dort nur extrem selten. Kein Therapeut würde jemanden Beziehungsunfähigkeit einreden wollen. Im Gegenteil: die Wiederherstellung von Beziehung ist das Ziel jeder Psychotherapie. Natürlich ist jeder Mensch in unterschiedlichen Grenzen beziehungsbereit. Der Therapeut wird versuchen die Grenzen der Beziehungsbereitschaft auszuloten und zu erweitern. Wenn dabei das Modewort Beziehungsunfähig fällt, ist das nicht ein Ergebnis der Therapie, sondern eine Beschreibung der Phase der sozialen Ablehnung. Es bedeutet nichts weiter als dass der Mensch in Ruhe gelassen werden will. Dies sollte man/Frau respektieren. Sprich mit dem Therapeuten, er wird Dir vermutlich raten, den Kontakt in diese Zeit etwas zu verringern und möglichst kurz zu halten. Daran solltest Du Dich dann auch halten. Der Mann muss zur Besinnung kommen und eine tragfähige Lebensperspektive entwickeln. Dabei kommst Du dann wieder ins Spiel und wirst für Dich entscheiden müssen, welche Rolle Du dabei spielst. Nutze, wenn Du kannst, diese Phase, um deine eigene Rolle in eurer Beziehung neu zu definieren. Achte darauf, dass Du die Hauptrolle in Deinem Film spielst. Frage Dich immer, wenn Du etwas für ihn tun willst, ob Du es auch schon für Dich getan hast. Man kann nur geben, wenn man etwas zu geben hat!
Ich weiß, dass Dich meine Sätze vermutlich wenig trösten. Ich glaube aber, je mehr Du seine Krankheit verstehst, desto weniger kann er Dir weh tun!
Depression ist eine Krankheit und als einen kranken Menschen solltet Du Deinen Mann auch verstehen. Frage den Therapeuten nach Informationsveranstaltungen für Angehörige von depressiv Erkrankten. Dort lernst Du, wie Du damit umgehen kannst und wie Du Dich schützen kannst.
Es wird hart für Dich werden, da Du Dich neu positionieren musst. Aber genau darin liegt Deine Chance!
Und NEIN, Du bist NICHT für ihn verantwortlich!
Noch was: Wenn Du feststellst, dass Du in einem Loch sitzt, hör´ sofort mit den Graben auf!
der Meckniel