Zitat von Scheol:Nochmal , der Fokus sollte auf deine Baustellen liegen ! Nicht auf seine !
Deine Baustellen kannst du lösen , seine nicht.
Du könntest Dich z.B. damit auseinandersetzen, warum Du das Wechselbad überhaupt so lange mitgemacht hast.
Oder frage Dich, warum Du die Motivation verspürst, ihn diagnostizieren zu wollen.
Du hast nach dem Ende einfach gewartet, bis es Dir nciht mehr weh tat, in Gedanken bist Du jedoch weiterhin bei ihm.
Und da jetzt Funkstille ist, verspürst Du das Bedürfnis, ihm ein Label aufzudrücken. Warum?
Kein Mensch hier ist ein Psychologe oder Psychiater und kann Jemanden aus der Ferne diagnostizieren. Und auch Dir steht es einfach nicht zu, ihm etwas zu unterstellen, was Du im Umgang mit ihm gefülhlt hast. Du bist nicht objektiv und schilderst die Dinge aus Deiner Sicht, die sehr emotional ist.
Ein Therapeut/Psychiater/Psychologe aber ist völlig neutral. Er hat einen Blick auf psychische Krankheiten und steht dem Patienten objektiv gegenüber und er ist nicht emotional angesprochen. Und solch ein Mensch mit fundierter und einschlägiger Kompetenz könnte vielleicht nach einigen Sitzungen eine halbwegs verlässliche Diagnose stellen und einen Therapieplan erstellen. Und dann ist ja noch die andere Frage, ob der Patient hier überhaupt weiter machen will oder nicht lieber vor Angst vor unbequemen Erkenntnissen die Fliege macht. Viele, die eine Therapie bräuchten, machen keine, weil es für sie leichter ist, sich weiterhin durchs Leben leiden als sich mit sich zu befassen.
Man kann einen anderen Menschen nicht zum Psychologen schicken. Er muss selbst das Gefühl haben, dass er Probleme hat, mit denen er sein Leben kaputt macht und die er nicht selbst beheben kann. Und der Leidensdruck muss schon ziemlich hoch sein, dass ein Mensch mit psychischen Problemen, die ihm der Expartner unterstellt, tatsächlich den beschwerlichen Weg auf sich nimmt.
Ob er jetzt diese oder jene Störung hat oder nur seltsame Verhaltensweisen, kannst Du nicht beurteilen und auch sonst hier niemand. Und selbst ein Fachmann würde nicht aufgrund von Beschreibungen eine Diagnose stellen können.
Was er tut oder nicht, welche Probleme er hat oder nicht, ist unerheblich für Dich. Aber frage Dich mal, warum es für Dich so wichtig ist, ihn diagnostizieren zu wollen. Das sieht nicht danach aus, als ob Du ihn tatsächlich los gelassen hättest.
Aber es ist immer bequemer, den eigenen Fokus auf andere einem wichtige Menschen zu richten als sein eigenes Verhalten zu hinterfragen. Du machst hier einen Nebenschauplatz auf, der Dich nichts angeht. Es kann ja auch gut sein, dass er mit anderen besser klar kommt als mit Dir.
Ich war mal bei einem Therapeuten, weil ich nach einer Trennung nicht mehr mit mir klar kam. Ich hatte ein Beratungsgespräch und ich wollte eigentlich über ihn, der mich verlassen hatte, reden. Ich hoffte, ich würde vielleicht so was wie Entlastung erfahren, ein paar nette Worte oder so was. Nichts davon geschah. Ich saß einem Mann gegenüber, der mir nicht mal sonderlich sympathisch war, aber weil ich schon mal da war, wollte ich auch reden. Das Seltsame war, dass ich nicht beim Ex. begann, sondern bei mir. Im Lauf des Gesprächs merkte ich, wie unwichtig dieser Ex. war, denn er war nur die Zielscheibe für meine eigenen Probleme gewesen. Und nur um meine Defizite und Probleme konnte ich mich aktiv kümmern. Es ging hier nur um mich und das war gut so. Es kamen einige Dinge zur Sprache, die sich wohl negativ auf mich und mein Beziehungsleben auswirkten.
Ich erfuhr vom Therapeuten kein Mitlied, keine Bestätigung und keine Verurteilung, Die Dinge waren geschehen aber wer wann woran schuldig war, war gar nicht mehr wichtig. Denn eine Beziehung ist eine Interaktion von zwei Menschen und am Ende gibt es selten den allein Schuldigen. Meist sind die Anteile am Scheitern von beiden ziemlich gleich verteilt wenn man genau hin sieht.
Ich hatte meinen Ex. auch diagnostiziert mit Bindungsängsten. Vielleicht lag ich damit gar nicht falsch, aber das war kein Thema für den Therapeuten. Denn es ging ja um mich und nicht um ihn.
Der Therapeut sagte nur, dass Menschen mit Bindungsängsten gar nicht so häufig zum Therpeuten gehen, weil sie sich mit den Ursprüngen nicht auseinander setzen wollen. Da ist es bequemer, von Beziehung zu Beziehung zu hüpfen und die Schuld am Scheitern dem Partner zuzuweisen.
Und selbst wenn Jemand Bindungsängste hat, so wird eine Behandlung ein langer Weg. In der Persönlichkeit eingepflanzte Muster lassen sich nicht mit ein paar Sitzungen beheben. Und bei manchen Menschen ist der Verdrängungsmechanismus so groß, dass sie an die schmerzhaften Ursprünge ihres Leidens gar nicht mehr heran kommen.
Interessant ist nicht er. Interessant bist Du und Dein Hang zu solch schwierigen Exemplaren und dem kannst Du auf den Grund gehen. Aber nicht auf einen anderen Menschen zeigen und mutmaßen, dass er eine narzistische oder bipolare oder Borderline-Störung hat. Solange Du Dir immer noch so viele Gedanken um ihn machst, bist Du nicht los gekommen.
Begonie