Liebe Jule,
ich habe deinen Beitrag gelesen und es kam mir alles bekannt vor. Ich war 8 Jahre mit einem Mann zusammen, der mir ebenso schlecht tat, der verhaltensgestört war, wenn auch auf einer anderen Weise. Darauf kommt es aber glaube ich nicht an, sondern wichtig ist, dass ich genauso wie du auch, an meinem Verstand gezweifelt habe. Das, was er über mich gesagt hat, die Art und Weise, wie er mich behandelte, brachte mich dazu, mich fast das Allerletzte zu fühlen. Tja, wie ist es sowas möglich - fragen sich bestimmt alle, die sowas nicht kennen... Ich glaube, dass es auch eine Prädisposition geben muss, denn beim gesunden Selbstbewußtsein hat so einer wahrscheinlich null Chancen. Aber er sucht sich schon die potenziellen Opfern danach aus, Frauen, die beeinflussbar sind. Jetzt nach Jahren sehe ich ganz deutlich und unmissverständlich, wie wenig Recht er hatte, wie ich mich habe manipulieren lassen und es hat mir keine Minute leid getan, mich von ihm getrennt zu haben. Damals sah ich all das nicht. Er schrie mich an (schreine alle Psychopaten?), er verwickelte mich so sehr, wenn ich im Streit versuchte, ihm Stand zu halten, dass seine Logik die einzig richtige war. Er verlangte damals ganz deutlich nach Argumente, nach Beispiele und daran ist nichts Schlimmes, heute finde ich es genauso normal, so argumentativ vorzugehen, aber damals war reine Einschüchterung. Nach einiger Zeit erahnte ich seine Krankheit, sein nicht-normal-Sein, aber da er so sehr von sich überzeugt schien, verunsicherte mich das und fing an zu glauben, dass er der Normale ist und ich die Psychopatin. Und glaub mir Jule, das war gar nicht so, kein bisschen. Nur war so klar, dass einer von uns völlig daneben ist und er schien soooo überzeugt zu sein, dass er es nicht ist, dass nur ich als Möglickeit blieb. Er brachte mich auch immer wieder in Situationen, wo ich als böse oder als unzurechnungsfähige stand, teilweise auch vor Freunden oder Bekannten. Erst nach der Trennung habe ich erkannt, dass er fast alles mit mir hätte machen können, dass ich meinen Sinnen nicht mehr vertraute. Danach war ich allerdings sofort befreit, als ob mir ein Schleier vor den Augen gefallen wäre, ich sah alles deutlich und es grauste mir von dem Gesehenen. Wir haben auch gesprochen danach, denn er ließ mich fast ein Jahr nicht in Ruhe und ich habe ihm alles ans Kopf werfen können, so dass ich selbst über mich staunte. Feed-back kam nicht viel, nur dass ich ihn unglaublich verunsichert habe, dass er deswegen schrie, weil er sich mir nicht gewachsen fühlte, dass er ständig das Gefühl hatte, nicht gut genug für mich zu sein und meine Erwartungen nicht erfüllen zu können. Dass er mich deswegen ständig hat schlecht machen müssen, weil er sich als schlecht empfunden hat und dies vertuschen musste, dass er mit der Angst im Nacken lebte, dass alles auffliegt und ich ihn verlasse, was auch danach passierte. Er hat auch auf die Mitleidtour versucht, er hat fast 20 Kg abgenommen nach der Trennung und das waren keine Kilos, die eh' runter hätten müssen, er zog sich nur in Schwarz an und sah wie ein Gespens aus - nur war das alles wirklich umsonst, denn nichts von alldem mich beeindrucken konnte. Im Gegenteil, ich empfand es als Genugtuung, ich habe ihn gehasst und ehrlich zu sein, hasse ich ihn immer noch, aber ohne jeglichen Pathos. Ich hasse ihn einfach nur.
Ich habe keine Ahnung, ob und inwiefern dir das helfen kann, vielleich war nicht ganz umsonst und das würde mich freuen. Damals hätte mir sehr gut getan, hätte mich jemand in dem Glauben bestätigt, dass ich mir das alles nicht nur einbilde - so sage ich dir an dieser Stelle, dass das bei dir auch keine Einbildung ist, vertraue deinem Verstand und auch deinen Gefühlen, es ist die Wahrheit das, was du siehst... Liebe Grüße, Ella.
14.05.2002 09:05 •
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