Guten Abend, ich lese in diesem Forum schon eine Weile mit und habe überlegt, ob ich nun meine Geschichte auch zum besten geben soll. Wie ihr seht, habe ich das nun getan, denn die Situation wird zu belastend für mich, als dass ich damit noch allein klar komme. Ein paar Aspekte und Denkanstöße von außen (Unbeteiligten) sind sehr willkommen.
Die Eckdaten: wir haben uns im Winter 2012 kennengelernt. Damals steckten wir beide noch in Ehen, mittlerweile sind wir beide geschieden. Von seiner Seite aus war es ziemlich schnell die große Liebe, was vermutlich auch darin begründet lag, dass mein Expartner in seiner Ehe sehr unglücklich war. Es kamen sehr schnell erste Liebesbekundungen, während ich zunächst sehr zurückhaltend war, denn eigentlich war das zwischen uns nur als Affäre gedacht. Letzlich haben wir dann aber doch zueinander gefunden und hatten eine sehr intensive gemeinsame Zeit.
Auch wenn ich mich damit möglicherweise angreifbar mache, möchte ich an dieser Stelle erwähnen (da es wichtig ist für das Gesamtbild), dass ich Borderlinerin bin. Ich habe von Anfang an mit offenen Karten gespielt, mein Expartner nahm diese Erkrankung jedoch auf die leichte Schulter (keine Erfahrung damit, dachte, die Liebe würde alles heilen). Durch die Trennung von meinem Mann, mit dem ich ca. 13 Jahre eine relativ stabile Partnerschaft führte, mehrere räumliche Wechsel usw. kam ich kurz nach unserem Zusammenkommen in eine sehr heikle Phase, weil ich mit diesem neuen Leben total überfordert war. Leider ist mir das zu spät bewußt geworden - man ist eben meistens erst nachher schlauer. Therapeutische Unterstützung hatte ich damals keine, ich hatte zu der Zeit aufgrund z.T. sehr schlechter Erfahrungen ein absolutes Vertrauensdefizit und galt z.T. als austherapiert, weswegen ich mich meinem Schicksal mehr oder minder ergab. Meinen Expartner belastete das sehr, aber er kämpfte jahrelang um unsere Beziehung - ohne jedoch konkret etwas an seinem eigenen Verhalten (Umgang mit meinen Ausbrüchen) zu verändern. Er verzieh nur allzu schnell und hoffte, dass es wieder wird. Und so zog sich das ganze über mindestens 2 Jahre. Extreme Belastung für uns beide.
Da er mich nicht verletzen wollte und er trotz allem weiter für mich da sein wollte, hat er sich hintenrum Ausgleich im s.uellen Bereich gesucht, wo ich natürlich hinterkam und die Bude wieder brannte.
Vor ziemlich genau zwei Jahren gab er mir den ersten Schuss vor den Bug und zog aus meinem Haus aus in seine eigenen vier Wände. Das war ein erstes Aufwachen für mich. Ich begab mich mit viel Skepsis und quasi als ultima ratio wieder in psychiatrische Krisenintervention, nahm AD und es wurde vorübergehend besser. Meine Spitzen waren genommen, ich wurde umgänglicher, mein Expartner war wieder mehr bei mir, wir verbrachten wieder mehr Zeit zusammen. Es war fast wieder alles so wie früher. Nach einem halben Jahr mußte ich das AD aufgrund diverser Beschwerden, die in keiner Relation zur Wirkung standen, wieder absetzen. Ich besprach auch das mit meinem Expartner, zeitgleich suchte ich mir eine ambulante Verhaltenstherapie (bin heute noch dabei). Dennoch kam durch das Absetzen der AD wieder das alte Verhalten durch, was meinen Expartner dann dazu veranlasste, sich im Frühjahr letzten Jahres endgültig von mir zu trennen.
Wir haben es trotzdem nicht geschafft, voneinander los zu kommen. Das letzte Jahr leben wir in einer konsequenten on/off Beziehung (schon damals, aber mittlerweile ist es extrem). Diverse Annäherungen, dann wieder Rückzug, mal seinerseits, mal meinerseits. Er hatte zwischendrin wieder was mit einer anderen laufen, was für mich lange Zeit als absolutes KO Kriterium galt, habe ich auch diesmal wieder akzeptiert dahingehend, dass ich den Kontakt nicht abbrach und es habe gut sein lassen.
In dieser gesamten Zeit, egal, welchen Beziehungsstatus wir hatten, hat er mir jedoch - bis auf wenige Zeiten, wo er eben richtig sauer auf mich war (meist zurecht) immer ein sehr liebevolles Verhalten entgegengebracht. Er ist aufmerksam, freundlich, richtet sich immer noch sehr (leider zu sehr) nach meinen Bedürfnissen und versucht einfach, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Ich habe einige Erfahrung im Lesen von Körpersprache, und der Blick in seinen Augen hat sich tatsächlich nicht verändert. Er schaut mich noch genauso liebevoll an wie eh und je, sucht den Körperkontakt zu mir (er nimmt immer noch meine Hand, wenn wir unterwegs sind), er unterstützt mich, wo er kann und was weit über reine Freundschaftsdienste hinausgeht - und ich frage mich, wie ein Mensch nach all dem, was gelaufen ist, noch in der Lage ist, jemanden so viel Zuneigung entgegenzubringen. Das wiederum spricht für mich für eine sehr starke Bindung. Was mich freut, aber den Umständen geschuldet auch gleichzeitig wehtut. Er leidet körperlich sehr stark unter diesem Dauerstress - unsere problematische Beziehung ist nicht seine einzige Baustelle, es ist im allgemeinen ein roter Faden in seinem Leben, dass er eben schlecht mit Stress umgehen kann, weil er es allen immer noch recht machen will. Und alles in sich reinfrisst.Ich habe ihn oft genug gebeten, sich auch Unterstützung zu holen, um das aufzuarbeiten, was ihn an vergangenen Situationen mit mir teilweise heute noch belastet. Er war ein paar Mal zu oberflächlichen Angehörigenberatung, aber das war wirklich sehr oberflächlich und hat ihm dauerhaft nichts gebracht. Alle weiteren Bemühungen, ihn nochmal auf dieses Pferd zu setzen, scheiterten an seinem Starrsinn - er käme selbst damit klar. Wie gut, das sehen wir. .
Nichtsdestotrotz. Ziemlich unvermessen denke ich daher, dass er mich noch immer liebt.
Dennoch hat er mir schon vor einiger Zeit mitgeteilt, dass er momentan keine Beziehung zu mir möchte. Bisher hieß es jedoch wir bleiben in Kontakt und schauen mal, wie es sich entwickelt - dieser Kontakt wurde jedoch immer wieder schnell sehr eng und dann kamen wieder die Rückzugsmanöver. Von mir, von ihm. Immer schön im Wechsel. Vor einigen Tagen hat er es dann noch mal drastisch unterstrichen dahingehend, dass er mit mir definitiv keine Beziehung mehr eingehen werde. Er sagte, sein Verhalten würde von mir permanent fehlinterpretiert (was auch immer es an diesem eindeutigen Verhalten fehlzuinterpretieren gibt?!), ich würde denken, wir wären wieder zusammen und das wolle er nicht und deshalb sage er mir jetzt ganz klar, dass das mit uns nie wieder was wird. Das klang für mich äußerst terminal, wobei ich alle von ihm ausgehenden Trennungsabsichten ernst nahm, genauso wie er meine.
Er sagte, wir können Freunde bleiben (bla, das will doch keiner hören!) und er wäre immer für mich da. Und das wäre er auch. Definitiv. Heute haben wir uns wieder gesehen und er war wieder sehr aufmerksam und liebevoll, hat wieder Körperkontakt gesucht (wollte mich zum Abschied umarmen usw), was ich jedoch abgewehrt habe.
Ich liebe diesen Mann, ohne ihn zu idealisieren (was häufig in Zusammenhang mit BL unterstellt wird), ich kenne seine Defizite aber auch seine guten Seiten - und er ist trotz allem der Mann, mit dem ich alt werden möchte. Wir haben viele Gemeinsamkeiten, ähnliche Werte und Ziele, einen gleichen Humor und sprechen auch sonst die selbe Sprache. Es ist tatsächlich sehr viel gut - sogar Liebe ist noch da. Und doch geht er auf Abstand und versucht es totzureiten.
Nun sitze ich hier und weiß nicht mehr weiter. Bisher bin ich ihm immer hinterhergekrochen, damals war er derjenige, der mir hinterherkroch. Ich fühle mich verletzt und verkackeiert, weil er es vorzieht, den Kopf in den Sand zu stecken, statt für das zu kämpfen, was noch alles ist. Meines Erachtens würde es sich lohnen, diese Beziehung zu retten, aber das würde nun bedeuten, dass er seinen Teil dazu beiträgt. Aber er hat immer so weitergemacht wie bisher und hat sich daran verausgabt. Mit dem Ergebnis, dass er sich komplett von mir getrennt hat. Trotz allem, was noch ist.
Ich weiß, er sieht das ähnlich, ich weiß es aus Gesprächen mit ihm. Er gibt zu, dass uns noch so viel verbindet, aber trotzdem will er es diesmal wohl durchziehen und ich weiß ehrlichgesagt nicht mehr, was ich tun soll.
Ich habe sonst nicht viele Kontakte, zumindest nicht hier in der Nähe, und wir haben auch sehr viel schöne Zeit miteinander verbracht, viel erlebt, viel unternommen. Er sagt selbst, ich wäre eine absolute Bereicherung für sein Leben (ok, bis auf meine Erkrankung, die aber auch nicht nur negative Seiten hat). Ich bin jetzt seit anderthalb Jahren in Therapie und mache gute Fortschritte. Und trotzdem habe ich das Gefühl, all das war umsonst, weil das wertvollste, das ich habe, nun doch verloren gegangen ist. Ja, ich weiß, die Therapie mach ich für mich selbst, klar. Aber ich hatte gehofft, dass es ausreichen würde, wenn ich mein Verhalten modifiziere. Ich habe leider außer Acht gelassen, dass auch ER seinen Teil dazu beitragen muß.
Entschuldigt, es ist lang geworden. Ich würde mich über Denkanstöße und differenzierte Meinungen (soll heißen: bitte nicht auf eine typische BL-Beziehung reduzieren, falls sich hier jemand mit der Thematik auskennen sollte. Gerade WEIL ich weiß, wie diese Beziehungen ablaufen und enden habe ich versucht, gegenzulenken. Um es eben NICHT so enden zu lassen, um aus diesem Teufelskreis auszubrechen) sehr freuen.
Gute Nacht!
26.05.2017 23:14 •
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