Liebes Schweinchen 1234 (habe direkt Hemmungen Dich so anzuschreiben),
ich kann sehr gut verstehen, dass Dein Leben aus den Angeln gehoben wurde. Ihr habt kleine Kinder und wart 19 Jahre zusammen? Wie alt ist Dein NM? Leider scheint das wie ein Virus um sich zu greifen, dass man eine Ehe und Familie einfach in die Tonne tritt, um sein eignes Leben zu leben. Frei und ungebunden. Und der/die Verlassene steht vor den Trümmern, wird meistens ziemlich unvorbereitet damit konfrontiert und ist wie in Schockstarre.
Für mich ist und war (seit knapp 6 Monaten, Trennung nach 36 Jahren) am wichtigsten zu reden. Ich habe auch viel zum Thema Midlife Crisis (bei meinem noch NM scheint das der Fall zu sein) gelesen. Das Buch von Doris Wolf Wenn der Partner geht kann ich sehr empfehlen. Aber am wichtigsten finde ich bei aller Hilfe von Freunden und Familie, die professionelle Hilfe eines Therapeuten, der sich mit Trennungssituationen auskennt. Dort kann man alle Gedanken lassen und er/sie hilft beim sortieren, betrachten und bei der Perspektive.
Trotzdem kann Dir niemand! den Schmerz abnehmen. Den musst Du leider durchleben. Und das ist nicht von heute auf morgen erledigt. Für mich fühlt es sich an als wäre der Mann, den ich mal glaubte zu lieben, gestorben. Er hat eine unvorstellbare Metamorphose durchgemacht. Ich kenne ihn nicht wieder. In solch einem Fall kann man sich sicher auf ein Trauerjahr einstellen, in dem man versuchen muss sein Leben neu zu sortieren.
Am Anfang habe ich nur geweint, war fassungslos, dass er mir so lange etwas vorgespielt hat und unsere Familie einfach zurücklässt. Mit der Zeit hat sich aber auch eine Menge Wut entwickelt. Ist es ein solcher Mensch wert, dass man ihm nachweint. Mit der Zeit war ich bereit auch die Dinge zu sehen, die alle nicht! gut waren und die ich nur nicht sehen wollte. Man neigt dazu sich die Dinge schön zu reden, um die Illusion zu erhalten und um sich nicht den eignen Ängsten vor dem Alleinsein stellen zu müssen.
Ich bin auch direkt aus meinem Elternhaus, mit übermächtigem Vater, direkt in die Wohngemeinschaft mit meinem NM gezogen. Alleinsein, verlassen werden hat mir immer Angst gemacht. Ich habe alles getan, um nicht verlassen zu werden. Mich selbst und meine Bedürfnisse nicht wichtig genug genommen. Wollte immer besser werden, immer perfektionistischer, um für ihn unentbehrlich zu sein.Hat leider nicht geklappt.
Wie ein Nichtschwimmer binich ins Wasser gestoßen worden und muss jetzt strampeln und rudern, um nicht unter zu gehen. Dabei ist es sehr hilfreich sich vor Augen zu führen, dass es viele! andere Menschen in der gleichen Situation gibt. Nicht nur Dir passiert Schlimmes. Du bist jetzt nicht krank, sei froh darüber. Wenn Du irgendwann mal krank wirst, Dein Auto kaputt geht...., dann wird! sich eine Lösung finden. Es gibt auf dieser Welt genug Menschen, die Dir sicher gerne zur Seite stehen werden. Habe Vertrauen. Die Zukunft ist so hypothetisch. Das Heute ist wichtig. Lebe nur von Tag zu Tag. Sei stolz auf alles, was Du jetzt alleine schaffst. Auch wenn es nur Kleinigkeiten sind. Ein Kind das Laufen lernt, rennt auch nicht sofort los. Es fällt oft hin, muss üben. Dabei ist es gut, wenn die Mutter nicht immer gleich zur Stelle ist. Wir müssen alle unbedingt unsere Erfahrungen machen, um eigne Stärke und vor allem Vertrauen in uns selbst zu gewinnen. Das ist leider auch mit blauen Flecken oder ernsthafteren Verletzungen verbunden. Aber das Leben ist nicht zu Ende !
Wenn ich das richtig verstehe, dann hast Du bisher ein sehr abhängiges und unselbstständiges Leben geführt. Da ist es kein Wunder, dass Du so tief stürzt. Auch wenn man das in dieser Situation überhaupt nicht hören möchte, aber es ist für Dich eine riesige Chance Dich endlich zu entwickeln und somit in der Zukunft nicht mehr in dieser geradezu zerstörenden emotionalen Abhängigkeit leben zu müssen.
Mach Dir klar, dass es für viele Menschen auf dieser Welt ebenfalls sehr existenzielle Krisen gab und gibt. Wenn man sich nicht anpasst, geht man unter (use it or lose it). Also besinne Dich bzw. entdecke vielleicht das erste Mal in Deinem Leben, was in Dir steckt,von dem Du noch nicht wusstest. Sei Deinen Kindern ein Vorbild und nimm das Leben in die Hand. Hole Dir alle Hilfe, die Du bekommen kannst. Es ist wirklich ein wunderbares Erlebnis wie viele Menschen bereit sind einen zu stützen und zu unterstützen. Aber man muss auch sein Selbstmitleid hin und wieder in den Schrank hängen und die Ärmel hochkrempeln. Gib ihm nicht die Gewissheit, dass Du ohne ihn verloren bist. Wenn er merkt, dass Du alleine klar kommst und Stärke entwickelst, die er nicht bei dir vermutet hätte, wirst Du vielleicht auch wieder interessant. Aber er ist hier total unwichtig. Du musst diese Niederlage für Dich in einen Sieg verwandeln, indem Du daran wächst. Und das wirst Du. Es bleibt Dir gar nichts anderes übrig. Wir Menschen wären in der Evolution nicht so weit gekommen, wenn wir nicht so anpassungsfähig wären. Und diese Fähigkeiten hast Du auch. Die Zeit wird sie hervorbringen. Ich wünsche Dir viel Kraft für Deine Reise zu Dir selbst. Du wirst im Rückblick wahrscheinlich sagen ,dass es das Beste war, was Dir passieren konnte. Auch wenn das jetzt noch in Deinen Ohren wie Hohn klingt.
Alles Liebe CSLOF
18.07.2016 16:18 •
x 2 #2