Hallo liebe Forenkollegen/-innen!
Ich hatte die letzten 1,5 Jahre eine sehr turbulente und intensive On-Off- Beziehung mit einem Mann, in der ich sehr viel über mich gelernt habe aber auch gewaltig gelitten habe. Wir hatten uns über Tinder kennengelernt. Der Anfang war total schön - eigentlich wie im Bilderbuch. Allerdings fand ich nach ein paar Wochen heraus, dass er am Tag unseres ersten Dates abends mit einer anderen schlief (mit ihr hatte er ein Jahr lang eine S. - er meinte aber bei unserem 1. Date, dass alles abgeschlossen wäre). Das hat mich total verunsichert. Hätte ihn nicht so eingeschätzt. Ich weiß natürlich, das auf Tinder solche Geschichten Gang und Gäbe sind, und wir zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht zusammen waren, aber für mich machte es einfach was kaputt, und es triggerte massivst meine Eifersucht und Verlustangst (mit beidem habe ich schon seit jeher zu kämpfen, bin auch in Therapie - aber es sitzt sehr tief). Zudem kam, dass ich eigentlich schon von Anfang an das Gefühl hatte, er begehrt mich nicht wirklich. Er meinte, er findet meistens Frauen scharf, mit denen er aber nie zusammenkommen würde, und Freundinnen findet er idR nicht so scharf. OK. Triggerte mich noch mehr. Ich verglich mich ständig mit seinen Ex-Tinder-Gspusis (total krankhaft ich weiß. ), und seiner Exfreundin, zog regelrechte Eifersuchtsdramen ab und zettelte immer wieder aus dem Nichts Streits an. Heute weiß ich, dass das Mechanismen meiner Bindungsangst sind. Gut. Nach nur 1,5 Monaten Beziehung versuchte er sich erstmals zu trennen - er meinte, es wäre ihm zu steil mit mir (verständlich. ) und er könnte mir nicht das geben, was ich will und brauche. Ich hatte meine erste Panikattacke, übergab mich in der Nacht mehrmals und merkte, dass ich schon wieder in eine Abhängigkeit geraten war.
Die Trennung dauerte nur 1 Tag, er meinte auch, dass er's einfach schon mit mir probieren möchte und dran arbeiten, weil er grundsätzlich ja findet, dass ich eine super Frau wäre.
Aber ab dem Zeitpunkt war's ein ständiges Hin und Her. Wir stritten extrem viel (wie gesagt zettelte ich sehr oft Streits an), und es war immer alles extrem emotional und intensiv. Und das Muster war, dass er in fast jedem dieser Streits schlussmachte. Im Affekt. Es war aber nie wirklich aus. Ich hatte fast jedes Mal Panikattacken, mein alter Verlustschmerz (biographisch bedingt. ) wurde immer wieder getriggert. Er fing zugunsten der Beziehung auch eine Therapie an, weil er in sich eine Bindungsangst erkannte, was ich ihm total hoch anrechne. Wir sprachen viel über unsere psychologischen Mechanismen und ihre Herkünfte, lernten uns irrsinnig gut kennen und wussten über alle unsere Schattenseiten Bescheid. In der Theorie wussten wir was zu tun war: Ich muss mehr loslassen, aufhören, ihn zu kontrollieren, einzuengen, belagern. Mich mehr auf mich und mein Leben konzentrieren. Mich in meiner Autonomie stärken. Und bei ihm ging's ums Einlassen, um das Zugehen. Auf gut Deutsch - ich musste meine Verlustangst und er die Bindungsangst überwinden. Aber in der Praxis ließ sich das einfach nicht umsetzen. Ich hatte immer wieder Eifersuchtseskapaden, die Streits wurden nicht weniger, er zog sich immer mehr zurück, ich klammerte immer mehr und wurde immer unselbständiger.
Irgendwann ging's los mit meinen Schlafstörungen (schlief mehrere Nächte pro Woche nur mehr 1-3 Stunden) und ich wurde depressiv. Der Arzt verschrieb mir Antidepressiva/Schlafmittel. Ein Monat später war's dann das erste mal wirklich aus. Für 1 Woche.
Ein paar Monate später dann nochmal. Für 2,5 Wochen.
Und jetzt ist's seit einem Monat final. Wir haben zwar seither täglich telefoniert und/oder geschrieben (ich hab mich immer wieder gemeldet. )und uns auch noch 2x getroffen, aber gestern meinte er, dass wir echt einen Cut machen müssen. No contact.
Und ich weiß, dass er Recht hat. Dass ich ihn loslassen muss. Endlich. Dass ich mein Leben wieder aufnehmen muss. Ich habe ihn die letzten 1,5 Jahre zu meinem Lebensinhalt Nummer 1 gemacht. Und mich dabei komplett verloren. Ich habe meinen Job gekündigt, weil ich mit den Schlafstörungen irgendwann nicht mehr funktionierte. Jetzt bin ich arbeitslos gemeldet. Hatte vor, mich selbständig zu machen (konkrete Businessidee ist vorhanden). Aber irgendwie macht jetzt alles keinen Sinn mehr. Mir hat's komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich fühle mich so unfassbar einsam. Habe massive Schuldgefühle. Ich weiß, ich hab die Beziehung sabotiert - obwohl ich echt an mir gearbeitet hab, und z.B. die Eifersucht im letzten halben Jahr nur mehr ganz selten vorkam und sehr viel abgeschwächter. Aber die Verlustangst ist halt mein Thema. Bzw. bin ich halt ein ambivalenter Bindungstyp - wenn er sich mal eingelassen hat, dann habe ich wie gesagt sabotiert mit Streit/Dramen anzetteln. Katastrophe, ich weiß.
Wie gesagt, bin ich in Therapie. Ich habe auch eine Familienaufstellung gemacht letzte Woche, bei der mir vieles klarer geworden ist, ich lese viele Selbsthilfebücher, meditiere - versuche, auf der ganzen Linie meine Themen anzugehen. Aber ich fühle mich einfach so kaputt. Und ich weiß einfach nicht, wie ich jetzt weitermachen soll. Ich habe diesen Mann so geliebt und gewollt. Er hat in so vielen Punkten einfach komplett meinen Vorstellungen entsprochen und ich wollte mit ihm eine Familie gründen. Jetzt bin ich Mitte 30 und wieder Single. Und die Frage ist,ob ich je eine vernünftige Beziehung führen kann. Dabei ist mein sehnlichster Wunsch,eine eigene Familie zu haben. Und mit Mitte 30 habe ich nicht mehr viel Zeit. Und ich habe Angst, dass dieser Mann meine letzte Chance war.
Ist/war wer von euch in einer ähnlichen Situation? Wie habe ihr wieder Orientierung im Leben gefunden, zu euch zurückgefunden? Wie schafft man es, sich von jemandem loszulösen, der einem die Welt bedeutet? Was habt ihr gemacht, um euch selber zu verzeihen? Er ist der einzige Mensch, der mir wirklich nahe stand.
Danke fürs Lesen und für eure Antworten.
29.04.2018 09:49 •
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