Erster Beitrag von mir, muss mich erst mal ein wenig sammeln um dann aufzuschreiben was mir durch den Kopf geht. Ich entschuldige mich schon mal proforma, falls es ein wenig wild ist - mein Kopf und meine Gedanken fahren gerade eine ziemlich üble Achterbahn. Darüber zu schreiben hilft vielleicht ein wenig.
Kurz zu mir: Ich bin männlich, 33 Jahre alt, stehe fest im Leben mit gutem Job, Ehefrau, keine Kinder. 10 Jahre Beziehung, sechs davon als Ehepaar.
Seit ungefähr einem Jahr kriselt es massiv in meiner Ehe - sie möchte Kinder, ich nicht, ganz simpel eigentlich, jedoch löst dieser Konflikt immer wieder heftige Streits aus. Vom Typ her bin ich eher jemand der flüchtet, ich diskutiere gerne, jedoch will ich auch schnell meine Ruhe haben. Ich bin nicht glücklich in meiner Ehe, das habe ich durch das wovon ich berichten will mehr als deutlich gespürt.
Als beinahe digital-native habe ich immer schon gerne gechattet, schon als kleiner Junge als das Internet noch im Minutentakt abgerechnet wurde. Ich habe es dann lange nicht mehr gemacht, viele Jahre nicht. Ich habe mich dennoch im August diesen Jahres mal wieder bei einem Chat angemeldet. Einerseits aus Langeweile, vielleicht unbewusst aus Frustration, ganz genau kann ich es nicht sagen. In diesem Chat habe ich jemanden kennen gelernt - eine deutlich jüngere Frau. Wir haben uns erst ganz normal unterhalten, ein wenig hier und da geschrieben, Sympathie herrschte sofort. Wir haben Bilder ausgetauscht, die der Sympathie auf beiden Seiten keinen Abbruch getan haben. Das Ganze begann Mitte September etwa und hat sich recht schnell hoch geschaukelt, so dass der der Kontakt immer mehr wurde. Es gab keinen Tag an dem wir nicht von früh bis spät miteinander geschrieben haben. Da ich im Homeoffice arbeite konnte ich das immer recht gut während der Arbeit tun. Wir haben geskyped wenn meine Frau nicht da war, es war alles perfekt. Mit dieser viel viel jüngeren Frau hatte ich plötzlich wieder das Gefühl etwas wert zu sein, geschätzt zu werden. Sie hat zunächst eher spärlich Informationen über sich selbst preis gegeben, ich war da ein wenig offener aber ich hatte gehofft, dass sie es mir mit gleicher Münze zurückzahlen würde. Bis Heute kenne ich ihren Vornamen, die Stadt in der sie wohnt, ihr Alter und ihre Interessen. Und natürlich weiß ich wie sie aussieht - mehr weiß ich allerdings nicht. Keine Adresse, keine Telefonnummer, nur digitale Kontaktmöglichkeiten.
Für mich war das bisher okay, ich wollte sie nicht unter Druck setzen. Ein Treffen war nicht so einfach umsetzbar aus diversen Gründen aber mir hat es so schon gereicht für den Moment. Natürlich wuchs die Sehnsucht sie real vor mir stehen zu haben immer mehr und ich habe mich tatsächlich in diese Frau verliebt, bis über beide Ohren und so, dass mein Herz ungeahnt heftig geschlagen hat, so wie es es zuletzt vermutlich vor zehn Jahren getan hat. (Ob es damals so war habe ich in der Tat vergessen aber ich gehe mal davon aus. )
Ich habe sie also schreibend und sprechend immer besser kennen gelernt, habe viel über sie erfahren über das sie nicht gerne spricht, habe eine dunkle Seite aus Depressionen, Suizidgedanken und Bipolarer-Störung kennen gelernt, mit der ich, durch vorherige Beziehungen durchaus vertraut war. Natürlich wuchs so in mir eine gewisse Sorge um diese Frau heran - man möchte, dass es der Person, für die man so viel empfindet gut geht und ich hatte immer öfter den Eindruck, dass es ihr nicht gut geht, dass sie mir etwas verschweigt - und vermutlich sollte ich Recht behalten.
Seit 72 Stunden ist sie weg - wie vom Erdboden verschluckt, im wahrsten Sinne des Wortes offline. Manch einer mag sagen, 72 Stunden sind keine lange Zeit. aber wenn vorher nahezu jeden wachen Moment miteinander geteilt hat, fühlt sich das extrem lang an. Und ich sitze hier und kann keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich bin schockiert, wie gelähmt, mache mir unfassbare Sorgen und fühle mich hilflos. Natürlich denkt man in so einem Moment auch daran, dass sie den Kontakt abgebrochen hat, bewusst. aber solche Gedanken will ich nicht zulassen, es gab keinen Grund dafür.
Sie war am Morgen zwar nicht sonderlich gut gelaunt aber doch eigentlich ganz normal. Als sie etwa zwei Stunden nichts geschrieben hatte, habe ich sie gefragt ob alles okay wäre und als Antwort kam folgendes:
Mh, ich habe dir doch mal gesagt bzw. angedeutet, dass es für mich manchmal schwierig ist zu schreiben, bei bestimmten Stimmungen und so. Daran liegt es gerade, sorry.
Das ist die letzte Nachricht von ihr, geschrieben am 04.12.
Danach war sie nicht mehr online, meine Nachrichten an sie laufen ins Leere. Und ich sitze hier und drehe langsam durch.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht warum ich das hier rein schreibe, es bringt mir gerade nur etwas, dass ich es mal anonym loswerden kann.
07.12.2018 14:54 •
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