Hallo Bauernlümmel,
auch mich beschäftigt dein Schreiben schon die ganze Zeit und nachdem ich gelesen habe, dass heute der Tag sein soll, wurde mir beinahe schlecht.
Deine Geschichte holt tiefste Vergangenheit in mir hoch. In der ersten Zeit meiner Ehe erging es meinem Mann, wie es deiner Frau ergeht. Er hat alles offen mit mir besprochen und sein Wunsch mit dieser frau zu schlafen, war übergroß. Gleichzeitig wollte er nicht das Risiko eingehen, mich zu verlieren. Ich willigte ein, in der Hoffnung, dass er dann zur Ruhe kommen würde. Aber er kam es nicht. Wenngleich er nicht mehr mit der Frau Kontakt hatte, so war diese Unruhe, etwas außerhalb der Ehe zu finden, was er suchte, immer vorhanden. Er lebte sie nicht aus, aber er war nicht mehr derselbe, der er vorher war. Es folgte eine lange Ehe (30 Jahre). Sie war immer gestört von dieser Unruhe meines Mannes. Er verließ mich dann nach dieser langen Zeit wegen einer anderen Frau. Ich hoffe nur für ihn, dass er endlich gefunden hat, wonach er gesucht hat. Für mich ist jedenfalls eine Qual zuende.
Und was mich betrifft, bin ich letztendlich nie über diese Sache hinweggekommen. Ja, ich war auch stolz darauf, es ausgehalten zu haben, dass er so offen war und dass ich das Geschehen zugelassen habe.
Heute allerdings sehe ich das ganz anders. Heute erkenne ich, dass ich einen Teil von mir aufgegeben habe, um diese Beziehung zu retten. Das war der größte Fehler, den ich machen konnte.
Ich habe meine Würde aufgegeben.
Das ist das Schlimmste was man machen kann.
Ich bin der Ansicht, wenn deine Frau dich wirklich liebt und eine Beziehung zu dir haben möchte, dann wäre sie bereit, auf dieses Erlebnis zu verzichten. Sie wird auch ohne das weiterleben können.
Ich halte es für absolut notwendig, die Grenzen zu setzen, um deinet und um Ihret Willen. Das bewahrt eure Würde und gegenseitige Achtung.
Es ist keine besondere Leistung alles in einer Ehe auszuhalten, jeden Preis zu zahlen, nur um die Beziehung aufrecht zu erhalten.
Ich habe damals meine Seele verkauft und es hat nichts genützt. Im Ggegenteil. Ich habe meinem Mann gezeigt, dass er mit mir alles machen kann und dass hat sich dann im Rosenkrieg immer weiter fortgepflanzt. Der Preis, den ich gezahlt habe für mein damaliges Einverständnis, ist sehr hoch.
Was machst du mit dir? Du lenkst dich ab mit Arbeit.Wie wichtig nimmst du dich? Wie ernst nimmst du dich? Wo sind deine Grenzen? Deine Frau wird dich nur so ernst nehmen, wie du es selber tust.
Das Fremdgehen beginnt ja nicht erst im Bett. Deine Frau ist ja schon länger in fremden Gefilden unterwegs. Es ist also nicht der S., der das Entscheidende ist. Sie hat doch schon eine Beziehung zu dem anderen aufgebaut und Gefühle entwickelt. Soll das noch durch den S. gekrönt und gefestigt werden?
Und du gibst noch dein Einverständnis dafür?
Ich kann das nicht verstehen!
Nungut. Ich hab hier meine Erfahrungen aufgeschrieben. Du hast deine Geschichte und deinen Weg. Aber Liebe bedeutet für mich auch Verzicht, Verzicht von Erfahrungen, die ich machen kann, wenn ich alleine bin. Man kann nicht alles haben, ohne einen Preis zu zahlen.
Ich fühle wirklich mit dir, weil ich mich an diese Qual noch sehr gut erinnern kann.
Gruß
Renate
17.10.2004 12:36 •
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