Notlandung auf dem planeten IRRTUM - eine metapher

E
hallo ihr lieben,

neulich nachts sass ich auf meinem balkon und habe eines der unzähligen telefonate mit Gia geführt. wir unterhielten uns über unser jetziges leben und ich schaute so in den sternenhimmel und fing an zu erzählen, wie ich mein jetziges leben sehe, und wo ich stehe. daraus ist eine metapher geworden, die ich auf wunsch von Gia hier aufschreibe. ich mag diese art dinge zu um/beschreiben gerade dann wenn noch alles wirr im kopf ist und man emotional einfach abstand braucht, aber eine
bespiegelung zulassen muss, damit man weiss wo man steht.

der planet IRRTUM - geschrieben für Gia

meine trennung ist jetzt 1 jahr her und folgendes ist passiert. noch vor 1.5 jahren schwebte ich gemütlich auf meiner umlaufbahn und landete immer auf dem planeten erde, der mir hoffnung, mut, zuversicht und halt gab. jeden tag konnte ich ausschwirren und kam zurück, sah bei der landung aus meinem fenster und die erde war in ordnung, ich stieg aus und ich fühlte mich einfach nur gut.

dann eines tages begann plötzlich meine umlaufbahn ins routieren zu geraten und nur mit mühe und not schaffte ich meine tägliche landung auf die erde. es wurde immer schwieriger und kostete mich undendlich viel kraft. und dann, unerwartet und aus dem nichts ein schwarzes loch und ich wurde aus der mir bekannten bahn geworfen, kam in einen strudel aus dunkelheit und raste mit lichtgeschwindigkeit ins nirvana. keine ahnung wo mich mein raumschiff hintrieb, ich konnte es nicht mehr steuern, alle knöpfe und hebel die ich drückte gerieten ausser kontrolle. ich war fassungslos, kopflos, hatte angst, was passiert da. ich war doch 16 jahre ausgeflogen und ich dachte ich hätte alles im griff, meinen weg oft genug abgeflogen, meine instrumente mit der zeit gut zu bedienen gerlernt, so dass sie mir vertraut waren. und nicht in meinen kühnsten träumen war ich auf ein schwarzes loch gefasst, dass mich aus meiner umlaufbahn wirft, wie auch, ich war mir so sicher und jetzt das - MIR!

dieser irrflug hielt viele monate an und ich vergass raum und zeit, war nur damit beschäftigt, dass ich nicht das nächste schwarze loch erwischte. ab und zu sah ich nach draussen, da schwebte noch ein ausser kontrolle geratenes raumschiff, mit dem ich funkkontakt hatte. wir machten uns mut und beschlossen, wir könnten nichts tun, ausser auf eine landung zu warten. vor ca. 4 monaten landete ich, auf einem mir völlig unbekannten planten. ich sah hinaus und was sah ich, das raumschiff, welches mich die ganze zeit im irrflug begleitete und alles andere was ich da sah war entsetzlich. wir hielten weiterhin funkkontakt und beschlossen, dass jeder einmal realen kontakt mit dem neuen planeten aufnimmt, indem er sein raumschiff verläst aber einzeln, nicht zusammen, so dass, falls etwas passiert der andere helfen kann.

wie oft musste der andere einschreiten, weil der der hinaus ging, abstürzte, unzählige male.

jetzt sitze ich in meiner raumkapsel und habe dem planeten einen namen gegeben. er heisst IRRTUM. ich wollte hier nicht landen und wenn ich hinausschaue dann sehe ich soviele dinge, die ich bisher von der erde nicht kannte und die mich unendlich traurig machen, weil ich damit nicht umgehen kann. hier auf IRRTUM ist man allein auf sich gestellt. bei meinen erkundungsgängen traf ich viele monster, die es auf der erde nicht gab und ich somit auch nie gerlernt habe mit ihnen umzugehen, mich gegen sie zu wehren. sie sind darauf abgestimmt menschen zu degenerieren, zu verletzen, verletzen mit vorsatz. ich sitze da, schaue aus meiner kapsel und frage mich, was ist das denn für eine welt? war meine bisher immer zu heil und zu ordentlich. ich kannte keine monster auf dem planten erde, ich hatte mal die eine oder unsanftere landung bei den übungsflügen oder wenn sturm war, aber all das was ich jetzt sehe macht mir angst. ich würde am liebsten abhauen, aber aus irgend einem mir unerklärlichen grund sitze ich hier noch fest. ab und zu funktioniert der funkkontakt noch zur erde. ich funke raumschiff an erde und das einzige was ich mitbekomme ist, dass sich auf der erde auch einiges negative getan hat, denn meine basis scheint auch monsterhafte züge angenommen zu haben und ich weiss, dorthin kann ich aus meiner erkenntnis über die monster auch nicht mehr zurück.

aus der ferne höre ich etwas zu mir dringen, ich kann aber noch nicht genau sagen ob es stimmen sind, die mir vermitteln wollen, wie ich von IRRTUM wieder weg komme. ich verstehe es nicht, aber der tonfall lässt erahnen, dass sie mir nicht böse gesinnt sind, ich versuche vertrauen aufzubauen, welches mir abhanden gekommen ist auf dieser reise und nach dieser landung und bei dem was ich sehe auf IRRTUM. ich werde jetzt versuchen meine programme auf meinem bordrechner so abzustimmen, dass ich verstehe, was sie mir sagen wollen. das ist wohl meine einzige chance von diesem echt üblen planeten wieder weg zu kommen. auf die erde kann ich auch nicht wieder zurück, ich ahne, dass mich da auch nichts gutes mehr erwartet.

ich mache mich jetzt ans programmieren, werde herausfinden, was das für stimmen sind, was sie mir zu sagen haben und dann sehe ich weiter. auf welchem planten ich mal landen werde, keine ahnung, vielleicht heisst er GLÜCK oder LIEBE oder was weiss ich, darüber mache ich mir jetzt noch keine gedanken. jetzt muss ich zusehen, dass ich von IRRTUM weg komme, denn meine luft im der raumkapsel wird ziemlich dünn und ich kann mir keine energieverschwendungen mehr leisten, muss wohlüberlegt handeln, das ein oder andere wird sicher noch schief gehen beim umprogrammieren.

MEIN EINZIGER WUNSCH: ICH WILL WEG VON IRRTUM!!!

und du meine liebe Gia????? willst du das auch?????

sabs

05.08.2003 17:09 • #1


E
Liebe sabs,

Der Weltraum - unendliche Weiten...

Wir schreiben das Jahr 2003.
Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise - Sabs,
das mit seiner 1 Frau starken Besatzung fünf Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen.

Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die
Enterprise - Sabs in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.



Nein, liebe sabs, ich will dich nicht veräppeln, nimm es metaphorisch ;D.... wer neue Welten entdecken will oder gar muss, wird feststellen, dass es nicht immer nur schöne Dinge in der Galaxie des Lebens gibt.

Auf vielen Planeten der Lebens - Galaxie wohnen auch unterschiedliche Spezies, manche sind freundlich gesinnt, andere eher feindlich. Aber von allen kannst du lernen, und auch auf deinem Planeten Irrtum hast du was gelernt, nimm es mit auf deine Suche in den unendlichen Weiten des Weltraums, und geniesse die schönen, magischen, fremdartigen und vertrauten Dinge, die dir unterwegs begegnen werden.

Und irgendwann wirst du deinen Heimatplaneten finden, einen Ort wo es dir gefällt, und wo die dort lebende Spezies genau nach deinem Geschmack ist! ;)

Ich wünsch die viel Glück auf deiner Fahrt durch Weltraum, sag einfach Beam me up Scotty wenn du von irgendwo wieder wegwillst, und suche dir ein neues Ziel :D

Du wirst noch Gefallen daran finden, die unendlichen Weiten zu erkunden, glaubs mir! ;)



Sei geknuddelt von einer etwas frechen, metaphorischen

Thilde

05.08.2003 18:01 • #2


A


Notlandung auf dem planeten IRRTUM - eine metapher

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E
Liebe Sabs,

So betrachtet sind die Monster nämlich nur noch halb so erschreckend... Ich finde Deine „Metapher“ einfach köstlich weil sie das herauskitzelt, was Dir, mir und vielen anderen in schwierigen, möglicherweise abstrusen, paradoxen, unglaublichen, niederschmetternden, scheinbar ausweglosen, niemals vermuteten, schmerzlichen oder einfach nur derart umwälzenden Lebenssituationen eine ultimative Chance ist, alles in allem doch aufrecht durch dieses Panoptikum zu wandeln und dabei den ganzen komischen Spiralnebeln, schwarzen Löchern, lebensfeindlichen Planeten, Monstern und sonstigen Quälgeistern - erfüllt von einem befreiendem Lachen - die Stirn zu bieten. Danke für Deine Worte, Deine Zeilen!

Und wenn das nächste Mal so ein kleiner grüner vertraueneinflössender Zwerg vor mir steht, der aussieht als könne er kein Wässerchen trüben, dann kann er im nächsten Moment eventuell schon einer von der ganz berüchtigt gefährlichen Sorte Roter Riese sein   :-/ ...  ich werde dann wiedermal an Dich denken und an Deine Beschreibung von sowas ... Dir schnell einen Funkspruch schicken ... so etwa: „Gerade gelandet in unbekannter Galaxy, Planet mit augenscheinlich grünen Zwergen – vorsichtige Annäherung -Untersuchung mit aktiviertem Irrtumsdetektor eingeleitet“. Und wenn es dann tatsächlich so sein sollte - roter Riese statt grüner Zwerg, Atmossphäre nicht lebenstauglich - naja, dann denk ich nur dran, dass ich eben noch in meiner Raumkapsel sitze...  auf dem Weg zu einem vertrauten Boden.... ein vertrauter Boden ist VERTRAUT und das kommt nicht von ungefähr. Die Reise kann halt auch was länger werden, bis dorthin. Und in neuen Gefilden wissen wir nun mal von vornherein nie, was uns erwartet. Doch wenn wir uns darauf einstellen, dann reicht auch unsere Kraft, unsere Energie länger , weil wir vorbereitet sind.

Und schliesslich: es geht doch nicht nur uns so, liebe Sabs, ich glaube nämlich, der Raumkapselverkehr ist galaxienweit gar nicht so unbeachtlich ... ebensowenig wie die Aussicht auf glückliche Landung.

Der Planet Irrtum... ja da will ich auch weg und bitte nie wieder hin. Und dabei merke ich, dass es mir gerade ganz schön schwerfällt, schon wieder in die Kapsel zu müssen .... weiter geht es. Aber auf neuen Wegen zu vertrautem Boden gehört der Planet Irrtum wohl irgendwie dazu ... darauf zu landen ist – wenn wir ihn dann in erst in allen seinen Details erkennen müssen - ziemlich bitter. Aber ganz abgesehen davon dass so manche hilfreiche Medizin das auch ist - wenn ich es mir jetzt so überlege, mein Leben Revue passieren lasse: oft war IRRTUM auch erst das Tor in ganz andere Sphären. Und hinter Dir gelassen tut IRRTUM Dir auch nicht mehr weh...  Und das ist wirklich mal ein Prinzip, an das ich glaube, wonach ich auch für mich wirklich zu leben versuche, auch wenn das viel leichter gesagt als getan ist. Ich wünsche Dir und mir und allen, die es gerade nötig haben, dass wir es lernen, mit unseren Irrtümern zu leben, mit ihnen umzugehen, sie, uns  anzunehmen, nicht sie oder uns selbst zu verdammen, sondern, dass wir es schaffen, das Beste für unser (Miteinander)Leben draus zu machen.

Einen Gutenachtgruss an alle und
eine dicke Umarmung für Dich, liebe Sabs!

Gia

05.08.2003 23:49 • #3


E
Woaw! Meine liebe Sabs...
Wunderbar, hast Du das formuliert! Dieser Text ist es wert, mehrmals mit Achsamkeit gelesen zu werden... und beinhaltet so vieles von dem, was sich jeder selbst annehmen kann!

So werde ich auch keinen Kommentar, keinen Statement dazu abgeben, sondern einfach Deine Worte aufnehmen und wirken lassen.

Danke!

Dom

06.08.2003 07:36 • #4


C
Liebe Sabs,
deine Gefühlszustände in den Weltraum zu projizieren ist dir toll gelungen. Wobei ich mich nicht bei Enterprise wiederfinde, wie Thilde schreibt, sondern mich eher als David in Odyssee 2001 empfinde, der zwar Hal 9000 abgeschaltet hat um sein Leben zu retten aber dann in die Phase der Reinkarnation eingeschwenkt ist. Vielleicht hatte Kubrick auch ein Verlassenwordenerlebnis was ihm zu diesem Film inspirierte.
David musste sich in totaler Einsamkeit von seinem einzigen Freund, Hal 9000 trennen, weil der Computer ihn sonnst eliminiert hätte. Danach trat er in eine Phase der totalen Veränderung seiner selbst ein. So fühle ich mich gerade. Da hilft kein Ablenken sondern nur tiefes Eindringen in sich selbst um dann ein neues Leben beginnen. Man muss ja nicht gleich zu einem Weltraumwesen mutieren. Na ja vielleicht geht auch gerade meine Phantasie mit mir durch. Nichtsdestotrotz, deine Metapha ist echt gut.
Liebe Grüsse Capricorn

06.08.2003 09:21 • #5


E
Hier ist Planet Irrtum und so wird mit mir verfahren:

Man nimmt Funkkontakt auf, landet auf mir, läuft auf mir herum, erkundet mich, hält sich so lange bei mir auf, wie es der Ein-Personen-Besatzung gefällt.
Ich habe Zonen, in denen die Besatzung Zuflucht suchen kann und in denen ich ihr Unterschlupf gewähre, ich lasse die Besatzung sich einrichten, so daß sie sich wohl fühlen kann. Aber natürlich gibt es auch einige Bereiche auf meiner Planetenoberfläche, welche die Besatzung wegen schlechter Erfahrungen auf dem Heimatplaneten Erde meidet, und die ihr nicht gefallen.
Ich lasse die Beatzung Gesetze errichten, die ich vorher nicht kannte, die ich aber für sinnvoll erachte und somit auch auf meinem Planeten etabliere. Ich bin der Planet, der einfach da ist, der auch in schwierigsten Situationen das Raumschiff fest verankert.

Doch was geschieht??
Die von der Besatzung erstellten Gesetze werden nach einiger Zeit von ihr selbst gebrochen. Und die Besatzung behauptet, daß ich daran schuld sei und gibt mir den Namen Irrtum. Die Besatzung macht die Leinen los, stellt den Funkkontakt ein.

Dabei wollte sie mich als Planeten nie verlieren.

Schade

Velazquez

P.S.: Das Leben ist eine stetige Aneinanderreihung von Enttäuschungen (Der Bastian)

06.08.2003 09:28 • #6