Liebe Menschen in diesem Forum,
ich habe mich in meiner schlimmsten Zeit hier um einen Login bemüht. Gerne und viel habe ich mir die Erfahrungen und Gefühle meiner Leidensgenossen und -innen reingezogen. Das hat mir zumindest das Gefühl gegeben, nicht der einzige Mensch auf dieser Erde zu sein, der verlassen wurde. Dafür meinen herzlichsten Dank!
Und natürlich meine Geschichte, die ich Euch zu schulden glaube...
Bei mir ist es im letzten Sommer passiert. Nach 7 Jahren Beziehung (6 davon verheiratet) habe ich die Rechnung bekommen. Ja, wir haben recht schnell geheiratet. Ich war damals 29 und sie war 24! Für uns war es damals klar, dass wir das Leben miteinander verbringen wollen. Wir haben zusammen mit anderen in einem Bauernhaus gelebt. Die Idylle war ideal: Natur, gemeinsamer Hund, Schafe, etc.
Unsere Tochter wurde im selben Jahr geboren, in dem wir und die Ehe schworen. 2 Jahren später kam unser Sohn auf die Welt. Ich, mehrfaches Scheidungskind, hatte einen hohen Anspruch an Familie. Wollte alles besser machen. So habe ich mich, bis aufs Stillen , intensiv mit um die Kinder gekümmert. Auch ein Erziehungsurlaub-Jahr habe ich mir gegönnt.
Da sich mein Arbeitsplatz entfernungsmäßig geändert hatte, überlegten wir gemeinsam, ob es sich lohnen würde, ein kleines Haus zu kaufen. Wir haben tatsächlich eines gefunden. Uns war vorher klar, dass viel Arbeit und Zeiten mit wenig Geld auf uns zukommen. Auch, dass unsere Ehe dadurch eine Belastungsprobe erfahren wird. Im Nachhinein mußte ich leider erfahren, dass ich seit längerer Zeit alleine gekämpft hatte. In meinem Job bin ich oft abends bis 23 Uhr unterwegs. Dafür habe ich auch unter der Woche tagsüber frei. Eigentlich ein ganz normaler Job mit 38,5 h die Woche. Meine Ex-Frau wurde immer unzufriedener mit sich und ihrem (unserem) Leben. Allerdings hatte sie nie wirklich formuliert, was eigentlich das Problem war. Wir hatten in diesen 4 Jahren einiges in unserem Häuschen mit Garten auf die Beine gestellt. Es war viel Arbeit, aber von nix kommt bekanntlich nix. Ich kam selbst auch an meine Grenzen, da im Job ein Kollege ausfiel und ich über lange Zeit einiges auf meinen Schultern zu tragen hatte. Dann komm ich abends heim, und treffe auf eine unzufriedene, nörgelnde Ehefrau. Wir haben viel gesprochen, um die Gründe für ihre permanente Unzufriedenheit zu ergründen. Allerdings wurde ich leider nur mit Unwahrheiten versorgt. Wo der Hase begraben lag, sollte ich erst später erfahren. Im Juli letzten Jahres beschlossen wir, den Kindern eigene Zimmer zu bauen. So machte ich mich ans Werk und baute im 1. Stockwerk aus einem größeren Zimmer zwei kleinere Kinderzimmer. So richtig mit Fenstersetzen und enormen Aufwand. Als ich damit fertig war, sagte sie, dass sie mich nicht mehr lieben würde. Ich war natürich geschockt, da ich hoffte, dass unsere Krise nur vorübergehend sein würde. Habe ihr erzählt, dass sie sehen sollte, was wir in kürzester Zeit mit wenigen Mitteln auf die Beine gestellt hätten. Habe ihr klargemacht, dass ich sie über alles liebe und mit ihr leben möchte. Abgesehen davon haben wir zwei wunderbare Kinder, die eine Trennung der Eltern nicht durchmachen sollten. Ich konnte es einfach nicht verstehen, dass sie so eine absolute Aussage macht. Dann kam die Zeit mit dem Sofa, auf dem ich zu viele tieftraurige Nächte verbrachte. Ich fühlte mich verarscht, denn ich merkte, dass ich das ganze letzte Jahr nur noch ihren Unzufriedenheitszuständen hinterher gerannt bin. Seit einem Jahr vor der Trennung ging sie zu einer Psychotherapeutin. Was ist eigentlich das Problem. Dann sagte sie, sie müsse merken, dass sie mich vermisst, wenn ich nicht da bin. Also setzte ich mich in den Sommerferien auf mein Motorrad und fuhr weinend, die Gitarre auf dem Rücken und ein paar frische Unterhosen im Gepäck, Richtung Italien. Vorher hatte ich mich bei den Kindern verabschiedet und sie bei den Nachbarn abgestellt. Wenn sie in einer Stunde heimkommt, würde sie mich nicht mehr vorfinden. Auf meiner Fahrt Richtung Süden hielt ich immer wieder auf LKWs zu, traute mich aber zum Glück nicht ... Stattdessen beschloss ich zu überleben! Mir ging es trotzdem so schlecht, wie noch nie zuvor in meinem Leben. Ich vermisste meine Frau, meine Kinder, mein Leben ... Es war, als würde ich meinem Leben davonfahren. Ich schaffte es nichteinmal bis zur Grenze, da sich ein technischer Defekt an meinem Motorrad einstelllte. Ich fuhr zurück und beschloss, zu meinem Freund, dem Freund der Familie und Mitmusiker über 13 Jahre, zu fahren. Er ist recht gut mit meiner Frau befreundet und ich vertraue ihm blind. Dort angekommen, erklärte er mir, was eigentlich los war. Als ich das letzte Mal Nachtdienst hatte, war sie bei ihm und hatte eine Flasche Calvados dabei. Die Kinder schliefen bei ihrer Mutter. Er sagte, dass meine Frau ihm Liebeserklärungen gemacht hatte. Sie hätten sich geküsst. Er hatte mitgemacht, weil er besoffen und einsam war. Ich war entsetzt! Bedankte mich für seine Ehrlichkeit und fuhr schnurstracks und viel zu schnell nach Hause, um sie zur Rede zu stellen. Die beiden hatten mein blödes Vertrauen schamlos ausgenutzt, sich ineinander verliebt. Keiner der beiden hatte es sich zugestanden. Sie hatte es so gut es ging, aus Verantwortungsbewußtsein unterdrückt. Kein Wunder, dass sie mir nicht sagen konnte, was los war. Ich kämpfte 2 weitere Wochen vergeblich gegen Windmühlen! Der Mann, der auf unserer Hochzeit das Klavier spielte, mit dem ich 13 Jahre meines Lebens befreundet war, dem ich blind vertraute,... war jetzt am Zug! SUPERGAU !!!
2 Menschen die ich liebe hatten sich gegen mich verschworen! Ich wohnte die nächste Zeit im VW-Bus und bei verschiedenen Leuten. Nach den Ferien ging ich wieder arbeiten. Lief herum, wie ferngesteuert. Befand mich in einem Zustand, in dem ich extrem bei mir selbst war. Ich habe mich nicht betrunken, oder anderweitig benebelt. Ich wollte es mir bewußt reinziehen, da ich den Schmerz so am besten loswerden würde. In dieser Streunerzeit war ich viel unter Menschen. Ich lernte eine Frau kennen, die sich meiner annahm. Immer wenn wir uns trafen, fragte sie mich, wie es mir gehe, etc. Unsere Gespräche waren sehr intensiv und sie gab mir das Gefühl, wenigstens interessant zu sein. Es ergab sich eine besondere Beziehung. Eine Art spezielle Menschenliebe. An S. war bei mir eh nicht zu denken, da meine Verfassung meine Libido und alle physischen Voraussetzungen gekillt hatte. Um das Ganze hier abzukürzen... Ich bin immer noch mit dieser Frau zusammen. Ich liebe sie! Ich weiß nicht, wie oft ich sie von mir weggeschickt habe, seit wir uns kennen... Sie ist nie gegangen! Sie hat tatsächlich alle meine (oft extremen) Trennungsphasen mitgemacht! So gesehen bin ich, obwohl ich nicht auf der Suche nach einer neuen Partnerin war, weich gefallen. Ich weiß, dass es so etwas eigentlich gar nicht gibt. Keine Frau sucht sich einen gestrauchelten Noch-Ehemann um ihn aus Spass an der Freude aufzupäppeln! Ich denke auch, dass das nur möglich war, weil ich ihr nichts vorgemacht habe. Sie wußte, dass ich noch nicht drüber weg bin und meine Frau immer noch liebte. Jetzt, etwas über 1 Jahr später, weiß sie, dass ich sie liebe und gleichzeitig eine Ex-Frau habe, mit der mich wohl trotzdem ein Leben lang etwas verbinden wird, und wenn es nur die Kinder sind. Sie weiß auch seit Anfang an, dass ich mir nach der Geburt meines Sohnes, die Samenleiter durchtrennen ließ.
In meiner Ehe habe ich mich nur einer Illusion hingegeben. Die Ehefrau war wohl doch nicht so gut, wie ich dachte. Ich hätte mir Ehrlichkeit und Treue erwartet. Laß uns das Haus wieder verkaufen! UNsere Liebe zerbricht daran! UNd such dir bitte einen anderen Job, denn ich brauche dich daheim! Diese Sätze sind nicht gefallen... Schade, wieder eine Ehe, die am sog. Klassiker zerbrochen ist. Wir wollten es doch besser machen, wie all die anderen, die am Alltag zerbrechen ...
Ach ja, das Notfallpaket kam von meinem Chef, der diesbezüglich auch schon einiges hinter sich hat! Er legte mir eine Bob Dylan CD (Blood on the Tracks) und das Buch Eisenhans von Robert Bly auf den Tisch! Dafür bin ich ihm sehr dankbar! Diese Dinge haben mir mehr gebracht, als meine Anti-Depressiva und die 5 Sitzungen beim Psycho.
Ich wünsche Euch allen Alles Gute! Manchmal ist man (zum Glück) gezwungen, das Gute in der Hölle zu erkennen! Bleibt offen für das Leben und kommt wieder auf die Beine!
Dieses Forum ist superwichtig, weil es uns die Möglichkeit gibt, unser Selbstmitleid auszuleben, ohne uns allein fühlen zu müssen. Es ist wichtig, dass man bewußt leiden kann ! Es ist gut!
Der Bluesman, der hoffentlich nicht wirklich einer wird
PS: Meine Ex und mein Ex-Freund sind seither ein Paar. War klar, dass das so kommen würde. Meine Kinder sehe ich zum Glück recht oft. Allerdings fühle ich mich in diesem Punkt sehr beschnitten. Es ist verdammt hart, wenn man nicht mehr mit seinen Kindern zusammen leben darf ...
Ich fühle mich mittlerweilen dennoch recht stabil. An Weihnachten werden die Kinder bei mir sein. Das Fest der Familie. Ich rechne trotzdem, dass ich zur Weihnachtszeit nochmal sehr traurig sein werde. Aber das gehört wohl dazu ...
04.11.2005 14:56 •
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