Liebe Tierfreundin,
vor etlichen Jahren war ich in genau derselben Situation wie Du. Mein damaliger Freund hat mich während unserer über fünfjährigen Beziehung auch immer nur hingehalten, lehnte es ebenfalls stets kategorisch ab, mit mir zusammenzuziehen.
Auch er war lange Zeit arbeitslos, hatte als Einzelkind ein äußerst angespanntes Verhältnis zu seiner Mutter und auch sonst nicht allzu viele Menschen um sich, die die Bezeichnung Freund wirklich verdienen. Auch er nörgelte nur herum, bekam in Restaurants angeblich Panikattacken bzw. nach seinen eigenen Worten sog. Oberföne ::), kam bei mir vorbei, wann es ihm gerade passte, traf sich immer noch - angeblich platonisch - mit meiner Vorgängerin und anderen angeblich platonischen Freundinnen, hatte aufgrund seiner geltungssüchtigen Art auch Schwierigkeiten in Vereinen, in denen er ehrenamtlich tätig war (ein älterer Mann aus einem der Vereine hat mich sogar einmal gefragt, wie ich mit so einem schwierigen Menschen überhaupt auskäme, ich sei doch ganz anders, viel umgänglicher und verträglicher :-[) etc.
Trotz alledem habe auch ich es damals nicht geschafft, mich von mir aus von ihm zu trennen, teils weil ich meinte, ihn nicht im Stich lassen zu dürfen und irgendwann noch meinen Lohn für meine Bemühungen zu bekommen, hauptsächlich aber wohl deswegen, weil ich damals noch an so vielen anderen Fronten gekämpft habe (immer wieder Sorgen wegen meiner schon recht alten, seit Jahrzehnten schwer kranken Mutter; Schwester mit psychischen Problemen, die sich bis heute nicht behandeln lassen will und die ganze Familie, vor allem unsere Mutter, tyrannisiert; außerdem hatte ich damals auch noch eine Chefin, die ich andauernd vertreten musste und die mich nach Strich und Faden ausgenutzt hat). Vor dem Hintergrund dieser Nebenkriegsschauplätze kamen mir die wenigen schönen Momente mit meinem damaligen Freund wie Lichtblicke vor, und ich habe mir nicht zugetraut, dass ich eine Trennung psychisch verkraften würde. Obwohl mir mein Verstand schon damals gesagt hat, dass es besser für mich wäre und er mich in Wirklichkeit nie geliebt hat. Heute bedauere ich es sehr, dass ich damals nicht von mir aus Schluss gemacht habe!!! Ich fühlte mich insgesamt zu erschöpft dazu, habe aber im Grunde alles dadurch nur noch schlimmer gemacht.
Und dann bekam ich natürlich auch prompt die Quittung für meine Zögerlichkeit und Eselsgeduld:
Mein Freund fand schließlich eine gute Stelle; im Grunde hätten wir nun ohne Weiteres zusammenziehen und heiraten können. Dann lernte er aber bei der Arbeit eine Praktikantin namens (angeblich) Monika (wenn auch nicht Lewinsky ;)) kennen, die sich angeblich sehr um ihn bemüht hat (ich wüsste mal gern, wo und wie ... :-X ;)). Schließlich traf er sich hinter meinem Rücken mit ihr, man landete innerhalb kürzester Zeit miteinander im Bett, und bei der Trennung im April 2005 bekam ich zum Dank für alles von ihm noch zu hören: Früher oder später hätte ich dich sowieso wegen einer Jüngeren verlassen! und Ich habe zeitweise nicht hinter unserer Beziehung gestanden. Ich bin knapp vier Jahre älter als er, höre aber immer wieder von anderen und habe vor der Trennung auch von ihm immer wieder gehört, dass ich mindestens fünf bis sieben Jahre jünger aussehe als ich bin (jetzt 44). Meinen Kinderwunsch, den er zu Beginn der Beziehung noch kräftig geschürt hatte, konnte ich damit auch endgültig begraben, was besonders weh getan hat. Erst jetzt komme ich allmählich darüber hinweg und kann mich wenigstens halbwegs mitfreuen, wenn Frauen in meinem beruflichen oder sonstigen sozialen Umfeld schwanger sind.
Die letzten zwei Jahre nach der Trennung waren zwar hart für mich, aber ich habe sie überlebt. Beruflich hat sich durch einen Wechsel des Arbeitsplatzes vieles gebessert. Die familiären Probleme haben sich nicht gebessert, sondern was den Gesundheitszustand meiner mittlerweile 82-jährigen Mutter betrifft, eher verschlechtert (letzten Winter war sie vier Monate lang nur mit kurzen Unterbrechungen im Krankenhaus, über Weihnachten/Neujahr ging es ihr so schlecht, dass ich schon mit dem Schlimmsten gerechnet habe, aber sie hat sich zum Glück wieder bekrabbelt). Aber auch diese Probleme habe ich ohne meinen Ex gemeistert, und mir ist klar geworden, dass er mich dabei, wenn wir noch zusammen gewesen wären, sowieso nicht unterstützt, sondern sich wie immer verp.... (sorry!) hätte. Ich habe vor unserer Beziehung ohne ihn gelebt und kann auch jetzt ohne ihn leben. Ich hätte dies alles nicht so lange mitmachen dürfen, werfe mir dies auch vor, kann es aber nicht mehr rückgängig machen und deshalb nur für die Zukunft daraus lernen. Und ich hoffe, dass mir trotz meines fortgeschrittenen Alters und einiger Kilos zuviel in diesem Leben doch noch einmal eine richtig gute, dauerhafte Beziehung (am liebsten Ehe) mit einem liebevollen und einfühlsamen Partner vergönnt sein wird, und das möglichst nicht erst im Seniorenheim. ;) :-/
Auch hoffe ich sehr, Tierfreundin, und wünsche Dir von Herzen, dass Du mutiger bist als ich es war und Dich schnellstens zur Trennung von Deinem Freund aufraffen kannst, der Dich ganz offensichtlich ebenfalls nur hinhält und ausnutzt. Nach Deinen Ausführungen habe ich den Eindruck, dass Du von Deiner Beziehung genauso wenig zu erwarten hast wie ich damals von meiner. Erspar' Dir den Kummer, eines Tages von Deinem Freund verlassen und gegen die erstbeste andere Frau ausgetauscht zu werden, die ihm über den Weg läuft, womöglich noch die Früchte Deiner Bemühungen erntet und dann über Dich triumphiert.
Ich wünsche Dir alles Gute, und dass Du eines Tages einen wirklich liebevollen Partner findest, der Deine Gefühle erwidert.
Ariadne
23.06.2007 17:27 •
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