Hi,
Nachdem ich deine Situation gelesen habe, würde ich dir gerne meine Geschichte erzählen.
Ich bin Mitte 40 und dieses Thema triggert mich offensichtlich noch immer.
Völlig wertfrei möchte ich dich bitten Folgendes auf dich wirken zu lassen. Evtl verändert das ja ein bisschen Deinen Blickwinkel.
Ich war ca 10 Jahre alt, als ich nach der hässlichen Scheidung meiner Eltern meine jeweiligen Stiefeltern kennenlernen „durfte“.
Monika war die neue Frau meines Vaters. Sie brachte zwei weitere kleine Jungs mit in die Partnerschaft und ich musste mich fügen.
Klaus war der neue Partner meiner Mutter. In dieser Partnerschaft wurden recht schnell noch zwei neue Kinder gezeugt.
Ich lebte bei meiner Mutter und ihrer neuen Familie, aber war da völlig fehl am Platz. So freute ich mich anfangs, also jedes zweite Wochenende bei meinem Vater zu sein. Dort erhoffte ich mir Zuneigung, liebe und Verständnis.
Leider aber bekam ich diese dort nicht.
Ich wurde traurig, unzufrieden und vor allem anhänglich.
Meinen Vater und Monika hat das nicht interessiert.
Ich bekam da mein Zimmer und wurde angehalten mich mit mir alleine zu beschäftigen. Monika und mein Vater forderten ihre „me-Time“ ein und setzten diese knallhart durch.
Ich musste um acht ins Bett und durfte morgens um neun erst wieder aufstehen.
Ich erinnere mich noch wie ich einmal bei meinem Vater auf dem Schoß saß und sie sagte „so, jetzt gehst du da mal weg, jetzt bin ich dran.“ und setzte sich auf seinen Schoß. Er ließ es geschehen.
Ich habe das alles irgendwie gar nicht verstehen können und die Tatsache, dass ich mich noch immer daran erinnere, zeigt wie sehr es mich verletzt und vor allem geprägt hat.
Mein Vater hat das alles zugelassen. Gespräche die ich nicht hören durfte, wurden einfach auf englisch fortgesetzt. Irgendwann wurde fast nur noch englisch gesprochen und ich verstand - mit 10 Jahren - kein Wort.
Ich suchte immer wieder seine Nähe und wurde immer wieder zurückgewiesen.
Das hatte zur Folge dass ich irgendwann im Laufe der Zeit angefangen habe Intrigen zu knüpfen.
Monika wurde mein Feind.
Meinen Vater hat das nicht interessiert. Und so größer mein Schrei nach Liebe wurde, desto mehr wurde ich zurückgewiesen.
Ich wollte körperliche Nähe, einen starken papa, der mich lieb hat und mir zuhört.
Sie war immer dabei. Immer. Ich hatte ihn niemals auch nur eine Minute für mich.
Mir kommen noch immer die Tränen, wenn ich mich zurück erinnere und je mehr ich hier schreibe desto mehr fällt mir ein.
Ich mag aber deinen Thread nicht sprengen.
Weißt du, ich habe mich damals in eine Richtung entwickelt, die weder mir, noch meinem Vater, noch Monika gut getan haben. Im Laufe der Jahre habe ich richtig rebelliert und wurde laut Monikas Aussage zum Horror Kind.
Sie mag recht haben, aber ich bin fest davon überzeugt, dass es auch hätte anders werden können.
Mein Vater hat mich nicht sehen wollen . Ich war ein Störfaktor auf beiden Seite und habe nach Liebe gebettelt. Ich hätte sie so gebraucht.
Ich habe Monika irgendwann gehasst. Sie sind mittlerweile schon lange geschieden, aber sie wird nicht müde, sich noch heute alle paar Jahre bei mir zu entschuldigen. Sie hat es einfach nicht besser gewusst und war eifersüchtig auf mich. Verrückt oder?
Das Verhältnis zu meinem Vater ist bis heute massiv Gestört und die Narben die diese ständigen Ablehnungen hinterlassen haben, quälen mich bis heute.
Die kleine ist 10. Sie fordert im Moment die 100% Aufmerksamkeit ihres Vaters. Gerade Mädels in diesem Alter zehren ein Leben lang von Erlebnissen in dieser Zeit.
Ob es normal ist dass sie in dem Alter noch bei ihrem Vater schlafen möchte, mag ich nicht beurteilen. Was ich aber sicher denke ist, dass sie eifersüchtig auf dich ist.
Sie möchte an deiner Stelle sein. Du bist in ihren Augen eine fremde und ein Eindringling.
Sie duldet dich, da ihr Papa dich liebt.
Was aber in ihr vorgeht, weißt du
nicht.
Fakt ist aber eins. sie ist zehn. Sie wird älter. Spätestens wenn sie ihre Periode bekommt und ihre Weiblichkeit entdeckt, wird sich alles ändern. Bis dahin braucht es aber wahrscheinlich noch eine Weile und aktuell wird sie das grundvertrauen brauchen, dass ihr niemand ihren Papa wegnimmt.
Und da bist meiner Meinung nach du am Zuge.
Wie ich lese, habt ihr getrennte Wohnungen.
Was spricht dagegen, dich während der Papa Tochter Zeit ein wenig zurückzuziehen und die Zeit für dich zu nutzen?
Warum gibst du den beiden nicht ihre Zeit und fährst mit ner Freundin ein paar Tage in den Urlaub?
Wieso nutzt du nicht jedes zweite Wochenende um Dich ein wenig um
Dein Leben zu kümmern?
Es ist nur win/ win. Dein Freund steht nicht zwischen zwei Stühlen, die kleine bekommt die Aufmerksamkeit die sie gerade braucht und du musst dir das nicht ansehen und triffst ihn entspannt und ausgeglichen wenn die kleine zurück bei ihrer Mama ist.
Auch dass sie keine Freunde treffen möchte klingt für mich plausibel. Ich denke, dass sie aufpassen möchte dass du nicht ihren Platz einnimmst und ihr ihren Papa wegnimmst.
Dieses gefühlt ist so fürchterlich. Ich denke dass die kleine massiv eifersüchtig ist und rate dir dringend dagegen zu lenken.
Wenn ihr euch liebt und das ganze Zukunft haben soll, dann rate ich dir zu erkennen, dass es nur ein paar Jahre sind die es braucht um das Vertrauen der kleinen zu erlangen.
Klar, das braucht Zeit und Geduld, aber was sind ein paar Jahre gegen eine Stieftochter, die versucht euch das Leben schwer zu machen?
Und wer weiß, vielleicht wird sie irgendwann, in ein paar Jahren ja auch sowas wie eine Freundin?
Ich meine es nur gut. Wirklich. Aber ich weiß wirklich wovon ich spreche.
Ich wische euch alles erdenklich Gute.