Zitat von Tanja1971:@E-Claire
Nicht wütend sein
Das ist doch verschwendete Lebenszeit...und schon der 2.Tag
So hat jeder eine andere Sicht auf die Dinge.
@Tanja1971 Danke Dir, hab mich eh wieder eingekriegt. War auch einfach nur total sauer auf mich selbst, aber im Nachhinein gesehen war das schon auch richtig gut. Nachdem ich jahrelang Drama veranstaltet habe, weil man nun eben gerade am Anfang einfach nur wiederholt, was man als Kind von anderen gelernt hat, hab ich die totale Abneigung dagegen entwickelt. Immer schön ausgleichend, wertschätzend und nett... (auch eine Wiederholung von bestimmten Mustern, es kann ja immer nur einer Drama machen und als Kind ist und bleibt man körperlich unterlegen).
Erst hab ich Zeit damit zugebracht, echtes Mitgefühl für andere zu entwickeln, dadurch mehr Mitgefühl für mich selbst, was wiederum mein Mitgefühl für andere bestärkt hat usw. und nun bin ich grad inner Phase, wo es halt um Abgrenzung geht. Es gibt Situationen, da kann ich das sehr gut. Und in anderen lerne ich grad laufen. Weil laufen lernen mit Hinfallen verbunden ist, schaffe ich es dann noch nicht immer die Balance zu halten.
Und was habe ich gelernt? Ich finde Verallgemeinerungen total doof. Über Klischees kann ich lachen, bediene mich manchmal auch ganz gern dieser. Aber Verallgemeinerungen sind offensichtlich etwas bei dem mir dann doch auch mal die sprichwörtliche Hutschnur reißt.
Das Ding war halt, die kamen immer mal wieder und jedes Mal, wenn ich so eine gelesen hab, dann hab ich nichts dazu gesagt. Am Anfang, weil ich dachte, naja, wütend sind wir alle mal. Dann in der Hoffnung, daß sich das von alleine gibt.
Und genau an der Stelle hab ich nicht gecheckt, daß da bei mir Konfliktvermeidung anfing, bei einem Thema, auch nicht ganz gecheckt, daß für mich sehr wichtig ist.
Dann gab es noch ein oder zwei Situationen, in denen ich nix gesagt habe und eigentlich ist mir erst so richtig aufgefallen, wie wütend ich auf mich selbst bin als @Amyontour mich mit ihrer Frage direkt drauf gebracht hat.
Weißt Du, dieses Muster andere herabzusetzen, weil man sich selbst ganz klein fühlt, triggert mich offensichtlich noch immer. Ist ein Kindheitsding, habe ich, siehe oben Stichwort gelernt ist gelernt, durchaus lange selbst so praktiziert, nur daß ich wirklich nie aus meinem inneren Kern heraus so sein wollte. War viel Arbeit und viel Zeit, das überhaupt ein bisschen zu überwinden. Deshalb dann auch diese Löwenmutterhaltung, ROAR und eins mit der dicken Tatze über den Schädel gezogen.
Was an der Stelle dann hinzugekommen ist, war diese gesellschaftliche Komponente. Ich habe das große Glück, einen Freundeskreis zu haben, der ganz unterschiedliche selbstgewählte und nicht so selbst gewählte Lebenskonzepte, Überzeugungen und eben auch Identitäten (wohl eher nicht selbst gewählt) beinhaltet. Das ist von der heteronormen Bobo-Mami (gibts die überhaupt oder hat die die SZ erfunden) bis zum Transgender-Mensch ne ziemliche Bandbreite dabei. Und ja, alle von denen bashen ab und zu den weißen, hetero-s.uellen, westlich aufgewachsenen Mann, wenn auch aus den unterschiedlichsten Motiven. Es ist nur, wehret den Anfängen.
Ich bin die erste (nun ja wir haben gesehen, daß ich vermutlich erst die dritte oder vierte bin), die als Frau aufschreit, wenn es heißt alle Frauen sind Schl.ampen, nur weil Frau sich vorbehält mit jemandem in die Kiste zu steigen, der anderweitig vergeben ist, nicht gleich geheiratet werden will oder auch ansonsten irgendwie ne Meinung hat. Und da sind wir noch überhaupt nicht bei der Differenziertheit unserer Welt. Da reden wir noch nicht über andere Schlafzimmer-Orientierungen, die Frage, ob eine 40hWoche als Arbeitnehmer, die zumeist eine 50h Woche ist, so wahnsinnig zielführend ist, oder über physische und psychische Erkrankungen, die, egal ob wir das wahrhaben wollen oder nicht, nun einfach jeden, jederzeit treffen können.
Aber wenn ich die erste bin, die sagt alles schl.ampen außer Mutti geht gar nicht, dann geht die Nummer alle Männer sind nun ja, was auch immer, eben auch einfach nicht. Nicht weil ich nicht verstehen kann, daß man in der tiefsten Wut nicht doch mal so etwas sagt, sondern weil kein Mensch das Recht hat, andere Menschengruppen, basierend auf Geschlecht, Herkunft, Aussehen, Bildungsstand oder Lebenskonzept abschätzig zu behandeln, diese zu kommentieren oder eine solche Aussage zu treffen.
Wenn dort gestanden hätte, daß Zweiradfahrer nen Käse-zauberstab hat, hätte ich das vielleicht nicht besonders geschmackvoll gefunden, aber hey.
Aber das war eben nicht die Argumentation.
@Katzenmosaik ich freue mich sehr, daß Du einen schönen Geburtstag hattest. Schau, ich würde mich gern entschuldigen, daß ich Dir so die Tatzen um die Ohren gehauen habe, aber das Ding ist, dass ich das nicht kann. Hab heute in Ruhe noch mal meine Beiträge in der Sache gelesen und stehe hinter jedem einzelnen.
Was ich aber überlegt habe... Sag mal, hast Du schon mal drüber nachgedacht, ein Dankbarkeitstagebuch zu führen?
Alles, was Du brauchst sind Zettel und Stift (da mußte nicht mal zu Fuß gehen ). Schau, ich bin in der Schule auch gemoppt worden und dünn war ich nie (wobei mich das daran gehindert hat dick zu werden... ), ich hab auch ein paar Dinge erlebt, die jetzt eher weniger in Hollywood gezeigt werden. Vielleicht schreibe ich Dir ja irgendwann mal die ganze Geschichte.
Dennoch, trotz all der Dinge, trotz all Deiner Einschränkungen, trotz all Deiner Beharrlichkeit, daß dieses oder jenes nicht geht weil...
Ein Dankbarkeitstagebuch, eine Spalte, was Dir allgemein am Tag etwas bedeutet hat und eine Spalte für eine klitzekleine Sache pro Tag, die Du selbst gut gemacht hast.
Warum? Weil Du in einem Land lebst, was womöglich voll ist von Leuten, die eine blödsinnige Meinung über ALG2 haben, aber Du lebst in einem Land, welches solche existenzsichernden Maßnahmen (mehr isses ja dann auch nicht) hat.
Weil Du ein Leben lebst, in dem Du zwar grad keinen Zugang zu Haustieren hast (na geh), aber die Erfahrung schon machen durftest, wie das wäre.
Weil Du leider MS hast, aber in einem Land lebst, daß die medizinische Versorgung nicht einfach mal so davon abhängig macht, wer Du bist.
Weil Du um Dich herum Menschen hast, die Anteil nehmen.
Weil Du ein Pakt voller super herziger Geschenke zum Geburtstag bekommen hast.
Weil Du vielleicht im Moment den Weg zum Supermarkt nicht allein schaffst, aber Du Hilfe bekommst.
Weil Du Eltern und ne Schwester hast.
Weil Du ein Kind hast.
Weil ab Dezember wieder eine Tätigkeit hast.
Weil Du, so sehr Du Dich darüber beschwerst, wenn im Radio Herzschmerz läuft, Du ein Radio hast und Deine Ohren diese Musik hören können.
Weil das Leben natürlich immer deutlich besser sein könnte, aber auch so v.erdammt viel schlechter.
Schau, das gibt es halt haufenweise ABER und dann kommst halt nicht aus den, wie hat @udi74 so hübsch gesagt, Puschen. Aber jeden Abend kurz zu überlegen, ob es nicht doch etwas gibt, wofür Du dankbar sein könntest. Jeden Abend eine Sache, eine einzige, die Du an dem Tag nicht schlecht gemacht hast, das wäre wie fünfzig JuristInnen auf dem Meeresgrund, ein ziemlich guter Anfang.