Liebe Community,
es fällt mir schwer, meine Gedanken zu ordnen und ein klares Bild über die Situation zu erhalten. Meine Freundinnen und Familie sind mir natürlich sehr zugewandt und deshalb vielleicht nicht objektiv. Es folgt ein langer Text - entschuldigt bitte.
Im vergangenen Jahr wollten mein damaliger Freund und ich heiraten. Zu dem Zeitpunkt waren wir knapp viereinhalb Jahre zusammen. Einige Wochen vor der Hochzeit stellte sich im August heraus, dass er mit dem Gedanken spielt, die Hochzeit abzusagen. Wir hatten zum damaligen Zeitpunkt eine komplizierte Zeit miteinander, er war viel unterwegs (ging privat seinen Hobbies ohne mich nach), ich fühlte mich als Freundin benachteiligt und hatte auch mit mir selbst einige Probleme - ich war unzufrieden im Job und kapselte mich von meinem Umfeld ab. Diese Umstände wurden mir erst im Nachhinein wirklich bewusst. Als er mir von seinen Zweifeln berichtete, traf es mich unvermittelt. Meine erste Reaktion auf seine Bedenken war impulsgesteuert und lautete: ist dir klar, was das bedeutet, wenn wir nicht heiraten? Das ist die Trennung. Im Nachhinein ein Fehler, denn so baute ich natürlich mehr Druck auf. In den folgenden Wochen gab es keine Lösung, keine Entscheidung, es ging hin und her zwischen Nähe und Distanz, bis er schließlich sagte, er fühle sich nicht wohl und wolle die Hochzeit absagen. Ich sah ein, dass die Absage vor dem Hintergrund der Ereignisse die einzig logische Konsequenz war und schlug ihm in dem Moment vor, die Hochzeit abzusagen, aber zusammen zu bleiben und zu ergründen, was bei uns im Argen liegt, um eventuell wieder zueinander zu finden. Dem stimmte er zu, zog sich in den folgenden Tagen aber immer weiter zurück. Meine Fragen nach einer anderen Frau verneinte er. Einige Tage später machte er Schluss, nannte Gründe, die für mich unverständlich waren, Unterschiede, die ich nicht sah und die nie zuvor ein Thema gewesen waren. Es machte den Eindruck, als würde er alles zusammensuchen, was gegen uns spricht, um es auch vor sich selbst zu rechtfertigen. Ich sei ihm ja nicht egal, aber es wäre wohl nur noch Gewohnheit zwischen uns. Er wolle auch keine Kinder - so wie ich. Das hörte ich zum ersten mal an diesem Tag. Ich konnte es nicht verstehen und diese Dinge waren mir alle neu - einige Tage zuvor war ich noch die große Liebe.
Zwei Wochen nach der Trennung berichtete er mir, er habe Kontakt zu einer Frau, die in seinem Golfclub aushelfe, die er schon länger kenne, eine Freundin, bei der auch einige Nächte auf der Couch verbringen würde. In dem Moment war klar: er hat eine andere. Er bestritt, dass das etwas ernstes sei. Ich zog mich zurück und versuchte, mein eigenes Leben auf die Reihe zu bekommen, zog aus dem gemeinsamen Haus aus, suchte mir Aktivitäten, die mir Spaß machten, intensivierte den Kontakt zu meinen Freunden und meiner Familie. Zeitgleich erfuhr ich von Bekannten, dass er mit dieser neuen Frau anbandelte, ihr Geschenke machte, sich auch vom Wesen her veränderte. Zwischendurch meldete er sich mit Entschuldigungen und Selbstmitleid - er habe so viele Menschen enttäuscht, vor allem mich.
Im November war ich soweit, ihn loszulassen, als er mich wieder kontaktierte und wir uns trafen. Er habe festgestellt, dass das alles ein riesiger Fehler gewesen sei, er sich die Zukunft nur mit mir vorstellen könne, er eine Familie mit mir möchte, er unser altes Leben und die Leichtigkeit vermisse, die wir miteinander hatten. Ich sei sein Zuhause und er wolle mich zurück. Er wisse, dass das dauern würde, aber sei bereit zu warten, weil er nun wisse, was ihm wichtig sei im Leben. Er erklärte mir, dass er im Sommer keinen anderen Ausweg gesehen habe, weil unsere Situation eingefahren gewesen sei und ich mich in einer Negativspirale befunden hätte, deren Ende nicht in Sicht war. Er hätte nicht gewusst, wie er das hätte ansprechen und beheben sollen, weil er nicht dachte, dass sich etwas ändern würde. Er habe nun aber gesehen, dass ich für meinen Teil sehr wohl eine Veränderung zum Positiven durchlaufen habe und er im Nachhinein betrachtet gerne derjenige gewesen sei, der mich dabei unterstützt. All die Dinge, die er in der Trennung als Gründe für die Trennung nannte, hätte er genutzt, um keinen Zweifel zu lassen, sie aber nicht so gemeint und nun auch gesehen, dass man Probleme auch gemeinsam angehen kann.
Mein anfängliches Misstrauen diesen Aussagen gegenüber löste sich nach und nach auf, je öfter er mir diese Dinge sagte und schrieb, sich um mich bemühte, mir ein schönes, durchdachtes Weihnachtsgeschenk machte. In dieser Zeit zog er aus unserem gemeinsamen Haus in eine eigene Wohnung und richtete sie ein, fragte mich hier und da nach meiner Meinung bzgl. Einrichtung und wir verbrachten Zeit miteinander, wenngleich diese Zeit immer etwas distanziert blieb.
Er betonte immer wieder, dass das mit der anderen Frau nichts ernstes gewesen sei, sich das nach unserer Trennung so ergeben hätte, vorher nichts gelaufen sei, man sich vorher zwar gut verstanden hätte, aber nicht mehr. Sie hätte da mehr gesehen als er, er hätte das beendet, sie spiele für ihn keine Rolle. Im Januar gestand er mir nach mehrmaligem Drängen und Fragen meinerseits dann jedoch, dass er mich doch mit ihr betrogen habe - einmal am Abend vor der Trennung. Danach seien die beiden mehr oder weniger zusammen gekommen und bis wenige Tage vor seiner Meldung bei mir im November auch geblieben. Vorher sei nie etwas gewesen und er habe mir den Betrug bis dato nicht gestanden (obwohl ich in der Annäherung von Anfang an um Ehrlichkeit gebeten hatte), weil er Angst gehabt hätte, es vollends zu versauen und noch einen draufzusetzen, sodass ich ihm gar nicht mehr verzeihen kann. Es stellt sich heraus, dass er ihr im Dezember und zu Silvester geschrieben hatte, um sich zu entschuldigen. Da hätten meine Alarmglocken wohl noch lauter schrillen sollen, als sie es ohnehin taten.
Nach einigen Tagen der Funkstille nahmen wir wieder Kontakt auf. In der Folge kippten seine Aussagen jedoch immer mehr. Aus ich wünsche mir eine gemeinsame Zukunft mit dir und tue alles dafür wurde ich bin nicht sicher, ob wir das schaffen können. Ich fühle mich schuldig und weiß nicht, ob zu mir verzeihen kannst und ich die Schuldgefühle los werde, es ist soviel passiert und kaputt gegangen. Die anfängliche Motivation verblasste und meine Befürchtungen und Ängste stiegen an. Er zog sich emotional weiter zurück und ich ging nach, gab meine Distanz auf. Ich versuchte über verschiedene Wege wieder an ihn heranzukommen, versuchte, Erinnerungen wachzurufen. Obwohl er sich distanzierte, schlug er aber auch Treffen vor, holte mich ab, kochte für uns etc. Wenn ich positiv gestimmt war, kamen immer wieder Dämpfer seinerseits. Es könnte nicht mehr so werden, wie es war, ich könne ihn nie wieder so sehen, wie ich ihn immer sah, er empfinde immer mehr Schuld für unsere Situation, er könne das aber nicht mehr korrigieren. Wir sprachen über unsere Vorstellungen und Wünsche an ein gemeinsames Leben. In diesem Zusammenhang sprach ich an, dass ich mich im letzten Jahr in der Beziehung eher wie zweite Wahl gefühlt habe, Hobbies und Veranstaltungen alleine waren schöner und machten mehr Spaß als mit mir die beschränkten Corona-Möglichkeiten zu nutzen - so fühlte es sich an. Er nahm das als weitere Bestätigung dafür, dass unsere Vorstellungen einfach auseinander gehen, da er den Wunsch habe, keine Absprachen treffen zu müssen und nicht wisse, ob er sich einschränken wolle. Ich für meinen Teil wollte ihn nie einschränken und er konnte immer seinen Interessen nachgehen, ist dabei aber auch jemand, der dies sehr exzessiv betreibt.
Ich hatte zeitweise das Gefühl, dass er versuchte, mich davon zu überzeugen, dass es nicht klappt, damit ich es von mir aus einsehe. Die Situation wurde immer verfahrener, sodass ich dann tatsächlich auch irgendwann äußerte, dass ich das so nicht mehr wolle und eigentlich gedacht hätte, dass er sich etwas mehr bemühen und mich auch mal motivieren würde, da er sich doch wieder für mich entschieden habe und zurückgekommen sei. Er sei halt derjenige, der es beendet und alles auf den Kopf gestellt habe. Es sei mir letztes Jahr wirklich schlecht ergangenen und das könne ich ja auch nicht beiseite drängen, weil diese Gefühle einfach real sind. Je öfter ich das äußerte, desto eher fühlte er sich in die Ecke gedrängt. Er wisse, dass er Schuld habe, aber wolle das nicht ständig hören. Wir hätten auch schöne Momente, aber regelmäßig auch Diskussionen und das Thema sei ständig präsent.
Das ging so von Mitte Januar bis Mitte Februar und gipfelte in einem unschönen Streit, wir weinten, er sagte, er wolle mich nicht verlieren, ich sei der wichtigste Mensch für ihn, er finde nie mehr eine Frau wie mich.
Zwei Tage später ging vor zweieinhalb Wochen das Golfen wieder los. Prompt traf er auf die andere Frau und suchte den Kontakt. Mir sagte er, er mache das, um ein gutes Verhältnis herzustellen, weil er ihr damals vor den Kopf gestoßen habe. Er wolle vor Ort keinen Stress haben. Ich hatte große Bedenken dabei und äußerte meine Ängste, er sagte aber, sie sei unser geringstes Problem, wir hätten größere Probleme zu lösen. Zwei Tage später sagte er mir am Telefon, er fühle sich doch zu ihr hingezogen, würde ihr gerne schreiben und habe in den vergangenen Wochen an sie gedacht, die Zeit mit ihr sei schön gewesen und ihm sei das doch wichtiger gewesen als gedacht. Ich war perplex und stellte ihn persönlich zur Rede. Es folgten die gleichen Argumente gegen uns wie bei der Trennung im vergangenen Jahr + die Probleme, die durch die Enttäuschung der Trennung, Hochzeitsabsage und Betrug dazu gekommen seien. Er fühle mich zu mir auch nicht mehr so hingezogen und wenn man sich lieben würde, müsste man ja eigentlich auch den ständigen Kontakt zum anderen haben und ihn bei sich haben wollen. Ich sei auch attraktiv und schön, aber die Anziehung sei nun einmal nicht mehr da.
Anmerkung meinerseits: wir kennen uns seit Jahren, haben zusammengelebt, wissen, wie der andere krank und mit fettigen Haaren aussieht, hatten ein beschissenes letztes, halbes Jahr und Schwierigkeiten bei der Annäherung. Ich bin nun einmal nicht neu und aufregend, kann und will damit auch nicht konkurrieren. Ich dachte aber, dass es zwischen uns eine gewachsene Liebe gibt, die mehr bedeutet als die kurzfristige körperliche Anziehung.
Er meldete sich dennoch in den folgenden Tagen, bis er mir letzte Woche Mittwoch mitteilte, er würde nicht (mehr) mit mir sprechen wollen, weil der persönliche Kontakt ihn nicht zur Ruhe kommen lasse. Er wolle seine Gedanken sortieren und wolle sich nicht durch Gespräche und Worte beeinflussen lassen und dann aus den falschen Beweggründen (welche? Mitleid, Schuld, Verantwortungsgefühl?) zu handeln. Er habe sie aber auch wieder getroffen und sich auch neu mit ihr verabredet.
Vor drei Tagen dann teilte er mir via WhatsApp mit, er möchte ein schuldfreies Leben führen, keine Absprachen treffen, ganz viel auf den Golfplatz gehen, die Nähe zu ihr suchen, den Sommer genießen etc. Er sei sich nicht sicher, was er in der weiteren Zukunft möchte und ob er seine Entscheidungen gegen mich nicht bereuen werde. Es sehe in ihm anders aus, als sich diese Wünsche lesen. Ihm falle das sehr schwer und er schreibe jetzt nicht, was er für mich fühle, aber hoffe, dass ich mir das denken kann. Er hätte sehr mit sich gekämpft, weil er mich nicht verletzen und beschützen wolle.
Ich war fassungslos über diese Dreistigkeit! Habe nichts geantwortet, bis heute nicht. Allerdings bin ich extrem aufgewühlt, sehr traurig und schlafe nicht. Das zweite mal auf die gleiche Art und Weise. ich habe ihm wirklich geglaubt, was er mir sagte, ich dachte, er wolle mich.
Gestern war sie bei ihm und die beiden führen Ihre Beziehung nun weiter.
Ich wüsste gerne, ob ich mit meinem Verhalten, meinen Reaktionen etc. etwas hätte zum Positiven verändern können, ob es an mir selbst liegen könnte, dass mir das ein zweites Mal in der gleichen Konstellation passiert. Ich zweifle an mir, meinem Verhalten, meinem Verstand und möchte gerne klären, ob ich nur dafür benutzt und manipuliert wurde, das alte Leben zu verarbeiten und einen Abschluss zu finden, um frei für das Neue zu sein oder ob ich eine reelle Chance durch Schuldzuweisungen und Vorwürfe selbst in den Sand gesetzt habe, statt die Sorgen und Gefühle meines vermeintlichen Partners ernst zu nehmen und seinem Schuldgefühl entgegenzuwirken, statt sie und gleichzeitig meinen eigenen Schmerz zu forcieren.
Ich fühle mich um die versprochene Zeit betrogen. Was sind drei Monate Annäherung im Vergleich zu den Ereignissen des letzten Jahres? Bzw. zwei Monate, wenn man das Kippen der Stimmung im Januar betrachtet.
Ich weiß, dass ich darauf keine konkrete Antwort bekommen kann, aber wäre über eure Einschätzungen froh!
Danke und viele Grüße
11.03.2021 11:32 •
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