Hallo, erstmals muss ich einen großen Dank an dieses Forum aussprechen- rein schon das Mitlesen über bereits mehrere Wochen hat mir sehr geholfen, stark zu bleiben und nach der Trennung wieder mehr zu mir selbst zu finden Ich habe zwar noch einen langen Weg vor mir aber zumindest bin ich nun viel positiver eingestellt, als kurz nach der Trennung.
Da ich aber noch einiges aufzuarbeiten habe und mich gerne mit anderen austauschen würde, hab ich mich dazu entschlossen, doch meine Geschichte hier zu erzählen:
Ich habe meinen Ex 2014 über eine Dating App kennen gelernt. Wir haben uns von Anfang an sehr gut verstanden, sodass wir jeden Tag viele Nachrichten ausgetauscht und uns über alles Mögliche unterhalten haben. Zu dieser Zeit ging es ihm sehr schlecht, da er vor einiger Zeit herausgefunden hat, dass seine Ex, mit der er über drei Jahre zusammen war, ihn seit mehreren Monaten betrogen hat. Als wir uns über die App kennenlernten, war sie bereits dabei, aus ihrer gemeinsamen Wohnung auszuziehen und sich ihrem neuen Lover zu widmen. Ich hatte ein sehr starkes Bedürfnis, ihm über Chat zu helfen und war für ihn da, wann auch immer er jemandem für den Austausch brauchte. Nach und nach entwickelte sich daraus mehr als nur Zuneigung und schließlich haben wir uns nach über einem Monat das erste Mal in einem Café getroffen und konnten feststellen, dass wir uns auch in Real Life sehr gut verstehen und sind kurz darauf ein Paar geworden.
Mein damaliger Freund ist nach dem Vorfall mit seiner Ex wieder in das Haus seiner Großeltern gezogen. Er wohnte ungefähr 50km von mir weg in einem Dorf, seine Familie und Geschwister wohnen ebenfalls nicht weit weg in einem Haus. Seine Familie betreibt eine Art Landwirtschaft und mein Ex half auch oft dort aus. Im Dorf war er sehr integriert, engagierte sich in einem Verein und ging seinem speziellen Hobby nach- und das jedes Wochenende. Mit seiner damaligen Freundin war es auch immer so gehandhabt, dass er übers Wochenende nach Hause ins Dorf fuhr, sich im Verein und seinem Hobby widmete und unter der Woche mit ihr in der Wohnung wohnte. Die Wohnung mit seiner Freundin befand sich ebenfalls in der Stadt, in der ich wohnte. Nach der Trennung wurde diese aufgelöst.
Als es mit meinem Freund und mir immer ernster wurde, schlief er unter der Woche des Öfteren bei mir. Seine Arbeitsstelle befand sich ebenfalls in meiner Stadt. Wir haben uns super verstanden und über alles reden können, sodass er nicht nur mein Partner sondern mein bester Freund wurde. Leider merkte ich nach und nach, dass es trotz der Nähe immer eine gewisse Distanz zwischen uns gab. Er mochte meine Wohnung nicht so gerne und das ließ er mich auch spüren- im Haushalt machte er nicht viel und er benahm sich sonst auch eher so, als sei er fremd. Er verbrachte viel Zeit am Computer und regelte übers Internet Dinge, die für seinen Verein, seine Arbeit und sein Hobby wichtig waren. Gemeinsame Unternehmungen kamen so gut wie nie vor, da er am Wochenende generell beschäftigt war und nach Hause ins Dorf fuhr.
Hier und da besuchte ich ihn auch am Wochenende daheim, aber auch hier merkte ich die Distanz. Für gemeinsame Aktivitäten war er meist zu müde, da er ja wirklich viel um die Ohren hatte. Trotz der Tatsache, dass wir uns über alles Mögliche unterhalten konnten und wir, auch wenn wir auseinander waren, ständig miteinander schrieben, kam ich mir sehr einsam vor. Seine Prioritäten lagen, meiner Empfindung nach, immer woanders- bei ihm Zuhause im Dorf, seinem Verein und seiner Ursprungsfamilie, bei der er jedes Wochenende war.
Ich habe ihn wirklich geliebt, der S. war auch immer gut und vor allem meinem Ex sehr wichtig. Ich habe in dem Bereich viele Dinge S. mitgemacht, die mir nicht wichtig, aber ihm wichtig waren. Mittlerweile weiß ich, warum ich das tat- ich wollte einfach in seiner Prioritätenliste nach oben rutschen und ein Gefühl der Verbundenheit spüren, das ich in der Beziehung schmerzlich vermisste.
Ich habe mich jedes Mal über alle Maßen über gemeinsame Aktivitäten gefreut, die sehr selten vorgekommen sind, da er immer mit anderen Dingen beschäftigt war. Mir hat das sehr weh getan und ich habe deshalb sehr viel geheult. Im Nachhinein betrachtet habe ich mich emotional sehr stark von ihm abhängig gemacht. Er war ständig in meinen Gedanken, wenn er nicht da war. Ich habe auch sehr viel Wert auf seine Meinung gelegt, was meine Person betrifft. Er hat mich oft kritisiert, war ihm zu chaotisch bzw zu verträumt, hab nicht gut gekocht bzw aß er kaum was, das ich kochte und fühlte mich im Allgemeinen nicht gut genug für ihn.
Ich habe oft versucht, die Problematiken mit ihm anzusprechen. Dass ich mich einsam fühle, ich mir mehr gemeinsame Zeit/Aktivitäten mit ihm wünsche und dass ich mir gerne ein Wir mit ihm aufbauen würde. Im Endeffekt lief es dann immer darauf hinaus, dass er meinte, dass ich mich mehr bei ihm integrieren, also quasi mehr zu ihm übers Wochenende fahren und lernen müsste, seine Hobbys zu akzeptieren.
Das mit der Akzeptanz habe ich auch wirklich versucht, war aber sehr schwierig, über längere Zeit durchzuziehen. Übers Wochenende hatte er immer was zutun, egal ob ich jetzt mal bei ihm war oder nicht. Sogar gemeinsame Spaziergänge waren ihm oft zu anstrengend, da er sonst eh schon genug eingedeckt war. Ich verhungerte emotional immer mehr, kam aber nicht von ihm weg, da sich unsere Beziehung immer mehr zu einer Art Abhängigkeit entwickelte. Trotz allem brauchten wir einander, da wir uns super verstanden und über der Beziehung hinweg über alles miteinander reden konnten. Seine Meinung ging mir über alles. Außerdem gab mir der S. und das Kuscheln das Gefühl, mal für ihn wichtiger zu sein als alles andere. Obwohl er immer beteuerte, dass ich bei ihm an erster Stelle kam, hatte ich immer einen ganz anderen Eindruck. Mein Ex war ständig in meinen Gedanken wenn er nicht da war. Ich heulte oft, wenn er mir per Chat von seinen Aktivitäten Zuhause erzählte und fragte mich, warum er nichtmal mit mir etwas Derartiges erleben konnte, das ihm wichtig war. Warum nur sein Leben Zuhause eine Relevanz hatte und er mir nicht mehr von seiner Aufmerksamkeit geben konnte.
Dies zog sich dann über fast drei Jahre Beziehung. Ich wurde immer unglücklicher und emotionaler, war aber in der Zeit zu schwach und hatte einen zu geringen Selbstwert, um die Beziehung zu beenden, da sie mir überhaupt nicht guttat. Ich hängte mich an die schönen Momente mit ihm, trotz allem war er der wichtigste Mensch in meinem Leben, ich räumte ihm, im Nachhinein betrachtet, einen zu hohen Stellenwert ein und machte mich damit selbst kaputt. Er lebte derweil munter sein Leben und pickte sich in der Beziehung mit mir die Rosinen raus. Wobei ich selbst Schuld war, ich habe es ja mit mir machen lassen.
Die Beziehung endete dann offiziell letztes Jahr im März nach einem Vorfall- Ich wollte ihm was Gutes kochen und habe es nach Anleitung aus dem Internet gemacht. Er kam von der Arbeit in meine Wohnung, da wir es so vereinbart hatten. Jedenfalls konnte ich es ihm wieder mal nicht recht machen, da die Sauce anders schmeckte als er es gewohnt war. Ich bin daraufhin heulend zusammengebrochen und habe mich am gleichen Abend von ihm getrennt. Da wir aber emotional nicht voneinander loskamen, schrieben und schliefen wir weiter miteinander. Wir waren sogar nochmal auf Urlaub.Gleichzeitig hat er sich ein paar Wochen darauf über eine Dating App schon anderweitig umgesehen, wovon ich aber erst was mitbekommen habe, nachdem er mir erzählt hat, dass er mit einer anderen Frau S. hatte. Für ihn war es nur S., ohne Gefühle. Aber in mir ist etwas kaputt gegangen. Natürlich war er zu dem Zeitpunkt in keiner Beziehung, aber mich hat es trotzdem extrem fertig gemacht. Ich ging daraufhin auf Abstand, war sehr emotional. Mein Ex entschuldigte sich zwar, meinte aber, dass ich mich nicht aufregen soll, da wir ja offiziell keine Beziehung mehr hatten und er machen konnte was er wollte.
Nachdem ich auf Abstand ging, schrieb er mir oft, dass er mich sehr vermisse, er mich brauche, etc. Nach ein paar Wochen haben wir uns wieder einander angenähert. Wir ließen Freundschaft plus weiterlaufen, aber ich hatte ein ungutes Gefühl, wieder mit ihm in eine Beziehung zu gehen, obwohl er dies zu der Zeit oft angesprochen hat. Im Grunde ließ er es aber so weiterlaufen, er ging seiner Arbeit und seinen Aktivitäten nach und kam über Nacht zu mir, wenn er grad mal Zeit hatte. Ich sagte ihm oft, dass ich mich vernachlässigt fühle und es keinen Sinn hat, wenn wir eine Beziehung eingehen würden, da sich ja nichts ändern würde. Auf der einen Seite war ich sehr einsam und unglücklich, auf der anderen Seite hatte ich das Gefühl, dass ich ihn unbedingt in meinem Leben brauchte. Mittlerweile bin ich mir im Klaren, dass ich mich emotional von ihm sehr abhängig gemacht hatte. Ich kam mir neben ihm sehr klein und unbedeutend vor. Außerdem hatte er auch öfter was an mir auszusetzen, hatte weiterhin den Eindruck als könne ich es ihm nicht recht machen.
Da diese Situation mehrere Monate so weiterlief und ich ziemlich unter der Situation litt, da ich ihn zwar sehr gerne hatte, mich aber extrem alleine fühlte, fing ich selbst an, mich online anderweitig umzusehen. Ich merkte aber schnell, dass das nichts für mich war. Es konnten sich keine Gefühle bei mir entwickeln, im Grunde wollte ich keinen anderen als meinen Ex. Mit einem anderen Mann hatte ich eine freundliche Unterhaltung und das wars. Danach habe ich mich wieder von der Dating App abgemeldet. Ich war ehrlich und beichtete es meinem Ex. Dieser fühlte sich daraufhin sehr verletzt, ich spielte die Situation runter. Es war ja auch nichts passiert und ich würde nie ohne Gefühle mit jemandem was anfangen. Ich konnte einfach nicht loslassen.
Tja, ungefähr 3 Wochen später hatte mein Ex eine andere online kennengelernt, mit der er intensiv herumschrieb. Er telefonierte einmal sogar neben mir mit ihr, worauf ich ihn rausschmeißen wollte und ich ihm unter Tränen sagte, dass ich ihn nie wiedersehen wollte. Mein Ex fing daraufhin zu weinen an, sodass ich ihn dann auch noch getröstet habe. Im Grunde gab er mir die Schuld, dass es passiert ist, weil ich wollte ja nie mehr mit ihm eine Beziehung eingehen, was stimmte. Blöd wie ich war, habe ich zugelassen, dass wir ein letztes Mal noch miteinander S. haben. Wir haben in der Nacht sehr viel miteinander geweint und habe ihm gesagt, dass ich ihn sehr vermissen würde. Er hat beteuert, dass er für mich trotzdem immer da sein wird.
Ich bin danach emotional in ein Loch gefallen, wechselten zwischen Wut und tiefer Trauer immer hin und her. Mein Ex hat sich öfter bei mir gemeldet, weil er ja ein schlechtes Gewissen mir gegenüber hatte. Mit der anderen Frau schrieb er natürlich trotzdem weiter und hatte in der Zeit auch sein erstes Date mit ihr. Ich konnte sein Mitleid mir gegenüber nicht mehr ertragen und bluffte ihn an, wenn er sich meldete. Daraufhin hatten wir zwei Wochen lang keinen Kontakt. Im Grunde wusste ich, dass ich für mich endgültig eine Entscheidung treffen muss.
Ich schrieb ihm dann ein letztes Mal an und wollte wissen, ob er jetzt wieder in einer Beziehung ist. Er meinte daraufhin, dass es nicht der Fall war, er es aber langsam mit der anderen Frau angehen wollte. In diesem Moment wusste ich, dass ich ihn loslassen musste. Es war einfach schon zu viel kaputt. Ich habe mich von ihm verabschiedet, ihm alles Gute gewünscht und unseren Chat gelöscht. Unsere Beziehung bestand meiner Meinung nach größtenteils aus diesem Chat. Das Löschen hatte für mich etwas Endgültiges. Daraufhin hat er sich nochmal gemeldet weil er so schockiert war, dass ich das wirklich gemacht hatte. Er fand es nicht okay, da wir ja trotzdem eine sehr schöne Zeit miteinander hatten. Ich schrieb zurück dass es jetzt aber vorbei ist und es gut ist, wenn unser Chatverlauf weg ist. Schließlich sollte die Ex nicht in seine neue Beziehung reinfunken. Ich habe ihn dann nochmal gesagt, dass ich ihn sehr lieb habe und ich mir wünsche, dass er glücklich wird. Das wars dann.
Ich weiß, dass ich in der Beziehung viele Fehler gemacht habe. Ich kann meinen Ex nicht ändern, obwohl ich es in der Beziehung mehrmals versucht habe- natürlich ohne Erfolg. Mittlerweile habe ich seit 4 Monaten keinen Kontakt mehr zu ihm. Ich will ehrlich gesagt auch nicht wissen, was bei ihm los ist, da ich Angst habe, dann wieder in ein Loch zu fallen. Ich habe ihn auf Social Media überall blockiert, außer auf einer Plattform, die ich aber so gut wie nie nutze. Die Sache nimmt mich aber immer noch sehr mit und ich vermisse meinen Ex nach wie vor sehr, obwohl ich mich mit ihm in der Beziehung die meiste Zeit alleine gefühlt habe.
Ich bin ein Mensch, der sehr introvertiert und sensibel ist- es ist für mich schwer, Vertrauen aufzubauen. Mein Freundeskreis ist auch eher klein. Mein Ziel ist es jetzt, als Person stärker zu werden, um nicht wieder in eine emotionale Abhängigkeit abzurutschen, da ich sehr darunter gelitten habe. In den 4 Monaten hat sich einiges bei mir getan- ich bin sportlich aktiver geworden und habe durchs Laufen über 8kg abgenommen. Außerdem stehe ich beruflich nun mehr für mich ein und scheue weniger vor Herausforderungen zurück. Ich lenke mich viel ab,bin auch im sozialen Bereich offener geworden und gehe mehr auf Leute zu, aber sobald ich Zuhause bin, fällt mir die Decke auf dem Kopf und ich fange wieder über meinen Ex zu grübeln an. Dating kommt für mich gefühlstechnisch derzeit nicht in Frage. Ich würde mich sehr über Tipps von euch freuen, was ich noch machen kann, damit ich stabiler werde und auch alleine glücklich werden kann. Vielen Dank schonmal fürs Lesen.
06.09.2019 19:32 •
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