Am 14.12.2012 stellte ich auf Facebook eine Freundschaftsanfrage an den einen allgemeinen Account. Um 14:20 Uhr wurde er angenommen, um 14:23 Uhr schrieb mich der Betreiber der Seite an. Zunächst anonym unter Verschleierung seiner wahren Identität, aber noch am selben Abend fand ich durch alle gegebenen Hinweise heraus, dass es sich bei diesem Betreiber um XX handelt.
Gleich am ersten Tag schrieben und schrieben wir. Lange! Ununterbrochen! Und schon in dieser ersten Nacht schrieb er mir, dass er gar nicht schlafen könne und dass es sich wie Magie anfühlen würde.
Wir schrieben weiter, er schrieb mir, er habe sich vor 2 Jahren von seiner Frau getrennt, sei aber noch finanziell an sie gebunden und daher sei eine Scheidung derzeit nicht möglich. Im Zuge der Trennung habe man vereinbart, dass seine Frau das Haus erhalte, er aber die Abzahlung leisten müsse. Darum wohne er auch in einer Einliegerwohnung in diesem Haus, da er es nicht einsehe, Miete für eine Wohnung zahlen zu müssen, wenn der Wohnraum vorhanden sei. Jedoch lebe man von Tisch und natürlich auch Bett getrennt.
Natürlich habe ich das geglaubt. Ich bin ein grundehrlicher Mensch, ich bin keine Sekunde auf den Gedanken gekommen, er könne mich anlügen.
Zwischen XX und mir intensivierte sich das sehr schnell. Wir schrieben und schrieben und am 17.12. trafen wir uns -ganz spontan- das erste Mal. Und am 18.12. küssten wir uns das erste Mal. Wir waren so begeistert voneinander, dass wir uns sogar schon etwas zu Weihnachten schenkten.
Weihnachten war er nicht da, klar, die Planungen waren ja schon gelaufen. Er sagte mir, er sei bei seinem Onkel. Aber wir telefonierten und zwischen Weihnachten und Neujahr war er ja auch wieder da. Silvester war er dann wieder weg, mit Freunden, ich glaube, in Österreich. Zumindest hatte er mir das so erzählt. Aber wir schrieben und Silvester/Neujahr schrieben wir uns dann „2013 wird unser Jahr“.
Wir sahen uns eigentlich jeden Tag. Nicht unbedingt abends, aber über Tag hatte er immer mal wieder Zeit für mich. Zu der Zeit steckte ich grade im Umbau für ein Haus und später dann im Umzug und er kam jeden Tag auf die Baustelle, brachte mir Frühstück oder Material oder kam einfach so vorbei und sah sich die Fortschritte an oder er half mir in seiner Arbeitskleidung. Später gingen wir gemeinsam einkaufen, wir suchten gemeinsam die Bodenbeläge aus, die Tapeten, Möbel und Kleinkrams. Wir waren x mal gemeinsam bei Ikea, gefühlte 1000 Mal beim Baumarkt, er war überall dabei.
Und er lernte auch sehr schnell meine Familie kennen, meine vier Kinder, meine Schwester und meine Mutter. Er integrierte sich schnell in die Familie, war bei Geburtstagen dabei, wir unternahmen was mit meiner Schwester, er brachte meiner Mutter Blumen, schenkte meinen Kindern Kleinigkeiten, wir fuhren mit den Kindern nach Essen ins sealife und selbst die Familie meines Ex-Mannes nahm ihn freudig auf und freute sich mit mir, wie gut er mir tat.
Ich vermisste anfangs gar nichts. Er war da, fast jedem Tag, wir telefonierten viel und ich fühlte mich sehr wohl bei ihm. Mit jedem Tag verliebte ich mich ein bisschen mehr in ihn.
Er hatte nur immer viel Stress und viele Termine und abends wenig Zeit. Wir nahmen uns einen gemeinsamen Abend in der Woche vor, das klappte auch fast immer, allerdings hatte er nie lange Zeit, weil er sagte, er sei so kaputt und wolle nicht so spät nach Hause. An anderen Abenden wurde es schwierig, weil er dauernd irgendwelche Besichtigungen hatte. Aber wir telefonierten fast jeden Abend, wenn er von seinem letzten Termin kam. Und da er mich so häufig anrief (bis zu 10 mal am Tag), fiel mir auch gar nicht auf, dass ich ihn dann später, wenn er schon zu Hause war, eigentlich gar nicht erreichen konnte, das kam erst viel später.
Die Wochenenden waren anfangs auch recht entspannt, er war (wie er mir sagte) fest an jedem 2. Wochenende auswärts und machte dort seine Fortbildung, an den freien Wochenenden versuchten wir, so viel Zeit wie möglich miteinander zu verbringen. Er hatte auch an den freien Wochenenden immer mal wieder Termine, aber er versuchte auch, sich Tage frei zu halten, manchmal sogar ganze Wochenenden, an denen wir gerne auch mal wegfuhren. Entweder mit meiner Tochter oder noch häufiger alleine. Es war nicht viel Zeit, aber die, die wir hatten, haben wir gemeinsam genossen.
Er war immer sehr sehr großzügig und hat mir viele Dinge gekauft, die ich mir selbst nicht leisten konnte. In jedem Raum in diesem Haus gibt es Dinge, die er mir gekauft hat, von Handtüchern, Stehlampen, Bildern, Bekleidung, Schmuck und sonstigen Dekoartikeln über Taschen, Schuhe und Möbel. Selbst an der Spülmaschine, die ich neu brauchte in dieser Zeit, hat er sich beteiligt.
Aber es war nicht alles schön, ich war 4 Jahre alleine gewesen und war es gewohnt, alles selbst zu regeln. Und dann kam er, massiv, fordernd und dominant und wusste alles besser. Ob es um die Einrichtung meines Hauses ging oder die Erziehung meiner Kinder ging, nach seiner Ansicht war er das Maß aller Dinge. Er tat so, als sei er mein Retter, der mich aus meinem trostlosen Leben rettet und mir die schönen Dinge des Lebens zeigt und war dann auch sehr anspruchsvoll und nur das Beste war für ihn gut genug. Und so war ich mir anfangs gar nicht sicher, ob das mit uns beiden funktionieren würde. Und wir diskutierten und diskutierten.
Aber es funktionierte dann irgendwann doch, es gab immer wieder Diskussionen, aber wir beide lernten, miteinander umzugehen. Drei Monate dauerte es bei mir, dann war ich sehr verliebt.
Vor Ostern im letzten Jahr begannen seine gesundheitlichen Beschwerden, zumindest sagte er mir das. Er ließ sich beim Hausarzt komplett durchchecken, sagte mir aber nicht genau, was die Ergebnisse waren, um mich zu schonen, so seine Worte. Sie waren jedoch so schlecht -so suggerierte er mir-, dass er sich erst einmal selbst darüber klar werden musste, was sie für ihn bedeuten, was dazu führte, dass er über Ostern komplett verschwand und sich zurückzog. Nach Ostern wurde darüber -trotz Drängens von mir- nie wieder gesprochen. Die Ostertage waren schwer, weil er auch kaum telefonieren wollte und sich ganz zurück zog, aber ich bemühte mich sehr, Verständnis für ihn zu zeigen.
Mit Entwicklung unserer Beziehung kam mir immer mehr komisch vor. Aber er hatte wirklich für alles eine gute Erklärung, die nie so unwahrscheinlich war, dass ich sie gar nicht glauben konnte. Dass ich weder aus dem Familien- noch dem Freundeskreis irgendjemanden kannte, erklärte er damit, dass er durch seine Selbstständigkeit jedes Sozialleben aufgegeben hätte und seine gesamte Freizeit mit mir verbringen würde. Mit seiner Mutter hätte er darüber hinaus keinen Kontakt. Wenn ich anmerkte, dass ich es komisch fände, dass er niemals von sich zu Hause anrufen würde, meinte er, er müsse am Tag so viel telefonieren, dass er abends nur sein headset abnehme und Ruhe brauche. Und DANACH kam es dann tatsächlich ab und zu vor, dass er von zu Hause aus anrief. Wenn er mal am Wochenende nicht weg war, aber die Zeit nicht mit mir verbringen wollte, sagte er mir, er hätte keine einzige saubere Unterhose mehr im Schrank und müsse dringend waschen und seine Wohnung putzen.
Es gab immer komische Kleinigkeiten, die Katzenhaare hier (ich habe zwei Katzen), auf die er fast panisch reagierte. Wenn ich mit ihm spazieren wollte und es geregnet hatte, sagte er mir, er wolle sich seine Hose nicht dreckig machen, da er nicht mit dreckiger Hose zur Fortbildung fahren wollte usw.
Als ich ihn einmal abends vergeblich anrief, 2 min nachdem er mir eine whatsapp geschickt hatte, meinte er am nächsten Morgen, er hätte sich sofort nach der whatsapp hingelegt und geschlafen und ich wisse ja, er hätte sein Handy immer auf lautlos, darum würde er das nicht hören.
Als wir in einem Geschäft mal jemanden trafen, den er kannte, ließ er mich einfach stehen. Er sagte mir dann hinterher, das sei seine Schwägerin gewesen und er sei schon deshalb der Sündenbock, weil ER ja die Trennung gewollt habe, also wolle er das nicht forcieren. Wenn ich ihn fragte, warum er mit mir hier in der Öffentlichkeit nie Hand in Hand laufe, immer nur im Dunkeln und in Nebenstraßen, meinte er, ich bilde mir das ein und das sei Zufall und keine Absicht.
Im Sommer letzten Jahres verschärfte sich seine geschäftliche Misere und er sagte mir, sein Steuerberater habe ihm geraten, seine Fortbildung zu intensivieren, um eher seinen Abschluss zu erhalten, damit er eventuelle Chancen auf eine Stelle in der Privatwirtschaft bekomme. Er müsse daher ab sofort jedes Wochenende weg und wir hatten immer weniger Zeit füreinander. Aber IMMER NOCH hatte ich Verständnis für ihn, da er auch sichtlich unter der unsicheren geschäftlichen Situation litt.
Die Wochenenden verliefen dann sehr unterschiedlich, es kam vor, dass er sich mittags in der Mittagspause meldete und dann noch mal abends, bevor er mit seinen Studienkollegen weg ging, es kam auch vor, dass er sich -bis auf eine Whatsapp zwischendurch- gar nicht meldete, mit unterschiedlichen Erklärungen (schwieriges Thema, abends noch Schulung, Geburtstag eines Studienkollegen, Ladekabel vergessen usw.).
Meine Bitte, dann doch wenigstens mal in der Woche bei mir zu schlafen, wies er zurück, weil er den Kopf nicht frei habe und mich zu sehr lieben würde, um mich mit seinem ganzen Krams zu belasten. Ich glaube, es kam bis zum Winter nur ein einziges Mal vor, dass er die Nacht bei mir verbrachte.
Und auch, wenn sich das jetzt komprimiert erzählt, ganz klar und eindeutig anhört, habe ich ihm geglaubt. Ich habe ihn geliebt, sehr, und ich fühlte mich von ihm geliebt. Was auch immer es zu kritisieren gab und was auch immer für Probleme wir hatten, fehlendes Gefühl von beiden Seiten gehörte nicht dazu. Und mal ganz davon abgesehen, dass ich ihm natürlich glauben WOLLTE, konnte (und kann) ich mir einfach nicht vorstellen, dass eine Person, die mich offensichtlich liebt, mich dermaßen anlügt.
Zum Herbst hin wurden die skeptischen Stimmen von außen immer lauter und immer häufiger fiel das Wort „Doppelleben“. Vehement wies ich jeden noch so kleinen Verdacht in diese Richtung zurück und erklärte, entschuldigte und rechtfertigte.
XX begann, mich mit Worten einzulullen. Wenn wir über einen Freund sprachen, fügte er häufig den Nebensatz „...den du auch bald kennenlernen wirst“ ein. Er erzählte mir, er hätte seinem Stammtisch und seinem Hausarzt von mir erzählt und jede einzelne dieser Aussagen hielt mich wieder wochenlang bei der Stange. Wenn ich dann mal wieder massiver wurde, warf er mir vor, ihn in dieser schwierigen Situation auch noch unter Druck zu setzen und versprach mir, alles würde sich ändern, wenn diese Situation geklärt sei.
Weihnachten folgte dann das größte Debakel. Er sagte mir schon Anfang Dezember, dass er überlegt, Weihnachten mit seinem Freund weg zu fahren. Ich habe ihm sofort gesagt, dass es für mich überhaupt nicht akzeptabel sei, wenn er alle Feiertage nicht mit mir verbringen würde. Und dann sprachen wir vorerst nicht mehr darüber (ja, ich hätte nachhaken müssen, aber da hatte ich einfach Angst vor der Antwort, eigentlich hatten wir grad eine total schöne Zeit miteinander).
Am 14.12. feierten wir unser Einjähriges, er machte mir Geschenke und es war sehr romantisch und wir beide waren sehr verliebt und die Zeit war einfach super schön und gefühlvoll.
Am 21.12. sagte er mir dann am Telefon, dass er zumindest über Weihnachten weg wäre und war dann auch weder mit Worten noch mit Tränen noch mit irgendwas zu bewegen, von dieser Entscheidung abzurücken. Ich habe geweint, wie noch nie in meinem Leben, immer wenn ich darüber nachdachte. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, zu weinen.
Noch bevor er wegfuhr, schrieb ich ihm eine Mail und zum ersten Mal schrieb ich ihm auch, dass ich Zweifel hätte an der Geschichte zwischen seiner Frau und ihm, dass ich ihm so viel Vertrauensvorschuss gegeben hätte, ihn komplett in mein Leben gelassen hätte, mit allen Freunden, meiner Familie, meinen Kindern und immer noch in keinster Weise in seinem Leben bin. Keinen kenne, nicht an Entscheidungen beteiligt werde, nichts. Ich schrieb ihm, dass ich nicht mehr bereit sei, das weiter mitzumachen und dass er entweder bereit sein müsse, mich komplett in sein Leben zu lassen oder die Sache mit uns sei vorbei.
Er las die Mail in meinem Beisein und ich sehe ihn noch hier in meinem Esszimmer sitzen, wie er mir dankt, dass er die Chance von mir bekommt, alles anders und besser zu machen und dass er sich für mich ändern wolle, dass ich ihm so viel bedeute und höre seine Worte „Hab Vertrauen zu mir, mon amour“.
Weihnachten und Silvester waren schlimm, schlimm, schlimm. Wir hatten wenig Kontakt, weil „er sich erden müssen und sein Handy immer aus habe“ und wenn wir telefonierten, durfte ich ihm noch nicht mal sagen, wie schlecht es mir ging, denn „damit machst du mir ein schlechtes Gewissen und das kann ich grad nicht ertragen“. Er versprach mir Fotos, von denen ich nur wenige bekam und ich schluckte alles und machte es mit mir selbst aus.
Und an Neujahr mietete er sich einen Wagen und fuhr zu mir! Extra für mich, wie er mir sagte! In dieser Woche blieb er dann auch tatsächlich nachts bei mir und für mich war erstmal alles wieder gut!
Als Reaktion auf meine Mail (und auf massives Drängen meinerseits, die Dinge einmal anzusprechen), teilte er mir mit, dass er beabsichtige, sich hier eine Wohnung zu nehmen. Alternativ überlegten wir beide die Möglichkeit, dass er hier mit einzieht und er bot mir ganz konkret an, meinen Dachbodenausbau zu bezahlen, um hier einen weiteren Raum zu schaffen.
Ich durchforstete die Zeitungen (die er nicht bekam) nach Wohnungen, aber so wirklich kümmerte er sich nicht darum. Er rief nicht dort an („nicht geschafft“ oder „niemanden erreicht“) oder nicht zurück, erzählte bei der einen Wohnungsbesichtigung (die ich dann schließlich vereinbart hatte) eine ganz merkwürdige Geschichte, für wen die Wohnung bestimmt war, die deutlich von der „Wahrheit“ abwich und wirkte in seinem Tun nicht wirklich wild entschlossen. Das warf ich ihm auch immer wieder vor und das führte immer wieder zu Diskussionen bei uns.
Er nannte mir immer neue Termine, wann alles besser werden sollte. Mitte Januar, Ende Januar, Mitte Februar, immer neue „endgültige“ Termine, wann alles gut werden sollte.
Am 25.02. diesen Jahres war eigentlich alles normal. Wir telefonierten völlig entspannt, als er auf dem Weg nach Hause war und ich hatte keinerlei Vorahnung. Etwa 1 Stunde später klingelte mein Telefon erneut, sein Name auf dem Display. Ich ging ran, aber er meldete sich nicht.
Ich dachte erst, es wäre etwas passiert, weil die Verbindung stand und ich Geräusche hörte, aber dann merkte ich, dass er wohl versehentlich auf die Wahlwiederholung gekommen war. Und in den 10 Minuten, in denen ich mir völlig unspektakulären und alltäglichen Ehegeplausch anhören durfte, brach meine komplette Welt zusammen.
Auch wenn ich jetzt alle Anzeichen sehe und die Puzzlesteine an den richtigen Platz fallen, habe ich mich damals an diesem Dienstag Abend in völliger Sicherheit gewiegt. Ja, ich war irgendwie misstrauisch, aber eigentlich habe ich ihm bis zum Ende geglaubt. Glauben wollen, sicherlich auch!
Dann, ja dann endlich, gab er sein Leugnen und sein Lügen auf und gab zu, mich 14 Monate angelogen zu haben, in dürren und wenigen Worten bei Facebook, telefonieren konnte er ja nicht wegen seiner Frau!
Ich löschte und blockierte ihn, wo ich konnte. Wir mussten uns noch einmal sehen, er musste mir meinem Schlüssel zurück geben und er hatte meiner Tochter seine Kamera ausgeliehen. Danach wollte ich ihn nie mehr hören und sehen.
Ich fiel in ein ganz tiefes Loch, von einem auf den anderen Tag war er nicht mehr da. Es kam mir vor, als wäre er tot! Ich trug alle seine Geschenke in den Keller, weil ich es nicht ertragen konnte, an ihn erinnert zu werden, aber meinen Gedanken konnte ich nicht entkommen. Ich schlief kaum und wenn, dann nur mit Schlaftabletten.
Neben der Wut und der Demütigung war da abgrundtiefe Trauer, im Haus erinnerte mich alles an ihn und ich traute mich kaum, das Haus zu verlassen, aus Angst, ihm irgendwo zu begegnen. Alle Orte, an denen wir gemeinsam waren, mied ich, aber irgendwie waren wir überall gewesen.
Und er fehlte, fehlte, fehlte mir!
Ich hatte ihn ja überall gelöscht, darum konnte ich ihn nicht kontaktieren, aber nach ungefähr einer Woche (nein, es war genau eine Woche) stellte ich fest, dass ich seine Handynummer auswendig kannte. Und dann wollte ich mal eben bei whatsapp schauen nach seinem Profilbild, von dem meine Tochter mir erzählt hat. Und als ich ihn hinzufügte wieder... war er grad online. Das zu sehen und ihm zu schreiben, wie sehr er mir fehlt, war quasi eins. Hätte ich darüber nachgedacht, hätte ich es vielleicht nicht getan. Vielleicht aber auch wohl!
Wir hatten also wieder Kontakt, erst nur per Whatsapp/Facebook, nach 1,5 Wochen telefonierten wir das erste Mal wieder. Und gleich im ersten Telefonat erzählte er mir, dass er sich von seiner Frau getrennt hätte, er hätte festgestellt, dass er so nicht weiter leben könne und wolle und hätte das erste Mal seit der Hochzeit vor, auf eigenen Füßen zu stehen. Er habe bereits ein eigenes Konto und beabsichtige, so bald wie möglich zu mir in eine eigene Wohnung in meiner Stadt zu ziehen.
Wir trafen uns dann auch direkt wieder und ich traf auf einen gebrochenen Mann, so hatte ich ihn noch nie gesehen. Er brach andauernd in Tränen aus, war völlig am Boden und aktivierte wohl damit mein Helfer-Gen, letzlich sträubte ich mich auch gar nicht lang und OBWOHL er nicht bereit war, mit mir über die letzten 14 Monate zu reden (O-Ton „dafür habe ich den Kopf grad gar nicht frei“), ließ ich mich wieder auf ihn ein. Und die ersten Wochen waren die Hölle, ich hab mal zu jemandem gesagt, dass alles weg war, was vorher schön gewesen sei und das, was sowieso schon schlimm war, war noch viel viel schlimmer. Ich weiß auch wirklich nicht, was mich zu der Zeit gehalten hat, er war depressiv, ungerecht, laut, aufbrausend, fordernd... alles ganz schlimm.
Nach einiger Zeit zog er dann hierhin, in die Wohnung von Freunden vorübergehend und auch das war schlimm am Anfang. Er war nicht in der Lage, EINE Nacht ohne mich zu verbringen, ich ließ andauernd die Kinder alleine, weil ich Angst hatte, er täte sich etwas an, wenn wir mal einen Abend alleine verbringen wollten, rief er mich spät an, er brauche mich, er könne nicht alleine sein, er hätte so sehr Angst alleine, er könne nicht schlafen ohne mich, es war ganz schlimm.
Aber er war da. Wir sahen uns andauernd, telefonierten viel und lange und zu jeder Tages- und Nachtzeit und ich dachte, wenn diese schwere Zeit erst einmal vorbei ist, wird alles gut.
Sie ging vorbei, aber nichts wurde gut. Er wurde mental ein bisschen stärker, brauchte mich nicht mehr so sehr und begann wieder, irgendwelche komischen Dinge zu machen, die mir ein schlechtes Bauchgefühl brachten. Es gab wieder Abende, an denen er mich nicht anrufen wollte und nicht erreichbar war. Er fuhr wieder zur Fortbildung und meldete sich nicht. Er fuhr über Ostern weg, angeblich zu seinem Cousin, ich bat ihn, mich mitzunehmen, er wies mich ab, weil sie sich schließlich 14 Jahre nicht gesehen hätten und lieber erst einmal alleine etwas unternehmen wollten, speiste mich an diesem Wochenende mit 2 läppischen SMS ab.
Anfangs waren die Kontakte mit seiner Frau noch nicht einmal so problematisch, klar, man hatte sich getrennt, es gab einiges zu regeln, fand ich jetzt nicht so kritisch. Da gab es das gemeinsame Konto, die Steuerschuld, er zeigte mir Kontoauszüge, bis zu einem gewissen Grad fand ich das auch alles normal. Aber irgendwann eben nicht mehr. Wenn er dann sah, dass sie angerufen hatte und sofort rausrannte und sie zurück rief, immer ohne mein Beisein. Komische Bemerkungen von ihm („nein, sie war nicht hier in der Wohnung, da musst du dir keine Sorgen machen“), seine Aussage zunächst, sie wüsste, dass es jemand gäbe, dann später, nein, sie wüsste es nicht, aber es hätte sie auch nie interessiert und sie wäre seit mindestens 5 Jahren nicht mehr hier gewesen, obwohl er hier arbeitet und so kleine Dinge mehr. Die Tatsache, dass sie nach wie vor seine Wäsche gewaschen hat, ihm andauernd irgendwelche Dinge mitgab, es war einfach komisch. Seine Erklärung war immer, sie hätten sich schließlich im Guten getrennt und er sei ja noch nicht vollständig eingerichtet und hätte selbst keine Waschmaschine und sie hätte ja auch genügend Zeit, für ihn zu waschen.
Ach, ich mag es fast gar nicht schreiben. Es gab immer wieder komische Dinge. Und wenn ich nachfragte, wurde er wütend. Und dann wieder sehr liebevoll und er sagte mir, er wolle mir beweisen, dass ich ihm vertrauen könnte. Und schickte mir Bilder, wo er grad war, damit ich nicht zweifeln muss. Und dann wieder weigerte er sich, mich anzurufen. Erzählte komische Geschichten, warum es angeblich nicht ging. Und immer wieder stritten wir und ich forderte und er vertröstete mich und sagte, ja, es wird alles besser, in der nächsten Woche habe ich eine Überraschung für dich (die nie kam) und in der nächsten Zeit wirst du dich sehr freuen. Aber es kam nie... niemals.
Derzeit sind die Dinge eskaliert bei uns. Sie eskalierten schon, als er sich wieder so eine wilde Geschichte ausdachte, warum er mich grad an dem einen Abend nicht anrufen könne. Wieder so eine wilde „ich hab den Kopf nicht frei“-Geschichte und „ich hab mich mit meiner Frau gestritten und sie lässt sich von ihrer Mutter und ihren Brüdern beeinflussen und ich musste das erst mal sacken lassen-Geschichte.
Das ist 1,5 Wochen her und ich hab ihm eine whatsapp geschrieben und habe ihm geschrieben, ich hätte es satt, mich hinhalten zu lassen. Ich wolle nichts von ihm hören, sehen und lesen, bis Montags. Ich wolle in seinem Leben sein, jemanden kennenlernen, keine Absichtserklärungen mehr, sondern Taten. Er könne selbst entscheiden, bis zum Montag. Entweder ganz oder gar nicht.
Und der Montag kam... und es gab nichts ganzes... noch nicht mal was halbes außer einem „ich finde einen Weg“... den es natürlich bis heute nicht gibt.
Ich lasse mich immer wieder darauf ein. Als er mir sagte, er bekommt von seinem Cousin eine Reise geschenkt (wie naiv kann man sein?), sagte ich ihm, wenn du mitfährst, hat sich das mit uns erledigt. Du hast mir versprochen, damals, Weihnachten, so etwas wird nie wieder vorkommen... und jetzt fährst du wieder ohne mit mir zu sprechen ohne mich weg. Und ich saß hier in der Küche und ich war mir SICHER, jetzt ist es vorbei. Und er saß vor mir, weinte, wollte eine weitere Chance, sagte mir, alles würde besser werden und er würde zu mir stehen und er liebe mich ohne Ende und wolle sein Leben mit mir gemeinsam neu aufbauen... und ich ließ mich WIEDER darauf ein.
Und jetzt ist er in der Türkei... sagt er. Wir verbrachten den Montag Abend miteinander und das war ein wirklich schöner Abend. Er kam am Dienstag morgen in mein Büro, um sich zu verabschieden und ich freute mich so sehr, ihn zu sehen. Und dann rief er mich an. Am Dienstag gegen 16 Uhr. Und sagte, er würde um 17 Uhr zum Flughafen fahren. Und ich sagte zu ihm „dann kannst du mich ja auf dem Weg noch einmal anrufen“. Und hab ihn damit wohl total überrumpelt, denn die Geschichte, die er mir dann erzählte, glaubte nicht einmal ich und das will wirklich viel heißen. Ich will sie gar nicht erzählen, sie war völlig unglaubwürdig und unlogisch und mir war sofort klar, dass das nicht die Wahrheit sein KONNTE.
Ja und jetzt sitze ich hier und überlege, mit wem er wohl in der Türkei sein könnte. Mit seiner Frau wohl nicht, denn das war mein erster Gedanke. Ich habe Dinge getan, die ich mir von mir selber niemals hätte vorstellen können. Ich hab sie gestern angerufen, an ihrem Arbeitsplatz unter falschem Namen und sie war da.
Mit ihm habe ich kaum Kontakt. Er rief mich noch einmal vom Flughafen aus an, aber ich bin nicht ans Telefon gegangen. Ich hatte ihm eine Liste von Frage zu seiner Geschichte gestellt und hatte ihm dann im weiteren Verlauf gesagt, er möge sich bitte gut überlegen, WAS er genau sagt/schreibt. Und dann schrieb er mir nur, er hätte bei mir ja eh keine Chance mehr und dann bliebe er eben ein Lügner. Auf meine dann folgende Whatsapp gestern bekam ich keine Antwort mehr..
Heute bin ich zu seinem Haus gefahren, weil ich dachte, vielleicht hat sie ihn ja hingebracht und sein Wagen steht dort. Tat er aber nicht, aber es stellte sich heraus, dass er dort mit ihr mitnichten ein selbstgebautes Einfamilienhaus bewohnt hat, sondern eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus
Ich habe das nicht gewollt. Ich wollte niemals Bestandteil eines Betrugs sein. Aber ich gebe ehrlich zu, wenn er im Februar NICHT gesagt hätte, sie hätten sich getrennt, ich weiß nicht, ob ich die Kraft gehabt hätte, ihn abzuweisen. Ich weiß auch nicht, was das ist, zwischen mir und ihm.
Vielleicht sind sie ja auch wirklich getrennt, er wohnt ja immerhin hier. Ob er jeden Abend hier ist, weiß ich allerdings nicht. Aber ich habe so ein komisches Gefühl, als sei das nur so eine Art Probezeit. Eine Zeit, in der er beweisen soll, dass es für ihn auch geschäftlich noch funktioniert. Ich habe sogar das Gefühl, als hätte er sich gar nicht von ihr getrennt, sondern sie sich von ihm, aber das weiß ich natürlich alles nicht und werde es auch wohl nie erfahren
Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Ich möchte nur, dass es zu Ende ist. Ich möchte seine ganzen „ich möchte mit dir einen Neuanfang“-Worte nicht mehr hören. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben. Ich möchte nur noch meine Sachen aus seiner Wohnung holen und dann damit abschließen und meine Wunden *beep*. Wieder den Kindern erklären, was mir selbst unerklärlich ist. Es war schon beim letzten Mal schrecklich Wäre ich mal dabei geblieben.
Liebe Grüße, Brianna
23.05.2014 14:57 •
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