So in etwa ist das bei uns auch, inzwischen gibt es ein (erfolgloses) Stadtmarketing, das verzweifelt versucht, den Innenstadtring wieder zu beleben, weil es inzwischen den 10. Supermarkt gibt, der mit dem Fahrrad kaum zu erreichen ist, weil er sich außerhalb der Ortschaft geballt im Gewerbegebiet befindet, das ständig erweitert wird durch einen Textildiscount oder Backshop oder was weiß ich. Inzwischen gibt es in der Innenstadt tatsächlich eine einzige Dönerbude und die typischen Kleingastronomiebetriebe, wo der Inhaber alle paar Jahre wechselt, nachdem er in die Insolvenz gegangen ist.
Hier zieht es keine Frau her, allenfalls ein paar Single Männer gibt es hier, denen der Ruf seltsam anhaftet. Single Frauen? Sehr wenige, die halten sich in der Stadt auf, ein paar gibt es hier, die sich wieso auch immer hier her verirrt haben, aber die fahren morgens zum Job und kommen spät abends wieder und am Wochenende sind sie unterwegs, kommt man nicht ran.
Man hat hier auch kaum die Wahl, entweder man nimmt jeden Strohhalm an, den man bekommt, obs passt oder nicht, oder man bleibt sozial allein, das betrifft sowohl Freundschaften als auch Liebschaften.
Die Leute bei uns hier sind auch nicht offen, die kennen sich seit hundert Jahren und haben ihre Marslowsche Bedürfnispyramide gefüllt mit allem, was sie brauchen, wenn da ein Städter wie ich damals nach dem Studium zurück ins Kaff wandert, wird der nicht gebraucht, und man interessiert sich für den auch nicht. Ich habe nur fünf Jahre in der Stadt studiert und bin auch kein Stadtmensch, muss aber sagen, dass es damals nicht so schlimm war wie heute, damals gabs noch Kulturstätten, Clubs, Cafés .... alles verschwunden und ersetzt durch irgendwelche Franchise Unternehmen, und selbst die schließen nach und nach und es kommt statt Gastro Betrieb ein 1 Euro Artikel Shop hinein.
Mittlerweile bin ich persönlich auch zu faul jedes Wochenende mit dem Wagen 30 Min plus Parkplatzsuche in die City zu gurken um soziale Netzwerke aufzubauen, weil die Leute nie zu mir kamen und teils garkeinen Wagen hatten, also ich musste dann immer Taxifahrer spielen, wenn ich abends bei mir mal was veranstaltet habe, weil hier ab 22 Uhr kein Zug mehr zum Bahnhof fährt und S Bahn gibt es keine.
Alles nicht so einfach, was darauf hinaus lief, dass ich nie spontan oder flexibel auf einer Party sein konnte, immer noch ca 45 Fahrzeit einkalkulieren musste je nach Stadtviertel und irgendwann lösen sich so nach und nach die Fäden und man ist halt nicht mehr im Netz dabei, weil man einfach zu lange braucht um spontan und flexibel zu sein.
Ich hab mich dran gewöhnt, meine Tage sind gut gefüllt durch Sport, Freunde vermisse ich trotzdem, aber inzwischen verzichte ich sogar auf Einladungen, wenn ich weiß, dass mir diese Einmaleffekte nichts bringen. Neulich hat mich ein Kollege zu einer Tapetenabrissparty eingeladen, er zieht weg aus der Stadt, sehr weit weg, ich bin nicht hin, weil ich keine Lust drauf hatte, die Leute dort waren alles Freunde aus seiner weit entfernten Heimat, ich wäge also heute sehr stark ab, ob ich nachhaltig was aufbauen kann oder nicht, früher bin ich zu jedem Event und jeder Party hin gegurkt, mache ich heute nicht mehr, weil da nichts hängen bleibt bei solchen Ich seh dich einmal im Leben und nie wieder- Aktionen.
Die Frauen, die bereit gewesen wäre mit mir hier ins Dorf zu ziehen oder zu mir zu ziehen wussten entweder nicht, worauf sie sich einlassen (wohnten noch daheim und hatten keinen Plan vom Leben) oder hatten die Familienplanung im Auge, was mir zu früh war nach kurzer Kennenlernzeit. Die Karriere Frauen sind alle in der Stadt unterwegs und wollen Dolce Vita Lifestyle leben und nicht erstmal 20min zur nächsten Bundesstraße über Kreisstrassen gurken.
12.02.2019 21:31 •
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