Hallo. Gestern habe ich mich von einer sehr lieben Person getrennt. (Mein Herz schreit: Es war keine liebe Person, sondern die liebste Person, die dir je begegnet ist). Wir waren 3 Jahre zusammen.
Ich habe ein Jahr lang auf die Trennung 'hingearbeitet'. Mit ihm gesprochen. Versucht deutlich zu machen, was mich unglücklich macht in der Beziehung. Ich bin sogar zu einem Psychologen gegangen, um irgendwie die Kraft zu finden, die Trennung tatsächlich umzusetzen.
Er hat gekämpft. Pläne gemacht um alles besser zu machen. Versucht sich zu ändern. Er wollte die Trennung nicht. Und ich habe darauf hingearbeitet, dass er die Probleme, die ich sehe und die mir unüberwindlich vorkamen, auch sieht.
Gestern ist es dann passiert. Er hat eingesehen, dass er nicht weiter um mich und unsere Beziehung kämpfen kann. Er hat losgelassen, so wie ich schon vor einigen Monaten.
Seitdem kann ich nicht mehr aufhören zu weinen. Er war einer der besten Menschen, die mir je passiert sind. Gleichzeitig war ich nicht mehr glücklich. Ich mochte seine Familie nicht. Er ist ein Familienmensch und stand ständig zwischen mir und seiner Familie. Das wollte ich nicht mehr. Darin habe ich keine Zukunft mehr gesehen. Ich wollte keine Kinder in diese Familie bringen, wollte nicht in diese Familie einheiraten, wollte nicht diese Zukunft.
Wir haben auch keine gemeinsamen Freunde. Wir haben ein sehr unterschiedliches Bildungsniveau. Er hat die Hauptschule abgeschlossen und arbeitet in einer Kindertagesstätte. Ich schreibe an meiner Doktorarbeit in Psychologie und arbeite an der Philosophiefakultät einer Universität. Wir haben sehr unterschiedliche soziale Kontakte. Seine Freunde kommen aus einem ganz anderen Umfeld als meine, und ich hatte nie einen Draht zu seinen Freunden. Er auch nciht zu meinen. Glücklich waren er und ich nur wenn wir alleine waren. Und auch dann fühlte es sich in der letzten Zeit eher an, als wenn wir einander nur vor der harten Wirklichkeit beschützen wollten und uns darum einkuscheln und ständig sagen wie lieb wir uns haben. Unser Glücklichsein war irgenwie nicht mehr real, sondern eher ein weglaufen vor der Realität. Aber es hat sich warm und weich und geborgen angefühlt. Nur dass ständig mein Kopf geschrieen hat, dass das nicht genug ist, und dass ich so keine Zukunft aufbauen kann, und dass mir das nicht reichen wird. Oder jetzt schon nicht reicht.
Jetzt ist die Geborgenheit weg. Ich habe meinen sicherer Hafen aufgegeben. Dabei dachte ich, dass mir genau das fehlt und ich eine Beziehung brauche, die mir genau das gibt. In vorherigen Beziehungen habe ich genau das vermisst. Die Geborgenheit und Sicherheit. Warum war das jetzt aufeinmal nicht mehr genug? Warum musste die Trennung sein? Musste sie überhaupt sein? War sie richtig?
Charakterlich haben er und ich super zusammengepasst. Aber ich habe mich gefühlt, als wenn ich bei ihm nciht mehr wachse. Als wenn ich bei ihm klein bleibe. Klein und behütet und geborgen. Aber das hat sich wider erwarten nicht stark machend angefühlt, sondern nur für den Moment gut. Und danach, wenn der Kuschelmoment vorbei war, hat es sich leer angefühlt. Oder jedenfalls wie 'nicht genug'.
Als ich ihn kennengelernt habe, ging es mir sehr schlecht. Ich kam aus einer ziemlich kalten, anstrengenden, harten Beziehungen und mit der Doktorarbeit lief es nicht gut. Ich hatte ein sehr geringes Selbstwertgefühl. Er hat mich eingemummelt und lieb gehabt und versorgt und behütet. Das tat mir gut.
Dann aber habe ich einen neuen Job angefangen an der Universität, bei Philosophie. Und plötzlich hatte ich wieder jeden Tag Anerkennung auf der Arbeit, und ich war wieder sehr gut in dem was ich tue, und ich bin wieder gewachsen. Ab dem Moment konnte ich seine Liebe nicht mehr so wertschätzen, wie er es verdient hat. All seine Zuneigung begann sich 'unnötig' anzufühlen. Ich wollte wachsen, groß werden, noch besser werden, neue Sachen kennenlernen, mich ausprobieren. Besser, schöner, höher, weiter.
Er hat mich gelassen, aber er konnte nicht mitkommen. Die Netflix- Abende, die ihm genügten, genügten mir plötzlich nicht mehr. Ich wollte neue Leute kennenlernen, aber wir konnten das nciht zusammen, wir haben das nicht hinbekommen. Wir wussten auch nciht wie wir das anpacken sollten. Es hat irgendwie nicht funktioniert. Mit den Leuten, die ich kennenlernen wollte, konnte er sich nicht unterhalten.
Mit den Leuten, die er kennelernen wollte, wollte ich mich nicht unterhalten.
Also blieben wir zu zweit.
Unsere Netflix- Abende haben sich für mich plötzlich ab und zu wie Zeitverschwendung angefühlt. Ich habe mich plötzlich sehr verliebt in einen meiner Arbeitskollegen. Alles war mein Partner mit nicht geben konnte, habe ich auf den Kollegen projeziert. Habe mir vorgestellt, wie ich anregende, spannende, intelektuelle Diskussionen mit dem Kollegen führe, Habe mir vorgestellt, wie der S. mit dem Kollegen wäre. Konnte überhaupt nicht mehr klar denken, wenn ich dem Kollegen begenete.
Gleichzeitig wollte ich den Kollegen auch nicht und war (und bin) mir sicher, dass er und ich nie zusammen passen würden, weil er gerade wieder der Typ Mann ist, der mich die Jahre zuvor (zum Teill auch unbeabsichtigt) sehr verletzt hat. Der nicht sonderlich gut umgehen kann mit mir, wenn ich mit gerigem Selbstwertgefühl auf dem Sofa heule. Der hart und ehrgeizig ist, und keine Zeit und Energie hat, um mich einzumummeln und lieb zu haben. Von dem ich vielleicht lernen kann (und das ist eins der Dinge, die ich attraktiv finde an Männern), aber der mir nicht das geben kann, was ich brauche, wenn ich klein und traurig und liebebdürftig bin.
Warum muss ich den Mann, der mir so viel Liebe geben kann, gehen lassen? Ich will wieder eingemummelt sein und lieb gehabt werden. Aber ich kann doch nicht nur eingemummelt sein? Ich kann doch nciht nur glücklich sein wenn ich abgeschirmt von der Welt mit ihm bin, und sobald wir mit der Realität in Berührung kommen, sehe ich alles was nicht passt und nciht geht. So kann man doch nicht leben? So ist kein Frotschritt möglich- das einzige, was geht, ist zusammen im Bett zu liegen und zu tun, als wäre die Außenwelt nicht da. Aber so kann ich doch nicht leben? Das hat mich anscheinend nicht mehr glücklich gemacht. Ich konnte es nciht mehr wertschätzen und habe mich mehr und mehr nach anderen Dingen gesehnt: Intelektueller Austausch, Kontakt, neue Eindrücke.
Ich reise auch gerne, aber auch das konnte ich nicht mit meinen Partner teilen, der am liebsten zuhause ist.
Es war zu eng, zu wenig, nicht das richtige. Aber es war warm und geborgen. Und ich kann nciht aufhören zu weinen, weil ich das zurück will. Aber es geht nicht. Es geht nicht.
Jetzt bin ich 30 und Single. Ich weiss nciht, ob ich Kinder will. Ich weiss, dass ich keine Lust auf Torschlusspanik habe. Und dass ich sie doch habe.
Ich habe gelernt, dass es alle möglichen, verschiedenen Männer gibt, und es auch so unglaublich liebevolle unter ihnen gibt. Und dass auch mit so einem alles nicht passen kann, es nicht genug sein kann, ich unglücklich sein kann. Wenn auch weniger unglücklich als mit einem kalten, harten, ehrgeizigen Mann. Oder nur anders unglücklich?
Man kann nicht alles im Partner finden. Veilleicht versuche ich das aber. Und vielleicht scheitere ich damit. Ohne es zu merken.
Oder veilleicht war es die richtige Entscheidung, und finde ich jemanden der nicht so extrem das eine (hart, kalt, rational, ehrgeizig) ist, und auch nciht so extrem das andere (liebevoll, warm, versorgend, auf mich fixiert) und der einfach passt. Gibt es das?
16.06.2019 06:01 •
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